Was tu ich als Christ wenn mir so etwas furchtbares passiert?

11 Antworten

Aus diesem Vers ziehe ich raus dass Jesus sagen wollte dass Gewalt ein No-Go ist.

Nein, nicht wirklich. Es lohnt sich da genauer hinzuschauen:

"...wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar".

Schlägt Dir ein Rechtshänder auf deine rechte Backe, dann macht er das mit seiner Rückhand, was damals als extreme Beleidigung galt (vgl 1QS "Gemeinderegel" von Qumran).

Was bedeutet es nun, die andere Backe, also die linke, hin zu halten? Doch wohl ein ganz klares „Nein, so nicht! Ich bin genauso viel wert wie Du und wenn Du mich schon schlagen willst, dann betrachte mich wenigstens als gleich gestellt!“

Jesus bietet hier und in den anderen beiden Beispielen des Abschnitts einen sogenannten dritten Weg an, den Weg des passiven Widerstands. Fast 2.000 Jahre vor Gandhi und M.L. King.

Mehr dazu hier.

Von Experte GandalfAwA bestätigt

Christen dürfen sich auch selbst verteidigen und anderen Nothilfe leisten. Beides ist sogar durchaus sinnvoll und geboten, um bösen Menschen von ihren schlechten Taten abzuhalten und um Opfer zu schützen (sich selbst oder andere).

Die Stelle mit dem Hinhalten der anderen Backe bedeutet etwas anderes!

Behauptung: Diese Aussage von Jesus ist genial und wird in taktischen Selbstverteidigungsseminaren als beste Taktik überhaupt gelehrt!

Das hört sich erst einmal komisch an, aber die genannte Stelle wird häufig falsch verstanden und noch falscher ausgelegt.

Denn: Sollten Christen sich überall verprügeln lassen, ohne sich zu wehren? Sollten sie zuschauen, wenn andere Christen verprügelt werden und sich darüber freuen, dass diese die andere Backe hinhalten können? Das ergäbe doch irgendwie nur wenig Sinn und würde die gesellschaftliche Ordnung gefährden.

Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidigungen geht.

Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.

Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.

In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt.

An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.


chrisbyrd  29.06.2024, 21:48

Ich zitiere als Ergänzung noch ein paar interessante Aussagen des bekannten reformierten Pfarrer Dr. Peter Vogelsanger, der zum Thema "Christentum und Selbstverteidigung/Notwehr" interviewt wurde:

"In Römer 13, also im Römerbrief des Paulus, finden sich die ganzen Ausführungen über die Schwertgewalt des Staates. Da wird gesagt: Der Staat ist die Ordinatio Dei - die Ordnung Gottes -, die eingesetzt ist auf dieser Welt zur Eindämmung des jederzeit lauernden und Macht an sich reißenden Bösen: "Sie trägt das Schwert nicht umsonst," (die Obrigkeit) "... sondern zur Bestrafung der Bösen und zur Belohnung der Guten." Das heißt, es ist die primäre Aufgabe des Staates, dem Bösen in dieser Welt Widerstand zu leisten, und Paulus sagt in diesem Zusammenhang: Es ist Pflicht des Christen, den Staat in dieser Funktion zu unterstützen...

..."Du sollst nicht töten" im Alten Testament heißt ganz eindeutig: "Du sollst nicht MORDEN". Also nicht einfach ein absolutes Tötungsverbot, so daß man keine Fliege und kein Kaninchen töten dürfte. Es ist damit auch kein absolutes Tötungsverbot in Bezug auf das menschliche Leben gemeint. Das kennt nämlich das Alte Testament nicht. Das Alte Testament kennt ja auch die Todesstrafe, und so weiter, und damit ist sicher auch die Notwehr inbegriffen. Wenn aus diesem alttestamentlichen Gebot eine Verneinung der Notwehr abgeleitet würde, wäre das nicht textgernäß...

... "Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen", und dem Zitat wegen der Ohrfeige (Bergpredigt). Ich glaube aber, daß Jesus dort gar keinen Angriff auf das Leben im Auge hat. Er hat die Feindesliebe im Auge. Das heißt, meine Liebe soll so stark sein, daß sie auch den Feind einschließt und durch das Gute zu überwinden und zu gewinnen versucht, statt durch Gewalt. Damit ist aber nicht so sehr der Feind gemeint, der mein Leben bedroht, als einfach der Feind, der mich beleidigt. Das geht ja aus der Stelle mit der Ohrfeige hervor: Es ist der Beleidiger, dem ich nicht mit der selben Waffe heimzahlen soll.Es geht um den Beleidiger. Den soll ich entwaffnen durch die stärkere Kraft meiner Liebesfähigkeit. Daß die Vertreter der Gewaltlosigkeit sich auf diese Stelle in der Bergpredigt berufen, halte ich zwar nicht für einen Irrtum, aber für eine viel zu weitgehende Folgerung aus dem, was Jesus dort meint: den persönlichen Feind, der mir Schaden zufügen will und der mich haßt. Deshalb ist diese Aufforderung nicht übertragbar auf das Problem der Notwehr...

