Ist das Konzept Ausbildung veraltet?
Im Moment ist in einigen Medien der Fachkräftemangel und der Rückgang an Lehrlingen das Thema. Seit 2006 ist die Zahl der Erstsemester expotentiell angestiegen und hat sich auf dem hohen Niveau stabilisiert. Seit 2008 ist die Studentenanzahl von 1,9 auf 2,8 Millionen gestiegen, die Zahl der Lehrlinge ist von 2,0 Millionen, auf 1,2 Millionen gefallen. Die Quelle dazu ist ein Artikel der Welt.
Die Rede ist von einer Universitätsblase und unsinnigen Studiengängen, die keinen Nutzen bringen bzw. überlaufen sind.
Ich gehöre selbst zur Gen-Z und bin Student. Ich vermute nicht, dass die jüngeren Generationen keine Lust auf eine Ausbildung haben, ich sehe ein Image-Problem, dass zu recht auf reale Problematiken zurückzuführen ist. Viele beginnen ein Studium aus Unwissenheit.
Menschen aus meiner Generation, haben beim Stichwort Ausbildung und Lehrling oft folgendes im Kopf: Die Hierarchie im Lehrling / Chef Verhältnis ist extrem hoch, der Chef steht diskriminierend an der Spitze, die Verhältnisse sind primitiv, der Chef schaut auf andere herab, man ist sozusagen ein Sklave vom Chef, wird während der Lehre ausgenutzt und rumgeschubst und hat selbst nach der Lehrer nur Perspektive auf Mindestlohn.
Beim Studium ist das Bild oft folgendes: Man studiert weil man etwas für sich selbst tut und lernt während des Studiums für sich selbst. Man studiert nicht für einen Chef, der undankbar ist und von dem man ggf. noch herumgeschubst wird, sondern für sich und das Wohlbefinden. Nach dem Studium hat man eher Aussicht auf eine gute Verhandlungsposition und die Chance auf einen Arbeitsplatz, der modern ist. Gleitzeit, Work-Life-Balance, Wertschätzung, angemessene Bezahlung, Boni die über einen Obstkorb hinaus gehen etc.
Unabhängig davon, wie stark die Vorstellungen nun der Realität entsprechen, ist das eben eine Ansicht die viele in meiner Generation haben. Nach dem Motto: Warum von einem arroganten Chef ausnutzen lassen, wenn ich lieber den moderneren Weg gehen kann?
Meiner Meinung nach bringt es dort von den Boomern auch nichts, auf die jüngeren Generationen einzutreten und sie faul zu nennen. Wandel findet immer statt und die Verhältnisse die viele sich als Lehrling vorstellen, sind nicht mehr Zeitgemäß. Da bringen dumme Sprüche wie "früher hat man die Lehrlinge noch richtig in die Mangel genommen, da haben die noch Respekt gelernt" von irgendwelchen 50 oder 60 jährigen auch nichts, außer dass man sich noch weiter davon distanziert.
Man könnte dem Fachkräftemangel entgegen wirken, indem die Unternehmen dem Konzept "Ausbildung" einen neuen und modernen Anstrich verpassen. Viele Unternehmen verstehen immer noch nicht das Konzept von Social Media. Zum Beispiel sind Konzepte wie Gleitzeit, Work-Life-Balance und firmeninternes Mental-Health-Care schon lange modern und gesellschaftlich gewünscht. In den nordischen Ländern ist das schon lange der Mindeststandard, der gesellschaftlich vorausgesetzt ist. Da bringt es nichts, wenn man als Firma sagt: Du bekommst eine Raucherpause, einen Obstkorb und einen O-Saft, früher hatten wir auch nicht mehr.
Ich komme selbst aus einer erfolgreichen Unternehmerfamilie und gehöre zur Gen-Z. Laut meines Vaters sind die Gen-Zler bei uns aber alles andere als Arbeitsfaul, solange sie respektiert werden und man sich an die moderne Zeit anpasst. Man muss neuen Konzepten gegenüber offen sein. Die Probleme worüber andere Unternehmer immer jammern, kennt mein Vater nicht. Er hat das Konzept der Neuzeit verstanden und baut darauf auf. Früher Wandel, statt Angst vor neuem und Stillstand, bis man vom Markt gezwungen wird.
Wer nicht mit der Zeit geht, der wird eben verschluckt. Da kann man hinterher noch so viel heulen und Boomer-Sprüche bringen. Das war schon immer so.
