Descartes Methodischer Zweifel 1. Meditation
Hallo, ich habe folgende Frage:
Thema: Methodischer Zweifel Descartes'; tabula rasa, Zweifel an der Erkenntnis unserer Sinne. Das ganze in Verbindung mit der Frage, wie wir uns sicher sein können, dass wir selbst überhaupt existieren, oder dass vollkommen geläufige Dinge, wie ein Sonnenuntergang, vielleicht an einem Abend nicht geschehen. (Beispiel)
Diskussionspartner: Chemiker, rationale Erklärungen: es gibt ja die Naturgesetze
Meine Frage: Wie kann ich argumentieren, warum oder wie Descartes auf seine Sichtweise der 1. Meditation kam, wenn ich als Gegenargument nur zu hören bekomme: "Die Philosophie ist doch eh scheiße und Naturgesetze werden immer in Kraft bleiben, komme was wolle!"
7 Antworten
Es ist eigentlich recht simpel.
- Descartes kommt auf diese Idee, weil er die ganze Welt in Frage stellt, soll heißen, er hat Fehler in allem wahrgenommen, was wir wahrnehmen. Damit meint er, dass unsere Sinne uns zu täuschen vermögen. Und weil deshalb ein Zweifel daran besteht ist zu sagen,d ass wir die suvjektive Wahrnehmung nicht gelten lassen können, weil diese mit den Sinnen zusammen hängt.
- Ein Chemiker wird nun antworten, es bestehe zwar ein Zweifel an den Sinnen, aber nicht an Messmethoden und intersubjektiver Wahrnehmung.
- Du wirst sagen, er müsse aber davon ausgehen, dass wenn er selbst Zweifel hat an seinen Sinnen, so können alle einen Zweifel haben und müssten nicht einmal notwendig existieren. Und Messmethoden würden über subjektive Wahrnehmung laufen.
- Ein Chemiekr wird diese Schlussfolgerung verstehen. Allerdings die Notwendigkeit in Frage stellen. Damit hätte er recht. Denn die Chemie bezieht sich lediglich auf gewissen Paradigmen, die absolute Grundsätze dartellen. Sie haben die Postulate: "Stoffe existieren, ich existiere,w eil ich aus Stoffen bin." Hätten sie diese nicht, so würde die Chemie keinen Sinn mehr für den menschen haben.
Nun dazu,w arum ein Chemiker so grob agieren würde: Er fühlt sich in Frage gestellt,w eil Descartes auch einen zweifel an allen Wissenschaften aufwirft. Diese haben sichd ann ja auch in manchen Bereichen, wie der Relativitätstheorie bestätigt.
- Descartes will aber beweisen, woran wir GAR NICHT zweifeln können, weil nur diese Dinge absolut sind und keiner Metaphysik oder Paradigmen bedürfen. Damit wird Descartes zum "Feind" jeglicher Empirischer Wissenschaften, weil diese ja lediglich auf der Erfahrung, etwas subjektivem, beruhen.
Die Diskussion scheint schwierig zu sein, weil der Gesprächspartner ein großes Ausmaß an Ignoranz zeigt.
Ein Hinweis ist möglich, mit der Gegenargumentation gerade nicht dem Anspruch rationaler Wissenschaft zu entsprechen. Unkritisch etwas als von vornherein selbstverständlich zu setzen, ist keine aufgeklärte Forschung.
Von ungeprüften Voraussetzungen auszugehen, ist keine feste Grundlage für sicheres Wissen. Daher sind auch die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis zu untersuchen. Dies ist eine philosophische Frage (Erkenntnistheorie). Naturwissenschaften (wie z. B. Chemie) haben zur Klärung ihrer eigenen Grundlagen die Aufgabe einer Wissenschaftstheorie.
