Strom aus der Steckdose physikalisch, woher?

8 Antworten

Von den verschiedenen Anbieter speist jeder seinen Teil Energie ins Netz ein. Beim Wechselstrom rütteln die Elektronen physikalisch eigentlich nur im Leiter hin und her und kommen nicht weit.

Die Verbraucher beziehen einfach ihren Anteil Energie aus dem Netz und es liegt rein an der richtigen Abrechnung, ob die verschiedenen Bezüge zusammengefasst auch den einzelnen Anteilen der Anbieter entsprechen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ralph1952  14.12.2024, 11:54

Ich hoffe, ich konnte dir helfen und wünsche ein schönes Wochenende!

Strom sucht sich alle Wege, ist aber anteilig am größten dort, wo es den geringsten Widerstand findet.

Das Stromnetz in Europa ist auf einer übergeordneten Ebene miteinander verbunden, sodass auch vielerlei Kraftwerke, sei es Atom, Kohle oder Wind, miteinander verbunden sind. Man spricht vom europäischen Verbundnetz bzw. Übertragungsnetz. Die regionalen und lokalen Netze sind über Transformatoren zwar galvanisch getrennt, physikalisch aber dennoch miteinander gekoppelt, sodass bspw. eine PV-Anlage, die direkt an das 400V-Netz angeschlossen ist, ihre Energie über die Mittelspannungsnetztransformatoren auch in das höher angeordnete Verteilnetz drücken kann. Dito für von oben nach unten.

Wenn nun Kraftwerke in ein Netz, das miteinander verbunden ist, einspeisen, suchen sich die Ströme herrührend aus beiden Kraftwerken ebenfalls alle Wege, sind aber auch hier anteilig dort am größten, wo deren jeweilige Hürden am geringsten sind. U.a. deshalb wird in einem Haushalt der Strom aus der Dach-PV-Anlage rein auf physikalischer Ebene "bevorzugt", obwohl alle Verbraucher parallel noch am öffentlichen Netz hängen. Hast du gar keinen Verbrauch im Haus, sucht sich der Strom den physikalisch nächstgünstigeren Weg, z.B. zu deinem Nachbarn.

Den größten Anteil von "physikalischem Ökostrom" (gefährlicher Begriff) hat man dann, wenn das lokale Netz energetisch am nächsten zu Ökoeinspeisern liegt. Den elektrischen Verbrauchern hingegen ist das egal. Liegt dein lokales Netz energetisch weit weg davon, dann reduziert sich dein Bezahlen nur auf die Finanzierung des Bau/Betriebs dieser Technologie.


T700800 
Beitragsersteller
 14.12.2024, 08:44

Also ist das so zu verstehen, dass wenn von importieren Atomstrom die Rede ist, physikalisch gar nicht sein muss dass dieser aus AKW stammt, sondern es kann auch Kohlestrom sein?

Weil ich Stelle mir immer die Frage, woher die wissen welcher Strom da nach Deutschland kommt. Das ist doch gar nicht beeinflussbar.

AMG38  14.12.2024, 11:53
@T700800

Prinzipiell ist das richtig, ja. Das eine ist der wirtschaftliche Aspekt Handel und das andere ist die Physik. Der Strom wird an der Börse gehandelt und wenn Deutschland dabei Energiemenge x aus Frankreich einkauft, hat man dann "Atomstrom" eingekauft. Das bedeutet nicht, dass der physikalische Stromfluss nur aus diesem AKW jetzt herrührt. Wenn EVUs dann im Strommix nachweisen, aus welchen Quellen der Strom kommt, bezieht sich das auf den wirtschaftlichen Aspekt.

dompfeifer  26.03.2025, 22:32
@T700800

Die Kennzeichnung der Herkunft der Energie kann selbstverständlich keine Auskunft über eine physikalische Herkunft geben. Das sind reine Bilanzgrößen zu den tatsächlichen oder angeblichen Quellen-Deklarationen bei den Energie-Ein- und Verkäufen. So ist das jedenfalls gemeint. Dass das jemals genau nachvollziehbar ist, glaube ich nicht. Eher glaube ich an das Milchtüten-Level mit den "glücklichen Kühen".

Strom jedoch, nimmt aber physikalisch den kürzesten Weg.

Nein, so einfach ist das nicht. Die Elektronen nehmen den Weg in einem Leiter, der ihnen den geringsten Widerstand entgegenbringt. Grob gesagt.

