Wenn ihr nochmal zurückblickt: Vermisst ihr Eure Schulzeit?

Das Ergebnis basiert auf 82 Abstimmungen

Nein - ich bin froh, die Schule verlassen zu haben. 51%
Ich gehe noch zur Schule. 29%
Ja, ich vermisse die Schulzeit. 20%

46 Antworten

Guten Mittag, Kelvin und ein herzliches Grüßgott in die erinnerungsselige Runde!

Das, was ich ankreuzen würde, steht leider nicht zur Auswahl, denn diese Frage kann ich nur mit einem teils-teils beantworten.

Ich bin gerne in die Schule gegangen, weil ich schon immer sehr wissbegierig war und auch wenig Probleme mit den schulischen Anforderungen hatte. Entsprechend gut waren auch meine Noten und rein fachlich bin ich mehr oder weniger durch die Schule geglitten.

Zeitenweise aber hatte ich erhebliche Probleme mit so manchen meiner Mitschüler: die einen, weil sie auf mich, meine Erfolge und meine entsprechende Beliebtheit bei Lehrerinnen und Lehrern neidisch waren, die anderen, weil ich mir ihre Freundschaft nur durch großzügiges Abschreibenlassen und Vorsagen erkaufen konnte, und die dritten, die mich wegen meiner Pummeligkeit, meiner Biederkeit und meiner Atemprobleme (ich konnte nur mit offenem Mund atmen) gehänselt haben.

Erst in fortgeschrittenen Jahren konnte ich mir auch persönlichen Respekt erarbeiten, der natürlich gerne auch mal zu Lasten meiner Beliebtheit beim Lehrkörper ging und ich bin wahrscheinlich nur deswegen kein Lehrer geworden, weil ich solche Schüler wie mich nicht haben wollte.

Über das Abitur hinaus habe ich kaum noch Kontakte zu Mitschülern gepflegt, während ich mit einem Schulfrund aus der Grundschule 50 Jahre später noch eng befreundet bin und auch mit Studienkollegen nach über 40 Jahren noch enge Kontakte habe.

Manchmal aber in meinen (Alb-)Träumen muss ich mein Abitur noch einmal schreiben und weiß nicht, ob ich es schaffe.


PicaPica  10.02.2022, 11:35

Dazu kann ich nur "sagen", dass du heute zu passen scheinst mein Lieber, GLG. :-)

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Myrine  09.02.2022, 12:52

Ja, dass man träumt Prüfungen nochmal machen zu müssen, höre ich nicht zum ersten Mal. Mir selbst ist das auch schon ein paar Mal passiert. Da ist die Erleichterung beim Aufwachen durchaus groß^^

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Spielwiesen  09.02.2022, 12:37

Du beschreibst Erlebnisse, die mein Gedächtnis mir gar nicht mehr gemeldet hat, die aber jetzt wieder auftauchen. Das Hänseln gehört dazu: bei mir, weil ich damals so schnell gewachsen bin. Viele Grüße ♤♧♤

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Nein - ich bin froh, die Schule verlassen zu haben.

Guten Morgen,

bezogen auf die allgemeinbildende Schule kann ich ein ganz klares Fazit fällen: Nein, das tue ich ganz ehrlich nicht. Es war wirklich nicht alles schlecht, aber auch längst nicht "gut" (Stichwort Realschule) und schlimme Erlebnisse werden nicht cool oder kultig usw., weil sie 15-20 Jahre zurück liegen. Da bin ich konsequent.

Definitiv war und ist die Zeit danach - beginnend mit meiner Ausbildung zum Industriekaufmann im September 2007 und der Berufsschule und weitergehend bis heute - viel schöner für mich. Es war in meiner Schulzeit nicht alles schlecht und es gab coole Momente, schöne Partys, meine erste Freundin usw., und ich (Jahrgang 1990) hatte eine schöne Jugend ------> aber meine Klasse war wirklich unmöglich. Vielleicht bin ich jetzt ein schlechter Mensch, aber ich habe es noch nciht mal bedauert, dass eine ehemalige Mitschülerin - eine schlimme Mobberin, die auch zu Lehrern oft frech war - vor einigen Jahren an Krebs erkrankte und mit kurz vor der 30 zu Grabe getragen wurde, offenbar fast erblindet und auf einen Rollstuhl seit Längerem angewiesen. Es kommt vielleicht doch alles zurück; wäre ich gläubig, hätte ich eventuell von Gottes Rache schwadroniert, ich weiß nicht und will es auch nicht wissen.

