Waren die Bomben auf deutsche Städte ein Kriegsverbrechen?
Warum fragst du gezielt nach Kriegsverbrechen der Alliierten, obwohl der Feuersturm eine Erfindung der Deutschen war?
Coventry wird bereits als Kriegsverbrechen anerkannt.
13 Antworten
Juristisch vielleicht nicht, ein Verbrechen an der Menschheit war es dennoch.
Die Haager Landkriegsordnung enthält für den Kriegsfall Festlegungen zur Definition von Kombattanten, zum Umgang mit Kriegsgefangenen, zu Beschränkungen bei der Wahl der Mittel zur Kriegsführung, zur Verschonung bestimmter Gebäude und Einrichtungen von sozialer und gesellschaftlicher Bedeutung.
Das Inkrafttreten der Haager Landkriegsordnung etablierte im humanitären Völkerrecht drei grundlegende Prinzipien:
- auch in einem bewaffneten Konflikt existiert zu keinem Zeitpunkt ein völlig rechtsfreier Raum oder eine Situation ohne jegliche Gesetze,
- es existieren Beschränkungen bei der Wahl der Mittel zur Kriegführung und
- Zivilpersonen, andere Nichtkombattanten und zivile Einrichtungen sind so weit wie möglich zu verschonen.
Auch juristisch war es ein Kriegsverbrechen. Die Haager Landkriegsordnung, der sowohl die Aliierten wie auch Deutschland ratifiziert haben, verbietet ausdücklich kriegerische Maßnahmen gegen Zivilisten.
Was meinst du warum die Aliierten bei den Nürnberger Prozessen Coventry usw. nicht zur Anklage gebracht haben, und Versuche der Verteidiger verhindert haben?
Wenn Coventry zur Sprache gekommen werde hätte auch Dresden, Hamburg, Ruhrgebiet verhandelt werden müssen.
Streicher haben sie gehenkt weil er eine Hetzzeitung verlegt hat. Coventry wurde nicht angeklagt. Wo sind da die Relationen?
Selbstverständlich waren die Flächenbombadierungen, ohne Rücksicht auf Krankenhäüser Kirchen, zivile Gebäude, ein Kriegsverbrechen.
War der alliierte Bombenkrieg ein Kriegsverbrechen? GEO-Redakteur Christoph Kucklick sprach mit dem Soziologen, Holocaust- und Gewaltforscher Wolfgang Sofsky. GEO.de veröffentlicht die ungekürzte Fassung
https://www.geo.de/magazine/geo-epoche/10848-rtkl-bombenkrieg-die-dinge-beim-namen-nennen
War Dresden ein Kriegsverbrechen? Oder doch nicht?Die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg ist ein umstrittenes Thema. Einige argumentieren, dass es notwendig war, um den Krieg zu gewinnen, während andere es als Kriegsverbrechen betrachten, da es viele zivile Opfer gab. Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidungen, die im Krieg getroffen wurden, unter sehr schwierigen Umständen getroffen wurden und dass es schwierig ist, sie im Nachhinein zu beurteilen.
Einige Historiker betrachten es als Kriegsverbrechen, während andere argumentieren, dass es ein notwendiger Teil des Krieges war. Es gab viele Städte, die bombardiert wurden, darunter Dresden, Hamburg, Pforzheim und andere. [1] [2] [3]
Es ist wichtig zu beachten, dass es schwierig ist, die Entscheidungen der damaligen Militärführer zu beurteilen, da sie unter extremen Bedingungen handelten. Es ist jedoch klar, dass die Bombardierung deutscher Städte zu erheblichen zivilen Verlusten führte. Ob dies als Kriegsverbrechen betrachtet werden kann oder nicht, bleibt ein umstrittenes Thema.
Waren die Bomben auf deutsche Städte ein Kriegsverbrechen?