René Descartes will nicht von ungeprüften Voraussetzungen ausgehen und will untersuchen, worüber es sicheres Wissen gibt. Daher haben sich alle Annahmen einem Zweifel zu stellen. Sein methodischer Zweifel hat mehrere Stufen:
1) Grundlage: Beruhen Meinungen auf einer zuverlässigen Grundlage oder stützen sie sie sich auf unzuverlässige Informationen der Sinneswahrnehmung?
2) Zustand: Befinden sich Menschen bei ihren Meinungen in einem Zustand des Wachseins oder des Träumens?
3) Autonomie: Sind die Meinungen die eines unabhängigen Subjekts oder eines Spielballs eines bösen Geistes?
Was für richtig gehalten wird, ist durch die Sinneswahrnehmung oder über sie vermittelt empfangen worden. Die Sinneswahrnehmung kann aber täuschen, daher ist es nicht klug, ihr ganz zu vertrauen.
Die Existenz von etwas kann nur eingebildet sein und es fehlt ein zuverlässiges Mittel, Wach- und Traumzustand auseinanderzuhalten, solange nichts mit Gewißheit feststeht. Ein übermächtiges und verschlagenes Wesen könnte Menschen täuschen, auch durch Einwirkung auf den Verstand.
Descartes verneint letztlich mit seinem methodischen Zweifel gar nicht jede Erkenntnismöglichkeit. Nur lehnt er es ab, von einer Erkenntnisleistung der Sinne, der Existenz von etwas und der Wiederholung von Ablaufen unreflektiert, als gegebenen Selbstverständlichkeiten auszugehen.
Naturgesetze sind auch erst einmal nachzuweisen. Erfahrung (Experiment und Beobachtung) ist dafür eine Grundlage, aber auch das Denken des Verstandes/der Vernunft wird benötigt.
Eine Einstellung, bei der eine kritisch-erkenntnistheoretische Reflexion unterbleibt und die Inhalte der Wahrnehmung und das Ansichsein des Wahrgenommenen identifiziert bzw. genauer ausgedrückt in unbefragter Selbstverständlichkeit als Einheit verbunden werden, ist naiver Realismus. Naiver Realismus nimmt die Existenz einer vom Geist/Verstand/Bewußtsein unabhängigen Außenwelt an und meint, die Dinge seien genau so, wie sie wahrgenommen werden. Die Erkennbarkeit der Dinge, wie sie wirklich sind, wird uneingeschränkt vorausgesetzt. Der naive Realismus sagt: „Es gibt eine reale Welt; sie ist so beschaffen, wie wir sie wahrnehmen.”
Diese Erkenntnistheorie scheitert an dem Auftreten von Sinnestäuschungen und der nicht abstreitbaren Rolle des Denkens beim Erkennen.
1) Die Sinneswahrnehmung ist keine völlig zuverlässige Gewähr für die Realität, wie die Erfahrung zeigt. Etwas ist nicht unbedingt so, wie es zu sein scheint. Bei dem, was Sinneswahrnehmung liefert, können Widersprüche auftauchen (ein in Wasser gehaltener Stab kann z. B. aufgrund von Lichtbrechung an Grenzflächen geknickt erscheinen, herausgezogen oder betastet ist er es nicht).
2) Wahrnehmung ist kein rein passives Geschehen, bei dem die Gegenstände unmittelbar ein getreues Abbild schaffen. Beim Wahrnehmen gibt es ein aktives Erfassen durch das Subjekt. Dieses hat auch eine Denkweise, mit der es deutet, trägt Formen der Anschauung in sich, die der Erfahrung vorausgehen.
3) Die Sinneswahrnehmung vergegenwärtigt nicht einfach immer genau eine Sacheinheit und diese ganz, sondern es ist in bestimmten Fällen eine Erschließung durch begriffliches Denken nötig.
Wie die Geschichte der Naturwissenschaften zeigt, kann es zu Veränderungen des Weltbildes kommen. Vermeintlich richtige Annahmen können zurückgezogen oder in ihrer Geltung eingeschränkt werden (z. B. Naturgesetze der klassischen Physik in ihrem Gegenstandsbereich). An Erkenntnis gibt es eine Annäherung. Hypothesen und theoretische Modelle werden eingesetzt. Was als zumindest vorläufig gut gestützt gelten kann, ist nicht unbedingt eine absolute objektive Wahrheit.
