Dementer Hund - wann über Einschläfern nachdenken?
Mein Hund ist jetzt 16 Jahre alt und lebt bei uns, seit sie wenige Monate alt war. Ich liebe dieses Fellbündel abgöttisch, aber seit einer ganzen Zeit baut sie altersbedingt ab. Meine Eltern reden immer häufiger auf mich ein, dass ich darüber nachdenken soll, sie einschläfern zu lassen, aber ich finde es unfassbar schwierig einzuschätzen, ob es wirklich Zeit ist.
Primär ihr psychischer Zustand ist schwierig. Sobald ich die Wohnung verlasse, jault sie sehr intensiv. Dass meine Eltern da sind, ist ihr dabei egal, und wenn ich 6 Stunden weg bin, jault sie die oft auch komplett durch, ist selber danach psychisch und physisch völlig erschöpft. Durch Medikamente ist das etwas besser geworden, aber ganz weg ist es natürlich nicht. Sie ist auch öfter desorientiert, steht in irgendwelchen Ecken oder läuft unruhig durch die Wohnung. Vor ein paar Wochen ist sie in unserem Treppenhaus eine Etage höher gelaufen, als wir wohnen (was öfter passiert), aber anstatt dann die Treppe wieder hinunterzugehen, ist sie durch die Streben des Geländers gesprungen und drei Meter gefallen. Es ist wie durch ein Wunder nichts passiert, aber wie extrem ihre Desorientierung ist, ist da klar geworden.
Ihr körperlicher Zustand ist aber ihrem Alter entsprechend wirklich gut. Ihr Hör- sowie ihr Sehvermögen sind schon eingeschränkt, sie ist aber weder komplett blind noch komplett taub. Dem Alter geschuldet bauen solche Funktionen ja einfach ab. Sie rutscht zwar ab und an mit den Hinterbeinen weg und Treppenlaufen fällt ihr teilweise natürlich nicht mehr so leicht, aber sie ist nicht krank o.ä., weswegen ich es eigentlich als Unding empfinde, überhaupt in Erwägung zu ziehen, sie einzuschläfern. Vor allem, dass sie den Sturz so gut überstanden hat, nehme ich eigentlich als Zeichen für ihren Lebenswillen. Manchmal schläft sie fast im Stehen oder Sitzen ein, wenn ich mit ihr rausgehe, will sie anfangs oft überhaupt nicht laufen, wird dann aber z.B. auf dem Weg viel lebendiger, als hätte die Anlaufschwierigkeiten.
Es sind so gemischte Signale, weil sie mir per se nicht unglücklich vorkommt, wenn ich da bin. Sie reagiert auf mich, springt mich an und freut sich, wenn sie mich sieht. Aber diese ganzen anderen Situationen verunsichern einfach sehr.
Bei Tierärzten war ich natürlich auch. Die eine Ärztin sagte, man solle übers Einschläfern nachdenken, die andere hat es zwar angesprochen, sagte aber bei so einem körperlich gesunden Hund wäre das schon eine sehr schwierige Entscheidung. Ich bin natürlich absolut von meinen Emotionen beeinflusst und mache mir Sorgen, dass ich das alles aus egoistischen Motiven “herunterspiele“. Vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und kann mir ein wenig weiterhelfen. Danke!
9 Antworten
Mir hat bei chronisch kranken Tieren, wo eine Verbesserung der Symptome nicht mehr zu erwarten war, sondern nur noch das Gegenteil, folgender Satz geholfen:
"Wenn die schlechten Tage die Guten überwiegen, wird es Zeit, loszulassen."
Bei Deiner Frage kommt es mir aber so vor, als wäre es noch ein längerer Weg dorthin. Zumal Dein Hund ja körperlich noch recht fit zu sein scheint.
Bei den Ratschlägen der Eltern und evtl. Anderer sollte man sich fragen, ob es da nicht nur um die menschliche Bequemlichkeit geht. Es wäre schon ziemlich unfair, den alten Hund einzuschläfern, weil man halt nun mehr Aufwand betreiben, und besser auf ihn aufpassen muß. Laß Dir da mal nicht reinreden!
Du entscheidest. Höre auf Dein Bauchgefühl.
Liebe Pluvia!
Allein daß Du Dich so quälst mit der Entscheidung sagt mir schon, daß Du wissen wirst, wann es so weit ist. Der Moment kommt ganz von selbst. So war es bei mir nämlich auch. Es ging zwar um Katzen, aber ich mußte entscheiden, wann es endgültig genug ist, weil das Tier leidet ohne Aussicht auf Besserung. Das fällt bei der Mieze genauso schwer, wenn man viele Jahre in enger Bindung miteinander verbracht hat.
Besonders ein Mal war sehr eindringlich - mein kranker Kater saß draußen, sah dem abfahrenden Auto hinterher, und hat dadurch meine Eltern verabschiedet, die weiter weg wohnten, und unabhängig voneinander dachten meine Mama und ich: "Araun verabschiedet sich endgültig. Wir/Sie werden ihn nicht wiedersehen."
