Liebe Ex-DDR-Bürger, kennt Ihr "sie werden platziert" was in DDR-Restaurants praktiziert wurde, aus eigener Anschauung? Wie habt Ihr das erlebt, als Willkür?
Konnte man mit ein bisschen Westgeld früher einen Platz ergattern oder einen schönen Platz am Fenster? Wenn ja, wieviel musste man dafür berappen?
5 Antworten
Ich bin zwar kein DDR-Bürger gewesen, aber ich habe das im Sommer 1990 noch 2 Wochen erlebt - und zwar jeden Tag, weil mein Vater, der für Geschäfte nach der Wende in die DDR gezogen war, und ich (damals junger Jugendlicher ihn in den Sommerferien zwei Wochen dort besuchte) tatsächlich jeden Abend in diversen Restaurants in Rostock und bis Warnemünde essen gegangen sind.
Wir wurden immer platziert und haben niemanden bestochen, sondern uns mit den Plätzen begnügt, die man uns angewiesen hat. Es war 2 Wochen vor der Währungsunion (die ja ein paar Monate vor der Wiedervereinigung war) und es gab demzufolge noch Ostmark (Mark der DDR). Damit bezahlten wir auch und nicht mit DM.
Einzig in einem der sechs Restaurants im Interhotel Neptun - mit Abstand zu der Zeit dort das beste Hotel und Gastronomie, stand auf der Rechnung, dass westdeutsche Gäste gebeten werden denselben Betrag in DM zu entrichten. Das haben wir nicht gemacht. Wir haben den Rechnungsbetrag in Ostmark bezahlt und dazu ein dickes Trinkgeld in DM gelegt. Im Neptun kam die Rechnung ganz diskret in einer kleinen Holzkiste. So fiel unser Währungsmix darin nicht auf. Wir blieben aber noch lange genug um zu wissen, dass unsere Art der Bezahlung für das Personal okay war.
Ich war DDR-Bürger und kenne das noch. Als Willkür empfand ich das nicht. Ich habe nur nicht verstanden, warum das gemacht wurde.
Mag sein, dass manche Westdeutsche versucht haben, mit Westgeld eher einen Platz zu bekommen. Ostdeutsche haben das sicher nicht gemacht. Als Ostdeutscher hatte man kaum Westgeld. Wenn man welches hatte, hat man sich davon lieber was Schönes im Intershop gekauft als das für einen schnelleren oder besseren Platz auszugeben.
Der Witz ist: In guten Restaurants in Florida/USA habe ich es ein Jahr später genauso erlebt. Aber echt nur in den wirklich guten, wo man vorfährt am roten Teppich und da schon ein Typ steht, dem man die Autoschlüssel gibt damit er den Wagen irgendwo parkt. Wenn man rausgeht holt der Dein Auto auch wieder und fährt es vor den Eingang.
Aber wenn man reingeht wird man auch an einem Tresen empfangen und es wird einem ein Tisch zugewiesen, wie in der DDR.
Das gibt es auch heute noch hier. In Sternerestaurants braucht man sowieso Reservierung. Das Borchardt in Berlin (Promikneipe) hat damit geworben, dass jeder reinkann und Platz bekommt. Aber eben nicht zu jeder Zeit und nicht in jedem Restaurantbereich...
Der berühmte Tisch am Klo-Durchgang ist immer mal zu haben ;-)
Konnte man. Im Panorama-Hotel in Oberhof, Thüringen, gab es auch Rumpsteak. Mit ein wenig 'Westgeld' war so einiges möglich.
Ein nicht ganz linientreuer Arzt musste aber die Stadt wechseln.
Meine Meinung dazu: es war eine sanfte Diktatur.
Nö, in der Regel waren die Restaurants auch entsprechend voll und ne Schlange davor. Das "Sie werden platziert" war also durchaus sinnvoll, damit dort nicht immer die tischsuchenden Leute zwischen den Tischen rumlaufen.
Ob man den Vorgang mit einer "Spende" beschleunigen konnte, weiß ich nicht. Ich hätte ein Lokal, bei dem das möglich gewesen wäre aber in Folge gemieden, weil ich so was nicht hätte unterstützen wollen.
Die Platzierung war nur dann nötig, wenn die Gaststätten überfüllt waren - und das waren sie wegen der niedrigen Preise fast immer. Ein gutes Mittagessen einschließlich Getränk bekam man für unter 5 DDR-Mark.
Auch mit Westmark bekam man keinen früheren oder besseren Platz, denn das konnte man sich nicht aussuchen. Man musste warten, bis jemand aufstand und dadurch ein Platz oder ein Tisch frei wurde. Ohne die Platzierung durch die Kellner hätte hinter jedem Stuhl ein wartender Gast gestanden. Es war also keine Willkür, sondern leider notwendig.
Meine „Westtante“ hat manchmal die Speisekarten mitgehen lassen, weil ihr das sonst im Westen niemand geglaubt hätte.
Die Platzierung war nur dann nötig, wenn die Gaststätten überfüllt waren - und das waren sie wegen der niedrigen Preise fast immer. Ein gutes Mittagessen einschließlich Getränk bekam man für unter 5 DDR-Mark.
Nein und nein. Ich wurde oft genug auch bei fast leerem Laden platziert. Und für unter 5 Mark gab es Soljanka oder Würzfleisch, "richtige" Mahlzeiten kosten mehr. Plus Getränke.
Auch mit Westmark bekam man keinen früheren oder besseren Platz, denn das konnte man sich nicht aussuchen.
Oh doch, Wessis wurden immer und überall bevorzugt behandelt.
Man musste warten, bis jemand aufstand und dadurch ein Platz oder ein Tisch frei wurde. Ohne die Platzierung durch die Kellner hätte hinter jedem Stuhl ein wartender Gast gestanden. Es war also keine Willkür, sondern leider notwendig.
Das ist Quatsch.
Meine „Westtante“ hat manchmal die Speisekarten mitgehen lassen, weil ihr das sonst im Westen niemand geglaubt hätte.
Na ja...
Wo hast du denn gelebt?
Ich kann nur aus eigener Erfahrung berichten. Ich bin oft essen gegangen, weil ich beruflich viel unterwegs war. Ein Eisbein kostete nicht mehr als 3,50 DDR-Mark, ein Bier 51 Pfennig.
Ein Eisbecher war mit 3 - 4 DDR-Mark allerdings relativ teuer. Wir sind oft mit der ganzen Familie (4 Personen) mit 20 DDR-Mark essen gegangen. Das war für uns allerdings viel Geld, wenn man bedenkt, dass ein Mischbrot 78 bzw. 93 Pfennig kostete und ein Brötchen 5 Pfennig.
In einer nicht überfüllten Gaststätte wurde ich nie platziert. Allerdings waren manchmal einige Tische reserviert und deshalb unbesetzt.
Es gibt übrigens Speisekarten aus DDR-Zeit im Internet. Scheu sie dir mal an. Hier ein Beispiele:
"Richtiges Essen teurer" Ich weiß noch, dass wir 1990 mit den letzten Ostmark, in einer Gaststätte unterwegs waren. Schnitzel mit Kartoffel und Sauerkraut? und ne Limo dazu für knapp über 4 Ostmark.
Man kann es noch heute in den alten Speisekarten im Internet nachlesen.
Ich glaube, @apfelbus war nie in der DDR oder er ist nur in einem Interhotel abgestiegen - da war es teurer.
Ja, so würde ich es auch beschreiben. Es gab keinen offensichtlichen Grund dafür. Weder waren die Restaurants gut gefüllt, noch waren viele Tische reserviert.