Was sind die Vor- und Nachteile wenn man etwas berühmt und beliebt ist?
Mit „etwas berühmt“ meine ich jetzt nicht international auf der ganzen Welt bekannt, sondern höchstens national, vielleicht sogar auch wenn man „nur“ im ganzen Dorf, in der ganzen Stadt bekannt ist...
Wo seht ihr Vor- und Nachteile und wie berühmt oder beliebt wärt ihr gerne?
Vielen Dank, Lg
2 Antworten
die Nachteile des echten Berühmtseins sind, dass man fortan sozusagen im Goldfischglas lebt. Jedenfalls dann, wenn man aus der Showbranche stammt.
Der Vorteil ist, dass man in guten Restaurants eher einen Tisch bekommt.
Na ja. Ephraim Kishon hat mal denn schönen Satz geprägt: Fast nichts hasst ein berühmter Schauspieler mehr als von Jedem erkannt zu werden. Nur eines hasst er noch mehr: wenn er nicht von jedem erkannt wird.
Wenn man allerdings nur im Dorf bekannt ist, ist man von der Berühmtheit noch sehr weit entfernt. Im Dorf kennt jeder jeden.
Ich war in meiner Heimatstadt fast ein Promi und zählte für viele zu den großen Nachwuchshoffnungen. Über Ehrenämter, Gemeinderat und Co. sowie meine damalige Arbeitsstelle war ich so bekannt, dass mich in meiner Freizeit oder allgemein auch Leute ansprachen, die ich gar nicht kannte. Manche waren besonders dreist und fingen gleich per Du an oder wanzten sich immer so offensichtlich an, dass es mir auffiel. Es gab eine Frau, die mich anhimmelte (in meinem Alter) aber wo ich wusste, normalerweise wäre ich auch für sie ein Typ gewesen, bei dem sie so tut, als wäre er ihr unbekannt.
Reingerutscht bin ich da übers Jugendhaus und das Ehrenamt. Eines Tages sprach mich ein älterer Herr an, ob ich nicht Lust hätte, der CDU beizutreten und Gemeinderat zu werden, das würde sicher klappen; er meinte ich sei wegen des Jugendhauses und einem Vereinsehrenamt bekannter als andere Jugendliche und "seriös genug" für die Öffentlichkeit und schon war ich dabei.
Schnell habe ich gemerkt, man bezahlt allen "Pseudo-Ruhm" mit dem so gut wie vollständigen Verzicht auf die Privatsphäre: Man ist dann praktisch Freiwild; da rufen die Leute mitunter privat zu unmöglichen Zeiten an und kennen keinerlei Grenze mehr oder man kriegt abends Besuch von Wichtigtuern - und man wird selbst dann angesprochen, wenn man sonntags mit den Kiddies auf dem Spielplatz ist und in bunten Bermudas auf der Wiese liegt oder vor dem Haus Rasen mäht. Irgendwann war das so paranoid, dass ich mich nur noch mit Sakko und Hemd aus dem Haus zu gehen traute und meinen dunkelblauen Siebener-BMW als Burg ansah, um mir keine Blöße zu geben. Wäre ich einmal in Freizeitkleidung raus oder im Jogging, dann hätte sich das rumgesprochen und wäre mir zum Verhängnis geworden - voilà, das ist das Vorstadtmilieu; christlich, nett und völlig falsch.
Das Schlimmste waren für mich Neider, und über einen schimpfen meist gerade diejenigen, die einen überhaupt nicht kennen und nach Oberflächlichkeiten beurteilen oder "vermuten, man habe viel Geld" und sei allein aus dem Grund schon überheblich.
Der einzige, der mir aus der Zeit erhalten blieb ist der Mann von der Verkehrswacht, der ich dann auch als Mitglied erhalten blieb, weil der Mann es ehrlich meint, weil er es verstand und der einzige gewesen ist, der mich hinterher noch kannte und weiterhin ohne Vorbehalte freundlich mit mir sprach. Wir mailen öfters oder telefonieren - und er weiß auch, dass die Verkehrswacht der einzige "Club" ist, dem ich noch angehöre. In Spitzenzeiten waren das CDU, KAB, Kolping, diverse komischen Fördervereine, wo ich die Kasse prüfte oder Pressearbeit machte sowie ein Heimat- und Kulturverein, in dem ich 2. Vorsitzender war und eigentlich fast alles. Ich hatte Einfluss und kannte alle, alle fanden mich oberflächlich toll und ich hatte mit Landrat, Volksbankchefs und Co. das beste Verhältnis und 40 verschiedene Krawatten, aber ich war es nur noch leid als ich merkte, es sieht toll aus und war als Jugendlicher mein Traum Einfluss auszuüben und Macht auszustrahlen, aber es ist nervig, lästig und unangenehm und man bezahlt so etwas mit völligem Verzicht auf Privatsphäre und dauernder innerer Unruhe.