Dem Kommentar liegt ein Mißverständnis zugrunde, wie die Aussagen in diesem Teil meiner Antwort gemeint waren. Nachdem vorher Gedanken von Descartes dargestellt waren, wollte ich zusätzliche Argumentationen anbieten.
Allein aus der Erfahrung kann keine notwendige Verknüpfung in einer Kausalität von Ursache und Wirkung in der empirischen Welt gewonnen werden. Die Menschen können Dinge und Ereignisse wahrnehmen, aber nicht unmittelbar die wirkenden Kräfte bzw. die Notwendigkeit der Verknüpfung. Ob sich eine beobachtete Regelmäßigkeit in der Zukunft fortsetzten wird, ist auf dieser Grundlage nicht völlig sicher. Wenn bislang Ereignisse miteinander verbunden waren, ergibt sich aus der Erfahrung nicht die Notwendigkeit einer immer so weitergehenden regelmäßigen Verbindung (Induktionsproblem des Schließens von Einzelfällen auf einen allgemeinen Zusammenhang). Dafür ist zusätzlich eine Annahme über eine Gleichförmigkeit und Beständigkeit der Natur Voraussetzung.
Naturgesetze resultieren aus Beobachtungen und die Versuchsanordnungen sind üblicherweise bereits "tendenziös", da auf die Bestätigung oder Widerlegung einer bestimmten Frage ausgerichtet. Die Wissenschaftsgeschichte berichtet von vielen Theorien und "sicheren Erkenntnissen", die dann doch Platz machen mussten für neuere, bessere und dann als "endgültig" postulierte Meinungen, denen es dann nicht besser erging.Folglich ist gar nicht zu ermessen, in welchem Umfang wir überhaupt in der Lage sind, Erkenntnisse über die "reale" Außenwelt zu gewinnen. Wir nähern uns wohl der Erkenntnis an, aber da wir die Entfernung des Ziels nicht kennen, weiß niemand zu sagen wie weit wir auf dem Weg schon sind und ob es das Ziel überhaupt gibt...
Die Selbstreflexion deiner Existenz und die Wahrnehmung von "Dingen" wie Sonnenuntergänge, Apfelkuchen oder Brüsten ist ein Vorgang in deinem Gehirn das mit den Daten deiner 5 Sinne ein Universum erschafft mit den die Interaktion deines Geistes möglich ist und er sich darin selbst interagieren sieht also existiert er zweifellos. Die objektive Existenz von Sonnenuntergängen etc ist dabei dennoch zweifelhaft denn deine 5 Sinne können Matrixmäßig getäuscht werden du könntest der einzige Mensch in eriner riesen Simulation sein - denn du kannst dich nur auf die Wahrheit dessen verlassen was an durch die Nervenbahnen in dein Gehirn gespeist wird. Und das macht denke ich alles zur Wahrheit und lässt alles existieren.
Oder verlass dich einfach auf die Technik: Ich kann mich googeln also bin ich.
Rein philosophisch ist da ein gewaltiger innerer Widerspruch. Wie kann ich "matrixmäßig getäuscht sein" und das gleichzeitig mit einer Wirklichkeit belegen, die aus dieser Täuschung stammt? Das ist der ROSA ROTE PANTER der sich selbst aufsaugt!
