Mfa Ausbildung impfen?

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Hallo Sunshine99493,

Darf ich das überhaupt schon als Azubi im ersten Jahr?

als selber MFA mit bereits über zehn Jahren Berufserfahrung ist mir kein Gesetz bekannt, welches den LJ1*-Azubis das Impfen oder andere Injektionen an Patienten ausdrücklich verbietet.

* LJ1 = Lehrjahr 1

Im ersten Lehrjahr während meiner Ausbildung vor 14 Jahren (Ausbildung 2010 bis 2013) hatte ich bei Patienten auch bereits Impfungen durchgeführt, Blutproben entnommen, Blutzucker gemessen etc. Das finde ich auch richtig so. Je eher man ein Händchen für all das entwickelt und mögliche Hemmungen dagegen abbaut, umso förderlicher ist es für die Ausbildung bzw. die Tätigkeit als MFA. Gerade bei der Blutentnahme tat ich mich anfangs sehr schwer, weil die Hemmschwelle, andere Menschen und Tiere zu verletzen, bei mir äußerst hoch hängt.

Je eher die/der Azubi die Blutentnahme, das Verabreichen von Injektionen wie Impfungen etc. korrekt lernt, umso eher und mehr Sicherheit erlangt sie/er dabei, so meine persönliche Erfahrung. Ein Verbot der Durchführung von Injektionen für LJ1-Azubis würde meines Erachtens daher überhaupt keinen Sinn ergeben, sondern wäre viel mehr hinderlich für eine erfolgreiche Ausbildung. Eine damalige Berufsschul-Klassenkameradin von mir fiel bei der praktischen Abschlussprüfung (Baden-Württemberg) nämlich gerade aufgrund des Impfens durch; sie hatte von der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer Impfung nicht die leiseste Ahnung, weil ihr seitens des Ausbilders während der ganzen drei Jahre diesbezüglich anscheinend nichts gezeigt wurde (sie arbeitete wohl auch in so einer Praxis, in der nur der Arzt impfte).

darf ich das in mein berichtsheft schreiben, dass ich schon Patienten geimpft habe? Ich möchte nicht das meine Praxis sonst in ein falsches Licht gerät wenn es verboten ist.

Zu meiner Ausbildungszeit in Baden-Württemberg hieß das Ding "Ausbildungsmappe" und war ein dünner A4-Ordner. Dass ich schon im LJ1 Impfungen verabreichte, hielt ich ebenfalls darin fest. Am Ende der Ausbildung wurde das Berichtsheft, Ausbildungsmappe, whatever eh nur grob durchgeblättert und nicht wirklich gelesen. Im Grunde genommen hat man das Teil damals nur für sich selber geschrieben. Vielleicht ist das heute etwas anders, trotzdem würde ich mir da nicht allzu große Sorgen machen.

Selbst wenn Injektionen im ersten LJ verboten wären, was ich stark bezweifle, könnten auch schon die von Dir geimpften Patienten theoretisch Anzeige gegen Deine Ausbildungsstätte erstatten. Dass Du bereits impfst, ist folglich ohnehin schon bekannt.

Aus diesen beiden Gründen macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob Du die Impfungen in Dein Berichtsheft schreibst oder nicht. Die Patienten, die Du impfst, sollten allerdings Kenntnis über Deinen derzeitigen Qualifikationsstand haben, sonst hat ihre Einwilligung juristisch keinen Bestand. Dass Du Azubine im ersten Jahr bist, sollten sie also wissen.

Was mich offen gestanden viel eher bzw. wirklich wundert, ist, dass Dich Dein Chef nach nicht einmal vier Wochen Ausbildungszeit schon eigenmächtig diagnostische Maßnahmen wie EKG durchführen lässt. Dem kann es mit Deiner Ausbildung wohl gar nicht schnell genug gehen, was ich schon etwas bedenklich finde; ohne jetzt Deine Lernkompetenz infrage stellen zu wollen. Die Tätigkeiten als MFA sollten je nach Prioritätsgrad für die/den Azubi schrittweise bzw. nacheinander vermittelt werden und nicht innerhalb von vier Wochen alles auf einmal. So wirkt das auf mich, als wäre Dein Chef an einer erfolgreichen Ausbildung Deinerseits gar nicht interessiert, sondern sähe in Dir viel eher eine billige Arbeitskraft, die so schnell wie möglich alles können muss.

