Liebe Ex-DDR-Bürger, kennt Ihr "sie werden platziert" was in DDR-Restaurants praktiziert wurde, aus eigener Anschauung? Wie habt Ihr das erlebt, als Willkür?
Konnte man mit ein bisschen Westgeld früher einen Platz ergattern oder einen schönen Platz am Fenster? Wenn ja, wieviel musste man dafür berappen?
6 Antworten
Ich bin zwar kein DDR-Bürger gewesen, aber ich habe das im Sommer 1990 noch 2 Wochen erlebt - und zwar jeden Tag, weil mein Vater, der für Geschäfte nach der Wende in die DDR gezogen war, und ich (damals junger Jugendlicher ihn in den Sommerferien zwei Wochen dort besuchte) tatsächlich jeden Abend in diversen Restaurants in Rostock und bis Warnemünde essen gegangen sind.
Wir wurden immer platziert und haben niemanden bestochen, sondern uns mit den Plätzen begnügt, die man uns angewiesen hat. Es war 2 Wochen vor der Währungsunion (die ja ein paar Monate vor der Wiedervereinigung war) und es gab demzufolge noch Ostmark (Mark der DDR). Damit bezahlten wir auch und nicht mit DM.
Einzig in einem der sechs Restaurants im Interhotel Neptun - mit Abstand zu der Zeit dort das beste Hotel und Gastronomie, stand auf der Rechnung, dass westdeutsche Gäste gebeten werden denselben Betrag in DM zu entrichten. Das haben wir nicht gemacht. Wir haben den Rechnungsbetrag in Ostmark bezahlt und dazu ein dickes Trinkgeld in DM gelegt. Im Neptun kam die Rechnung ganz diskret in einer kleinen Holzkiste. So fiel unser Währungsmix darin nicht auf. Wir blieben aber noch lange genug um zu wissen, dass unsere Art der Bezahlung für das Personal okay war.
1980 war ich mit meinen Eltern zur Leipziger Messe in der DDR. Mittags vor dem Auerbach-Keller war eine wirklich sehr lange Warteschlange. Wir sind also an der Schlange vorbei bis direkt vor die Eingangstür, der Kellner öffnet die Tür, nimmt die 5 (West)Mark von Daddy und lässt uns rein. Der echte Skandal dabei war aber m.E. der Fakt, dass im Gastraum vielleicht allenfalls 20% der Plätze belegt waren.
Ich war DDR-Bürger und kenne das noch. Als Willkür empfand ich das nicht. Ich habe nur nicht verstanden, warum das gemacht wurde.
Mag sein, dass manche Westdeutsche versucht haben, mit Westgeld eher einen Platz zu bekommen. Ostdeutsche haben das sicher nicht gemacht. Als Ostdeutscher hatte man kaum Westgeld. Wenn man welches hatte, hat man sich davon lieber was Schönes im Intershop gekauft als das für einen schnelleren oder besseren Platz auszugeben.
Der Witz ist: In guten Restaurants in Florida/USA habe ich es ein Jahr später genauso erlebt. Aber echt nur in den wirklich guten, wo man vorfährt am roten Teppich und da schon ein Typ steht, dem man die Autoschlüssel gibt damit er den Wagen irgendwo parkt. Wenn man rausgeht holt der Dein Auto auch wieder und fährt es vor den Eingang.
Aber wenn man reingeht wird man auch an einem Tresen empfangen und es wird einem ein Tisch zugewiesen, wie in der DDR.
Das gibt es auch heute noch hier. In Sternerestaurants braucht man sowieso Reservierung. Das Borchardt in Berlin (Promikneipe) hat damit geworben, dass jeder reinkann und Platz bekommt. Aber eben nicht zu jeder Zeit und nicht in jedem Restaurantbereich...
Der berühmte Tisch am Klo-Durchgang ist immer mal zu haben ;-)
Konnte man. Im Panorama-Hotel in Oberhof, Thüringen, gab es auch Rumpsteak. Mit ein wenig 'Westgeld' war so einiges möglich.
Ein nicht ganz linientreuer Arzt musste aber die Stadt wechseln.
Meine Meinung dazu: es war eine sanfte Diktatur.
Nö, in der Regel waren die Restaurants auch entsprechend voll und ne Schlange davor. Das "Sie werden platziert" war also durchaus sinnvoll, damit dort nicht immer die tischsuchenden Leute zwischen den Tischen rumlaufen.
Ob man den Vorgang mit einer "Spende" beschleunigen konnte, weiß ich nicht. Ich hätte ein Lokal, bei dem das möglich gewesen wäre aber in Folge gemieden, weil ich so was nicht hätte unterstützen wollen.
Ja, so würde ich es auch beschreiben. Es gab keinen offensichtlichen Grund dafür. Weder waren die Restaurants gut gefüllt, noch waren viele Tische reserviert.