...Liebe heiß im eigentlichen Sinne des Neuen Testaments, unter Absehung von allen sentimentalen Mißverständnissen: Schutz und Bewahrung allen Lebens, soweit dies in meinem Verantwortungsbereich liegt. Man könnte als Christ vielleicht sagen: Ich will lieber leiden, will lieber den Angriff erdulden, als daß ich Gewalt ausübe, als daß ich den Gegner vernichte, Ich könnte die Bergpredigt so auffassen. Also: Ich dulde den Angriff und nehme halt unter Umständen das Martyrium oder den Tod auf mich und habe mir damit reine Hände bewahrt...

... Ich verteidige ja nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das Leben meiner Nächsten. Man kann noch weitergehen und sagen: Indem ich mich wehre gegenüber dem eindeutig bösartigen Angreifer, tue ich zweierlei: Erstens verteidige ich mein eigenes Leben deshalb, weil dieses Leben ja nicht nur mir gehört, so daß ich es wegwerfen könnte, wenn ich angegriffen werde. Zum Beispiel als Pfarrer gehöre ich ja nicht nur mir selber, ich gehöre auch der Gemeinde, die mir zur Seelsorge anvertraut ist. Als Arzt gehöre ich meinen Patienten, als Lehrer meinen Schülern; ich bin nicht nur Individualperson, sondern ich bin immer irgendwie Mensch in der Gemeinschaft, und indem ich mein eigenes Leben verteidige, bewahre ich auch ein Leben vor der Vernichtung, das einen Schutz und einen Wert für andere darstellt...

...Das Zweite ist ein Gedanke, den Luther stark betont hat. Luther hat sich meines Wissens mit dem Problem der Notwehr mehrfach auseinandergesetzt. Und er hat gesagt, natürlich, in einer extremen Haltung kann man sich sagen: Ich will lieber Unrecht leiden und dabei untergehen, als anderen Gewalt zuzufügen. Aber das ist völlig falsch gedacht. Ich handle in dem Moment, da ich mich gegen den bösartigen Angreifer wehre, als Vertreter der Staatsgewalt, die ja in dem Moment nicht da ist, indem ich dem räuberischen Chaos entgegentrete. Es ist die Aufgabe der Staatsgewalt, das räuberische Chaos zu verhindern, sonst wird ja das ganze Leben zur Beute des Starken, und der Schwache geht dabei unter. Indem ich dem Anspruch des Gewalttätigen, des skrupellosen Kriminellen, entgegentrete, verteidige ich eine ganz bestimmte göttliche Ordnung dieses Lebens. Ich bin der Repräsentant dieser göttlichen Ordnung...

...Wenn ich nun die Konsequenz aus alledem ziehe, muß ich sagen: Jawohl, Notwehr ist dem Christen nicht nur erlaubt, auf Grund einer Lex naturae, sondern die Notwehr ist dem Christen sogar geboten, weil er bei Verzicht darauf die ganze Ordnung des menschlichen Zusammenlebens in Frage stellt..."

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Nefesch  29.06.2024, 22:00
@chrisbyrd

Danke für diese Klarstellung. Das war mir immer ein Problem.

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Richtig, Jesus drückte damit aus, dass ein Unrecht niemals mit einem anderen Unrecht beantwortet werden darf.

Jesus wurde im Tempel nur deswegen wütend und vertrieb die Leute von dort, weil sie Gott und seine Botschaften überhaupt nicht mehr ernst genommen haben bzw. nicht verstanden haben und deshalb den Tempel (die Kirche) entweiht haben, obwohl es ein heiliger und andächtiger Ort sein sollte.

Jesus' Wutausbruch hatte den einzigartigen Zweck, die Leute wachzurütteln und wieder auf den rechten Weg Gottes zu führen. Diese Ausnahme war aber einmalig und gilt alleine für Jesus, da er der wahrhaftige Sohn Gottes ist.

Für uns Menschen gilt jedoch einheitlich: Hass und Gewalt sind immer falsch, selbst wenn man einen vermeintlichen Grund dafür hat, wie zum Beispiel Vergeltung oder Verteidigung.

