Über den Tot von fremden Menschen trauern?

7 Antworten

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Du hast dich ja anscheinend intensiv mit den Opfern beschäftigt. Dadurch hast du sie auf gewisse Weise kennengelernt. Wenn auch nicht direkt und persönlich hast du so eine Art Beziehung zu ihnen aufgebaut. Obendrein ziehst du Parallelen zu dir selbst. Dass dich ihr Tod dadurch wesentlich mehr mitnimmt als eine kurze Meldung in den Nachrichten, ist ganz normal.

Ich war mal in einem Museum, in dem man anfangs eine Karte und damit eine Person ziehen konnte, die man dann genauer verfolgt hat. Ich glaube es ging um die Auswanderung nach Amerika. So sehr hat mich selten ein Museumsbesuch mitgenommen. Mit greifbaren Menschen fühlt man viel schneller mit.

Normal - sollte es sein. Es zeugt von Empathie und Einfühlungsvermögen. Ja, man kann auch um fremde Menschen trauern, vor allem, wenn man beginnt, sie warum auch immer zu mögen. Ich schaue mir oft Dokus an über die Weltkriege und so, wo man manchmal ja Abertausende von Menschen sieht. Und dann muss ich daran denken, dass davon nicht ein einziger mehr auf dieser Welt ist. Das berührt mich auch immer mehr, als ich möchte, dabei ist es ja der Lauf der Welt... Um wieviel verständlicher ist mir da das, was du emfpindest; ein einzelner, junger Mensch, mit Gewalt aus dem Leben gerissen, in dem er etwas Gutes bewegt hat... Ich kann es gut verstehen!


AnanaZo 
Beitragsersteller
 20.11.2018, 16:25

Ihr tod (Rachel) hatte nur einen guten Nebeneffekt und zwar, dass ihre Familie dadurch, die in meiner Frage besagte Organisation ins Leben gerufen hat, die jährlich 1000en Schulen hilft.

Sie haben viele Zitate aus ihrem Tagebuch genommen, die bis heute Menschen bewegen, darunter auch mich.

Aber sie war ja nicht die einzige - es waren insgesamt 13 Tode

Und da Frage ich mich - was hätte alles aus diesen Menschen werden können? Was für ein unermesslicher Schmerz war es für die Familien ?

Wie traumatisiert müssten die Überlebenden gewesen sein - all das macht mich schon sehr nachdenklich. Ich bin aber auch froh, dass ich mit diesem gefühl nicht alleine bin - danke :)

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cas65  20.11.2018, 16:32
@AnanaZo

Der Tod gehört zum Leben. Ich finde, wir müssen Gutes tun, solang wir eben können. Ich z.B. hätte gar keine Familie, die eine "Foundation" ins Leben rufen könnte (oder wollte) - somit bleibt es an mir. Wenn uns die, die vor uns waren, da Beispiel geben können, ist das gut - doch müssen wir uns der Gegenwart stellen, damit auch die eine lebenswerte Zukunft haben, die noch da sind, wenn wir gehen mussten. Das, was passiert ist, kann niemand mehr ändern. Doch wir können verändern, was heute geschieht.

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Deine Frage fasziniert mich gerade total, denn ich habe in diesem Jahr genau das selbe Phänomen bei mir selbst erlebt!

So ziemlich am Anfang diesen Jahres wurde, nicht weit von meinem Wohnort entfernt, jemand ermordet. Der Fall hat sehr viel Aufsehen erregt, weil die Tat unter mehr als ungewöhnlichen Umständen stattfand.

Ich will nicht zu nahe auf alles eingehen. Jedenfalls habe ich mir die Sache mehr zu Herzen genommen, als gut für mich gewesen wäre. Das geht über "Empathie" hinaus, und ich habe für mich selbst gemerkt, dass ich dringend auf die Bremse treten muss.

Es ist gut, wenn man Mitgefühl für die Opfer solcher Verbrechen spürt. Aber man darf niemals so weit gehen sich daran "festzusaugen", Teile seines Lebens nach diesen Menschen auszurichten oder gar diese Menschen postum zu stalken. Sie sind keine Animefiguren, sondern waren einmal echte, lebende Menschen mit eigener Persönlichkeit. Nicht selten haben sie Hinterbliebene hinterlassen, die realen Schmerz verspüren, der sie ein Leben lang begleiten wird.

Man sollte den Toten und denen, die ihnen zu Lebzeiten nahestanden ihren Frieden gönnen. Das ist jedenfalls mein Fazit aus dieser Angelegenheit. Ich bin damals eindeutig zu weit gegangen und möchte diesen Fehler nicht mehr wiederholen.

Eine Ursache könnte zB sein, dass du Parallelen zwischen dir und den Opfern siehst.


AnanaZo 
Beitragsersteller
 20.11.2018, 16:17

Tatsächlich sehe ich die ein oder andere parallele.

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Seit mein Mann und meine Mutter gestorben sind, bin ich sensibler geworden. Jetzt habe ich beruflich. Mit Beerdigungen zu tun und jede Beerdigung nimmt mich mit aber es gehört zur Trauerarbeit dazu