Das Konzept Ausbildung braucht einen neuzeitlichen Anstrich. Eure Meinung?Chapeau, wenn ihr euch meinen Beitrag ganz durchgelesen habt und euch für die Gesellschaft interessiert.
5 Antworten
Das stimmt schon. Hinzu kommt der Aspekt, dass man sich mit Ausbildungen kaum noch beruflich weiterentwickeln kann. In der Theorie gibt es zwar Weiterbildungen, aber viele Unternehmen stellen lieber neues, besser qualifiziertes Personal ein anstatt langjährigen Mitarbeitern eine Fortbildung zu geben. Von daher hat man nach einem Studium auch eine bessere Ausgangslage.
Ich stimme dir zu. Auch wenn deine Schilderung etwas überspitzt dargestellt sein mag, finde ich, sie spiegelt im Großen und Ganzen die Realität wider. Das ist als Azubi meine Sicht der Dinge.
Ja, ich habe mich bei der Fragestellung ein Paar rhetorischen Stilmitteln bedient. :) Das unterstreicht den Beitrag, macht ihn leicht zu verstehen und macht es für den Leser verständlich.
Aus eigener Erfahrung (3 abgeschlossene Ausbildungen) kann ich nur feststellen, dass viele Auszubildende selbst bei 40 Stunden/Woche und 3 ½ Jahren Lehrzeit kaum in der Lage sind, die Abschlussprüfung im ersten Anlauf und dann mit einer guten Note zu schaffen. Mag sein, dass es oft an den Betrieben und Ausbildern liegt - solche Pfeifen hatte ich auch schon. Ich habe aber eher das Gefühl, dass die heutigen Azubis oft ihre Ausbildung einfach nicht ernst nehmen und lieber am Smartphone oder Rechner daddeln und komasaufen, anstatt auch zu Hause zu lernen, wenn sie im Betrieb und in der Berufsschule nachhinken.
Dazu kommt, dass viele Azubis meinen, für ihre "Arbeit" auch gut bezahlt werden zu müssen. Sie sind sich nicht dessen bewusst, dass die Ausbildungsvergütung lediglich ein Anreiz ist, vertragsgemäß im Betrieb und in der Berufsschule zu erscheinen und für das Ausbildungsziel zu lernen. Der Betrieb zahlt dabei immer drauf. Die wirtschafliche Leistung eines Azubis liegt weit unter den Kosten, die einem ausbildenden Betrieb entstehen.
Nun gut. Ich gebe zu, dass Raucherpausen ein Motivationsanreiz sind, sie dürfen jedoch nicht zur Arbeitszeit gehören. Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.
Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.
Die Festangestellten bekommen dann aber Obst und Kaffee? Bei so einer Ungleichbe-handlung ist es kein Wunder, dass jeder studiert. Mache ich ja auch.
Ich habe aber eher das Gefühl, dass die heutigen Azubis oft ihre Ausbildung einfach nicht ernst nehmen und lieber am Smartphone oder Rechner daddeln und komasaufen, anstatt auch zu Hause zu lernen, wenn sie im Betrieb und in der Berufsschule nachhinken.
Das liegt immer an den Umständen und wie hoch die Wertschätzung innerhalb des Unternehmens ist. Zum Beispiel stellt mein Vater auch viele Gen-Zler ein und kann nur von positiven Erfahrungen berichten. Man muss aufhören Azubis aus der Sicht von früher zu sehen, nach dem Motto "du bist hier nur Azubi". Auszubildene die wertgeschätzt werden, angemessen bezahlt werden, denen man zuhört und die man in die Abläufe einbindet, anstatt unter dem Vorwand des "nur Azubi seins" Gatekeeping zu betreiben, arbeiten motivierter und haben keine Gründe sich an das Handy zu flüchten. Warum sollte man noch an der Arbeit interessiert sein, wenn die Arbeitsbedingungen so schlecht sind, dass man froh ist endlich Zuhause zu sein? Es muss ein gesundes Arbeitsumfeld geschaffen werden, dass eben auch den neuen gesellschaftlichen Normen und dem Wandel entspricht. Konzepte aus 1980 bringen nichts.
In anderen Ländern wie Schweden, Norwegen und Dänemark ist die Gesellschaft schon weiter, Work-Life-Balance wird ernstgenommen, man wird wertgeschätzt und Benefits sind der gesellschaftliche Standard. Man muss einfach mit der Zeit gehen. Viele ehemalige sehr erfolgreiche Firmen, mit 3 stelligen Millionenumsatz gehen pleite. Oft aus Missmanagement, weil man den Anschluss an den gesellschaftlichen Wandel und die neuen Generationen verpasst. Da bringt es auch nichts, hinterher zu brüllen, die Politik wäre Schuld oder auf Hilfen zu warten.