Wenn man sieht, dass jemand wie in deinem Beispiel mit Gewalt verletzt wird, dann sollte man als Christ unbedingt defensiv dazwischen gehen und versuchen denjenigen davon abzuhalten (zum Beispiel durch Reden und Beruhigen oder schlimmstenfalls als Schutzschild für den Schwachen), aber man soll nicht selbst angreifen, um den Angreifer zu verletzen.

Gewalt, die gegen Gewalt eingesetzt wird, ist nichts wert und ist vor Gott ungerecht, auch wenn wir Menschen im weltlichen Sinne glauben, dass es gerecht sei, Gewalt mit Gewalt und Hass mit Hass zu beantworten.

Für Menschen, die zur Gewalt greifen oder Vergeltung üben, ist im Paradies kein Platz, denn sonst wäre es kein Paradies mehr. Nur diejenigen, die das Leid der Welt ertragen und dennoch den Lehren der Liebe von Jesus folgen und gerecht bleiben, werden ewiges Leben im Paradies erhalten.

Ja, es ist hart und praktisch jeder Mensch versucht sich instinktiv gegen Angriffe mit Gewalt zu wehren, aber es ist trotzdem nicht richtig. Es ist besser, das leidende Opfer zu sein und seinem Feind zu vergeben, denn dann ist man vor Gott gerecht.

Man sollte andere Menschen nicht fürchten, denn sie können einen maximal töten. Aber Gott hingegen sollte man fürchten, da er einen in die ewige Verdammnis der Hölle verbannen kann, die schlimmer ist als alles was man sich vorstellen kann.

Und genau das wird auch mit den Ungerechten und Sündern passieren, denn sie haben sich gegen die Lehren der Liebe von Jesus und für den Egoismus und für den Hass entschieden.

Böse und gewaltvolle Menschen erhalten also ohnehin ihre gerechte Strafe und es ist nicht unsere Aufgabe über sie zu urteilen, denn das macht sowieso der Vater im Himmel.

Wir, die das Leid der Welt ertragen, und stets gerecht bleiben und auf Jesus und die Macht der Liebe vertrauen, werden in den Himmel kommen und von dort aus werden wir die Ungerechten vor Gott anklagen.

Also, selbst wenn das Leben ungerecht erscheint und diese Menschen scheinbar damit davonkommen, wird sie das gerechte Urteil Gottes spätestens zum Zeitpunkt ihres Todes ereilen.

Die Gerechtigkeit durch Gott siegt immer und wir, die Schwachen, die unter den anderen Menschen leiden, werden reich belohnt werden und mehr erhalten als wir uns jemals erträumen könnten.

Laut der Bibel (Matthäus 5,39) soll ein Christ sich nicht wehren sondern schlagen lassen

Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.

Hier ein Bibelkommentar zu Matthäus 5,39

Matthew Henry Commentary

5:38-42 Die klare Anweisung lautet: Ertragt jede Verletzung, die ihr ertragen könnt, um des Friedens willen

In dem Bibelkommentar Jamieson-Fausset-Brown steht:

[...]Es ist die Bereitschaft, nach einer Demütigung einen anderen nicht einzuladen, sondern sich ihm demütig und ohne Vergeltung zu unterwerfen, die diese starke Sprache vermitteln soll.

Christen sollen außerdem ihre Kleidung hergeben:

Lukas 6,29

Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin, und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd.

Expositor's Greek Testament

Matthäus 5:39. μὴ ἀντιστῆναι: widerstehe nicht, indem du dich bemühst, das Unrecht zu verhindern, oder indem du es wiedergutzumachen suchst.

Der Satz bedeutet, dass man dem Bösen oder dem Unrecht nicht aktiv widerstehen soll. Stattdessen soll man eine passive Haltung haben, indem man sich nicht gegen das Unrecht wehrt, sondern sogar noch eine zusätzliche Beleidigung oder Ungerechtigkeit hinnimmt

Christen sollen sich also laut dem neuen Testament schlagen lassen

In dem Bibelkommentar Expositor's Greek Testament steht außerdem

Tholuck, Bleek und Meyer vermuten, dass die rechte Wange nach allgemeinem Brauch nur zuerst genannt, nicht aber zuerst geschlagen werden soll. Achelis meint, dass die rechte Wange zuerst mit dem Handrücken geschlagen wird, dann die linke mit einem Gegenschlag mit der Handfläche, der härter ist als der erste

[...]

Ja, Du darfst natürlich das Kind verteidigen!

Hast Du vergessen, wie Jesus mit einer Peitsche die Händler aus dem Tempel vertrieben hat?

Das steht in der Bibel.

https://www.youtube.com/watch?v=boNIL1owRAI

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Viele Jahre eine Christin