Die Haager Landkriegsordnung von 1907 hatte den Unterzeichnerstaaten, darunter Großbritannien und Deutschland, den Angriff auf zivile Ziele, damit auch auf Innenstädte, verboten. Der Artikel 25 bestimmte: „Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.“[105] Über weitere Ausführungen des für den Landkrieg konzipierten Völkerrechts wurde 1922/23 beraten und explizite Regeln für den Luftkrieg entworfen. Der neue Artikel 22 lautete: „Das Luftbombardement zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung und Zerstörung oder Beschädigung von Privateigentum nichtmilitärischen Charakters ist verboten.“[106] Dieser Entwurf wurde nicht als völkerrechtlicher Vertrag ratifiziert. Die Diskussion um die „Haager Luftkriegsregeln“ nach 1923 hatte aber eine gewisse gewohnheitsrechtliche Bindung bewirkt: International anerkannt war der Ausschluss von Terrorangriffen. Diese Bindung war den USA und Großbritannien im Blick auf Dresden bewusst, da sie stets hervorhoben, sie hätten keine Terrorangriffe beabsichtigt und ausgeführt.[107] Die USAAF und die RAF bezeichneten Dresden 1945 anhand von umfangreichem Material als „legitimes militärisches Ziel“.[5]
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Ob 1945 eine Strafverfolgung der Verantwortlichen für den Luftkrieg möglich gewesen wäre, wird wegen der damals fehlenden übernationalen Rechtsinstanz bezweifelt. Nach dem seit 1977 auch von Großbritannien und Deutschland ratifizierten Zusatzprotokoll zur Genfer Konvention ist eine flächendeckende Städtebombardierung verboten.[119] Jedoch ist dieses Verbot juristisch nicht rückwirkend anwendbar.
Kurz, nach damaligen Maßstäben nein, nach heutigen Maßstäben ja.
Der zweite Weltkrieg hat enorm unsere Wahrnehmung darüber verzerrt wie Kriege normalerweise verlaufen und verliefen.
Kriege enden normalerweise nicht damit, dass ein Land komplett zerstört ist. Man musste Napoleon nicht aus einem Bunker unter dem zerstörten Paris ziehen oder Wilhelm II aus einem Bunker unter dem zerstörten Berlin.
In Kriegen leiden auch normalerweise Soldaten sehr viel mehr als die Zivilbevölkerung. 90% der Toten im ersten Weltkrieg, waren Soldaten. 90% der Toten im zweiten Weltkrieg, waren Zivilisten.
Normalerweise endet ein Krieg wenn eine Partei sieht, dass sie verliert. Und so war es auch im zweiten Weltkrieg: Polen hat kapituliert nachdem sie militärisch besiegt waren (was sie nicht davor geschützt hat ein Viertel ihrer Bevölkerung durch deutsche Kriegsverbrechen zu verlieren), Frankreich hat kapituliert (und kam so mit sehr moderaten Schäden und zivilen Verlusten davon).
In einem normalen Krieg hätte Deutschland sich nach Stalingrad oder spätestens nach der Landung in der Normandie ergeben und wir könnten heute noch die wunderschönen mittelalterlichen Stadtkerne besichtigen.
Es ist eine der extrem ungewöhnlichen Ereignisse in der Geschichte, dass ein Besiegter sich einfach nicht ergibt. Das ist nicht die Regel, das ist die absolute Ausnahme.
Auch war der Angriff auf zivile Infrastruktur im Hinterland bisher unbekannt- auch weil die Technologie dies vorher nicht erlaubte. Ohne Flugzeuge kein Angriff aufs Hinterland. Deshalb gab es, wie viele hier richtig schrieben, im Kriegsrecht dazu noch keine Regeln. Rein formal war es also kein Kriegsverbrechen.