Mein Lehrer der 7./8. Klasse sagte damals immer wieder unumwunden, wir seien eine "sch...-Klasse" - markige Worte, aber Herr L. hat Recht gehabt. Es gab Mobbing bis hin zu Klospannerei und sexueller Belästigung, Neid, Missgunst, Aggressivität und mehr. Das war echt nicht schön, obwohl sie mich eigentlich in Ruhe gelassen haben. Allerdings nehme ich diese Zeitspanne erst im Nachhinein als so schlimm war; früher fehlte mir halt auch der Vergleich und ich habe es so stehen lassen können ... und außerdem -----> als Schüler, der die Schule besuchen MUSS, hat man sowieso keine andere Wahl als sich durch diesen ganzen Schlendrian durchzuboxen, so gut wie es irgendwie geht :-/

Ich war im Sommer 2007 einfach nur erleichtert, als ich diese Personen nach sechs unschönen Schuljahren mit Chaos, Panik und Übergriffen aller Art - man wusste nie, was als Nächstes kommt - alle nicht mehr täglich sehen musste.

Nicht ohne Grund will ich zu meiner Realschulklasse keinerlei Kontakte haben und gehe auch nicht auf Klassentreffen. Ich habe nur zu meiner damaligen Sitznachbarin, die okay war und ist, noch gelegentlich Kontakt und zu einigen aus anderen Klassen sowie zu einer Handvoll ehemaliger Lehrer - aber mit der Klasse an sich will ich nix zu tun haben. Die Grundschule (1997-2001) war wirklich gut und die Berufsschule ab 2007 während der Ausbildung auch, aber die Realschule war ein Grenzfall - sechs Jahre lang sah ich es täglich außer in den Ferien und an Wochenenden, wie jeder gegen jeden vorging und für ein Butterbrot verkauft hat - und diejenigen, die am Schlimmsten waren, haben am Abschlussabend im Sommer so getan, als seien sie immer mit allen bestens klargekommen. Ich habe mir meinen Teil gedacht.

Der schlimmste Unhold war Liebling des Sportlehrers, weil der dessen Vater vom Jedermannsport gut kannte und daher hatte der Typ Narrenfreiheit. Einmal ca. April oder Mai 2002 hat der Konrektor den Klospanner an der Bushalte zur Seite geholt, aber da auch nur ganz leise und fast verschämt mit seinem typischen Lächeln auf den Lippen gesagt, er sollte künftig halt aufpassen, bei wem er was macht, aber es würde ihm schon nix passieren und müsse sich keine Gedanken machen.. ich hab das zufällig mitbekommen, weil ein Freund und ich zufällig auch an der Bushalte warteten. Hat man da noch Töne?

