Warum ist ein Betriebsrat keine Pflicht?

7 Antworten

Da muss man kein Gesetz ändern. Das Betriebsverfassungsgesetz sagt im § 1 Abs. 1 dass es nur mindestens fünf wahlberechtigte AN braucht, von denen drei wählbar sind um einen BR zu gründen.

Was willst Du mit einer Pflicht, wenn niemand aus der Belegschaft das Amt übernehmen will?

Ich arbeite in einem Betrieb der die letzten Jahre immer zwischen 650 und 700 Mitarbeiter hatte. Bei jeder Betriebsratswahl bin ich "Klinken geputzen" gewesen um wenigstens genug Kandidaten zu finden, damit eine ordentliche Zahl von Nachrückern da ist.

Bei unserer letzten Wahl wurden 11 Betriebsratsmitglieder gewählt und es waren gerade mal 20 Bewerber.

Durch Amtsniederlegungen und Kündigungen sind nun gerade mal noch zwei Nachrücker übrig.

Das ist schade aber Realität. Man möchte einen Betriebsrat aber keine eigene Verantwortung übernehmen und von denen die sich doch zur Wahl gestellt haben, treten dann manche vom Amt zurück, wenn sie merken das ein Betriebsratsamt auch Arbeit und Einsatz mit sich bringt und man mit dem AG auch immer wieder in Konflikt gerät. Dazu kommt, dass man es sowieso nie allen recht machen kann und auch die eigenen Kollegen immer was zu meckern haben.

Wie willst Du also einen Betriebsrat erzwingen? Ich weiß sogar von AG die im Betrieb gerne einen BR möchten, sich aber keine Kandidaten finden.


LisaTrans 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 07:18

Mir ging es hier darum, dass in einem konkreten Fall der AG mit allen möglichen Tricks die Gründung eines BR verhindern will und die AN wohl regelrecht Angst haben. Dem wäre durch ein solches Gesetz halt ein Riegel vorgeschoben. "Es muss jetzt ein BR gegründet werden und Ende"

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Hexle2  01.08.2024, 07:42
@LisaTrans

Wenn AN einen BR gründen wollen, sollten sie sich an die zuständige Gewerkschaft wenden. Die hilft und wird den AG, sollte es nötig sein.

Es gibt Mittel und Wege einen BR zu gründen. Man braucht dazu allerdings oft starke Nerven und ein gutes Durchsetzungsvermögen. Das Betriebsverfassungsrecht ist auf Seiten der AN.

Hier mal ein paar Infos:

Wahlbehinderung | Betriebsratsarbeit Lexikon

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Plastix  01.08.2024, 12:11
@LisaTrans

dann müsstest du aber auch damit leben können, dass du zum Betriebsratsmitglied bestimmt wirst, obwohl du keine Lust darauf hast.

Und spinnen wir diesen Gedanken mal weiter: Jemand, der keine Lust auf Betriebsratsarbeit hat, wird der diesee Amt mit Überzeugung und hohem persönlichen Einsatz ausführen? Vermutlich eher nicht. Und was würde so ein Betriebsrat bringen?

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Bereits die Gründung eines Betriebsrats und die damit verbundenen Bemühungen der Mitarbeitenden sind rechtlich sehr gut geschützt. Dass manche Arbeitgeber mit ihren "Tricks" denoch durchkommen, liegt - wie so oft - primär daran, dass Mitarbeitende sich nicht umfassend über ihre Rechte informieren und/oder diese nicht im Zweifel auch gerichtlich durchsetzen... Aber für sich selbst und seine Rechte einzustehen, das ist nun mal was, was auch zum Arbeitsleben dazugehört, das kann einem keiner abnehmen.

Und wenn so ein Betriebsrat tatsächlich verpflichtend "übergestülpt" würde, denkst du, dass der wirklich so wie gewünscht agieren würde? Wenn die Betriebsräte keinerlei Lust auf diese Aufgabe hätten, sondern einfach dazu gezwungen werden würden? Glaubst du, dass das zu einem Betriebsrat führen würde, der auch in den Konflikt mit dem Arbeitgeber geht, wenn es gut und sinnvoll wäre?

Und wer soll denn dann den Betriebsrat stellen wenn die Belegschaft kein Interesse hat?

Eine Pflicht zur Bildung eines Betriebsrats ist eine realitätsferne Schnapsidee.


horribiledictu  01.08.2024, 06:28

ganz einfach: dann wird von der Gewerkschaft von außen einer eingesetzt auf Kosten des AG.

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ArminSchmitz  01.08.2024, 06:45
@horribiledictu

Ah so. Das klingt nach Traditionspflege. Aber, ist die DDR nicht schon vor 30 Jahren untergegangen? Unter anderem wegen solcher Ideen.

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horribiledictu  01.08.2024, 08:00
@ArminSchmitz

also wenn du glaubst, die DDR wäre wegen Arbeitnehmervetretungen eingegangen, dann lern Geschichte!

