Was haltet ihr vom Polytheismus und warum?


28.03.2023, 15:52

Gerne auch mit der Angabe, falls ihr ein Monotheist seid.

16 Antworten

Hallo guitschee,

ich habe bei all den Mythologien immer den Eindruck, dass man zu allem, was einem so begegnet und nicht so recht kontrollierbar war, eine Gottheit hatte. Dabei waren die Gottheiten so launisch, wie wir es auch von Menschen kennen - humanoid.

Da denke ich, dass es einfach künstliche Gottheiten waren.

Im Laufe der Zeit kann sich aber ein Bewusstsein geschaffen haben, dass es doch so etwas wie Gott gibt: Gott also nicht künstlich sondern real sein musste. In dem Licht würden solche diversen Gottheiten Sichten auf Gott schlecht hin bilden. Das hat sich zumindest in den Abrahamitischen Religionen nicht weiter etabliert: Gott wurde zunehmend abstrakter.

Zu beobachten war auch, dass Polytheismus bei einigen monotheistischen Glaubensgemeinschaften diskreditiert wurde. Man hatte das eigene Gottesbild als das wahre erachtet.

Ich persönlich bleibe bei meiner Meinung, dass Gottheiten, die Lebensumständen und der Umwelt zugeordnet sind, künstlich seien. Gottheiten, die sich aber davon lösen, auch wenn sie divers und fokussiert erscheinen, mögen aber eine Sicht auf Gott bilden - war mir plausibler, aber doch noch nicht genau genug erscheint.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – früherer Glaube - heutige Plausibilität vieler Dinge

Vorab: ich bin agnostischer Atheist, also nicht die primäre Zielgruppe deiner Frage. Aber es kann ja nicht schaden, verschiedene Perspektiven kennenzulernen.😉

Auch wenn ich keine Religion für "die Wahrheit" halte, mache ich in der Bewertung durchaus Unterschiede. Monotheistische Religionen, insbesondere die abrahamitischen, empfinde ich aufgrund ihres Alleingeltungsanspruchs als besonders negativ.

Polytheistische Religionen finde ich spannend und sehe sie eher als kulturelle Bereicherung. Polytheisten streiten sich in der Regel weniger darüber, wer den besseren unsichtbaren Kumpel hat. Sie eignen sich auch weniger dazu, als Machtinstrument missbraucht zu werden.

Im Altertum war es zum Beispiel überhaupt kein Problem, wenn ein Grieche auf Ägyptenreise der Göttin Isis opferte, zu Hause aber wieder seinen Zeus verehrte. Der extreme religiöse Hass und Vernichtungswille betrat im Großen und Ganzen erst in Form des Monotheismus die Weltbühne.

Heute sind die meisten Polytheisten in Europa Neuheiden, überwiegend harmlose Menschen, die Rituale in der Natur vollziehen und versuchen, ein wenig Spiritualität in ihr Leben zu bringen. Daran habe ich wenig auszusetzen.

Der Hinduismus als größte polytheistische Religion der Gegenwart ist ambivalent zu beurteilen: hier existiert stellenweise durchaus eine gewisse Intoleranz und es gibt einige Punkte an dieser Religion, die man kritisch sehen sollte. Aber auch der Hinduismus hat seine faszinierenden Seiten, das kann wohl jeder bestätigen, der die Bhagavad Gita und die Upanishaden gelesen hat.


14Loki18  04.04.2023, 09:39

Eine SEHR gute Antwort danke.!

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Ich bin kein Anhänger des Polytheismus, aber ich finde es durchaus interessant, etwas über polytheistische Religionen und Vorstellungen zu lesen.

So sagt man oft, der Hinduismus kenne viele Götter, aber auch diese sind in eine gedachte Ordnung eingebettet, die deutlich einfacher ist als dies auf den ersten Blick erscheint. Brahma, Vishnu und Shiva stehen vereinfach gesagt für Schöpfung, Erhaltung und das Vergehen/die Zerstörung. Man denkt dort stärker in Kreisläufen als bei uns.

Gar nichts halte ich davon. Gott hat ihn plausibel als verboten erklärt. Polytheismus ist unlogisch und irrational ist.

Warum kann es nicht mehrere Götter geben?

Stelle dir nur erstmal vor, es gäbe zwei.

Gott A und Gott B.

A ist allmächtig und hat einen eigenen Willen, den der umsetzen kann, weil er eben allmächtig ist.