Etwa um die selbe Zeit hat der Konrektor mich drauf aufmerksam gemacht, dass es in der Schwimmhalle nicht vorgesehen ist, wenn ein Schüler die Einzelumkleide nutzt - irgendwie ging's da um Versicherung. Ich habe ihm das mit Fleischbeschau und Klospannerei erklärt und er hat nix mehr gesagt, aber er hat mir die Einzelumkleide ab dem Zeitpunkt nicht mehr verboten. Der wusste, was da los war und nahm es in Kauf, dass viele Kinder belästigt, gedemütigt, sogar befummelt und bedrängt worden sind von den Leuten, für die er privat der Duzfreund der Eltern und Übungsleiter im Sportverein war. Der Mann ist längst tot, aber das kann ich ihm nicht verzeihen. Ich gehe davon aus - der Mann war etwas mehr als 30 Jahre an dieser Realschule tätig und noch länger in diesem Sportverein aktiv - dass da vieles in dem Bereich lief und unsere Klasse nur die Spitze des Eisbergs gewesen ist. Gerade die Jungs aus diesem Sportverein waren oft ziemlich üble Rabauken und ließen es richtig krachen und der Sportlehrer/Konrektor hat jede Menge Dinge vertuscht und "geregelt", die normalerweise angezeigt gehört hätten und heute auch vor Gericht gehen würden. Mein Patenonkel hatte den Mann auch schon gehabt und gesagt, dass es bei ihm 25 Jahre vor mir nicht viel anders gelaufen sei und im Sportverein engagierte Krachmacher bei dem Herrn freie Hand hatten, der ihre Missetaten mit dem selben debilen Grinsen und einem "haja, haja" auf den Lippen wegleugnete. Wie schon geschrieben: Der Mann starb kurz nach seiner Pensionierung und zu mir war er immer sehr freundlich, aber es bleibt ein Nachgeschmack. Der wusste genau, was los war. Auch mein Cousin, der etwas über zehn Jahre vor mir die Mittlere Reife abgelegt hatte, berichtete solche Dinge von dem Mann und erwähnte, dass er ca.1993 einen auf den Pausenhof erfolgten sexuellen Übergriff eines Sportlers auf ein DDR-Übersiedler-Mädchen auf seine Weise auch wieder "geregelt" und "gedeckt" hätte. Das ging solange immer weiter, bis der Sportlehrer/Konrektor in Pension ging und der neue Lehrer ihn 2005 eines Tages vor die Wahl stellte - entweder Anzeige oder er geht von der Schule.

An Tagen, wo meine Lieblingsfächer auf dem Plan standen oder die Französischklasse besucht worden ist, die anders und viel besser formiert war mit echt netten und coolen Leuten, bin ich durchaus gern zur Schule gegangen. Es gab aber auch Tage, wo ich mir dachte ... ich wäre gern Rentner wie mein Großonkel, der muss nicht mehr in die doofe Realschule und kann um 10 Uhr gemütlich frühstücken. Ich wurde zwar in der Realschule nicht gemobbt oder so, aber ich bekam permanent mit, wie wenig einladend das Klassenklima war und wie feindselig man sich begegnete. Mich ließen sie in Ruhe, weil ich größer und stärker war und mich nicht an irgendwelchem Gedöns beteiligte.

In unserer Klasse hatten wir auch die Tochter des evangelischen Pfarrers, die jahrelang Leute mobbte und ausspielte; die Lehrerin der 5./6. Klasse war selbst im Dunstkreis dieser evangelischen Kirchengemeinde aktiv und duldete das so, weil sie mit dem Pfarrer zusammen arbeitete - als dann aber in der siebten Klasse der legendäre Herr L. gekommen ist, der weiter weg wohnte und die Irrungen und Wirrungen ignorierte, hat es auch hier gekracht und mit einem Mal war "Ende Gelände". Es kommt ganz stark auf die Lehrer an.

Aber ich bin auch an dieser Zeit gereift und es hatte alles sein Für und Wider. Im Ganzen bin ich eher gern zur Schule gegangen, hatte mir aber auch eines Tages mehr resignierend gesagt, ich muss es ja und habe keine andere Wahl; es ist zwar nicht alles Heititeiti und es ist längst nicht ideal aber es ist auch nicht alles schlecht, wir machen es uns so schön wie möglich und wir kriegen das schon hin.

Ab der 7. Klasse wurde es in der Tat etwas besser, nachdem die ekligsten Typen weggingen und wir einige neue Lehrer inklusive eines tollen Klassenlehrers bekommen. Das Drumherum mit den anderen Klassen war okay, ich wurde immer mehr der nette Onkel und Ansprechpartner für die Schüler, wenn es was zu organisieren gab und es gab ein nettes Mädchen namens Christina, für das ich schwärmte, die war auch menschlich lieb, ab der 8. Klasse hatte ich dann eine erste Freundin, die neu auf diese Schule kam - aber meine eigene Klasse war nach wie vor miserabel. Das Klima war frostig, die Gräben saßen tief - die Mädels waren Zimtzicken, die Jungs schlimme Angeber; ich hielt mich an andere Klassen, wo ich auch Freunde fand die ich teilweise noch habe.

