Die meisten Abgeordneten im Bundestag und generell Politiker in Deutschland sind Akademiker, ist das eine gute Entwicklung?

8 Antworten

Ich stelle die Gegenfrage: wie würdest Du so etwas organisieren? Eine Kandidatur ist noch immer freiwillig.

Man müsste in jedem Wahlkreis z.B. Vertreter aus Handwerk, Dienstleistung, usw. ZWINGEN, zu kandidieren. Das klappt schon nicht.

Dann könnte man die Parteien zwingen, die Listenplätze nach einem vorgegebenen Muster aus Studium, Handwerk, Dienstleister, Arbeitslosen, usw. aufzustellen. Auch das wäre kaum vorstellbar. Alleine schon die Frauenquote ist - zumindest auf kommunaler Ebene - nicht immer umsetzbar.

Dazu kommt, dass die Aufgaben - z.B. Lesen UND Verstehen von Gesetzesentwürfen - nicht gerade einfach ist. Eine gewisse Grundausbildung/Erfahrung ist da schon hilfreich.

Jetzt der eigentlich entscheidende Faktor: Das Wahlvolk entscheidet nicht immer nach der Qualifikation der Kandidatinnen und Kandidaten (man muss nur die aktuellen Parlamente bzgl. der Qualifikation Einzelner anschauen). Oft ist es das Auftreten, die rhetorischen Fähigkeiten und damit die Außenwirkung, mitunter auch schlichtweg die Darstellung durch die Medien.

Im ministerialen Bereich sind oft ganz andere Fähigkeiten ausschlaggebend als der Beruf. Da kommt es auf Menschführung, Managementtalent und auch Umgang mit Medien an. Natürlich wäre Berufserfahrung, zumindest rudimentär, als Voraussetzung wichtig. Was macht man dann z.B. mit dem Außenministerium? Das kann man nicht wirklich "erlernen".

Was zudem im Zeitalter von Europa und der Globalisierung wichtig ist: Fremdsprachen, Umgangsformen, Bildung über andere Kulturen, ...

Es wäre selbstverständlich wünschenswert, wenn z.B. ein Bäcker im Bundestag erklären kann, wann er insolvent ist, aber das reicht für den Alltagsjob nicht aus.

Woher ich das weiß:Hobby – Kommunalpolitik und Themen bis auf Landtagsebene

Es widerspricht dem Grundgesetz. Das Parlament soll die Bevölkerung abbilden und nicht nur einen Teil dieser.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter

oklein  30.05.2024, 20:47

Wo steht denn das eigentlich?

In §38 steht "...Sie sind Vertreter des ganzen Volkes..."

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oklein  30.05.2024, 21:18
@vanOoijen

Nur um es klarzustellen (keine Aggression): es steht also NICHT im GG. Als "Experten-Kollege" also bitte korrigieren. 😉😊

Ich habe mir Deinen Link angeschaut. Eine schöne Gegenüberstellung, aber was bringt diese in der Realität?

  • Wir haben Anfang Juni Kommunalwahlen und es war schon schwer genug, 2 weibliche Kandidatinnen unter 12 Gesamt auf unserer Liste zu finden. Die anderen Listen haben sich um die 3. interessierte Frau in der Gemeinde "geprügelt". Das ist Realität, da kann man %-Gegenüberstellung machen, so viel man will.
  • Unser Kreistag verwaltet ca. 1 Mrd. €, davon ein erheblicher Teil für Krankenhäuser. Von etwas über 100 Bewerbern haben wir auf unserer Liste eine Frau, die als Erfahrung langjährige Klinikverwaltung hat. Die anderen Listen haben da gar niemanden.
  • Und zur Qualifikation: Im Nachbarwahlkreis (Backnang) gab es bei der letzten Bundestagswahl eine Person, die bei der Einzelkandidatur durchfiel. Über die Liste bekam sie dann ihr "MdB". berufliche Fähigkeiten: Exakt Null (zu den anderen bin ich parteilich beeinflusst 😉😜)

Also wie soll das praktisch gehen - selbst wenn gewünscht? Siehe dazu meinen Beitrag.

