Demokratie als Diktatur der Mehrheit?

Ich treffe immer wieder auf Leute, die die Demokratie im Sinne von ,,Volksherrschaft" einfach nur als einen Mehrheitsbeschluss ohne Kompromisse betrachten. Und da frage ich mich, ob das nicht eine sehr verkürzte und gefährliche Vorstellung darstellt. Das Erste, was ich mir im Geschichtsunterricht über den Faschismus und Stalinismus dachte, bezog sich auf die Gefahr der Massen. Es scheint mir relativ leicht die jeweiligen Diktatoren und einige ihrer Handlanger als alleinige Täter hinzustellen. Aber stellen denn nicht nur die Massen und ihre Emotionalisierung eine große Gefahr dar?

Das kann man doch an kleinen Beispielen festmachten. Ich gehe in eine kleine Kneipe und erzähle von einem schrecklichen Mordfall in den Kinder oder ältere wehrlose Menschen involviert sind. Danach mach ich eine kleine Umfrage, wer in einem solchen Falle die Todesstrafe oder Folter wieder einführen wolle. Sicherlich werden viele Menschen in diesem Moment die Frage nicht kritisch reflektieren, sondern sich emotional leiten lassen. Sie werden eventuell nicht darüber nachdenken, welche langfristigen Konsequenzen eine Wiedereinführung der Folter und der Todesstrafe auch für sie und unsere Rechtsstaats- und Menschenrechts-Prinzipien haben könnte. Man gibt dem Staat gefährliche Vollmachten. Haben Menschen, die so argumentieren Demokratie missverstanden? Wie kann sich die Demokratie vor sehr gefährlichen Tendenzen schützen? Wenn in einer Demokratie Ausgrenzung von bestimmten Randgruppen nur von Mehrheitsentscheidungen abhinge, was unterschiede sie dann von der faschistischen Diktatur, die auch vorgab für die Massen zu sprechen und auch sicher zeitweise von Mehrheiten bejubelt wurde?

Geschichte, Demokratie, Gesellschaft

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