Ich war ein ruhiger Schüler, der nur wenig redete und den die meisten Lehrer wahrscheinlich vergessen haben. In der Abschlusszeitung stand sinngemäß über mich nach sechs Jahren Realschule ich wäre zuverlässig und ein netter Typ aber man hat mich eigentlich nie wirklich kennengelernt^^ ich legte keinen Wert drauf. War mit allen gut bzw. nicht verfeindet, aber die Gräben waren zu tief und diese Leute nicht meine Wellenlänge. Ich verbrachte meine Freizeit immer mit meinen alten Kumpels aus der Siedlung, die heute noch meine Kumpels sind.

Klassenausflüge und Wandertage waren meistens nett, außer der in der 5. Klasse (Sommer 2002) - das war ein stupides Herumlaufen und Zeitschinden mit einer lustlosen älteren Lehrerin, die ziellos ohne zu wissen wo man ist mit uns rund um die Gelände der Amerikanischen Streitkräfte und einen dortigen Wald wanderte, wobei man sich mehrfach übel verfranzte, bis sie uns um 12.05h ENDLICH gehen lassen durfte.

Musikalisch habe ich "Remember Me" von Cliff Richard auf Lager. Ein Sänger, den ich so in der 6./7. Klasse kennen und schätzen lernte - ein Sänger meines Lebens, wenn man das so sagen kann. Ich weiß nicht, wie oft ich abends im Bett Cliff Richard hörte und träumte, die Realschule endlich hinter mir lassen zu können.

https://www.youtube.com/watch?v=mYX1-K3y-n8

Auch Elton John habe ich damals schon gemocht z.B. "Club At The End Of The Street", unvergessen, mit tollem Saxophon.

https://www.youtube.com/watch?v=m34NGreosnE


lumbricussi  10.02.2022, 19:02

Hallo Roter Sand,

danke für deine ausführliche Antwort. Solche Erfahrungen müssen ans Tageslicht kommen! Und es sind nicht wenige Kinder, denen es ähnlich geht. Üble Typen gibt es überall, aber dass Kinder nicht besser geschützt werden, ist ein Armutszeugnis für unsere Wohlstandsgesellschaft. Da helfen auch keine Gesetzesänderungen wie „Kinderrechte ins Grundgesetz“, weil damit eher das Gegenteil beabsichtigt ist und erreicht werden soll.

Und sogar Eltern können oft nicht richtig helfen, weil sie befürchten, dass es ihr Kind in der Schule büßen muss, wenn sie sich einsetzen. 

Ob die Schulzeit als schön bezeichnet wird oder nicht, hängt wohl von den einzelnen Lehrern ab. Ich war nur in den Fächern gut, wenn der Lehrer freundlich war und Kinder grundsätzlich mochte. Und wenn ein Lehrer Anzeichen von Freude zeigte, wenn ich gut war, dann blühte ich förmlich auf. Ich wurde ein Mathegenie, solange dieser eine Lehrer unterrichtete.

Und, nein, du bist kein schlechter Mensch, wenn du kein Mitgefühl für miese Typen aufbringen konntest. Meiner Meinung nach wird viel zu viel Gedöns von der, ach so wichtigen, Vergebungsbereitschaft gemacht. Ich verzeihe grundsätzlich nichts und niemandem. Bin deshalb auch kein schlechter Mensch, sondern handle nur logisch.

Wenn man mal zwei Instanzen anschaut, Gott und den Staat, da sieht man, dass da nicht einfach so verziehen wird, sondern an Bedingungen geknüpft wird.

Gott verlangt a) Einsicht, b) Reue, c) Buße und d) Wiedergutmachung, sofern noch möglich.

Beim Staat ist es ähnlich, nur legt dieser den Schwerpunkt auf Buße und Wiedergutmachung. Ohne das gibt’s keine Verzeihung. Ich hätte keine Schwierigkeiten, wenn einer der Übeltäter meiner Kindheit und Jugend zur Einsicht gekommen wäre, daraufhin wirklich Reue gezeigt und glaubhaft Anstrengungen gemacht hätte, es auf irgendeine Weise wiedergutzumachen.

Aber auch dann müsste ich nichts verzeihen: denn dieser Mensch wäre nicht mehr derselbe wie damals, er wäre ein anderer, einer, der gelernt hat, sich weiterentwickelt hat. Und mit diesem anderen hätte ich keine Probleme mehr und somit hätte sich Verzeihung erübrigt.

