Hauptsache gesund und glücklich?

11 Antworten

"Hauptsache gesund und glücklich" bzw. die angepasste Version "Hauptsache so gesund wie möglich" :

  • ist für viele werdende Eltern und Eltern an sich die idealere Lösung bei der typischen Frage "Na, was wirds denn? Was wünscht du dir eher, einen Jungen oder ein Mädchen".
  • ist die abwiegelnde Antwort auf aktiv formulierte oder angedeutete "Defizite" durch andere Personen. "Das Kind hat ja die Haarfarbe X/die Hautfarbe Y/ kann ja noch garnicht Z...."
  • ein Gesprächsblocker, falls man als Frühcheneltern mit dem Thema quasi bombardiert wird. Manchmal steckt hinter all dem "darüber sprechen wollen, viele speziellere Fragen stellen wollen" reine Besorgnis und tatsächliche Anteilnahme.... manchmal auch einfach nur Neugier und die Freude an Informationen. Da wirkt ein "Ach, hauptsache das Kleine ist so gesund wie möglich" wie ein Rammbock. Denn "das" mag keiner in Frage stellen.

Ich sehe das auch kritisch, weil es impliziert, dass ein krankes Kind nicht gleich liebenswert ist wie ein gesundes.

Klar ist Gesundheit definitiv wertvoll, aber ein krankes Kind kann und muss man genauso lieben.


Hacker48  02.01.2023, 21:15

Dir wäre es also egal, ob dein Kind gesund oder als schwer mehrfachbehinderter Autist mit ADHS auf die Welt kommt? Das kannst du dem Weihnachtsmann erzählen.

Es gibt nicht um "liebenswert", aber natürlich präferiert man ein gesundes Kind.

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Grauling0605  03.01.2023, 06:48
@Hacker48
Klar ist Gesundheit definitiv wertvoll

Natürlich wünsche ich mir gesunde Kinder. Für mich UND die Kinder. Aber das ist nicht die Hauptsache, sondern die Hauptsache ist eine Liebende Familie und ein glückliches Kind.

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Ich kenne das eher als "Hauptsache gesund!" nach der Frage an Schwangere, ob Junge oder Mädchen.

Ansonsten denke ich, dass alle (normalen/geistig gesunde) Eltern sich wünschen, dass ihre Kindre gesund sind & bleiben und glücklich werden. Allerdings sind das einfach nur Wünsche, die eben auch Hoffnung ausdrücken und keine Zielanforderungen an die Kinder.

Die Erwartungshaltung und auch die Konformitätsansprüche von Eltern an ihre Kinder sind bestimmt sehr vielfältig und decken das gesamte Spektrum menschlichen Verhaltens und gesellschaftlicher Regeln & Erwartungen ab. In jungen Jahren, der frühen Kindheit bis zur frühen Adoleszenz müssen Eltern um ihren Erziehungsauftrag erfüllen zu können natürlich auch Werte, Regeln und damit verbundene Erwartungen vermitteln (das kann ganz bewußt und deutlich oder eben auch subtil oder sogar unbewußt geschehen). Generell finde ich das gut solange dem Kind eben auch vermittelt wird, dass eigenes Denken möglich und gewünscht ist (und das man bei abweichender Meinung nicht weniger geliebt wird).

Ich denke, dass hauptsächlich in dieser frühen Erziehungsphase ein gewisser bewußter oder auch unbewußter Konformitätsdruck beim Kind entsteht, der, bei stark vom Elterlichen abweichenden Wünsche, Meinungen, Rollen etc., auch einen gewissen Leidensdruck erzeugen kann. Andererseits sind wir (Menschen als Art) dafür gemacht uns von der Elterngeneration abzulösen und können daran und darüber hinaus wachsen.

In meiner Erfahrung gibt es nur wenige Eltern, die bei ihren Kindern diesen Leidensdruck durch Konformitätszwang erkennen und dagegen angehen.