Ich habe noch ein schönes Wochenende mit ihm verbracht, es ihm so wunderbar wie möglich gemacht, und am Montag war es dann so weit.
Du wirst es wissen. Vertrau auf Dein Bauchgefühl!
Hallo Pluvia,
das ist eine sehr schwere, aber gute Frage.
Meine Hunde haben mir immer ein Zeichen gegeben, wenn es an der Zeit war, sie gehen zu lassen. Es war stets etwas, was eindeutig war, weil sie zuvor nie getan hatten. Nur Kleinigkeiten, aber als sensibler Mensch spürte ich es einfach.
Meine letzte Hündin z. B. kam eines abends zu mir, setzte sich vor mich in und schaute mich auf eine Art an, wie sie es noch nie getan hatte. Mein spontaner Gedanke dabei war: Ohje, sie verabschiedet sich gerade!
Und kurz zuvor dachte ich eigentlich auch noch, dass es aufgrund der körperlichen und sonstigen Einschränkungen nicht ausreicht zum Einschläfern. Aber diese intensive - ja, wie soll ich es überhaupt nennen? - Begegnung, Erfahrung, Kommunikation, ich weiß kein passendes Wort dafür, war jedenfalls so eindringlich und eindeutig, dass ich es einfach wußte.
Am nächsten Tag ging es ihr dann auch noch deutlich schlechter und ich spürte, wie sie sich quälte. So rief ich den TA an und er sagte, ich solle gleich kommen. Es war für mich unendlich schwer, sie war mein Ein und Alles, aber auch der TA meinte dann, es sei an der Zeit.
Und so habe ich sie auf ihrem letzten Weg begleitet. Ich könnte jetzt schon wieder heulen, wenn ich dran denke, obwohl es schon über ein halbes Jahr her ist. Aber so ist das nunmal. Lieben heißt auch Loslassen.
Vielleicht hilft Dir meine Antwort bei Deiner schweren Entscheidung.
Alles Gute für Dich und Deinen Hund
Hallo!
Das, was du erzählst, klingt auf jeden Fall sinnvoll. Es gab schon öfter Tage, an denen ich dachte "okay, es geht zu Ende" und ganz schrecklich weinen musste, aber ein, zwei Tage später war sie dann doch wieder besser drauf. Aus dem Grund fällt es mir auch so wahnsinnig schwer, wirklich einzuschätzen, ob es langsam zu viel wird.
Ich könnte auch absolut nicht mit dem Gefühl leben, aufgegeben zu haben. Andererseits habe ich wie gesagt auch die Befürchtung, dass ich mir alles vielleicht noch etwas schönrede, weil ich den Gedanken so unerträglich finde, sie zu verlieren. Das versteht wahrscheinlich jeder Hundebesitzer auf diesem Planeten.
Ganz vielen Dank für deine Antwort!
Gerne, auch wenn es mir ein wenig schwerfiel. Aber es wäre auch im Sinne meiner Hündin gewesen.
Ich denke, Du wirst auch spüren, wenn der richtige Zeitpunkt da ist, sie in Liebe loszulassen.
Ich habe mich bei ihr dann für alles bedankt, denn sie war eine wundervolle Begleiterin. Abends habe ich eine Kerze für sie angezündet, Fotos von ihr gerahmt und aufgehängt (sie schaut mich jetzt von überall her an :D ) und auf meinen Nachttisch gestellt. Ich ehre Ihr Andenken heute noch, weil sie es wert ist. Das habe ich nur erzählt, damit Du vielleicht schon ein paar Tipps hast, die Trauer auszuhalten, wenn es denn soweit sein sollte, dass sie über die Regenbogenbrücke geht.
Aber mein Leben geht jetzt auch ohne sie gut weiter. Es ist nicht so, dass ich ständig an sie denke und wenn, überwiegen die schönen oder lustigen Erinnerungen. Ich kann auch seit Monaten von ihr erzählen, ohne zu weinen. Es gibt ein danach ...
LG
es ist immer eine schwere entscheidung.
achte bitte genau auf die zeichen deines hundes. ich finde auch hunde zeigen an, wenn sie keine lust mehr zum leben haben.
sie nehmen dann nicht mehr an eurem leben teil, wollen nicht mehr fressen, nur noch schlafen etc...
solange in hund sich noch freut, wenn man für ihn da ist. noch gut und frei atmen kann etc sollte man nicht an einschläaferung denken.
es gibt verschiedene medikamente, die helfen bei einer demenz. sprich mit deinem tierarzt, ob er noch ein besseres mittel wei?.
LG ini
Hallo!
Wir haben schon verschiedene Mittel ausprobiert, das jetzige ist das erste, was irgendwie ein wenig anzuschlagen scheint. Sie schläft zwar nicht mehr, ist aber viel unruhiger und müder als zuvor. Das macht mir natürlich schon Sorgen.
Vielen Dank für die Antwort!
