Gab es in der DDR eine Art Motorrad-Gegenkultur wie im Westen, deren Mitglieder vom Staat nicht gern gesehen waren bzw. nicht mit ihm einverstanden waren?
3 Antworten
Salue
In der DDR war das Motorrad ein Mobilitätsmittel und keine Freizeitspielzeug wie bei uns im Westen. Eine MZ bekamst Du nach ein paar Wochen während Du auf einen Trabi mehr als 10 Jahre warten musstest. Man sah unter der Woche in den Hinterhöfen Seitenwagen auf Böcken stehen, denn sie wurden nur am Wochende mit der Familie gebraucht.
So sah man auch häufig Hausfrauen die mit der MZ einkaufen gingen. Vielfach mit dem Personen- oder dem Lastenbeiwagen.
Der Bau eines Motorrades brauchte weniger Material als für den Bau eines Autos. Der Staat war also am Bestand der Motorräder interessiert.
Es gab einige "Gangs" mit Simson Motorräder. Aber die waren eigentlich ganz brav und halt einfach in der Pubertät.
Als ich mit meiner Kawasaki Z750 in der DDR war, war dies eine absolute Sensation. Die Leute kamen von weither, um sich diese irre Maschine vor dem Hotel Merkur in Leipzig anzusehen.
Als mein Kumpel, der eine MZ Werkstatt betrieb, von einer Probefahrt zurückkam fragten ihn seine Kunden wie es gewesen sei. Er meinte nur trocken "Das ist geil, das ist noch geiler als die Weiber".
Tellensohn
Eine Rockergang gab es so in der DDR nicht. Ist mir zumindest kein Begriff. Es gab sehr wohl Gruppierungen rund um Motorräder verschiedener Marken, die Auswahl war dabei nicht riesig und bezog sich mehr auf Oldtimer. Neben MZ auch Java oder Ural, AWO oder Simson.
Es gab ja nur sehr wenige Motorradmarken und die waren so bieder, dass man damit nur von A nach B fahren konnte. Es war auch nicht möglich, sie so umzubauen, dass sie cool aussahen, weil man die coolen Teile dafür nicht kaufen konnte. Es blieb also nur der Fahrspaß. Eine äußere Abgrenzung gab es nicht. Es gab auch keine Rockerkultur, denn so bald sich jemand eine solche Kutte anzog, wurde er von der Stasi verhaftet. Die haben ja noch nicht einmal die kleinen Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" geduldet. Natürlich gab es größere Gruppen von Motorradfahrern, die mit Getöse durch die Ortschaften gefahren sind. Aber keine von denen hatte eine politische Botschaft. Die allermeisten wollten nur Motorrad fahren. Denn so bald eine solche Gruppe zu groß wurde, hat die Stasi Leute eingeschleust und die Leute herausgegriffen, die gegen den Staat waren.
Ja, aber die lag in der Kunstszene. Musiker waren immer auf der "anderen" Seite. Deren Fans haben durch ihr unangepasstes Äußeres gezeigt, wo sie standen und was sie von der DDR hielten.
Selbst die Musiker? Die waren doch Angestellte des Staates soweit ich weiß
Nein. Musiker waren keine Angestellten des Staates. Es gab solche, die sehr staatstragende Musik gemacht haben. Das waren "rote" Bands und die wurden vom Staat gehätschelt. Sie bekamen immer wieder Auftritt im TV und bei Veranstaltungen. Aber unter den wahren Musikfans waren die verhasst.
Aber sehr viele andere haben ihre eigene Musik gemacht. Allerdings mussten sie ihre Texte jedes Mal bei der Zensur einreichen. Dort wurde geprüft, was dort steht und so war man gezwungen, zwischen den Zeilen zu lesen. Doch in der DDR waren die Leute sehr gut darin und haben sehr genau verstanden, was gemeint ist.
Schau mal auf YouTube und suche mal hier nach: "Sag mir wo du stehst" Das war eine der roten Bands. Ich bekommen noch heute einen Brechreiz, wenn ich das sehe.
Woher hast du dieses umfassende Wissen, ich habe derlei nicht erlebt, obwohl immer auf Touren gewesen und das in der gesamten Altmark, bis hin nach Berlin?
Dass du nichts dergleichen bemerkt hast, ist mir vollkommen klar, denn du hast ja nie etwas bemerkt.
Gab es sonstige Gegenkulturen?