Aber selbst Eltern, die aufgrund eigener Indoktrinierung, mangelnder Bildung oder auch fehlender Intelligenz ihr Kind zum Glück (nach elterliche Vorgabe) zwingen wollen, möchten ihre Kind gesund und glücklich sehen. Leider sehen sie konformes Verhalten/Erwartungshaltungen als einzige Grundlage dieses Glück zu erreichen. Den betroffenen Kinder hilft dann oft nur die leidvollere Abnabelung und Hanlon's Razor (auch um den Eltern vergeben zu können).

Persönlich habe ich mich eher vor Aussagen wie "Hauptsache gesund!" gedrückt, weil das Leben viel zu komplex ist um es auf so simplistische Wünsche zu reduzieren...

Ich glaub das ist sowas, dass ist gut gemeint, aber schlecht umgesetzt.

Für viele ist Gesundheit und Glücklich sein das höchste Gut. Erstmal ist daran nichts verwerflich. Ich denke nur: es kommt auf die Unsetzung an.

Richtig finde ich: Das sollte nicht zum Druck werden. Glücklich sein schön und gut. Aber man MUSS nicht 24/7 so drauf sein.

Umformulierung vielleicht: Glücklich sein und Gesundheit gerne - aber das wichtigste pass auf dich auf und gib auf dich acht! ^^


Hacker48  02.01.2023, 21:19

Und dann traut man sich wiederrum nicht, sich den Eltern anzuvertrauen, wenn man sich mal fahrlässig in Gefahr begeben und eben nicht auf sich aufgepasst und auf sich acht gegeben hat. 😉 Merkste was?

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Leyyyyyyyy  02.01.2023, 22:53
@Hacker48

Aber es ist doch nicht "Mensch geb auf dich acht und wenn du es nicht tust ist das total blöd!" Sondern lieb gemeint. Also persönlich finde ich "Geb auf dich acht" besser als "Haupsache gesund und glücklich". Ich habe Schwierigkeiten da ein Problem zu sehen. Man sagt ja auch "hey komm, mach kein Scheiß" oder "sei respektvoll" und wenn man es dann macht/ nicht macht, kann man doch trotzdem mit seinen Eltern reden. Dann kan man iwie nichts mehr sagen weil dann jeder "Verstoß" zu Druck führen kann. Also am besten garnichts sagen?

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Hacker48  02.01.2023, 23:08
@Leyyyyyyyy

Und "Hauptsache gesund und glücklich" ist nicht lieb gemeint? Wenn du das sagst.

Also am besten garnichts sagen?

Nein, meine Haltung ist, dass an der ursprünglichen Formulierung nichts falsch ist. 😁

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Solche Sätze sind verwandt mit Aussprüchen wie "es zählt in erster Linie der Charakter" ----> das sagen die Leute, weil die Allgemeinheit so was hören will, weil es "nett klingt" und weil man sich nicht brüskieren will. Ich habe mal vor Jahren eine Leserbrief-Diskussion mitbekommen, wo es um Eugenik ging und wo ein Mann schrieb, es sei vielleicht besser, Kinder, die mit schweren Behinderungen zur Welt kommen würden, abzutreiben, damit man ihnen ein unschönes Leben und das Leid und Schmerzen erspart und den Eltern ebenso Leid erspart. Der wurde regelrecht gesteinigt, obwohl er sachlich argumentierte und selbst eine schwer behinderte Tochter hatte, die er am Ende überlebt hat - er hatte auch argumentiert, dass das behinderte Kind selbst auf dem Sterbebett der Eltern noch traurige Gedanken erzeugt nach dem Motto ... was wird aus meinem Sorgenkind?!