'Matrix' oder '13th Floor' jemals gesehn? ich wollte nicht beweisen dass seine Sinne getäuscht sind aber sagen, dass sie es sein könnten. Die Wahrheit über die Existenz durch die Erkenntnis der Sinne zu begreifen ist meiner Theorie nach zwangsläufig nur subjektiv - unter der vorhergehenden Annahme halt, dass diese ganz o.g. 'geläufigen Dingen' also äußeren Reize jeder Art Teil einer äußeren oder inneren Täuschung sein könnten. Eine Simulation zB oder Schizophrenie - das eigene Gehirn an DAtenkabeln angeschlossen oder man selber apathisch in ner Gummizelle sitzend. Kann nur bewiesen werden durch den kontakt mit diesen verschiedenen... hmmm nennen wirs 'Existenzebenen'? Siehe halt in den beiden Filmen.
Wenn man das Verlangen Descartes nach "absoluter Gewissheit" verstehen will, muss man sich die Zeit anschauen, in der er gelebt hat. Die Kirche dominiert alles und mit ihr nach wie vor die christliche Philosophie der Scholastik, die immer wieder nach absoluter Gewissheit strebt, nach absoluter Wahrheit, gefangen in den abstrakten Begriffen des Neuplatonismus, der dann durch einen "verstümmelten" Aristoteles (vom griechischen übers arabische ins lateinische) modifiziert wurde. Descartes dagegen, das zeigen seine Ausführungen zu wissenschaftlicher Forschung, hatte als Praktiker einen starken Hang zum Empirismus, ohne Epikur oder Demokrit zu kennen. Sein Satz "Ich denke, also bin ich." versucht, aus SelbstERFAHRUNG (Empirie) die Brücke zur Sehnsucht nach Gewissheit zu schlagen. Dabei darf man nicht übersehen, dass der Platonismus immer bereits ein Element des Skeptizismus in sich trägt, zumindest, was unsere Erfahrung angeht (er konstruiert dann ja als Lösung dazu die "sichere Welt der Ideen").
Eigentlich ist das ein uraltes Thema der Philosophie, das bereits Parmenides um 500 vCH aufgegriffen hat. Eine seiner wesentlichen Aussagen besagt, dass wir das Sein als real annehmen MÜSSEN, weil wir uns sonst selbst im UNREALEN bewegen. Der Epikureer und Empiriker David Hume hat gezeigt (was Kant dann aufgestoßen ist), dass wir nur Sinneseindrücke haben, aber die Verknüpfungen dazwischen, die sogenannten unhinterfragbaren Gesetze, Konstruktionen unseres Verstandes sind. Kant hat das dann in der Denkvoraussetzung der Kausalität erfasst. Und die modernere Wissenschaftstheorie a la Karl Popper sagt ganz offen, dass wir nur mehr oder weniger gut belegte Hypothesen haben, und bei weitem keine sicheren Gesetze.
Manchen Leuten ist das zu kompliziert. Man sollte sie dann damit verschonen. Hauptsache das Bier kluckert, wenn man die geöffnete Flasche am Mund mit dem Flaschenboden nach oben hält. Mehr Gesetz brauchen manche nicht. Die interessiert nicht die Problematik der Gravitation, die zu Descartes Zeiten noch nicht bekannt war. Aber sie war da und erfahrbar und musste dann irgendwie anders erklärt werden. Das sich Hineinfallenlassen in die Scheinsicherheit von Gesetzen und Wissenschaft ist die moderne Form der mittelalterlichen Sehnsucht nach Gewissheit. Ruhe im Stall! Es gibt schon genug Probleme! Da sind Skeptiker und Philosophen nicht willkommen.
Zum zweiten 1.) - Descartes bezieht sich nicht auf Physikalische Effekte, solche sind geklärt. Er sieht es erhe so, dass die Erfahrung zeigt, dass wir im Traum einer gewissen Unsinnigkeit unterworfen sind, denn in ihnen ist "alles" möglich. Zudem können wir nie sagen,w as nun unser Zustand ist, nämlich im traum können wir uns auf wach fühlen.
Zu 2.) - Dass es Fomren gibt, die der Erfahrung vorausgehen, das sagt er nicht, er stellt letztlich auch der Mathematik ein Bein. Zudem geht er in der ersten Meditation noch nicht auf alles ein,w as du heir ansprichst.