Sollte das aktuelle Schutzalter (14) erhöht werden?

Nein. 75%
Ja. 25%

36 Stimmen

9 Antworten

Nein.

Ist nicht machbar, da es ein Eingriff in Art. 2 GG ist, der entsprechend besonderer Rechtfertigung bedarf.

Wissenschaftlich gibt es diese Rechtfertigung nicht, und erschwerend kommt hinzu, dass es in Deutschland nie anders war, ohne dass jemals Probleme ersichtlich gewesen wären.

Ganz davon zu schweigen, dass auch die Justiz seit vielen Jahrzehnten ein ums andere Mal die Altersgrenze bestätigt bzw. durchgesetzt hat.

Dass das zurecht erfolgte, lässt sich alleine schon an den marginalen Verurteilungen nach § 182 Abs. 3 StGB sehen, denen eine große Menge an legalen U16/Ü21-Beziehungen gegenübersteht.

Entstanden ist diese Strafvorschrift denn auch vielmehr als zwangsweise Anpassung aufgrund der Wiedervereinigung! Vorher waren homosexuelle Kontakte zw. Männern und Minderjährigen (also allen U18) im Westen strafbar, im Osten jedoch nicht (lesbischer Sex war hingegen auch damals schon legal). Also musste gemäß Vereinigungsvertrag das diskriminierende Gesetz abgeschafft werden.

Um aber die sexualfeindlichen und homophoben Unionspolitiker und -Wähler zu beruhigen, kam man auf diese Formulierung ("und dabei die [dem Täter] gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt") im § 182 StGB. Der dahinterstehende Gedanke: Jungen hinken während der Pubertät den Mädchen in der Entwicklung ca. 2 Jahre hinterher - 14+2=16! - und homosexuelle Kontakte wären ja wohl bestimmt "verwirrender" als heterosexuelle. =:-o

Sprich: Selbst wenn man 14 oder älter und beim Hetero-Sex selbstbestimmt ist, könnte es ja sein, dass der Junge bei einem Schwulen diese Fähigkeit noch nicht hat (beachte: im Gesetzestext steht ja nicht, dass diese Fähigkeit generell fehlen muss, sondern nur dem speziellen Täter gegenüber!).

Nun, mindestens wer pubertierende Jungs kennt (oder schlimmer: selbst einer war ;-)), wird wissen, dass die sittsamen Wunschvorstellungen von Konservativen mit der sexuellen Realität (und erst Recht auch den Wunschvorstellungen) Jugendlicher eher selten übereinstimmen. ^^ Zumal in dem Alter die Mehrheit fleißige Konsumenten einschlägiger Videoplattformen sind ... =;->

Oder um aus "Sexueller Mißbrauch von Jugendlichen", Thomas Stephan, Tectum-Verlag, zu zitieren: Der Vorschrift kommt nur „eine extrem randständige forensische Bedeutung“, und ist, seit es sie gibt, heftig umstritten.

Denn, so der Autor weiter,

  • der § 182 StGB enthält eine Vielzahl schwer nachweisbarer Tatbestandsmerkmale und ist in der Praxis schlecht handhabbar,
  • die Schädlichkeit der Tathandlungen nach § 182 StGB für die sexuelle Entwicklung von Jugendlichen lässt sich auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht belegen,
  • der § 182 StGB steht im Widerspruch zur heutigen Entwicklung und Lebensrealität eines Großteils der Jugendlichen und
  • kollidiert mit dem Recht Jugendlicher auf sexuelle Selbstbestimmung.

§ 182 StGB erreiche deshalb nicht den Standard eines rational gestalteten Sexualstrafrechts. Verschiedene Studien rechnen damit, dass nur jede hundertste bis zweihundertste sexuelle Beziehung einer über 21-jährigen Person mit einer 14- bis 15-jährigen Person zu einer Anzeige nach § 182 Abs. 3 StGB (in aktueller Fassung) führt.

Wobei: Auch Täter des § 176 StGB (Kindesmissbrauch) werden mittlerweile nach § 182 Abs. 3 StGB angeklagt und verurteilt (in Tateinheit). U14 sind halt auch U16 ... 

... aber auch bei den U14 muss dann nachgewiesen werden, dass die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlt. Und das ist heute durchaus schon mit 12 nicht mehr der Fall.

Das ist allerdings der Kern! Rechtliche Grenzen anhand des Alters zu ziehen ist gängig und einfach ... also vertraut und praktikabel. So bleibt auch noch ein Sicherheitspuffer.

Nur ist es nicht gerechtfertigt, Menschen ein von der Verfassung als zweitwichtigstes Grundrecht zu verwehren, die ausdrücklich die Fähigkeit besitzen, es wahrzunehmen.

Last but not least: Die Wünsche konservativer Politiker (und der Yellow Press und des "Stammtisches"/"Bierzelts") gehen genau in die entgegengesetzte Richtung. Nämlich ass der Gesetzgeber das Alter der Strafmündigkeit von 14 auf 12 absenkt:

"Diese sozial herrschenden Wertungen sind auf erstaunliche Weise widersprüchlich: Die geltenden EU-Richtlinien zum Schutz von Kindern gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt etwa verstehen unter einem Kind eine Person unter 18 Jahren. Das deutsche Sexualstrafrecht geht als zwingend davon aus, dass Personen unter 14 Jahren keinerlei Selbstbestimmungsfähigkeit über ihr Sexualverhalten haben können und daher - wie Geisteskranke - nie wirksam in sexuelle Handlungen einwilligen können: Ein (gerade) 18-Jähriger, der mit seiner (gerade noch) 13-jährigen Freundin herumknutscht, begeht daher unter Umständen schwere Straftaten. Auch jugendliche Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gelten noch als nur eingeschränkt selbstbestimmungsfähig und daher als besonders schutzbedürftig (siehe § 182 StGB). In krassem Gegensatz dazu steht, wenn Kinder und Jugendliche Straftaten begehen, die Behauptung, dass »Reife« angeblich »immer früher« eintrete." (Prof. Dr. Thomas Fischer, Rechtswissenschaftler und Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D.)