Ist es so, dass der Atomstrom lediglich bilanziell und rechnerisch importiert wird und dies physikalisch gar nicht so sein muss, dass atomarer Strom der weit hinter anderen Kraftwerken einspeist bei mir noch ankommt?

Der wird durchaus physisch importiert, sonst würde er ja keinen Nutzen bringen, aber den Elektronen in Flensburg sieht man es nicht an, ob sie aus einem Wasserkraftwerk in Norwegen stammen. Strom oder besser die Spannung eines Generators kann man sich als eine Art von Druck vorstellen, der dafür sorgt, dass in deinem Verbraucher die Leistung ankommt, obwohl sie hunderte von Kilometern weit weg eingespeist wurde.

Und gilt es auch generell für das Stromnetz dass immer das nächstgelegene Kraftwerk oder Anlage, physikalischen Strom in meine Leitung speist?

Grob und pauschal kann das stimmen. Das Stromnetz ist jedoch keine einfache Leitung, es ist ein verwobenes Netz, ein wenig vergleichbar mit einem Fischernetz. Es ist zudem recht ziemlich kompliziert, die Verteilung des Stromes und der Verbraucher zu steuern.

Dazu aus https://backbone.vde.com/das-stromnetz-was-es-kann-wie-es-funktioniert/

1,7 Millionen Kilometer bis zur Steckdose
Der Strom fließt durch die Leitungen des Stromnetzes wie Wasser durch ein Rohr. Und so wie Wasser mit einer Pumpe in eine Wasserleitung gedrückt wird, erzeugt beispielweise eine Windkraftanlage oder ein Gaskraftwerk eine Spannung, die den Strom durch das Netz fließen lässt. Genauer gesagt bewegen sich dann Elektronen, winzige elektrisch geladene Teilchen, durch die Leitungen. Ihr Weg zur Steckdose führt sie auf verschiedenen Etappen durch ein mehr als 1,7 Millionen Kilometer langes Stromnetz alleine in Deutschland. Es besteht aus einem überregionalen Übertragungsnetz sowie regionalen und lokalen Verteilnetzen. Umspannanlagen verbinden diese Netzebenen miteinander.
Das Stromnetz – vom Übertragungsnetz zum Verteilnetz
Das Übertragungsnetz lässt sich mit Autobahnen vergleichen: Es verbindet die Regionen in Europa und Deutschland untereinander, nimmt große Mengen elektrischer Energie von großen Erzeugungsanlagen auf und transportiert sie über weite Strecken. Betrieben wird das Übertragungsnetz mit einer Spannung von 220 oder 380 Kilovolt – der sogenannten Höchstspannung. Die Strom-Verteilnetze ähneln dem Straßennetz aus Landes- und Kreisstraßen. Sie beziehen die elektrische Energie unter anderem aus dem Übertragungsnetz und verteilen sie zunächst mit einer Spannung von 110 Kilovolt – der sogenannten Hochspannung – weiter an Stadtwerke und größere Industrieunternehmen. Um den Strom weiter in die Städte und Unternehmen einer Region zu transportieren, wird dann seine Spannung nochmals reduziert – auf 1 bis 60 Kilovolt, die sogenannte Mittelspannung. Die letzte Etappe legt der Strom in den Niederspannungsnetzen mit einer Spannung von 400 Volt zurück.

Der Rest ist auch recht informativ.

Egal, was für einen Stromtarif du buchst und wie "Öko" der ist: Aus der Steckdose kommt der gleiche Strom, den deine Nachbarn auch kriegen.

Wenn du den Stromanbieter oder den Tarif wechselst, wird da physikalisch absolut gar nichts umgeschaltet und man dir da auch bei bestem Willen ohne massiven und wirtschaftlich unsinnigen Aufwand überhaupt keine Extrawurst schalten: In der Straße liegt nur das eine "dicke" Kabel und von dort führt ein Kabel in das Haus, in dem du wohnst. Und deine Nachbarn bekommen ihren Strom auch aus diesem einen Straßenkabel.

dieses Kabel wird von einem oder mehreren Transformatoren ("Trafohäuschen") aus der Mittelspannungsebene heraus gespeist, die wiederrum über das Umspannwerk in deiner Nähe aus der Hochspannungsebene versorgt wird.

Wie du bereits selber ahnst: Das Stromnetz ist ein einziges großes System und wird aus allen möglichen Kraftwerken versorgt, die daran angeschlossen sind und ihren Strom einspeisen. Es ist "zusammengekippter" Strom für die Allgemeinheit.