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ArminSchmitz  01.08.2024, 08:20
@horribiledictu

Arbeitnehmervertretungen gab es in der DDR überhaupt nicht. Das waren alles Parteigenossen. Genau so würde es heute auch sein, wenn man einen aus Externen bestehenden Betriebsrat einsetzt.

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horribiledictu  01.08.2024, 08:24
@ArminSchmitz

dann können die Leute ja bei der nächsten Betriebsratswahl eine aus ihren Reihen wählen. es geht nur darum, dem AG jede Möglichkeit zu nehmen, einen Betriebsrat abzuwürgen.

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CK1986  01.08.2024, 08:31
@horribiledictu

Diese angebliche Möglichkeit hat der Arbeitgeber gesetzlich nicht wirklich. Wenn er die Gründung eines Betriebsrates nicht möchte, wird er aber natürlich zu allen mitteln greifen.

Wenn sich nun die Mitarbeiter nicht entsprechend informieren und daher Angst vor was auch immer haben, werden sie auch im Betriebsrat nicht richtig agieren.

Ein externer, der vom Arbeitgeber bestellt und bezahlt wird... rate mal, wessen Interessen der wohl vertreten wird.

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horribiledictu  01.08.2024, 08:33
@CK1986

auch ei interner etriebsrat wird vom AG bezahlt, und da klappts auch mit der Interessensvertretung

du weißt so gut wie ich, dass sehr oft Leute gekündigt werde, wenn im Betrieb ruchbar wird, dass die eine Betriebsratswahl anstreben.

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CK1986  01.08.2024, 08:35
@horribiledictu

Dafür gibt es das Kündigungsschutzgesetz. Wenn man ohne Betriebsrat sein Recht nicht durchsetzt, was soll sich dann mit Betriebsrat ändern.

Wenn beim ersten Gegenwind die Segel gestrichen werden, dann wird das auch mit Betriebsrat so sein.

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horribiledictu  01.08.2024, 08:36
@CK1986

du hast anscheinend keine Ahnung von der Realität...

welcher Kündigungsschutz denn? die kündigen dich mit allen Rechten udn Fristen, genau nach Arbeitsvertrag...

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CK1986  01.08.2024, 09:20
@horribiledictu

Eine Kündigung kann nur mit GRUND erfolgen. (Ausnahme < 10 Beschäftigte, aber dann ist meist auch das Thema Betriebsrat irrelevant)

Der Grund muss verhaltensbedingt (z.B. Pflichtverletzungen), personenbedingt (z.B. chronische Krankheit) oder betriebsbedingt (z.B. dauerhafter Auftragsmangel) sein. In den beiden ersten Fällen muss zuvor abgemahnt werden. Im dritten Fall gibt es in der Regel eine Sozialauswahl zu treffen, da kann man nicht einfach den Mitarbeiter entlassen, der einem unliebsam ist.

Natürlich kann ein AG eine Kündigung schreiben, die dem nicht entspricht... dann muss man eben am Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen. Das kostet halt nerven - aber wer die nicht hat, kann auch nicht in einem Betriebsrat sitzen.

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Familiengerd  01.08.2024, 11:12
@ArminSchmitz
Aber, ist die DDR nicht schon vor 30 Jahren untergegangen? Unter anderem wegen solcher Ideen.

Das ist ja wohl schlichtweg Unsinn!

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Was ist wenn die Mitarbeiter keine Lust auf einen Betriebsrat haben weil sie einfach zufrieden sind?

Denke mal das eine Pflicht nicht umsetzbar wäre.

Wär gut, ja!

bei uns wird man gekündigt, wenn man die Idee für nen Betriebsrat aufbringt


tunik123  01.08.2024, 09:17

Wenn jemand zur Gründung eines Betriebrates aufruft, hat der erstmal ein Jahr Kündigungsschutz. Wenn er dann noch in der Betriebsrat gewählt wird, hat er ein Jahr nach Ende der Legislaturperiode Kündigungsschutz.

Siehe auch §15 Kündigungsschutzgesetz:

https://www.betriebsrat.com/gesetze/kschg/15

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LisaTrans 
Beitragsersteller
 01.08.2024, 07:20

Das ist genau auch in dem Betrieb der Fall der der Grund für meine Frage war.

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SashaMu66  01.08.2024, 06:37

So einfach könnt ihr nicht gekündigt werden. Wendet euch an die Gewerkschaft, die hilft.

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sgtepic  01.08.2024, 07:21
@SashaMu66

Doch, wenn Klagen oder Geld keine Rolle für den AG spielen - Hauptsache kein Betriebsrat

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SashaMu66  01.08.2024, 07:24
@sgtepic

Er kann sich damit aber das Recht nicht kaufen. Kündigungsschutz ist Kündigungsschutz.

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sgtepic  01.08.2024, 07:28
@SashaMu66

sieht in der Praxis anders aus. Der AG hat immer Möglichkeiten

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sgtepic  01.08.2024, 08:36
@SashaMu66

tun sie nicht, weil jeder die Folgen fürchtet (ja, es gab schon Vorfälle)

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SashaMu66  01.08.2024, 08:55
@sgtepic

Selber schuld. Man muss auch mal was riskieren, wenn man was erreichen will.

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