Ist das Konzept Ausbildung veraltet?

5 Antworten

Das stimmt schon. Hinzu kommt der Aspekt, dass man sich mit Ausbildungen kaum noch beruflich weiterentwickeln kann. In der Theorie gibt es zwar Weiterbildungen, aber viele Unternehmen stellen lieber neues, besser qualifiziertes Personal ein anstatt langjährigen Mitarbeitern eine Fortbildung zu geben. Von daher hat man nach einem Studium auch eine bessere Ausgangslage.

Ich stimme dir zu. Auch wenn deine Schilderung etwas überspitzt dargestellt sein mag, finde ich, sie spiegelt im Großen und Ganzen die Realität wider. Das ist als Azubi meine Sicht der Dinge.


member198 
Beitragsersteller
 02.12.2024, 23:58

Ja, ich habe mich bei der Fragestellung ein Paar rhetorischen Stilmitteln bedient. :) Das unterstreicht den Beitrag, macht ihn leicht zu verstehen und macht es für den Leser verständlich.

Aus eigener Erfahrung (3 abgeschlossene Ausbildungen) kann ich nur feststellen, dass viele Auszubildende selbst bei 40 Stunden/Woche und 3 ½ Jahren Lehrzeit kaum in der Lage sind, die Abschlussprüfung im ersten Anlauf und dann mit einer guten Note zu schaffen. Mag sein, dass es oft an den Betrieben und Ausbildern liegt - solche Pfeifen hatte ich auch schon. Ich habe aber eher das Gefühl, dass die heutigen Azubis oft ihre Ausbildung einfach nicht ernst nehmen und lieber am Smartphone oder Rechner daddeln und komasaufen, anstatt auch zu Hause zu lernen, wenn sie im Betrieb und in der Berufsschule nachhinken.

Dazu kommt, dass viele Azubis meinen, für ihre "Arbeit" auch gut bezahlt werden zu müssen. Sie sind sich nicht dessen bewusst, dass die Ausbildungsvergütung lediglich ein Anreiz ist, vertragsgemäß im Betrieb und in der Berufsschule zu erscheinen und für das Ausbildungsziel zu lernen. Der Betrieb zahlt dabei immer drauf. Die wirtschafliche Leistung eines Azubis liegt weit unter den Kosten, die einem ausbildenden Betrieb entstehen.

Nun gut. Ich gebe zu, dass Raucherpausen ein Motivationsanreiz sind, sie dürfen jedoch nicht zur Arbeitszeit gehören. Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.


Dreamdrummer  03.12.2024, 08:58
Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.

Die Festangestellten bekommen dann aber Obst und Kaffee? Bei so einer Ungleichbe-handlung ist es kein Wunder, dass jeder studiert. Mache ich ja auch.

member198 
Beitragsersteller
 03.12.2024, 11:00
Ich habe aber eher das Gefühl, dass die heutigen Azubis oft ihre Ausbildung einfach nicht ernst nehmen und lieber am Smartphone oder Rechner daddeln und komasaufen, anstatt auch zu Hause zu lernen, wenn sie im Betrieb und in der Berufsschule nachhinken.

Das liegt immer an den Umständen und wie hoch die Wertschätzung innerhalb des Unternehmens ist. Zum Beispiel stellt mein Vater auch viele Gen-Zler ein und kann nur von positiven Erfahrungen berichten. Man muss aufhören Azubis aus der Sicht von früher zu sehen, nach dem Motto "du bist hier nur Azubi". Auszubildene die wertgeschätzt werden, angemessen bezahlt werden, denen man zuhört und die man in die Abläufe einbindet, anstatt unter dem Vorwand des "nur Azubi seins" Gatekeeping zu betreiben, arbeiten motivierter und haben keine Gründe sich an das Handy zu flüchten. Warum sollte man noch an der Arbeit interessiert sein, wenn die Arbeitsbedingungen so schlecht sind, dass man froh ist endlich Zuhause zu sein? Es muss ein gesundes Arbeitsumfeld geschaffen werden, dass eben auch den neuen gesellschaftlichen Normen und dem Wandel entspricht. Konzepte aus 1980 bringen nichts.

In anderen Ländern wie Schweden, Norwegen und Dänemark ist die Gesellschaft schon weiter, Work-Life-Balance wird ernstgenommen, man wird wertgeschätzt und Benefits sind der gesellschaftliche Standard. Man muss einfach mit der Zeit gehen. Viele ehemalige sehr erfolgreiche Firmen, mit 3 stelligen Millionenumsatz gehen pleite. Oft aus Missmanagement, weil man den Anschluss an den gesellschaftlichen Wandel und die neuen Generationen verpasst. Da bringt es auch nichts, hinterher zu brüllen, die Politik wäre Schuld oder auf Hilfen zu warten.