Oft steckt auch die Angst dahinter, vom Umfeld abgelehnt zu weredn und sozial mehr und mehr ins Abseits zu geraten, wenn das eigene Kind krank ist - da ist was Wahres dran; die TV-Serie "Unser Walter" hatte das Thema angerissen. Ich selber stamme aus der Vorstadt und bin mit einer Frau in meinem Alter (bin 32) befreundet, die keine Beine hat, im Rollstuhl sitzt und keine Prothesen nutzen kann. Eine sehr liebe, absolut coole, total hübsche und sympathische Frau, die im Büro arbeitet, allein lebt, Auto fährt, weggeht und sehr offen und selbstbewusst mit ihrer Behinderung umgeht; wir wären fast mal zusammen gekommen, wollten aber die tiefe Freundschaft nicht gefährden, für den Fall dass es doch nicht geklappt hätte - ich kenne sie seit der Kindheit nur so und weiß, dass ihre Eltern sich viel anhören mussten wegen dem Mädchen und teilweise absolut am Rande zum Nervenzusammenbruch waren; man solle "so ein Kind wegsperren" und so weiter... so was ist halt in der Vorstadt bzw. auf dem Dorf ganz schlimm und sicher haben viele Eltern davor Angst - leider nicht zu Unrecht, weil ich weiß, wie schlimm dieses Milieu sein kann, wenn irgendwas oder irgendjemand anders ist als die Masse.

Bei allem Respekt und aller Ehrfurcht vor Eltern, die so etwas durchmachen und das ein Leben lang - ich würde vielleicht auch die Meinung haben, ein wissentlich schwer behindertes und krankes Kind gar nicht erst auf die Welt zu bringen. Ich stehe auch dazu, das hat nix mit Gefühlskälte zu tun sondern damit, dass man auch dem Kind einiges erspart und sich selbst ebenfalls - es ist doch auch für die Eltern nicht schön und ich spreche hier nicht mal von etwaiger Ächtung in der Gesellschaft, sondern davon, sein eigenes Kind, das man doch lieb hat, leiden zu sehen und ggf. zu wissen, dass man es überlebt.

https://www.youtube.com/watch?v=8Sm47odmTRo

Ich denke mal, dass JEDER sich ein gesundes Kind wünscht und dass VIELE die Gedanken dieses von mir erwähntes Mannes teilen, sich aber - wie so oft - nicht trauen sie auszusprechen aus Angst davor, deswegen angefeindet zu werden. Man muss sich ja oft genug für seine Meinung rechtfertigen, wenn sie nicht der Masse entspricht oder nicht "lieb und nett" ist ... selbst für etwas direktere Worte egal in welchem Kontext muss man sich gelegentlich noch züchtigen lassen.

Ein Bekannter von mir musste sich mal dafür rechtfertigten, gesagt zu haben, er würde sich eher einen Sohn wünschen als eine zickige Tochter, wo er dann in der Pubertät aufpassen und jedes Wochenende ANgst davor haben muss, dass sie nicht nach Partys schwängen lässt. Zugegeben, das war sehr barsch formuliert - aber eigntlich hat so was den Leuten egal zu sein, welches Geschlecht des Kindes sich ein anderer wünscht und warum und weshalb das andere nicht - und da ist die heutige Gesellschaft manchmal einfach auch ein wenig befremdlich drauf. Dass ich aufgrund meiner familiären Vorgeschichte (die Kindheit war nicht ganz einfach) selbst keine Kinder möchte, wurde mir oft auch schon angekreidet - aber ich sehe mich nicht als guten Vater an, obwohl ich Kinder sehr mag und früher gesagt bekam, ich solle Erzieher, Lehrer oder Kinderpsychologe werden.

Klar, dass die Leute sich so was merken und keinen Ärger wollen, also kommen solche Phrasen; Hauptsache gesund und munter, egal ob man das auch so meint oder nicht. Ich stehe da drüber, dass ich keine Kinder möchte und mich nicht als guten Vater ansehe, aber viele andere haben das Selbstbewusstsein dazu nicht - entsprechend wollen sie dann nicht anecken.

Wie realistisch ist das angesichts vieler möglicher psychischer und chronischer körperlicher Erkrankungen?