Es ist vielleicht toll, wenn man sich eine gebrauchte Rolex kauft und einen Siebener-BMW fährt und Ähnliches, aber am Ende werden wir nicht an dem gemessen, was wir haben, sondern an dem, was wir sind. Und nach gewisser Zeit nervt einen auch dieser ganze materielle Mist, manche bekommen Verlustängste: Die haben Angst, Ruhm oder Geld oder Einfluss usw. zu verlieren und setzen sich unfassbar unter Druck.
Zudem besteht die Gefahr von Vereinsamung: Echte Freunde wird man als "Promi" kaum haben. Die Mehrheit setzt sich aus Beifallklatschern und Neidern zusammen und wenn man politisch wo mitschafft, läuft das nach dem Motto "Feind, Erzfeind, Parteifreund" ab. Hätte ich nicht meine alten Freunde, die mit mir seit der Schulzeit durch Dick und Dünn gehen und eine wirklich gute Familie und meine Frau, wäre ich heute ziemlich isoliert.
Das merkte ich, als ich erstmals offen redete und sagte - nö, ihr lieben Leute, mit ihr könnt ihr langfristig nicht mehr rechnen, ich hab andere Pläne und da kommt ihr halt nicht vor, kauft euch was und erzählt's euerm Friseur. Die Leute, die von mir immer so ganz viel erhofft hatten und mich unterstützten, immer so auf Freundschaft machten und immer so anbiedernd gewesen sind, bei denen meine Frau und ich zum Kaffee eingeladen gewesen sind, waren sehr beleidigt und gekränkt, als ich das Image nicht mehr erfüllt habe und einfach aufhörte, nicht mehr kandidierte, den tollen einflussreichen Job kündigte und weggezogen bin.
Das ist total ambivalent und steht im Kontrast zu dem was die Leute da von sich behaupten, aber egal, es gibt ja den Ablasshandel und den Pornoladen und so weiter. Mir geht da heute noch die Galle hoch. Ich denke mir diesen ganzen Mist ja nicht aus. Zum Glück habe ich das Ganze rechtzeitig beendet.
Aber wie gesagt, dann ging's erst richtig los: Die Leute, die von mir viel erhofft hatten und mich unterstützten in CDU, Kolpingverein, KAB und Beruf waren sehr beleidigt und gekränkt, als ich das Image nicht mehr erfüllt habe und einfach aufhörte, nicht mehr kandidierte, den Job kündigte und weggezogen bin. Es gab jede Menge böse Anfeindungen bis hoch zur Morddrohung, dazu Diffamierungen, Mails, Anrufe, sonst was. Teilweise auch gegen meine Freundin, die Nachstellungen, geschmacklose Gerüchte und Ausspähungen erlitt.
Ich hatte große Autos, konnte mir dies und das kaufen, war jemand und eigentlich am Ziel. Es gab auch Leute, die mich ehrlich bewundert haben und ich wusste, es gab Eltern, die ihren Kindern sagten, sie sollen sich an mir ein Vorbild nehmen. Das freut einen schon und baut das Ego auf. Ich habe super verdient, war aber eines Tages mit ca. 27/28 unglücklich und merkte, dass man die Zeit nicht kaufen kann und das ist es alles gar nicht wert.
Vorteile liegen darin, dass man überall bevorzugt behandelt wird und Sonderdienstleistungen bekommt oder bessere Plätze in Restaurants oder dass man Dinge bekommt, die "Otto Normalverbraucher" nicht ohne Weiteres bekommt - etwa VIP-Plätze irgendwo oder kostenlose Eintrittskarten für Events usw. oder Einladungen zum Essen - aber das ist es doch gar nicht wert. Und viele dieser Gesten sind einfach nur verlogen und falsch.