Dazu kommt, dass viele Azubis meinen, für ihre "Arbeit" auch gut bezahlt werden zu müssen. Sie sind sich nicht dessen bewusst, dass die Ausbildungsvergütung lediglich ein Anreiz ist, vertragsgemäß im Betrieb und in der Berufsschule zu erscheinen und für das Ausbildungsziel zu lernen

Das ändert nichts daran, dass Azubis schon während der Ausbildung ein vollwertiges Mitglied des Teams sind. In Betrieben mit veralteter Hierarchie werden Azubis sogar für die Drecksarbeit ausgenutzt. Wenn dann dann die Ausbildungsvergütung nur mittelmäßig ist, entsteht der Eindruck der mangelnden Wertschätzung. Ausbildung bedeutet oft auch, der erste Schritt in das unabhängige Erwachsenwerden. Die Ausbildungsvergütungen sollten eben in die Zeit passen, in der man lebt. Man findet auch dort Boomer die heute noch sagen: "Ich hab früher nur 300 Mark bekommen". Das ist zwar so gewesen, heute aber nicht mehr Zeitgemäß.

Die wirtschafliche Leistung eines Azubis liegt weit unter den Kosten, die einem ausbildenden Betrieb entstehen.

Viele Azubis erreichen die gleiche Leistung, wie ausgebildete Fachkräfte. Teilweise sogar bessere Leistung, als die "alten Hasen".

Ich gebe zu, dass Raucherpausen ein Motivationsanreiz sind, sie dürfen jedoch nicht zur Arbeitszeit gehören. Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.

Früher war die Arbeit ein Ort, da ging man hin und ging nach 8 Stunden wieder nach Hause. Das Konzept hat sich in der Gesellschaft aber in eine moderne Richtung entwickelt. Heute liegt der Fokus besonders auf Work-Life-Balance und Mental-Health-Care, das ist gut so und fördert die Gesundheit und Integrität unserer Gesellschaft. Sowas ist in anderen europäischen Ländern das mindeste.

Aus unternehmerischer Perspektive hat das langfristig auch nur Vorteile.

Den Beitrag kann ich teilweise unterschreiben, bis auf die Sache mit dem Obstkorb und der Raucherpause. Auf der Arbeit geht es um Leistung, genauso wie im Studium und in der Ausbildung. Es ist zwar schön und gut, dass Studierende gute Power Points formatieren können. Wenn sie inhaltlich aber auf dem Stand von Primarschülern sind, ist das nicht gut genug. Die Qualität steht über allem.


member198 
Beitragsersteller
 02.12.2024, 23:50

Der Obstkorb war mehr eine Metapher um darzustellen, dass viele ältere die Dinge so erhalten wollen, wie sie damals waren. Streng nach dem Glauben, was damals gereicht hat, muss heute auch reichen. Eine Gesellschaft unterliegt immer einem Wandel. Was damals noch der Obstkorb in den Firmen war, sind heute Konzepte wie firmeninternes Mental-Health-Care. Heute gibt es dafür innerhalb der Gesellschaft ein Bewusstsein. In Dänemark ist das zum Beispiel schon lange so. Wenn Boomer dem kontern mit "den Neuzeitquatsch hat es früher auch nicht gegeben, die sollen sich nicht so anstellen", zeugt das von Ignoranz und mangelndem Verständnis einer komplexen Gesellschaft. Außerdem heißt es noch lange nicht, nur weil es früher anders war, war es gut so.

Auf der Arbeit geht es um Leistung

Für eine Leistung die man erbringt, möchte man einen aktuellen Gegenwert erhalten. In Form von finanziellen Mitteln, Wertschätzung und anderen Dingen. Es hat Gründe warum Start-Ups von jungen Gründern so oft, so viel Erfolg haben. Die Gesellschaft wurde verstanden.

LacLeman  03.12.2024, 00:03
@member198

Also, ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass eine gute Leistung an sich schon befriedigend ist. Natürlich gibt es toxische Teams; dagegen muss angegangen werden. Aber die Wertschätzung speist sich aus der gut gemachten Arbeit. Meine Meinung.

Ja allgemein das Konzept 40 Stunden Woche ist meiner Meinung nach veraltet. 6 Stunden Arbeit pro Tag oder 4 Tage Woche, würde glaube ich sogar für mehr Produktivität sorgen, weil man mehr freie Zeit für sich hat und dadurch mehr Motivation.


Halbammi  02.12.2024, 23:36

Und du glaubst wenn zB ein MItarbeiter bei Kaufland nur 24 h die Woche arbeitet und nur 6 Stundne pro tag das dann alles besser ist? Was meinst du was dann mit den Preisen passiert?

Bfjdi81828  02.12.2024, 23:39
@Halbammi

Erklär mir was mit den Preisen passiert, ich weiß es nicht. In meiner Rechnung wären das aber dann 30 Stunden.