PS: Und was den "internationalen Standard" betrifft: In der EU haben gut ⅓ der Länder 14 als Schutzalter, knapp ⅓ haben 15, und der Rest hat 16 (die europäischen Staaten außerhalb der EU favorisieren hingegen etwas mehr die Grenze von 16, was auf Gesamteuropa bezogen dann ein "rund je ⅓ für 14, 15 und 16" ergibt).

Nein.

Da gibt es einen Widerspruch: Wenn das Schutzalter höher liegt, als die Strafmündigkeit, kommt es auch bei Leichenteilen Beziehungen zu komplikationen:

Geschlechtsverkehr zwischen 14-21- Jährigen ist aktuell ab 14 erlaubt. Machen das eine 14 und eine 13- Jährige Person, macht die 14-Jährige Perosn sich strafbar. Zwei 13er sind theoretisch auch verboten, aber wegen der Strafmündigkeit ab 14 passiert da nichts. Was, wenn jetzt aber Sex erst ab 16 oder so erlaubt ist, und zwei 15-Jährigr es treiben? Sie sind völlig gleich alt und können trotzdem Probleme bekommen, weil sie strafmündig sind und keine 16 waren.

Da ist ein Haken drin, Merkste?


Philippus1990 
Beitragsersteller
 05.06.2024, 22:56
Geschlechtsverkehr zwischen 14-21- Jährigen ist aktuell ab 14 erlaubt. 

Es ist auch Geschlechtsverkehr zwischen 14-Jährigen und 50-Jährigen erlaubt.

Miniaturwelt  06.06.2024, 07:28
@Zitrone273

Nein. Du hast Unrecht und das trottdessen das Gegenteil in der Frage belegt wurde.

Deine Quelle?

Philippus1990 
Beitragsersteller
 06.06.2024, 16:27
@Zitrone273

Ich habe es sogar extra in die Frage geschrieben:

Hieran ändert auch der § 182 Abs. 3 StGB nichts. Dieser zielt auf reifverzögerte Jugendliche ab. Allerdings muss der Täter die fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung erkannt haben. Das ist in der Regel nicht nachweisbar, so dass es deshalb nur rund 20 Verurteilungen pro Jahr gibt, die dann teilweise auch noch von höheren Gerichten wieder aufgehoben werden.

Siehe dazu auch hier und hier. Aber manche Gerüchte lassen sich wohl nie ausrotten...

KatharinaGF  25.10.2024, 19:27
@Zitrone273

Da kennt sich jemand wohl noch nicht so gut mit deutschen Gesetzen aus. Lies mal das STGB, dann kannst du gerne den passenden Paragraphen hier posten.

Nein.

zunächst: Eine Beziehung ist IMMER legal, es geht hier nur um sexuelle Handlungen.

Nein das Schutzalter sollte nicht erhöht werden. Ab 14 ist man durchaus in der Lage, Dinge zu beurteilen und eigene Entscheidungen zu treffen. Zudem ist das Interesse daran sowieso da, eine Erhöhung würde das ganze ähnlich wie bei Cannabis unnötig illegal machen, was sowieso passiert, obwohl es von beiden Personen eben consent gibt. Das macht es nur unnötig kompliziert, wirklichen Missbrauch zu verfolgen, und nicht welchen, der nur als solcher zählt, weil eine Person 14 ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Nein.

alles andere ist einfach nicht realistisch und passt nicht in die Zeit.

Wir leben nicht in einem islamischen Staat und auch nicht in einer christlich Konservativen Gesellschaft wie zur Adenauerzeit, als Eltern noch wegen Kuppelei angezeigt werden konnten, wenn sie 17 jährige zusammen übernachten gelassen haben. Ich erinnere mich was meine Mutter dazu erzählt hat ... es hat sich auch damals kaum einer dran gehalten.


apt2nowhere  29.01.2025, 19:54

genauso war das - und es hat ziemlich lange gedauert, bis sich dies änderte, also nicht nur Adenauer-Zeit, sondern auch noch später - den Kuppelparagraphen gab es noch lang

Erhöhen finde ich nicht effektiv, wenn man möchte das man nicht so früh anfangen darf. Es gibt immer welche die früher Sex haben möchten und welche sie bis zur Heirat warten. Beides ist ok. Aber es sollte eine wesentlich bessere Aufklärung in den Schulen erfolgen. Keine peinliche oder Schwaz/weiße. Sondern ausgewogen und auf fragen/Erfahrungen der Kinder abgestimmt. Viele holen sich das wissen von den heutzutage überall zugänglichen Pornos. Uns die Eltern wagen nichts zu sagen in dem Thema. Woher soll man wissen das man Nein sagen darf. Wie bereitet man sich auf analsex vor. Warum sollte man Kondome anwenden. Und viele weitere Fragen mit denen neugierige alleine gelassen werden. Deswegen bin ich nicht altersfixiert sondern mehr wie aufgeklärt ist sie Person