Die frühen Theoretiker über den Einsatz von Flugzeugen im Krieg gingen davon aus, dass Bomberflotten (ähnlich wie später Atomwaffen), einen Krieg unmöglich machen würden. Eine Flotte von Bombern könnte feindliche Städte bombardieren und so jeden Krieg im Keim ersticken weil eine Kriegspartei zu große Angst um seine Städte hätte.
Es ist erstaunlich, dass diese frühen Flugzeugtheoretiker den Einsatz von Jagdflugzeugen überhaupt nicht in Betracht zogen. Ihr Dogma war: "Der Bomber kommt immer durch."
Alle Beteiligten Nationen hatten diese Theoretiker gelesen und glaubten daran: Bombardiere den Feind genug und er würde sich ergeben. Erst der zweite Weltkrieg hat gezeigt, dass das so nicht funktioniert und bis heute gibt es viele Anhänger der Idee, dass man einen Krieg nur aus der Luft gewinnen könnte- und bei einigen hat es geklappt.
Die russen glauben gerade, sie könnten den Krieg gegen die Ukraine gewinnen indem sie zivile Infrastruktur zerstören, diese Idee ist als also alles andere als tot. Doch zurück zum zweiten Weltkrieg:
Es glaubten die Amerikaner fest daran, dass die Deutschen sich gegen Hitler erheben würden. Die Amis hatten einen Unabhängigkeitskrieg durchgeführt wegen zu hoher Steuern, dass die Deutschen treudoof zu ihrem Führer stehen angesichts ihrer physischen Vernichtung war ihnen nicht in den Sinn gekommen. Ein sklavischer Gehorsam wie ihn die Deutschen zeigten, war für die Amerikaner unvorstellbar. Hier ist eine gewisse kulturelle Komponente die wir leicht aus den Augen verlieren weil wir im Westen heute einander kulturell ähnlicher sind als damals.
Auch nicht aus dem Auge verlieren darf man, dass Deutschland diese Vernichtungslogik in Gang gesetzt hat. Vor dem Krieg träumten die Amerikaner von Präzisionsschlägen. Ihre Bomberflotte war schon damals darauf ausgelegt, feindliche Stellungen und Fabriken zu treffen und zu zerstören. Es gab Ideen vor einem Bombenangriff Flugblätter abzuwerfen, die Bevölkerung zu warnen und so einen "sauberen" Krieg ohne Todesopfer zu führen.
Die Briten fanden diese Herangehensweise naiv. Die Amerikanische Bevölkerung hätte am Anfang des Krieges auch gar nicht toleriert, dass man Zivilisten in großer Zahl tötet um den Krieg zu gewinnen.
Die öffentliche Akzeptanz dafür stieg erst im Laufe des Krieges als Deutschland anfing feindliche Städte ohne Rücksicht auf Zivilisten zu bombardieren. Es war eine Eskalationsspirale nötig die dazu führte, dass es möglich wurde Zivilisten zu treffen. Es war nicht so, als ob die Alliierten aus einer Sektlaune heraus und aus Spaß am Töten deutsche Innenstädte einäscherten. Es war das Ergebnis eines langen Weges und der deutschen Weigerung zu kapitulieren. Eines Weges den die Deutschen zuerst beschritten hatten.
Diese Eskalationsspirale endete ultimativ in der Atombombe. Sie ist das logische Ende der Eskalationsspirale die Deutschland in Gang gesetzt hat. Eine Eskalationsspirale die Deutschland (und Japan) jederzeit hätten beenden können indem sie sich ergeben hätten.
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Für alle die sich dafür interessieren aber keine Lust haben ganze Bücher zu wälzen kann ich bedingungslos Dan Carlin's Podcastfolge: "Logical Insanity" von Hardcore History empfehlen, in dem er genau die theoretischen Vorbedingungen und die Eskalationsspirale beschreibt die schließlich bei der Atombombe endete. Ist die 2,99 $ mehr als wert.
https://www.dancarlin.com/product/hardcore-history-42-blitz-logical-insanity/
Oh das ist kein Buch das ist ein Podcast und den gibt es nicht auf deutsch. Dan Carlin macht großartige Podcasts die auch davon leben, dass er es selbst erzählt. (Ich werde das in meiner Antwort bearbeiten, damit man das gleich sieht)
Guck mal bei dem Link da sind unten Quellen. Er führt da alle Bücher auf, die er für die Recherche gelesen hat. Diese Bücher gibt es (zumindest einige) bestimmt auch auf Deutsch.