Halbammi  03.12.2024, 21:02
@Bfjdi81828

Wenn ich 100 Mitarbeiter mit 40 h die Woche habe sind das 4000 Arbeitsstunden. Lasse ich alle nur 30 h arbeiten und zahle das gleiche Geld, dann muss ich 1000 Arbeitsstunden neu besetzen die mir fehlen. Das sind bummelig 33 neue Mitarbeiter die ich einstellen muss. Die werde ich kaum kriegen, aber wenn dann erhöht es die Personalkosten um 33 Prozent. Da das Geld nicht mit der Post kommt müssen die Preise deutlich erhöht werden.

Bfjdi81828  04.12.2024, 00:18
@Halbammi

Das ist ja dann das Problem vom Arbeitgeber, die haben wenn man mal ehrlich ist, sowieso genug Geld, dass schadet denen eigentlich nicht, wäre nur fairer. Es ist auch nicht so das ich ein komplett neues System mal eben erfinden kann, da muss halt ein Kompromiss gefunden werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften und allen würde es besser gehen, weil man sich nicht 40 Stunden pro Woche kaputt macht auf der Arbeit

Bfjdi81828  04.12.2024, 00:21
@Halbammi

Theoretisch wenn er den Laden schließt, wenn die Mitarbeiter frei haben, braucht er auch niemanden einstellen, das würde man schon hinbekommen

Halbammi  04.12.2024, 13:18
@Bfjdi81828

Und praktisch gehen die Kunden dann woanders hin wo länger geöffnet ist, gerade im Lebensmittelbereich. Da kannst du nicht einfach 16 Uhr zumachen. Wäre das möglich hätte man es längst gemacht, oder glaubst du der Ladeninhaber / Chef ist gerne bis 20 Uhr im Betrieb?

member198 
Beitragsersteller
 02.12.2024, 23:35

Leider prallen Generationen aufeinander. Die älteren Generationen denken, es muss alles bleiben wie früher und hocken oft auf ihrem hohen Thon ohne etwas verändern zu wollen. Die jüngeren fühlen sich vor den Kopf gestoßen und sind schon lange bereit für den Wandel, der schon längst überfällig ist. Die älteren haben leider oft die Personalverantwortung.

Es gibt einen Grund, warum Start-Ups von jungen Gründern durch die Decke schießen. Die Gründer verstehen die Neuzeit.

Zum Beispiel sind Konzepte wie Gleitzeit, firmeninternes Mental-Health-Care und Work-Life-Balance in den nordischen Ländern das gesellschaftliche Minimum und der Standard.

Bfjdi81828  02.12.2024, 23:40
@member198

Ich weiß halt nicht ob das unbedingt ein Konflikt zwischen den Generationen ist oder eher gewisse Menschen die davon profitieren andere auszubeuten, also unabhängig vom Alter.

member198 
Beitragsersteller
 02.12.2024, 23:44
@Bfjdi81828

Ich denke, es ist ein Zusammenspiel aus allem. Ein komplexes, gesellschaftliches Phänomen aus Angst vor Wandel, verschiedenen Generationen, Profiteuren und allen, die alles Alte so lange erhalten möchten, bis es keine andere Wahl zwischen drastischem Feedback (bemerkbar rote Zahlen, ggf. Insolvenz) oder dem Wandel ist. Warum also so lange aufschieben, bis man den Wandel eingehen muss oder es vielleicht schon zu spät ist?

Ich bin Selbstbewusst in dem was ich schreibe. Die Überalterung der Gesellschaft nimmt nicht ab und die jüngeren Generationen, angefangen bei der Gen-Z, übernimmt langsam. Der Wandel wird kommen müssen. Jeder der den Wandel verpasst, wird vom Markt verschluckt.

Bfjdi81828  02.12.2024, 23:49
@member198

Ich hoffe das sich was ändert, ich habe nämlich schon 2 Ausbildungen abgebrochen und weiß nicht wie andere Menschen sich das 40 Jahre lang antun. Für mich unvorstellbar, ich habe fette Depressionen bekommen, einfach von diesem eintönigen Alltag. Obwohl hoffen kann ich lange, ich würde gerne was ändern, aber weiß nicht wie, jeder denkt heutzutage so, aber trotzdem ändert sich nichts.

member198 
Beitragsersteller
 02.12.2024, 23:56
@Bfjdi81828
ich würde gerne was ändern, aber weiß nicht wie, jeder denkt heutzutage so, aber trotzdem ändert sich nichts.

Der erste und richtige Anfang ist, dass du so denkst und etwas verändern möchtest. Dir ist unsere Gesellschaft und Bewusstsein für moderne Probleme wichtig. Zusammenhalt ist wichtig, besonders innerhalb einer Generation. Man sollte sich immer ohne Vorurteile begegnen, respektvollen Umgang zeigen und sich nicht spalten lassen. Damit ist ein großer Teil getan, danke für deinen Beitrag :)