Die ersten drei Monate meiner Ausbildung wurde ich im Betrieb zunächst ausschließlich ins Büro-, Verwaltungs- und Abrechnungswesen eingelernt. Alles weitere kam dann nach und nach. In besagten drei Monaten waren meine Haupttätigkeiten eigentlich die Anmeldung von Patienten, die Annahme von Telefonanrufen, die Eingabe der jeweiligen Abrechnungsziffern ins Praxis-PC-Programm sowie die Ausstellung von Formularen - Rezepte, Überweisungsscheine, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen etc. Damals, bis zu meinem Austritt aus der Arztpraxis 2019, wurde das alles (ausschließlich) noch auf Papier ausgedruckt; von wegen und Digitalisierung. 😉

Nach meiner Zeit in der Arztpraxis (Ausbildung 2010 bis 2013, anschließend Übernahme bis 2019) wechselte ich - mit einem Zwischenstopp in der Tiermedizin - ins Labor (Mikrobiologie).

Dir viel Erfolg bei Deiner Ausbildung.

Liebe Grüße,

Matsi.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – MFA; Erfahrung in Human-, Tier- & Labormed. (Mikrobiologie).

Sunshine99493 
Beitragsersteller
 23.08.2024, 19:34

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort

Die ausbildungsrechtlichen Vorschriften für medizinische Fachangestellte, sind mir persönlich unbekannt. Strafrechtlich betrachtet, handelt es sich bei Impfungen um eine ärztliche Tätigkeit, welche jedoch per Delegation des Arztes übertragbar ist und um eine Körperverletzung bzw. sogar um eine gefährliche Körperverletzung, welche mit rechtskräftiger Einwilligung des Patienten jedoch nicht strafbar ist (§630d Bürgerliches Gesetzbuch- BGB in Verbindung mit §228 Strafgesetzbuch- StGB). Die allermeisten ärztlichen Maßnahmen, darunter auch Injektionen, einschließlich Impfungen, sind sogenannte delegierbare ärztliche Tätigkeiten. Der Arzt darf diese demnach an andere Personen übertragen. Hierbei, trägt der delegierende Arzt die sogenannte Anordnungsverantwortung, er ist demnach für die Indikationsstellung, die Richtigkeit der Maßnahme an sich und auch für die Auswahl eines geeigneten Delegationsempfängers, also einer geeigneten nichtärztlichen Fachperson, verantwortlich. Wenn die Fachperson über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem medizinischen Fachberuf verfügt und wenn die jeweilige ärztliche Maßnahme hier ein fester Bestandteil von deren Ausbildung nach der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ist, dann darf sich der Arzt hierbei weitestgehend auf die Überprüfung dieser formalen Qualifikation beschränken. Hat sie hingegen keine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung oder war die Maßnahme darin kein Bestandteil, so wie aktuell in deinem Fall, dann muss der Arzt sie persönlich instruieren, währenddessen anleiten und überwachen, bis er sich sicher ist, dass die jeweilige Maßnahme beherrscht wird. Danach, muss er deren Beherrschung stichprobenartig überprüfen, am Anfang in relativ kurzen Zeitabständen, nach längerer Zeit genügt dann seltener. Der Arzt muss sich wegen möglicher Komplikationen in sogenannter "Rufweite" befinden. Diese, ist juristisch nicht genauer definiert und viel vom konkreten Einzelfall abhängig. Es muss sich je nach Einzelfall nicht um eine tatsächlich mündliche Rufweite handeln sondern es kann auch eine fernmündliche, d.h. auch eine telefonische Rufweite des Arztes ausreichend sein. Der Arzt, muss allerdings immer dazu in der Lage sein, innerhalb eines medizinisch vertretbaren Zeitraumes persönlich beim Patienten anwesend zu sein. Welcher Zeitraum als medizinisch vertretbarer Zeitraum anzusehen ist, das ist nuneinmal sehr individuell. Je nach Patient, bedeutet dies dann tatsächliche mündliche Rufweite, d.h. der Arzt muss sich in unmittelbarer Umgebung befinden, bis hin zu der Arzt darf sich 5 bis 10 Minuten entfernt aufhalten und muss telefonisch jederzeit erreichbar sein. Zudem, müssen die Patienten wissen, dass du Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr bist und mit der Impfung durch dich einverstanden sein. Ansonsten, begehst du juristisch betrachtet eine gefährliche Körperverletzung, da die Einwilligung des Patienten nur dann rechtskräftig ist, wenn dieser auch Kenntnis über deine medizinische Qualifikation hat.

Mfg

Von Experte Rollerfreake bestätigt

In Berichtsheft schreiben mußt Du, was Du tatsächlich gemacht hast.

Impfen nach Ausbildungsbeginn bezweifle ich, weiß es aber nicht genau.

Ich möchte nicht das meine Praxis sonst in ein falsches Licht gerät

Es ist nicht Deine Praxis, aber gänzlich falsche Rücksichtnahme.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin kein Jurist und gebe keine Rechtsberatung.

Du kannst den Ausbildungsrahmenplan entweder von deinem Ausbilder verlangen oder du googelt ihn und guckst, was du wann machen darfst/sollst.