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oklein  31.05.2024, 22:48
@vanOoijen

Ich vermute, dass - beispielhaft genannt - Frau Lang oder Herr Kühnert 15.000,- € aus eigene Schatulle für die Eigenwerbung auf den Listenplatz aufgewandt haben.

Die Zahlen sind ja auch m.E. mehr für die Werbung auf ein Direktmandat zu verstehen.

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vanOoijen  01.06.2024, 06:16
@oklein

Schau mal in den Link. Mit 15.000 € kommst Du da nicht weit eher zwischen 60.000 und 120.000 €.

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oklein  01.06.2024, 20:29
@vanOoijen

Ich habe mir neben Deinem Link noch andere Quellen angeschaut. Du musst dabei auch die individuellen Hintergründe beachten. Bei dem SPD-Beispiel mit 60.000 € handelt es sich ja nicht wirklich um einen Standardfall sondern das "Ankämpfen" gegen einen beim Wahlvolk etablierten Amtsträger.

Dazu kommt - siehe andere Studien -, dass ab einem gewissen Betrag dieser gar keinen Effekt mehr zeigt und das sind dann die ca. 15.000,- €.

Da wir uns dabei aber primär auf die Erststimmen beziehen, ist schon einmal die andere Hälfte außen vor. Dein Einwand ist also eher auf eine Minderheit gerichtet.

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vanOoijen  01.06.2024, 21:41
@oklein

Jedenfalls hat ein kluger Habenichts keine Chance auf eine Kandidatur.

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oklein  02.06.2024, 15:09
@vanOoijen

Aber offensichtlich Leute ohne Ausbildung und Berufserfahrung => was ja Deinem Ansinnen widerspricht.

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vanOoijen  02.06.2024, 15:19
@oklein

Wer eine gute Chance hat sind Leute die parteiintern gut vernetzt sind, von Lobbys unterstützt werden und das nötige Spielgeld haben.

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oklein  02.06.2024, 21:38
@vanOoijen

Networking ist nach meiner Erfahrung das Wichtigste. Ob da noch Spielgeld für einen Listenplatz erforderlich ist, wäre mir neu. Ich stehe aktuell auf 2 Listen zur Wahl und das hat mich genau genommen keinen Cent gekostet.

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vanOoijen  02.06.2024, 21:41
@oklein

Bei Der Linken wird das nicht erwartet. Vielleicht ist das ja Deine Partei?

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oklein  02.06.2024, 23:06
@vanOoijen

So hat eben jeder seine eigenen Erfahrungen 😉

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Ich finde es nicht verkehrt, wenn sie studiert haben. Wenn man überlegt, welcher Art Texte sie lesen müssen, ist das durchaus von Vorteil.


vanOoijen  31.05.2024, 06:52

Nicht jedem Menschen der nicht studiert hat mangelt es an Textverständnis.

Joschka Fischer hat weder Abitur noch Studium und war ein besserer Außenminister als Bearbock.

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Finde ich schon. Es sollten schlaue Menschen sein.


FinisTerrae  30.05.2024, 19:30

Das ist ein erheblicher Beurteilungsfehler. Hoffentlich denkt niemand weiteres so.

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quaulquappe 
Beitragsersteller
 30.05.2024, 19:33

Willst du sagen, dass 60% der Deutschen dumm sind?

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Es gibt keine Schule, die zu einem Politiker ausbildet. Einseitiges Fachwissen hilft in der Regel nicht in der Politik. Als Politiker ist man mit komplexen interdisziplinären Fachthemen konfrontiert. Das Idealbild ist der universalgelehrte Pragmatiker mit einer Menge Geistes-, Vorstellungs- und Überzeugungskraft, leider bekommt man so jemanden nicht für 250.000 im Jahr.

Wir haben nicht nur eine Überakademisierung in der Politik, sondern wir haben auch einen Überhang an Juristen. Dieser Umstand ist auch dem Zeitgeist verschuldet. Im Grunde ist es auch ein Teufelskreislauf - Die Bürokratie erfordert viele Juristen, viele Juristen fördern Bürokratie.

Es fehlt erheblich an Pragmatik in der Politik.