Dazu kommt, dass viele Azubis meinen, für ihre "Arbeit" auch gut bezahlt werden zu müssen. Sie sind sich nicht dessen bewusst, dass die Ausbildungsvergütung lediglich ein Anreiz ist, vertragsgemäß im Betrieb und in der Berufsschule zu erscheinen und für das Ausbildungsziel zu lernen
Das ändert nichts daran, dass Azubis schon während der Ausbildung ein vollwertiges Mitglied des Teams sind. In Betrieben mit veralteter Hierarchie werden Azubis sogar für die Drecksarbeit ausgenutzt. Wenn dann dann die Ausbildungsvergütung nur mittelmäßig ist, entsteht der Eindruck der mangelnden Wertschätzung. Ausbildung bedeutet oft auch, der erste Schritt in das unabhängige Erwachsenwerden. Die Ausbildungsvergütungen sollten eben in die Zeit passen, in der man lebt. Man findet auch dort Boomer die heute noch sagen: "Ich hab früher nur 300 Mark bekommen". Das ist zwar so gewesen, heute aber nicht mehr Zeitgemäß.
Die wirtschafliche Leistung eines Azubis liegt weit unter den Kosten, die einem ausbildenden Betrieb entstehen.
Viele Azubis erreichen die gleiche Leistung, wie ausgebildete Fachkräfte. Teilweise sogar bessere Leistung, als die "alten Hasen".
Ich gebe zu, dass Raucherpausen ein Motivationsanreiz sind, sie dürfen jedoch nicht zur Arbeitszeit gehören. Aber auch noch Obst und Säfte servieren? Nein, die Ausbildung ist kein Picknick im Grünen.
Früher war die Arbeit ein Ort, da ging man hin und ging nach 8 Stunden wieder nach Hause. Das Konzept hat sich in der Gesellschaft aber in eine moderne Richtung entwickelt. Heute liegt der Fokus besonders auf Work-Life-Balance und Mental-Health-Care, das ist gut so und fördert die Gesundheit und Integrität unserer Gesellschaft. Sowas ist in anderen europäischen Ländern das mindeste.
Aus unternehmerischer Perspektive hat das langfristig auch nur Vorteile.
Den Beitrag kann ich teilweise unterschreiben, bis auf die Sache mit dem Obstkorb und der Raucherpause. Auf der Arbeit geht es um Leistung, genauso wie im Studium und in der Ausbildung. Es ist zwar schön und gut, dass Studierende gute Power Points formatieren können. Wenn sie inhaltlich aber auf dem Stand von Primarschülern sind, ist das nicht gut genug. Die Qualität steht über allem.
Also, ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass eine gute Leistung an sich schon befriedigend ist. Natürlich gibt es toxische Teams; dagegen muss angegangen werden. Aber die Wertschätzung speist sich aus der gut gemachten Arbeit. Meine Meinung.
Ja allgemein das Konzept 40 Stunden Woche ist meiner Meinung nach veraltet. 6 Stunden Arbeit pro Tag oder 4 Tage Woche, würde glaube ich sogar für mehr Produktivität sorgen, weil man mehr freie Zeit für sich hat und dadurch mehr Motivation.
Und du glaubst wenn zB ein MItarbeiter bei Kaufland nur 24 h die Woche arbeitet und nur 6 Stundne pro tag das dann alles besser ist? Was meinst du was dann mit den Preisen passiert?
Erklär mir was mit den Preisen passiert, ich weiß es nicht. In meiner Rechnung wären das aber dann 30 Stunden.
Wenn ich 100 Mitarbeiter mit 40 h die Woche habe sind das 4000 Arbeitsstunden. Lasse ich alle nur 30 h arbeiten und zahle das gleiche Geld, dann muss ich 1000 Arbeitsstunden neu besetzen die mir fehlen. Das sind bummelig 33 neue Mitarbeiter die ich einstellen muss. Die werde ich kaum kriegen, aber wenn dann erhöht es die Personalkosten um 33 Prozent. Da das Geld nicht mit der Post kommt müssen die Preise deutlich erhöht werden.