Man steckt am Ende nie drin, nicht alles weiß man vorher - manches kommt auch erst im Laufe der Zeit zum Vorschein und es hängt davon ab, wie bedrohlich oder einschneidend die Erkrankung ist.

Erzeugt dieser (unrealistische) Wunsch der Eltern nicht einen Druck, der auf dem Kind lastet? Führt dieser Wunsch der Eltern vielleicht eher dazu, dass Kinder ihren Eltern etwas vorspielen und ihre gesundheitlichen Probleme psychischer und körperlicher Art vor ihnen verheimlichen?

Es mag Kinder geben, die krank sind und von den Eltern vorgehalten bekommen, krank zu sein und für alles Leid der Familie verantwortlich zu sein bzw. nicht so zu sein, wie man sie sich gewünscht hätte durch die Erkrankung - sicher sagen die Eltern das aus eigener Verzweiflung heraus, aber auch das ist kein Argument für solche Erniedrigungen. Ich hatte aber tatsächlich einen Mitschüler, der ca. ab Mitte neunter Klasse depressiv war, was auch jeder irgendwie geahnt hat, wenn er ihn so im Alltag näher kannte und erlebt hat ...... unsere sehr nette Bio-Lehrerin hat damals ein bisschen auf den aufgepasst, nachdem sie ihn mal in einer prekären Lage fand und eine andere Lehrerin war ebenso immer für ihn da, aber vor den Eltern hat er echt über ein Jahr lang den Strahlemann markiert weil er wusste, gerade der Vater käme nicht mit einem "schwachen" da erkrankten Sohn zurecht - als er dann wirklich kurz nach der Mittleren Reife eine Ausbildung begann und nach einem guten halben Jahr zusammenbrach vor lauter Leid und Krankheit, war es dann tatsächlich so mit dem Vater, der ihn noch beschimpfte und bestrafte, vor anderen lächerlich machte und erniedrigte, weil er nicht damit klarkam, dass einer seiner Söhne zum Jugendpsychologen ging und Depressionen attestiert bekam, anstatt "beim Patron zu ackern wie ein normaler Mann". Ich erinnere mich gut, das war eine ganz hässliche Sache schon als Zuschauer. Wobei man sagen muss, die Eltern waren komische Leute, die waren einfach unfreundlich und muffig - nicht böse oder frech, aber unfreundlich.

XXX

Noch eine Begebenheit aus meinen Leben: als ein früherer Arbeitskollege zu Zeiten seines "Vaterwerdens" regelmäßig sehr private und für Beobachter, die das im Grunde nix angeht, sehr unangenehm anzusehende Fotos bei Facebook und womöglich noch andernorts - ich hatte den nur bei Facebook, da nehme ich aber auch nicht mehr teil - postete, auf denen er u.a. den Bauch der schwangeren Partnerin küsste oder Ähnliches. Ich mochte den Mann wirklich, aber mit solchen Gesten hat er den Vogel abgeschossen und es gab in der Firma hinter vorgehaltener Hand viele Kollegen, denen dieser laxe Umgang missfiel, zumal er alles für jeden veröffentlichte.

Als das Kind dann erst mal auf der Welt war, gab es fast im Stundentakt Fotos des Kindes und seiner Entwicklung und ähnlichen Themen - Kind hier, Kind dort usw.; das war so extrem, dass für das Kind schon ein Facebookaccount erstellt wurde. Wahrscheinlich geht das da heute grad so weiter.

Irgendwie fragte ich mich da spontan, wie der Ex-Kollege und seine Frau denn mit einem eventuell chronisch bzw. ernsthaft kranken oder gar behinderten Kind umgegangen wären, das nicht vom Zeitpunkt seiner Existenz an komplett in Sport-, Mode-, Styler- und Facebookkreise mitgeschleift werden kann. Eine Frage ohne Antwort - oder, eine Frage mit einer tendenziell sehr hässlichen und traurigen Antwort. Mich hat das einige Zeit beschäftigt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung