Darf eine Grundsicherungsempfängerin Erbe ausschlagen?
Kind B und C sowie Mutter kaufen gemeinsam ein Haus.
Kind A will nicht mitmachen - will ungebunden sein auch aus beruflichen Gründen.
Kind A wird Pflegestufe 5 (=Wachkomma) und wird fortan in dem Haus gemeinsam von Kind A und B ohne Pflegedienst aufopfernd gepflegt.
Mutter stirbt.
Im Testament hat sie Kind B und C zu gleichen Teilen als Erbe eingesetzt. Ferner hat sie ausführlich im Testament noch erklärt, warum Kind A nichts erben soll. In der Begründung steht, das Kind B und C sonst das Haus verkaufen müssten und damit eine Pflege wie bisher für Kind A nicht mehr erbracht werden könnte.
Das heißt: Kind A würde durch Einforderung des Pflichtteiles sich selbst schaden.
Gesetzliche Betreuerin fordert Auszahlung des Pflichtteiles.
Ergänzung: Dieses Haus ist weitgehend barrierefrei
Folgende Maßnahmen wurden getätigt.
- Kind A bekommt größtes und schönstes Zimmer da so Umgang mit Patientenlifter und andere Pflegemaßnahmen leichter sind und sie mit dem großen Panoramafenster einen Blick in die freie Natur hat.
- Alle Pflege Hilfsmittel die man nur denken kann sind vorhanden inkl. Deckenlift im Badezimmer.
- Schon vor dem Erbfall haben Kind B und C Klimaanlage und Notstromversorgung angeschafft.
- Pflegeaufwand ist - laut Pflegebericht - größer als die Anzahl der Wochenstunden also größer 168 Stunden/ Woche Grund ist, dass eine 24 Stundenpflege für erforderlich erachtet wurde + einige Tätigkeiten die man nur zu zweit ausführen kann.
- Tag- und Nachtwache sind sichergestellt
- täglich zweimalige Mobilisierung in den Rollstuhl
- regelmäßige Ausflüge z.B. auch zur Bundesgartenschau mindestens einmal die Woche außer im Winter aber auch da gibt es Spaziergänge nur deutlich kürzer
Kein noch so gutes Pflegeheim könnte diesen Betreuungsaufwand leisten.
Muss meine Schwester den Pflichtteil einfordern, damit das Amt für Grundsicherung diesen verwerten kann?
HILFSWEISE FRAGE:
Könnte Pflichtteil auch mit Wohnrecht ausgeglichen werden.
Da sie bereits vor dem Erbfall hier wohnte, handelt es sich doch nach dem Erbfall als selbst genutztes Wohneigentum. Damit dürfte es doch keiner Verwertung unterliegen.
Im Moment zahlt sie Miete die vom Sozialamt bestritten wird.
Da sie auf das Pflichtteil beschränkt ist, würde es im Erbfall letztlich auf einen halben Mieterlass hinauslaufen - oder sehe ich das falsch?
Es gibt noch eine Maßnahme die für meine Schwester getätigt wurde.
Barrierefreier Gartenzugang
Die Maßnahme konnte meine Schwester mit ihrem wenigen eigenen Geld finanzieren und wurde sogar ausdrücklich mittels Betriebsschluss vom Betreuungsgericht genehmigt.
Auch das würde sie verlieren durch Annahme des Pflichtteiles.
10 Antworten
Es ist etwas kompliziert. Meine unmaßgebliche Meinung ist:
Grundsätzlich kann die Rechtlich-gesetzliche Betreuerin die Auszahlung des Pflichtteils verlangen. Sie kann zusätzlich argumentieren, dass die Auszahlung für Pflege verwendet werden wird - also auch zum Wohl von A.
Das individuell größere Wohl wird für A wohl darin liegen, wenn sie weiterhin von den Geschwistern betreut wird, anstelle von Fremdbetreuung in einem Heim. Ein fachliches Gutachten, welches die professionelle Pflege durch die Geschwister bestätigt, wäre hilfreich.
Auch ist zu bedenken, dass bis zum vollständigen Verbrauch des ausgezahlten Pflichtteils öffentliche Stellen nichts oder weniger zu zahlen hätten. (Gemeinwohl versus individuelles Wohl).
Muss meine Schwester den Pflichtteil einfordern, damit das Amt für Grundsicherung diesen verwerten kann?
Einfordern - das macht schon die gesetzliche Betreuung.