Das ist ja dann das Problem vom Arbeitgeber, die haben wenn man mal ehrlich ist, sowieso genug Geld, dass schadet denen eigentlich nicht, wäre nur fairer. Es ist auch nicht so das ich ein komplett neues System mal eben erfinden kann, da muss halt ein Kompromiss gefunden werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften und allen würde es besser gehen, weil man sich nicht 40 Stunden pro Woche kaputt macht auf der Arbeit
Theoretisch wenn er den Laden schließt, wenn die Mitarbeiter frei haben, braucht er auch niemanden einstellen, das würde man schon hinbekommen
Und praktisch gehen die Kunden dann woanders hin wo länger geöffnet ist, gerade im Lebensmittelbereich. Da kannst du nicht einfach 16 Uhr zumachen. Wäre das möglich hätte man es längst gemacht, oder glaubst du der Ladeninhaber / Chef ist gerne bis 20 Uhr im Betrieb?
Leider prallen Generationen aufeinander. Die älteren Generationen denken, es muss alles bleiben wie früher und hocken oft auf ihrem hohen Thon ohne etwas verändern zu wollen. Die jüngeren fühlen sich vor den Kopf gestoßen und sind schon lange bereit für den Wandel, der schon längst überfällig ist. Die älteren haben leider oft die Personalverantwortung.
Es gibt einen Grund, warum Start-Ups von jungen Gründern durch die Decke schießen. Die Gründer verstehen die Neuzeit.
Zum Beispiel sind Konzepte wie Gleitzeit, firmeninternes Mental-Health-Care und Work-Life-Balance in den nordischen Ländern das gesellschaftliche Minimum und der Standard.
Ich weiß halt nicht ob das unbedingt ein Konflikt zwischen den Generationen ist oder eher gewisse Menschen die davon profitieren andere auszubeuten, also unabhängig vom Alter.
Ich denke, es ist ein Zusammenspiel aus allem. Ein komplexes, gesellschaftliches Phänomen aus Angst vor Wandel, verschiedenen Generationen, Profiteuren und allen, die alles Alte so lange erhalten möchten, bis es keine andere Wahl zwischen drastischem Feedback (bemerkbar rote Zahlen, ggf. Insolvenz) oder dem Wandel ist. Warum also so lange aufschieben, bis man den Wandel eingehen muss oder es vielleicht schon zu spät ist?
Ich bin Selbstbewusst in dem was ich schreibe. Die Überalterung der Gesellschaft nimmt nicht ab und die jüngeren Generationen, angefangen bei der Gen-Z, übernimmt langsam. Der Wandel wird kommen müssen. Jeder der den Wandel verpasst, wird vom Markt verschluckt.
Ich hoffe das sich was ändert, ich habe nämlich schon 2 Ausbildungen abgebrochen und weiß nicht wie andere Menschen sich das 40 Jahre lang antun. Für mich unvorstellbar, ich habe fette Depressionen bekommen, einfach von diesem eintönigen Alltag. Obwohl hoffen kann ich lange, ich würde gerne was ändern, aber weiß nicht wie, jeder denkt heutzutage so, aber trotzdem ändert sich nichts.
ich würde gerne was ändern, aber weiß nicht wie, jeder denkt heutzutage so, aber trotzdem ändert sich nichts.
Der erste und richtige Anfang ist, dass du so denkst und etwas verändern möchtest. Dir ist unsere Gesellschaft und Bewusstsein für moderne Probleme wichtig. Zusammenhalt ist wichtig, besonders innerhalb einer Generation. Man sollte sich immer ohne Vorurteile begegnen, respektvollen Umgang zeigen und sich nicht spalten lassen. Damit ist ein großer Teil getan, danke für deinen Beitrag :)
Der Obstkorb war mehr eine Metapher um darzustellen, dass viele ältere die Dinge so erhalten wollen, wie sie damals waren. Streng nach dem Glauben, was damals gereicht hat, muss heute auch reichen. Eine Gesellschaft unterliegt immer einem Wandel. Was damals noch der Obstkorb in den Firmen war, sind heute Konzepte wie firmeninternes Mental-Health-Care. Heute gibt es dafür innerhalb der Gesellschaft ein Bewusstsein. In Dänemark ist das zum Beispiel schon lange so. Wenn Boomer dem kontern mit "den Neuzeitquatsch hat es früher auch nicht gegeben, die sollen sich nicht so anstellen", zeugt das von Ignoranz und mangelndem Verständnis einer komplexen Gesellschaft. Außerdem heißt es noch lange nicht, nur weil es früher anders war, war es gut so.
Für eine Leistung die man erbringt, möchte man einen aktuellen Gegenwert erhalten. In Form von finanziellen Mitteln, Wertschätzung und anderen Dingen. Es hat Gründe warum Start-Ups von jungen Gründern so oft, so viel Erfolg haben. Die Gesellschaft wurde verstanden.