Ich hatte, es ist schon lange her, eine so starke Nahrungsmittelallergie, dass ich nur noch ein Strich in der Landschaft war. In einer Klinik, die auch mit Hypnose arbeitete, wollte man den vielleicht psychischen Ursachen auf den Grund gehen. Mit Hypnose kam der Arzt aber nicht in meine Kindheit, sondern vor meine Geburt. War sehr interessant, aber es brachte nichts für die Behandlung. Jedenfalls machte er mit normaler Gesprächstherapie weiter, und da erzählte ich ihm u.a. aus meiner Internatszeit. Er drang darauf, dass ich der Heimleiterin, die übrigens noch in Amt und Würden war, einen Brief schreiben müsse, in dem sie ihr Verhalten aus der Sicht und dem Erleben und Erleiden einer wehrlosen Jugendlichen gespiegelt bekäme. Ich schrieb den Brief, aber hatte Hemmungen, ihn in den Postkasten zu werfen. Einer meiner Mitpatienten fragte mich nach dem Brief, den ich den ganzen Tag schon bei mir trug, und ich erzählte ihm also auch. Ich fand alle möglichen Entschuldigungen für die Heimleiterin, und auch, dass das alles schon so lange zurückläge und keinen Sinn mehr mache usw. usw. Da entriss mir der Frechdachs den Brief und steckte ihn in den Briefkasten. Mein Arzt fragte, ob ich merke, dass ich mitspielen wollte bei dem üblen Spiel. Die Heimleiterin muss das wissen, und sie muss wissen, dass es noch andere wissen. Und sie wird Hemmungen haben, die Kinder, die ihr immer noch anvertraut sind, zu prügeln. Das leuchtete mir ein.

Und, Roter Sand, wir sind es uns selbst schuldig, dem Kind, das wir waren, dass die Dinge beim Namen genannt werden. Und als Kind leidet man ja sehr darunter, dass es anscheinend niemand sieht, wie es einem geht. Dieses „Nicht gesehen werden“ ist eigentlich unmenschlich, wenn man es genauer betrachtet.

Tut mir leid, dass ich mich so verspätet noch bei dieser Frage beteilige, aber ich stecke bis zum Hals in der Arbeit.

Und dir nochmal vielen Dank für deine Antwort.

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PicaPica  09.02.2022, 11:31

Wie gut, dass es jetzt so ist wie es ist mein Lieber. Dir und der Deinen einen guten! Mittwoch, GLG. :-))

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rotesand  09.02.2022, 11:42
@PicaPica

Danke :-)

Ich kann heute nur eines sagen: Wie ich das alles überstanden habe, weiß ich auch nicht. Vielleicht konnte ich es, weil ich keine Vergleiche oder Erinnerungen hatte und es nicht anders kannte. Wenn "Referenzen" fehlen und man irgendwas tun muss - es gab ja keine Alternative und Schule wechseln...?! Es war tatsächlich im Sommer 2002 angedacht, dass ich zur sechsten Klasse auf die benachbarte Hauptschule wechsle (die einen sehr guten Ruf genoss), auf die alle meine Freunde gingen, aber die Lehrer meinten, das wäre ach soooo schade, weil ich ein guter Schüler war und mit mir einer der Wenigen aus der Klasse "gegangen" wäre, mit denen "normaler Unterricht" hätte gemacht werden können und die das Niveau leistungsmäßig und menschlich halbwegs hoch hingen ... habe neulich mein Zeugnisheft wieder gesichtet, ich hatte in der Fünften einen Einser in Deutsch, in Religion (kath.) und in Englisch. Das hat der Rektor damals gesagt, als er gehört hat, man plane mich von der Schule zu nehmen.

Die Zeit wurde generell von Hektik, Ärger, Gewalt und eintöniger Routine dominiert, jeder schleppte sich ohne Spaß und ohne Engagement jeden Tag dorthin nach dem Motto "ich muss es halt". Ab der 7. Klasse wurde es zwar wie gesagt um Einiges besser, aber eben auch nur außerhalb meines Klassenzimmers.

