Was ist eine Ringparabel?

2 Antworten

Schlag mal "Nathan der Weise" bei Tanke Wiki nach. Da findest Du neben einer kleinen Inhaltsangabe auch etwas zur Geschichte der Parabel.

Parabel kennen wir z.B. auch in der Mathematik Ein Bogen wird dort beschrieben und einen Bogen spannt auch Lessing in seinem Stück. Letztendlich geht es um Wertigkeiten zwischen den Religionen - die Lektüre solle man durchaus auch mal nach Rom schicken ;-)

Viel Spaß beim Nachschlagen.

MfG.


rumar  21.08.2019, 16:58

"Parabel kennen wir z.B. auch in der Mathematik Ein Bogen wird dort beschrieben und einen Bogen spannt auch Lessing in seinem Stück."

Eine literarische "Parabel" mit einer geometrischen Parabel vergleichen zu wollen, ist schlicht und einfach blödsinnig !

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Wie Schuhu deine Frage beantwortet: Es gibt nur DIE Ringparabel aus "Nathan dem Weisen":

Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten,

Der einen Ring von unschätzbarem Wert

Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein

Opal, der hundert schöne Farben spielte,

Und hatte die geheime Kraft, vor Gott

Und Menschen angenehm zu machen, wer

In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder,

Dass ihn der Mann in Osten darum nie

Vom Finger ließ; und die Verfügung traf,

Auf ewig ihn bei seinem Hause zu

Erhalten? Nämlich so.

Er ließ den Ring

Von seinen Söhnen dem geliebtesten;

Und setzte fest, dass dieser wiederum

Den Ring von seinen Söhnen dem vermache,

Der ihm der liebste sei; und stets der liebste,

Ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein

Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. -

**So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn,

Auf einen Vater endlich von drei Söhnen;

Die alle drei ihm gleich gehorsam waren,

Die alle drei er folglich gleich zu lieben**

Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit

Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald

Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm

Allein befand, und sein ergießend Herz'

Die andern zwei nicht teilten, - würdiger

Des Ringes; den er denn auch einem jeden

Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen.

Das ging nun so, solang es ging. - Allein

Es kam zum Sterben, und der gute Vater

Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei

Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort

Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? -

Er sendet in geheim zu einem Künstler,

Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes,

Zwei andere bestellt, und weder Kosten

Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich,

Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt

Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt,

Kann selbst der Vater seinen Musterring

Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft

Er seine Söhne, jeden insbesondre;

Gibt jedem insbesondre seinen Segen, -

Und seinen Ring, - und stirbt. - .

Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. -

Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder

Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst

Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt,

Man klagt. Umsonst;** der rechte Ring war nicht

Erweislich; -

Fast so unerweislich, als

Uns itzt - der rechte Glaube.**

SALADIN. Wie? das soll Die Antwort sein auf meine Frage? . . .

NATHAN. Soll Mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe

Mir nicht getrau zu unterscheiden, die

Der Vater in der Absicht machen ließ,

Damit sie nicht zu unterscheiden wären.

SALADIN. Die Ringe! - Spiele nicht mit mir! - Ich dächte,

Dass die Religionen, die ich dir

Genannt, doch wohl zu unterscheiden wären.

Bis auf die Kleidung, bis auf Speis' und Trank!

NATHAN. Und nur von Seiten ihrer Gründe nicht. -

Denn gründen alle sich nicht auf Geschichte?

Geschrieben oder überliefert! - Und

**Geschichte muss doch wohl allein auf Treu / Und Glauben angenommen werden? - Nicht? - / Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn / Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? /
Doch deren Blut wir sind? doch deren, die / Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe / Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo / Getäuscht zu werden uns heilsamer war? -/ Wie kann ich meinen Vätern weniger / Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. - / Kann ich von dir verlangen, dass du deine / Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht / Zu widersprechen? Oder umgekehrt. / Das nämliche gilt von den Christen. Nicht? -/ **

. Wie gesagt: die Söhn

Verklagten sich; und jeder schwur dem Richter,

Unmittelbar aus seines Vaters Hand

Den Ring zu haben. - Wie auch wahr! - Nachdem

Er von ihm lange das Versprechen schon

Gehabt, des Ringes Vorrecht einmal zu

Genießen. - Wie nicht minder wahr! - Der Vater,

Beteu'rte jeder, könne gegen ihn

Nicht falsch gewesen sein; und eh' er dieses

Von ihm, von einem solchen lieben Vater,

Argwohnen lass': eh' müss' er seine Brüder,

So gern er sonst von ihnen nur das Beste

Bereit zu glauben sei, des falschen Spiels

Bezeihen; und er wolle die Verräter

Schon auszufinden wissen; sich schon rächen.

Der Richter sprach: Wenn ihr mir nun den Vater

Nicht bald zur Stelle schafft, so weis ich euch

Von meinem Stuhle. Denkt ihr, dass ich Rätsel

Zu lösen da bin? Oder harret ihr,

Bis dass der rechte Ring den Mund eröffne? -

Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring

** Besitzt die Wunderkraft beliebt zu machen;**

Vor Gott und Menschen angenehm. Das muss

Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden

Doch das nicht können!

Nun; wen lieben zwei

Von Euch am meisten? - Macht, sagt an! Ihr schweigt?

Die Ringe wirken nur zurück?

und nicht Nach außen? Jeder liebt sich selber nur

Am meisten? - Oh, so seid ihr alle drei

Betrogene Betrüger! Eure Ringe

Sind alle drei nicht echt. Der echte Ring

Vermutlich ging verloren. Den Verlust

Zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater

Die drei für einen machen.

Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr

Nicht meinen Rat, statt meines Spruches, wollt:

Geht nur! -


Koschutnig  29.08.2011, 20:29

Mein Rat ist aber der: ihr nehmt

Die Sache völlig wie sie liegt. Hat von

Euch jeder seinen Ring von seinem Vater:

So glaube jeder sicher seinen Ring

Den echten. - Möglich; dass der Vater nun

Die Tyrannei des einen Rings nicht länger

In seinem Hause dulden wollen! - Und gewiss;

Dass er euch alle drei geliebt, und gleich

Geliebt: indem er zwei nicht drücken mögen,

Um einen zu begünstigen. - Wohlan!

Es eifre jeder seiner unbestochnen

Von Vorurteilen freien Liebe nach!

Es strebe von euch jeder um die Wette,

Die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag

Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut,

Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun,

Mit innigster Ergebenheit in Gott

Zu Hilf'! Und wenn sich dann der Steine Kräfte

Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern:

So lad ich über tausend tausend Jahre

Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird

Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen

Als ich; und sprechen. Geht! - So sagte der

Bescheidne Richter.

Da ist es wohl klar, was hier verkündet wird: Alle großen Religionen sind gleichwertig. Jeder darf die seine für die wahre Religion halten, doch soll er sich persönlich an die Regeln seiner Religion auch wirklich halten, dann ist jeder ein guter Mensch. Unter den Hauptergebnissen der Aufklärung waren Toleranzpatent und Judenbefreiung.

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