Habt ihr schon mal die Schule geschwänzt?

Braucheeinrat  18.02.2024, 22:51

Kommt drauf an bist du Türke

Stolze777 
Beitragsersteller
 18.02.2024, 22:52

Neiiiin

13 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Sehr oft. Niemand hats je erfahren und hatte nie Probleme dadurch.

Schon oft, ich hätte damals fast den Abschluss nicht bekommen.

Wird mal wieder Zeit für einen Roman!

Also:

Meine Mutter und ich pflegten stets zu sagen: "Meine Schulabstinenz wurde von unregelmäßigen, widerwilligen Schulbesuchen unterbrochen". Das alles ist nun über 10 Jahre her.

Ich schwänzte von der 1. bishin zur 8. Klasse fast jede Woche mindestens einmal - Meistens häufiger. Teilweise unentschuldigt, teilweise entschuldigt. Mit den Entschuldigungen war das jedoch so: Zuerst galten die hingekritzelten Entschuldigungen meiner Mutter, allerdings wurden diese natürlich sehr schnell aufgebraucht. Dann entschuldigte mich unsere Hausärztin - welche mein halbes Schulleben direkt neben uns wohnte -, so, dass die Schule(n) ihre Entschuldigung irgendwann auch nicht akzeptierte und ich zu irgendeinem anderen, extra dingsbums Arzt musste. Sorry, ich weiß nicht, was für einer, aber es war ein "besonderer" Arzt.

Selbstverständlich war ich dort nie. Die Schule(n) hatte(n) wohl einen Sockenschuss. Wir wohnten schon immer mehr oder weniger am A der Welt und dieser Arzt wäre über eine Stunde Busfahrt entfernt gewesen. "Denkt ihr doch selber net", dachte sich meine Mutter. Und von da an fehlte ich unentschuldigt.

Sehr, sehr, sehr, sehr oft.

Das mag sich nun vielleicht kontraproduktiv und unlogisch und auch unverantwortlich anhören, doch ich wünschte mir, ich wäre niemals dort hingegangen. Ich wünschte mir, ich hätte wirklich an jedem einzelnen Tag geschwänzt, denn jeder einzelne Tag, an dem ich mal da war - meistens erst, nachdem meine Mutter es ausnahmsweise mal schaffte, mich nach elendig langem Herumdiskutieren, Herumgekreische, Herumgekeife und nicht selten auch gegenseitigen Handgreiflichkeiten uvm. in die Schule zu zerren -, war schrecklich.

Bereits an meinem allerersten Tag in der Grundschule wusste ich, dass das alles nichts für mich ist. (Ich war insgesamt an drei unterschiedlichen Schulen, bis alle endlich die Hoffnung aufgaben.)

Wenn ja, habt ihr dadurch auch Probleme mit der Schule bekommen oder war das denen egal?

Oh ja, die saßen uns schon früh im Nacken. Und mit "uns" meine ich mir und meiner Mutter. Das Jugendamt war unser ewiger Begleiter, wie eine nervtötende Klette saugten sie sich an uns und glänzten mit ihrer brachialen Inkompetenz sowie Unflexibilität. Meine Noten (in Klassenarbeiten, Zeugnissen, mündliche Noten) waren die reinste Katastrophe. Aber es war mir egal. Es interessierte mich nicht. 99% der Themen, die wir im Unterricht durchnahmen, interessierten mich nicht und ich kann mich mit nichts beschäftigen, was mich nicht interessiert. Wenn mir die Lehrerin also gesagt hätte, dass ich z.B. in Mathe eine 5 habe, wäre es mir egal gewesen. Selbstverständlich hätte ich geweint, aber das nur, weil sie laut geworden wäre und nicht, weil mir die Note wichtig ist.

Denn wenn ich keine innere, unbändige Faszination für Mathematik habe: Weshalb sollte ich dann gut oder auch nur befriedigend darin sein?

Es gibt so vieles, was mich interessiert - Ich werde nicht meine kostbare Energie mit Themen verplempern, die mich nicht interessieren. Ich habe keinen Drang, Dinge zu lernen, die mich nicht interessieren. Meine Güte - Das deutsche Schulsystem muss lernen, dass nicht jeder gleich lernt.

Ich denke, ich war schon immer eine Person, die sehr schwer von ihren Vorstellungen von etwas abzubringen war. Wenn ich etwas nicht wollte, wollte ich es nicht. Meine Motivation musste bereits von Anfang an von mir kommen. Ich bin wirklich schwer zu motivieren. Mir gut zureden, mich anschreien, mir drohen, mich belohnen, mich bestrafen, mich bloßstellen - Nichts funktionierte.

Es ist sehr schwer für mich, das so zu beschreiben, dass es jeder versteht.

Hätte ich damals gute, gar exzellente Noten gehabt, wäre nun auch nichts anders. Was bringen mir exzellente Noten, wenn ich für immer jegliche Motivation, jegliche Kreativität, jegliches Selbstvertrauen und all meine kindliche Naivität in den Gulli geschleudert habe?