War die Stimmung in der Grundschule bis zuletzt gemütlich, berechenbar und verhältnismäßig wohlwollend, herrschte in der Realschule die ganze Zeit ein permanenter Krieg: Jeder kämpfte gegen jeden. Aber was uns nicht umbringt macht uns härter ... und ich glaube, ich habe auch dadurch gelernt, mich den Dingen nicht einfach zu ergeben und mich für Schwächere einzusetzen, scheinbar "Stärkere" (die sind doch meist sowieso nur in ihrer Einbildung stark bzw. stärker) aber anzugehen, wenn ich Unrecht sehe oder mitbekomme. Ich verstehe auch deswegen keinen Spaß, wenn es um Diffamierungen geht etwa von Ausländern, weil ich das selbst jahrelang erfahren habe. Da werde ich einfach nur humorlos.

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PicaPica  10.02.2022, 11:32
@rotesand

Harte Schule, aber dieses Leben ist eh im allgemeinen kein Zuckerschlecken. Gut, dass du dich nur noch mehr zum Positiven verändert hast bzw. dich nicht hast verbiegen lassen, so bist wie man dich heute kennt, GLG. :-))

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ps1980  09.02.2022, 10:57

Wow, du hast ja wirklich viel und ausführlich berichtet. Ich selbst war im Laufe meiner Kindheit-Jugend auch auf mehreren ganz verschiedenen Schulen und könnte da auch einiges berichten.

Einen Satz kann ich da nur voll und ganz unterschreiben:

Es kommt ganz stark auf die Lehrer an.

In Schulen, in denen sich die Lehrer ernsthaft für die Schüler (und zwar für alle Schüler gleichermaßen) interessiert haben und sich für eine gute Klassengemeinschaft engagiert haben - kurz, wann immer man sich auf die Lehrer verlassen konnte - habe ich mich auch recht wohl gefühlt. Aber leider ist das keineswegs selbstverständlich.

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rotesand  09.02.2022, 11:32
@ps1980

Unsere Lehrer waren auch auf der Realschule - vom Konrektor und einigen anderen abgesehen - mehrheitlich gut, interessiert und zuvorkommend. Im Sommer 2003 sind einige Ältere (auch dieser Konrektor) in Rente und Jüngere kamen nach, etwa unser damaliger Klassenlehrer der 7./8. Klasse, der damals Mitte 40 war, und eine junge, sehr motivierte Bio-Lehrerin noch unter 30, die nicht nur sehr hübsch und cool war, sondern auch eine sehr interessierte und herzliche Person.

Da konnte ich mich echt nicht beschweren, die haben sich für ein gutes Klima eingesetzt. Man merkte das, es gab tolle Projekte und nicht nur Heimatkunde oder Museumsverein, evangelische Kirche (die leisten der Realschule bis ca. 2003 einen dankbaren Vasallendienst ab) oder Sport, weil der Konrektor zu faul für mehr war und da jeweils seine Homeboys sitzen hatte, die ihm die Arbeit abnahmen, während er auf dem Pressefoto grinste als allmächtiger Organisator und der freie Mitarbeiter der Lokalzeitung ein ebenfalls sehr alter Lehrer war, der dem Konrektor nach dem Mund redete, schon mit ihm Abitur gemacht hatte (gleicher Jahrgang) und mit ihm dann 2003 auch in den Ruhestand ging. Dieser alte Muff war unerträglich und Spaß blieb auf der Strecke. Die Schule war bis 2003 schlecht ausgestattet teils mit Büchern aus den Siebzigern und so weiter, dem uralten "Ormig" Tageslichtprojektor mit mehrfach geklebten Kabeln in jedem Klassenzimmer (Stromschlag lässt grüßen, hat aber keinen interessiert), defekten Fenstern und Türen und lauter solchem Kappes.