Thanks, ich werd mal hineinsehen in den Podcast.
Dan Carlin's Hardcore History ist wirklich großartig.
Seine aktuellen Folgen sind immer auf Jahre kostenlos
https://www.dancarlin.com/hardcore-history-series/
Nur die älteren Dinger kosten was. Ich hab mir alle gekauft, alle gehört und alle sind es wert.
Seine "aktuelle" lange Serie die er vorletztes Jahr beendet hat, ist eine 6-teilige Serie über den Pazifikkrieg (Supernova in the East). Eine Folge hat bis zu über 5 Stunden. Die erste Folge zum Beispiel ist nur über die Vorgeschichte und endet (!) bei Kriegsbeginn.
Was er macht ist sehr detailliert, sehr interessant und spannend erzählt und er hat häufig Themen die nicht so Mainstreamig sind. Er betont immer, dass er kein Historiker, kein Lehrer der Geschichte sondern ein Schüler der Geschichte.
Er hat großartige Serien in der Vergangenheit gehabt (die jetzt Geld kosten): "Blueprint for Armageddon" über den 1. Weltkrieg, "Ghosts of the Ostfront" über den Zweiten Weltkrieg in Osteuropa (ein Thema, das gerade viele amerikanische Historiker total vernachlässigen). Großartig aber auch seine Serie über den Untergang der römischen Republik (Death Throes of the Republic) oder die Punischen Kriege (Punic Nightmares).
Auch die Einzelfolgen sind herausragend. Gerade noch kostenlos: "Painfotainment" über die Verwendung von echter Gewalt in menschlicher Unterhaltung (Gladiatorenkämpfe, Hinrichtungen) oder "The Celtic Holocaust" über die Folgen der Gallischen Kriege für die Gallier.
Ich komme ins Schwärmen und könnte jetzt noch mehr schreiben und hör jetzt lieber auf.
Was du mitnehmen solltest: Über das Thema zu dem du gefragt hast ist "Logical Insanity" empfehlenswert und darüber hinaus alles was aktuell kostenlos verfügbar ist. Jedes davon ist großartig und da eine Folge, wie gesagt, gern mal über 4 oder sogar 5 Stunden dauert, kannst du dich die nächsten Wochen damit beschäftigen.
Und wenn du dir alles angehört hast und noch nicht genug hast kannst du sein altes Material kaufen das dich auf Monate wenn nicht Jahre beschäftigen wird eh du alles durchgehört hast.
Anders als heute war die Bombardierung von Zivilisten im 2. Weltkrieg nicht gegen das Kriegsrecht. Allerdings war es auch damals schon moralisch bedenklich. Die Engländer wollen den Kampfgeist der Deutschen brechen. Außerdem war ja auch London angegriffen worden. Dazu wurden symbolträchtige Städte bombardiert. Schon damals ging diese Rechnung nicht auf.
Während die Amerikaner ja eher gegen die Rüstungsindustrie vorgingen. Allerdings dann in Japan mit der Atombombe noch mehr zivilen Schaden anrichteten.
Nicht erst mit den Atombomben. Der verheerendste Bombenangriff der Weltgeschichte fand in der Nacht vom 9. auf den 10. März 1945 auf Tokio statt - mit über 100.000 Toten in der japanischen Hauptstadt.
Das daran weniger erinnert wird als an Hiroshima hat politische Gründe. –
Danke, gibt es das Buch auch auf deutsch?