Vor einem Jahr musste ich schweren Herzens (nach 18 gemeinsamen Jahren ink. Kindheit) auch diese Entscheidung treffen. Meine kleine war dement, blind und taub. Dennoch hatte sie so eine Lebensfreude dass das einschläfern nicht in Frage kam. Im Laufe einer Woche baute sie rapide ab. Fraß und trank nichts und war inkontinenter als sonst. Nach ein paar Tagen war mir bewusst dass man sich nicht nur von den Emotionen leiten lassen darf sondern auch den Verstand einschalten muss. Ich hatte Sie seit 5 Jahren nicht mehr bellen gehört. Auf dem Weg zum Tierarzt zum einschläfern hat sie die ganze Fahrt in meinen Armen gebellt. Das gab mir das Zeichen dass es richtig ist was wir tun....
Hi,
welche Medis und Therapien bekommt sie denn?
Zunächst ist es ja so wie bei vielen alten Menschen auch, es sind Verwirrtheitszustände die kommen und gehen, wenn es in ein Dauerzustand über geht, wäre es für mich auch ein Zeichen den Hund gehen zu lassen :(
Aber so lange es nur vorübergehende Zustände sind kann man sich als Mensch recht gut drauf einrichten,
-Gassi gehen findet zB dann nur noch mit einer Leine statt und ja da finde ich Flexileinen völlig in Ordnung für
- Treppen sollten nicht mehr alleine bestiegen werden, es gibt da Geschirre die Helfen können, grad auch für die Hinterbeine das die nicht wegrutschen können
- wenn der Hund im verwirrten Zustand ist, nutzt eine Ansprache nicht viel, am besten ist es durch Berührungen einen Körperkontakt aufzubauen dadurch kann man sie eher aus diesen Zustand heraus helfen
- akzeptieren das der Hund ein Pflegefall ist
- geistig fit halten, auch so alte Hunde können noch ein bisschen was leisten, ich würde es da mit Intelligenzbretter versuchen und körperlich fit halten, so weit es geht, da reicht dann auch ein schöner Spaziergang an verschiedenen Orten so das neue Eindrücke und Reize hat.
Hallo!
Gegen ihre Trennungsangst bekommt sie Clomicalm. Ihr Zustand ist mittlerweile schon seit über einem Jahr so, also vorübergehend ist das leider Gottes nicht; natürlich nicht in der gleichen Intensität, das ist jetzt die letzten zwei, drei Monate merkbar schlimmer geworden. Wenn ich mit ihr gehe, habe ich sie prinzipiell an der Leine, auch weil sie so schlecht hört (also physiologisch, nicht vom Gehorsam her). Unsere Treppen trage ich sie auch teilweise hoch und runter, je nachdem, wie sie drauf ist. Abends gehe ich oft gar nicht aus dem Haus, wenn sie einen schlechten Tag hat, damit sie nicht jault.
Also wir richten uns wirklich recht stark nach ihr und versuchen, es ihr so angenehm wie möglich zu gestalten, aber ihr Zustand verbessert sich absolut nicht mehr, und da ich sie ja auch nicht erlebe, wenn ich nicht da bin, ist das so schwierig für mich einzuschätzen, wie schlecht es ihr wirklich geht.
Danke für die Tipps! :)
Versucht es mal mit einer anderen Therapie gezielt gegen Demenz, das Mittel was ihr da nehmt ist ja nur ein Stimmungsaufheller hilft aber nicht wirklich gegen die Verwirrtheit. Karsivan wäre da vorzuziehen, da haben auch viele schon sehr gute Erfahrungen mit gemacht. Wie fit ist sie denn körperlich noch? Haben die schon mal versucht einfach mir ihr zusammen rauszugehen und Gassi zu gehen? Also mal ein Ablenkungsmanöver versucht?
Hallo!
Das mit der Bequemlichkeit ist auch ein Aspekt, der mich so vehement stört. Einerseits ja, ist das eine psychische Belastung, natürlich, aber man kann ja nicht mit einem Lebewesen 14 oder 15 schöne Jahre verbringen und dann plötzlich sagen "ach, ne, jetzt wird es mir zu anstregend", wenn das Tier dann wieder mehr auf einen angewiesen ist.
Dass sie eben wirklich körperlich gesund ist (auch laut den Tierärzten) und fast "nur" psychisch so abbaut, macht die Einschätzung eben so schwierig. Zumal ich ja auch nicht miterlebe, wie es ihr geht, wenn ich das Haus verlasse. Ich muss halt auch arbeiten usw., und wenn es ihr permanent schlecht geht, wenn ich nicht da bin, ist das ja irgendwie auch nicht schön für sie. Aber das kann ich wirklich unfassbar schlecht beurteilen, weswegen mich das Thema auch ziemlich überfordert. Aber jeder Hundebesitzer weiß wahrscheinlich, wie schwierig das ist, sich über sowas ernsthaft Gedanken zu machen.
Ganz vielen Dank für deine Antwort!