Beim Strom, der aus der Steckdose kommt, ist dann z.B. jedes 10. Elektron aus einem Windrad, die übrigen aus einem AKW.

Da Strom nicht unendlich verfügbar ist und der Bedarf tageszeitabhängig schwankt, muss die Stromerzeugung permanent an den Bedarf angepasst werden, damit Spannung und Frequenz möglichst konstant bleiben und der Strom letztlich eine immer gleiche und zuverlässige Qualität hat.

Dir ist sicher schon aufgefallen, dass z.B. nicht alle Windräder laufen. Die sind nicht kaputt, sondern das hat eine Grund.

Um die Anpassung vorzunehmen, gibt es nämlich drei prinzipiell unterschiedliche Kraftwerksarten:

Grundlastkraftwerke: Sind schwerfällig rauf- und runterzufahren, erzeugen aber den meisten Strom, und werden entsprechend langfristig zu- oder weggeschaltet und erzeugen den meisten Strom. Beispiel: Dickes AKW

Spitzenlastkraftwerke: Lassen sich schnell rauf- und runterfahren, erzeugen aber im Vergleich zum Grundlastkraftwerk nur recht wenig Strom. Durch kurzfristiges Zu- und Wegschalten lassen sich kurzfristige Lastschwankungen ausgleichen, was mit den Grundlastkraftwerken aufgrund der schwerfälligen Natur nicht möglich wäre. Beispiel: Windrad

Mittellastkraftwerk: Mittelding aus Grund- und Spitzenlastkraftwerk. Sie werden vorausschauend rauf- und runtergefahren, weil man aus vergangener Zeit weiß, zu welchen Tageszeiten mehr Strom benötigt werden wird. Beispiel: Kleines Kohlekraftwerk

Bedarfsschwankungen zwischen den Ländern werden durch Stromimporte und -exporte ausgeglichen. Rein physikalisch teilen sich alle Länder in Europa ein Stromnetz. Kommt es in einem Land zu Engpässen, weil alle darin befindlichen Kraftwerke in Betrieb sind aber der Bedarf trotzdem nicht gedeckt ist. Dann wird der fehlende Strom aus den umliegenden Ländern in das Land geleitet (importiert).

Von daher ist der "Atomausstieg Deutschland" ziemlich witzlos: Die AKW-Versorgung wurden lediglich aus Deutschland in umliegende Länder verlagert, ist aber dadurch aber nicht wirklich weg, weil er wieder reinimportiert wird.

AKWs sind nunmal leistungsfähige Kraftwerke und kleinere Alternativen allein können den Bedarf nunmal nicht wirklich decken. :)

Woher ich das weiß:Hobby – Ich beschäftige mich schon mehrere Jahre damit.

T700800 
Beitragsersteller
 14.12.2024, 08:58

In meiner direkten Umgebung sind zwei große Kohlekraftwerke mit Volleinspeisung. Demnach nehme ich an, dass der größte Teil von dort kommt.

Allerdings ist hier ein großes Umspannwerk was auch an Tschechien angeschlossen ist. Aber auch da befinden sich in meiner Nähe bzw auch Umspannwerke näher dran, als bei dem viel weiter entfernten AKW. Demnach kann ich mir nicht vorstellen, dass bei einem Importieren, tatsächlich Atomstrom hier ankommen wird, da er doch von vielen Orten vor mir aufgenommen werden müsste.

Ich habe auch nix gegen Atom oder Kohlestrom, mir geht's nur um die Physik und die Frage, dass man dich gar nicht wissen kann, ob hier technisch tatsächlich ein AKW Import stattfindet, kann ja auch Kohlestrom sein, denke ich zumindest.

hört sich ziemlich kompliziert an, was du da schreibst

Strom, ich meine den, der aus der Steckdose kommt, lässt sich weder verpacken noch markieren

betrachte es wie einen Strom wie z.B. den Mississippi - er hat viele Zuläufe von anderen Flüssen, die aus verschiedenen Quellen kommen - wenn du diesen Strom betrachtest, wo er ins Meer fließt: kannst du sagen, woher (also aus welchem Bundesstaat und Quelle) das Wasser kommt, das gerade an dir vorbeifließt ?

kannst du natürlich nicht - und genauso verhält es sich mit dem Strom aus der Steckdose