Als dieser Mensch pensioniert worden war, atmete man hinter vorgehaltener Hand durchweg auf und ich weiß, dass er nie mehr zu Schulevents eingeladen wurde. Viele sagten im Nachhinein, er war der falsche Mann am falschen Ort und habe jahrelang seine Lieblinge bevorzugt und Straftaten gedeckt. Tatsächlich hatte die Realschule in den 80ern und 90ern und noch lang danach ein saumäßig schlechtes Image ... durchaus maßgeblich wegen diesem Mann ... denn in der Vorstadt mit 15.000 Einwohnern bleibt so was nicht verborgen, wenn da was gedreht wird dieser und ähnlicher Art und die Leute denken sich da auch ihren Teil. Dann sogar noch mehr, wie wenn es zur Anzeige gebracht wird, die Presse darüber berichtet und es heißt, auf der Realschule XYZ werden Kinder von anderen Kindern befummelt oder Schüler verprügelt oder bricht die Religionslehrerin Kindern das Nasenbein, wenn sie sie auf den Pult drückt (ist passiert) oder werden arme DDR-Aussiedlermädchen von Sportlern vergewaltigt - weil die Münder sich da überschlagen und jeder was dazu dichtet.

XXX

Noch so eine Anekdote: Eine Religions-Lehrerin, Schönstattschwester, heute in einer Art Schönstattzentrum mit Ordenstracht und Ordensnamen ansässig falls nicht schon gestorben, ach so fromm und lieb; so fromm, dass sie beim Vaterunser und "Gegrüßet seist du Maria" weinte, hat Köpfe der Kinder aus nichtigen Gründen mit voller Wucht auf die Bank gedrückt, den Mädchen die Zöpfe lang gezogen und einem Kind aus der Parallelklasse Ende 2001 bei einer Tischdrückaktion das Nasenbein gebrochen. Der Vater von dem Kind stand wenig später während dem Religionsunterricht vor der Tür, klopfte an, wurde hereingebeten, ging ins Klassenzimmer (ich kannte den, Jahre später war er ein Kunde von mir und erklärte mir das) und sagte zu der entsetzten Schönstattschwester vor der ganzen Klasse, wenn er ihr jetzt so richtig eine in die Fr... haut, kostet ihn das vielleicht 1000 Mark (er hatte sich informiert) als Strafe und es wäre ihm das Geld wert, aber das Niveau sei ihm zu niedrig und diese Frau als Lehrerin zu unterirdisch, er wolle sich an so jemandem wir ihr nicht seine sauberen Hände beschmutzen. Gab einen Riesen-Eklat damals. Die Frau, damals stramm Ü60, war ganz entsetzt und der Unterricht musste dann abgebrochen werden, weil sie so weinte ... und wir haben sie nur ausgelacht, weil sie so böse zu uns allen war.

Kann mich noch gut erinnern. Der Rektor wusste alles, aber er sagte damals in einer Elternveranstaltung, die wird sowieso im Sommer 2002 pensioniert, das kriegt man auch noch rum und Verfahren, wenn man sie jetzt einleitet, bleiben leider wirkungslos. Wir saßen die Frau schlussendlich einfach aus, nahmen sie nicht mehr ernst und waren im Juli 2002 alle froh, als sie verabschiedet wurde. Sie hat übrigens vier Wochen vor der Verabschiedung schon gefehlt: Zu aller Erleichterung hatte ein Mitschüler die Lehrerin vollends "weggeekelt", indem er ihr Gesicht aus einem Lehrerfoto groß raus kopiert, an die Wand geklebt und vor lauter Wut auf diese Frau mit Dartpfeilen geworfen hatte, während sie just zum Halten der Religionsstunde ins Zimmer gelaufen kam. Sie war "vor Schreck" dann erstmal einige Wochen "krank" und ich sagte damals nur ... Ehre, wem Ehre gebührt, und habe Eddi (Eduard hieß der) auf die Schulter geklopft.

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Ich gehe noch zur Schule.

Guten Morgen zusammen,

ich sitze gerade in der Schule😅 Nicht im Unterricht, sondern in zwei Freistunden. Die Schule finde ich zur Zeit chillig, weil im Moment viele Lehrer nicht da sind. Zum Beispiel hätte ich jetzt Politik und Wissenschaft, aber der Lehrer besucht Praktikanten der 9. Klasse. Oder meine Deutschlehrerin war 3 Wochen auf einer Elternbildung und am Montag war sie wieder da und wir schauen einen Film über Goethe...

Ich genieße meine Schulzeit, bis es in die Arbeitswelt geht.

Ich wünsche Euch noch einen schönen Mittwoch :)


PicaPica  09.02.2022, 11:23

Das ist gut, dass du das machst und auch dir einen schönen Mittwoch, LG.

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Nein - ich bin froh, die Schule verlassen zu haben.