B ist allmächtig und hat einen eigenen Willen, den der umsetzen kann, weil er eben allmächtig ist.

Beide Götter wollen ihren Willen manifestieren, und sie sind ja allmächtig.

Beide wollen einen Felsen bewegen.

Beide wollen ihn mit ihrer Allmacht und ihrem eigenen Willen bewegen.

Dabei können theorietisch 3 Szenarien entstehen:

A bezwingt B und ist somit nicht wirklich der almächtige Gott. Das Ergebnis: Es kann nur einen geben, der allmächtig ist und einen eigenen Willen hat.

Beide gleichen sich aus. Wenn sich beide ausgleichen, hat sich keiner der beiden Willen manifestiert. Ein allmächtiger Gott konnte also seinen Willen nicht umsetzen; das bedeutet wiederum: Keiner der beiden ist allmächtig. Keiner von ihnen beiden ist Gott.

Die beiden gehen einen Kompromiss ein. Wenn einer von beiden mit dem anderen einen Kompromiss eingeht, kann man dann noch von eigenem Willen reden? Geht man einen Kompromiss ein, bewegt man sich ja gegen seinen Willen. Der eigene Wille wird ja dabei eingeschränkt bzw. zurückgestellt. --> ▶Es kann nur einen Gott geben mit einem eigenen Willen, der unendlich existieren kann.

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Und das sagt Gott selbst dazu:

"Wenn über die Himmel und die Erde außer Gott andere Götter herrschten, wären sie bestimmt zugrunde gegangen. Erhaben ist Gott, der Herr der höchsten Allmacht, über alles, was sie erlügen." (Koran 21:22)

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"...und es gibt keine Gottheit neben Ihm, sonst hätte jede Gottheit an sich genommen, was sie geschaffen hat, und sie hätten sich um den höchsten Rang gestritten. Erhaben ist Gott über alles, was sie erdichten." (Koran 23:91)
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Autodidakt Islam seit 2010 und Online-Studiengang Tauhid

IlIIlIllIllI  04.04.2023, 10:21

Kann denn ein monotheistischer Gott allmächtig sein?

Kann dieser allmächtige Gott einen Stein erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn selbst nicht mehr hochheben kann? Wenn er ihn nicht hochheben kann, ist er nicht allmächtig. Kann er ihn jedoch hochheben, dann ist er auch nicht allmächtig, da er ja mit seinem Vorhaben, diesen Stein zu erschaffen, gescheitert ist.

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In der Theologie gibt es die (inzwischen in der Religionswissenschaft als widerlegt geltende) Theorie, dass sich der Polytheismus notwendigerweise zum "besseren" Monotheismus weiterentwickelt. Es ist ja auch ganz logisch, dass monotheistisch gläubige Menschen solche Denkmuster entwickeln. Was für andere Antworten als solche würdest du von Monotheisten erwarten?


Tobias178  29.03.2023, 12:31

Tatsächlich kommt das auch bei der Theologie auf die Theologieform, ihre Ausrichtung, Fachkreise, Fraktionen und Auslegungen an.

Es mag noch Gelehrtenkreise aus Radikalchristlichen/Islamischen Strömungen geben, die diese Theorie vertreten, so einige Monotheisten scheinen dem Polytheismus aber aufgeschlossener und offener fürüber zu sein. Das konnte Ich jenenfalls als Polytheistischer Gelehrter in Mehreren Vorträgen und Diskussionsrunden feststellen.

Grundsätzlich hängt an deiner Ruptiven Frage jedoch ein Treffender Kern, denn wenn Hier Monotheisten gefragt werden, dann werden Lautstarke Minder-/ und Mehrheiten sich gerne daraufstürzen, aus welcher Gesellschaftsschicht auch immer..

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rincewind483  29.03.2023, 13:39
@Tobias178

das widerspricht doch dem Grundgedanken des Monotheismus. Jemand, der an den Polytheismus glaubt, kann doch rein logisch kein Monotheist sein. Man kann offenes Interesse an anderen Religionen haben und gleichzeitig nur an die eigene glauben. Aber man kann doch nicht zum Beispiel gleichzeitig an das Christentum und an den Islam glauben. Sie haben Gemeinsamkeiten, aber auch sich gegenseitig ausschließende Unterschiede. Die sich widersprechenden Unterschiede im Monotheismus vs Polytheismus liegen auf der Hand.

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