Die Relativitätstheorie bezüglich Zwillingsparadoxon?
Man kann sich nun vorstellen, dass von einem Zwillingspaar der eine im Raumschiff durchs Weltall fliegt während der andere auf der Erde bleibt. Beide sind 20 Jahre, als der eine Zwilling die Erde verlässt. Als er nach 20 Jahren seiner Zeitrechnung zurückkommt, ist er 40 Jahre, sein Bruder jedoch bereits 90 Jahre nach der Zeitrechnung auf der Erde. Man nennt dieses Phänomen das "Zwillingsparadoxon".
Meine Frage: Hat nun der 40jährige auch die körperlichen Altersprobleme wie sein 90jähriger Bruder?
5 Antworten
Hallo Valsorda,
die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) sagt aus, dass alle Uhren um so langsamer gehen, je schneller sie sich – relativ zu einer als stationär betrachteten Bezugsuhr – durch den Raum bewegen, seien sie mechanisch, elektronisch oder auch biologisch.
Natürlich kann eine biologische Uhr gegenüber anderen Uhren unterschiedlich schnell gehen, durch Lebensführung, Exposition zu Strahlung oder auch die Gravitationsverhältnisse. Wenn wir davon ausgehen, dass sich der Reisende gegen schädliche Einflüsse abschirmen kann und das auch tut, ist er bei seiner Rückkehr einfach nur 40 Jahre alt, auch biologisch.
Warum "Zwillingspardoxon"?Als er nach 20 Jahren seiner Zeitrechnung zurückkommt, ist er 40 Jahre, sein Bruder jedoch bereits 90 Jahre nach der Zeitrechnung auf der Erde.
Dafür müsste der Reisende mit knapp v=0,96c unterwegs gewesen sein.
Man nennt dieses Phänomen das "Zwillingsparadoxon".
Das ist nicht paradox. Der – scheinbare – Widerspruch ergibt sich erst daraus, die SRT letztlich auf GALILEIs Relativitätsprinzip (RP) beruht:
Statt eine Uhr U als stationär zu betrachten, können wir genausogut eine relativ zu U mit konstanter 1D-Geschwindigkeit (in positive x-Richtung eines von U aus definierten Koordinatensystems) v bewegte Uhr U' als stationär und dafür U als mit −v (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt ansehen.
Die Idee des Zwillingsparadoxons ist nun die, dass man den Reisenden (bzw. seine Uhr Ώ) als ruhend und den Bleibenden (bzw. seine Uhr U) als bewegt ansehen könne; somit müsste dann doch der Bleibende derjenige sein, der langsamer altert. Somit, so das Argument, liefere die SRT widersprüchliche Aussagen und müsse daher falsch sein.
Das Paradoxon beruht allerdings auf einem Denkfehler: U hat eine im Wesentlichen konstante Geschwindigkeit, Ώ muss ihre Geschwindigkeit ändern. Wir haben im Wesentlichen drei Möglichkeiten, jemanden als stationär zu betrachten:
- U ruht, und Ώ beschleunigt zuerst auf +v, reist, kommt irgendwann an einem Zielort an, bremst ab und bleibt dort für gewisse Zeit, beschleunigt dann wieder auf −v und kehrt zurück.
- U bewegt sich die ganze Zeit mit −v; Ώ bremst auf 0 ab und lässt den Zielort auf sich zukommen, beschleunigt dann wieder auf −v für einen Aufenthalt und dann weiter auf −2v/(1 + (v⁄c)²), um U einzuholen.
- U bewegt sich die ganze Zeit mit v; Ώ beschleunigt zunächst weiter auf 2v/(1 + (v⁄c)²), um den Zielort einzuholen. Dann bremst Ώ auf v ab für einen Aufenthalt und bremst dann weiter auf 0 ab, um auf U zu warten.
In jedem Fall bewegt sich Ώ die meiste Zeit über schneller als U und geht langsamer.
Meine Frage: Hat nun der 40jährige auch die körperlichen Altersprobleme wie sein 90jähriger Bruder?
Nein, natürlich nicht. Für ihn sind eben nur 20 Jahre vergangen und nicht 70 wie für seinen Bruder. Genau das ist die Bedeutung der Aussage, dass die Zeit relativ ist.
Sie kann für unterschiedliche Beobachter unterschiedlich schnell vergehen, so dass zwischen zwei Treffen für einen zum Beispiel 20 Jahre vergehen und für einen anderen 70.
nein, es sei denn er hat sich auf der Reise künstlich gealtert, zB durch Saufen, zuviel Zucker etc.
Nein. Sie sind zwar genetisch engst verwandt, aber das Raum-Zeit-Kontinuum ändert den Alterungsprozess.
Das einzig relevante ist, dass sich der 40-jährige erst wieder mühsam auf die Schwerkraft der Erde einstellen muss. Durch Muskelschwund im Weltraum könnte ihn dann bald die Gebrechlichkeit seines 90-jährigen Bruders einholen.
Hallo,
er wird diese Probleme in deinem Beispiel erst 50 Jahre später haben.
Aber er hat in der Zwischenzeit auch viel weniger erlebt als sein Zwillingsbruder.
Oder Strahlung, die er bei der Reise abbekommen hat.