Warum flüchten plötzlich so viele?

2 Antworten

Allein im 19. Jahrhundert sind rund 60 Millionen Menschen aus Europa ausgewandert, weil sie hier keine Chancen für ihr Leben gesehen haben. Die meisten davon sind nach Amerika gegangen (und auch da waren sie nicht unbedingt immer willkommen, und auch da hat man versucht, die Einwanderung zu begrenzen). Nach dem zweiten Weltkrieg sind Millionen von Menschen geflohen und wurden vertrieben, aus der sowjetisch besetzten Zone/später aus der DDR sind so viele Menschen geflohen bzw. Richtung Westen umgezogen, dass die DDR-Führung die Mauer gebaut hat, um sie zurückzuhalten. Wenn du weiter zurückgehst, wirst du immer wieder auch innerhalb Europas immer wieder viele, viele Menschen finden, die ihre Heimat verlassen haben und sich auf die Suche nach etwas besserem gemacht haben - seit den Völkerwanderungen sind in Europa immer wieder Menschen weitergezogen, haben sich neu orientiert und versucht, das beste aus ihrem Leben zu machen. Immer dann, wenn die Situation an einem Ort schwierig ist und woanders besser, orientieren sich Menschen neu. Es ist nicht "europäisch" immer an einem Ort zu leben, genauso wie es im Nahen Osten selbstverständlich auch Menschen gibt, die schon seit Generationen an einem Ort leben. Du schließt von deiner Familie auf die Mentalität der Menschen eines ganzen Kontinents, das ist ein sehr, sehr gewagter Schluss. Meine Familie z. B. kommt aus ganz verschiedenen Teilen Deutschlands (und darüber hinaus) - und die Gründe, warum sie den Ort gewechselt haben, sind ausgesprochen bunt.


RechtsSozial 
Beitragsersteller
 07.08.2024, 02:37

Die USA wollte es ja. Der ,,American Dream" war ja praktisch ein Werbespruch.

FataMorgana2010  07.08.2024, 02:41
@RechtsSozial

Wofür war noch mal Ellis Island da?

Die USA hat in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts massiv versucht, die Einwanderung zu beschränken.

Aber dir geht es ja um die andere Richtung: Warum haben die zahlreichen Deutschen, die mit der Lage in den deutschen Staaten unzufrieden waren, denn nicht vor Ort dafür gesorgt, dass es besser wurde? So nach dem Motto "Ärmel hochkrempeln"? Hatten die keine richtige europäische Mentalität?

FataMorgana2010  07.08.2024, 02:46
@FataMorgana2010

Oder warum haben die irischen Bauern nach der Kartoffelpest nicht ganz europäisch die Hungersnot ausgehalten, sondern sind in die USA ausgewandert? Hätten die nicht auch als gute Europäer einfach dableiben sollen und alles wieder aufbauen sollen?

RechtsSozial 
Beitragsersteller
 07.08.2024, 02:46
@FataMorgana2010

Genau genommen sind die Einwanderer gekommen um etwas aufzubauen. Die USA wurden von Einwanderern erbaut.

Vergleichbar mit den Gastarbeitern (aus dem Balkan) die im Wirtschaftsaufschwung in Österreich eingewandert und geblieben sind.

So jemanden kann man schlecht als Flüchtling bezeichnen.

FataMorgana2010  07.08.2024, 02:48
@FataMorgana2010

Oder warum sind die Hugenotten im 16. Jahrhundert als gute Europäer nicht trotz der religiösen Verfolgung und der Zerstörung ihrer Städte in Frankreich geblieben und haben alles wieder aufgebaut?

FataMorgana2010  07.08.2024, 02:51
@RechtsSozial

Du hast gefragt, ob es eine europäische Mentalität ist, nach Hungersnöten, Kriegen und Zerstörung am Ort zu bleiben und alles wieder vor Ort aufzubauen, statt das Land zu verlassen. Und ich antworte: ne, offenbar nicht, denn auch Europäer haben immer wieder ihr Land verlassen, um anderswo neu anzufangen, nach Hungersnöte, wegen Krieg, wegen Verfolgung, wegen Abenteuerlust.

FataMorgana2010  07.08.2024, 03:01
@RechtsSozial

Die Hugenotten? Die verhungernden Iren? Die zigtausenden Flüchtlinge während des dreißigjährigen Krieges? Die Vertriebenen des 2. Weltkriegs? Alle nur unzufrieden?
Deine Perspektive ist ziemlich kurz. Große Teile Europa haben das große Glück, dass hier seit einer langen Zeit Frieden herrscht. Das ist ein Glück, kein Verdienst, und macht den ein oder anderen ziemlich herablassend, wenn er auf die Not anderer schaut.
Vorher sind natürlich auch in Europa Menschen geflohen, vor Krieg, vor Hungersnot, innerhalb Europas und darüber hinaus. Und natürlich findest du auch überall auf der Welt Menschen, die lieber bleiben und vor Ort die Lage verbessern. Das hat aber weniger mit Europäer/nicht Europäer zu tun, sondern mit der konkreten Lage in einem Land. Desto länger irgendwo Frieden herrscht und - damit verbunden - desto besser sich die wirtschaftliche Lage entwickeln kann, desto eher bleiben die Menschen an einem Ort. Es ist also keine "europäische Mentalität", vor Ort zu bleiben - es ist die Mentalität desjenigen, der das Glück hat, nicht fliehen zu müssen.

Ich plane auch zu gehen, aus Deutschland. Meine erste Station wird Österreich, Dänemark oder die Schweiz sein. Wenn es mir dort nicht gefällt geht es weiter nach Neuseeland oder Japan.