Ich bin der festen Überzeugung, dass ich noch viel mehr psychische Folgen erleiden hätte müssen, als sowieso schon, hätte man es geschafft, mich häufiger oder gar regelmäßig in die Schule zu schicken. Die meisten Erwachsenen denken, Kinder und Jugendliche sind dumm und wissen nicht, was gut für sie ist. Ich will nicht sagen, dass meine Entscheidungen in dieser Zeit immer gut waren - sehr viele waren es nicht -, aber meine Güte, doch, in diesem Fall wusste ich mehr als nur zu gut, dass das nichts für mich war, dass es mir nicht helfen würde.

Ich weiß, dass Feuer heiß ist. Also was mache ich? Ich fasse das Feuer nicht mehr an! Ich versuche nicht, mich auf Biegen und Brechen so umzubauen und mich darauf zu trainieren, die Hitze/Schmerzen zu ignorieren.

Wäre ich auf ganz normale Schulen gegangen, so hätten sie bestimmt versucht, mich "herunterzustufen", z.B. vom Gymnasium in die Realschule. Ich sah jedoch nie eine Realschule oder ein Gymnasium von innen. Zuerst war ich in einer Sprachheilschule, dann an einer Hauptschule und dann in einer Schule für körperlich Behinderte.* Von da aus konnte man mich nicht mehr runterstufen.

*Ich habe keine körperliche Behinderung. Was ich dort also zu suchen hatte? ... Ja, das wüsste ich auch gerne. Ich habe eine neurologische Behinderung - keine Körperliche. Wahrscheinlich befiehl das Jugendamt, mich dahin zu schicken, damit sie schlussendlich sagen konnten "Schauen Sie mal, doch, haben wir gemacht, mhm, wir haben ihre behinderte Tochter an eine Schule für Behinderte geschickt, ja, wir wollen, dass es ihr gut geht und wir achten auf ihre Bedürfnisse".

Meme: Versuchten 8 Jahre lang, mich in ein System zu pressen, in das ich nicht gehörte, nicht wollte und nicht reinpassen konnte, drohten meiner Mutter mehrmals mit dem Sorgerechtsentzug, Internat/Heimunterbringung, Bußgeld uvm., realisierten nicht, dass nicht jede behinderte Person die gleichen Bedürfnisse hat (Nein, Frau Müller, ich brauche keine Rampen für meinen Autismus), hätten es okay gefunden, wenn meine Mutter mich wortwörtlich zur Schule geprügelt hätte (und einige Male war es echt fast soweit), solange ich körperlich anwesend war (geistig anwesend war eine ganz andere Geschichte) usw. usf.

Man, Humor hatten sie!

Mögen den armen Seelen, welche sich darauf verlassen müssen, dass das Jugendamt Verständnis und Akzeptanz mit Behinderungen/Neurodivergenz hat, mehr Gnade erfahren, als wir damals.

Ich kann auch nur herzhaft über Aussagen ala "In der Förderschule sind die ausgebildet für Mobbing und Behinderungen etc. Die kennen sich damit aus, da passiert nichts Schlimmes" lachen. Denken solche Leute auch, in Heimen für Behinderte werden diese nicht systematisch missbraucht, misshandelt, beleidigt, bloßgestellt, schikaniert, gemobbt, erniedrigt, genötigt und gar - indirekt/direkt, unwillentlich/willentlich - getötet, aufgrund von einigen Leuten, die dort arbeiten und ihre Macht gerne missbrauchen? Denken sie das? Denn ich wünschte mir, ich könnte auch so hirntot und blind gegenüber solcher Missständen sein.

Im Nachhinein bin ich mehr als nur froh, dass ich solch einem Schicksal entfliehen konnte. Nicht zuletzt, da meine Mutter das keinesfalls zulassen würde.

Ungelogen: Ich will die 8 Jahre wieder. Das war alles verschwendete Lebenszeit. Ich sage immer scherzhaft, dass ich den ganzen Tag "nichts" mache, aber wenigstens traumatisiere ich mich nicht - Das ist schon mal etwas!

Wenn ich diese gesamte Tortur aus unseren Gehirnen löschen könnte, hätte ich nichts verloren. Keine Freunde, keinen schönen Erinnerungen, kein Wissen. Nichts. Es hätte nur Positives für mich.

Dieses Thema macht mich wirklich rasend vor Wut.

Hach, ich wünschte, es wäre ihnen allen egal gewesen. Es wurde ihnen erst nach 8 verdammten Jahren egal. Acht Jahre! Und das auch nur, weil meine Mutter endgültig den Schlussstrich zog.

Und warum habt ihr manchmal die Schule geschwänzt? 

Aus verschiedenen Gründen, aber der Hauptgrund war: Ich gehörte dort nicht hin. Ich fühlte mich dort nicht wohl. In keiner Schule. Dieser Ort war nicht für mich. Die allermeisten Orte sind nichts für mich. Zu laut, zu grell, zu schnell, zu überfüllt, zu verwirrend, zu unlogisch, zu überfordernd. (Im Prinzip so wie ... Einkaufsläden. Hm.)

Plus: Meine Sozialphobie, aber die kam ja durch die Schule.

Und dass mir die Schule eh egal war, ich sie nicht interessant fand, ich keinen Sinn in ihr fand.

Ich könnte noch ewig lange weiter darüber schwadronieren, aber oh je, mein Kopf brummt!

Ich hatte Mal die Schule geschwänzt, als ich wirklich keine Lust hatte. Allerdings habe ich mich einfach krankschreiben lassen 🙂