Einen wunderschönen guten Morgen Kelvin, und auch an alle anderen in der Runde hier und vielen Dank für diese Frage.

Meine Schulzeit liegt schon fast 50 Jahre zurück und ich vermisse sie definitiv nicht.

Was ich vermisse, sind Freunde und Schüler aus dieser Zeit, zu denen ich immer freundschaftliches und gutes Verhältnis hatte.

Ich wünsche allen einen schönen Tag und sende herzliche Grüße von Lazarius


Birgitmarion  09.02.2022, 16:49

👋 Lieber Freund, ich kam 1965 aus der Schule! Dann Berufsschule. Bin froh, es hinter mir zu haben! Dir einen schönen Tag! GLG BIrgitmarion

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Lazarius  09.02.2022, 17:04
@Birgitmarion

Liebe Freundin, da geht es dir wahrscheinlich wie den meisten Menschen.

Dir auch noch einen schönen Tag und herzliche Grüße von W.

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Spielwiesen  09.02.2022, 13:45

Auch ich musste zuerst an meine Freunde von damals denken.. der Rest ist ziemlich verblasst. Vielleicht auch ganz gut so.

Herzliche Grüße und einen schönen Tag! 😀

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Lazarius  09.02.2022, 13:51
@Spielwiesen

Ja, meine liebe A. Liebe Menschen vergisst man nicht und behält sie in guter Erinnerung. Einen schönen Tag noch und herzliche Grüße. 😊😍

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PicaPica  09.02.2022, 11:22

Dann war das bei dir definitiv anders als bei mir lieber Freund, wobei die Wissensvermittlung bei dir sicher besser war. Die Wessis sind für gute Fachbücher oft in den Osten gefahren.

Dass man hier das Schulmodell nicht übernommen hat, ist mir auch ein Rätsel.

Dir und der Deinen einen schönen Mittwoch, GLG. + ... :-))

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Lazarius  09.02.2022, 11:53
@PicaPica

Liebe Freundin, da magst du recht haben. Schlechte Erinnerungen an manchen ungerechten und nahezu bösartigen Lehrer kamen bei dieser Gugumo wieder zutage.

Euch einen wundervollen Wochenteiler und herzliche Grüße von eurem W. + ... :-)))

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PicaPica  09.02.2022, 20:34
@Lazarius

Danke dir und auch für deine Freundschaft, GLG. + ... :-)) und Gruß an die Deine. :-)))

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Lazarius  09.02.2022, 23:56
@PicaPica

Vielen Dank, liebe Freundin, auch für die Grüße an die meine. Und auch ich genieße diese Freundschaft sehr.

Euch ein gutes Nächtli und herzliche Grüße von eurem W. + ... :-)))

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Nein - ich bin froh, die Schule verlassen zu haben.

Guten Morgen zusammen,

die Antwort auf diese Frage ist für mich SEHR EINDEUTIG! Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, wieso manche Leute sich nach dieser Zeit zurücksehnen.

Ich bereite mich allerdings bereits auf so manches Deja-vu-Erlebnis vor, denn in ein paar Monaten wird meine Tochter eingeschult. Immerhin habe ich keine großen Sorgen in Bezug darauf, dass sie ein Mobbing-Opfer werden könnte, so wie das bei mir mitunter der Fall war. Erstens ist sie von Anfang an in der Klasse (ich habe auch nicht vor ständig umzuziehen und mein Kind auf eine neue Schule zu schicken) und zweitens ist sie eine starke Persönlichkeit, die sich einerseits gut anzupassen und andererseits ggf. auch zu wehren weiß.

Trotzdem wird es nicht immer einfach sein und gerade das frühe Aufstehen ist auch nicht so wirklich ihre Sache (und meine auch nicht). Wenn es eine Schule gäbe, die erst um 9:00 Uhr Unterrichtsbeginn hat, würde das für uns deutlich besser passen, aber leider spielt sich das nicht.


PicaPica  09.02.2022, 11:20

Da sind wir einer Meinung mein Lieber und sehr gut, dass sie sich zu behaupten weiß, gute Erziehung und Vorbereitung meine ich da nur.

Hab(t) einen schönen Mittwoch, GLG. + ... :-))

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