Könnte Pflichtteil auch mit Wohnrecht ausgeglichen werden.
Ich meine: im Allgemeinen: Nein (Ein Notar/Richter wäre ggf. einzuschalten.)
Das Problem wird immer sein: Geld auf der Hand (für die gesetzliche Betreuerin) wird ihr lieber sein. (Möglicherweise sind da Honorarinteressen der Betreuerin im Spiel.)
Die Frage stellt sich: Wie würde das Betreuungsgericht entscheiden, wenn die anderen Geschwister den entsprechenden Anteil der Immmobilie an A überschreiben wollen? Das wäre Annahme bedürftig und müsste von der gesetzlichen Betreuerin angenommen werden. Damit diese sich nicht sperrt, müsste das Betreuungsgericht entscheiden.
Ich würde mir ein Pflegegutachten besorgen sowie damit das Betreuungsgericht einschalten. Anders wird man die gesetzliche Betreuerin kaum in Schranken weisen können. Gut wäre es, wenn das Gutachten eine Änderung der Pflege von privat zu öffentlichem Pflegeheim nicht befürworten würde.
Auch der Verlust des Geldes in Sachen barrierefreier Gartenzugang ( ==> dient nicht dem Wohl) wäre gegenüber dem Betreuungsgericht aufzuführen.
aktueller Stand:
Derzeit wird geprüft ob bei meiner Schwester Interventionsmedizin vorliegt. Das würde bedeuten, dass wenn die Pflege von staatlicher Seite übernommen werden müsste, 5,5 Pflegekräfte für nur eine einzige Patientin erforderlich wären. Die Krankenkasse wäre bereit die Kosten von 25.000€ im Monat zu übernehmen.
Das strittige Erbe beträgt ca. 25.000€. die öffentliche Hand würde mit dem Erbe gerade mal einen Monat lang Kosten einsparen.
Ohne dieses Haus (barrierefrei, Klimaanlage, Notstromversorgung, Patientenlifter im Bad, Kameraüberwachung, barrierefreier Gartenzugang ... könnten wir die Betreuung nicht fortführen und da wir aufgrund der PFlege zu wenig verdienen könnten wir keinen Kredit aufnehmen - das Haus verlieren und die PFlege nicht forstsetzen.
Ich hoffe das leuchtet bei Gericht ein.
Genau richtig!Und ich möchte hinzufügen: Toll,dass es noch Menschen gibt,die an den Panoramablick denken und alles tun.Sauber!
Ist auf jeden Fall eine Situation bei welcher sich die Einschaltung eines Anwalts lohnt.
Fehler der Vergangenheit lassen sich nicht mehr heilen.
Die Betreuerin vom A ist gezwungen den Pflichtteil einzufordern, wenn A soziale Leistungen bezieht. Die Frage welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt.
Die Umbaumaßnahmen wurden vermutlich teilweise von der Pflegekasse bezuschusst.
Gibt es einen Mietvertrag mit A, wird Wohngeld bezogen, wer ist eingetragene Pflegeperson, kann man die Auszahlung durch eine monatliche Rente leisten, kann man A evtl im Grundbuch des Hauses eine Rentenlast bis zum Aufbrauchen des Pflichtteil eintragen.
B und C sollten die Immobilie jetzt bewerten lassen. Ins Gewicht fällt hier im Moment der Eigentumsanteil der Mutter (1/3?)
Da ein ehrenamtlicher Betreuer hier überfordert ist, wird der Kontakt zum Betreuungsgericht vermutlich unumgänglich. Ggfs ist hier die Bestellung eines Betreuer nur für die Abwicklung des Anspruchs aus dem Erbe erforderlich.
Was ich nicht verstehe - wenn B und C sich dermaßen kümmern - warum haben sie die Betreuung nicht auch noch übernommen?
Menschen, die Grundsicherung erhlaten, können durchaus ein Erbe ausschlagen.
Die Betreuerin ist keinesfalls gezwungen das Erbe anzutreten, da es Nicht im Sinne des Betreuten ist.
Die Betreuerin ist ganz und gar nicht gezwungen das Erbe einzufordern- im Gegenteil.
Ein gesetzlicher Betreuer ist hat die Verpflichtung stets zu Gunsten und im Sinne des Betreuten zu handeln. In diesem Fall wäre es also eine Ausschlagung.
Weiters wäre es in diesem Fall auch rechtens und würde aller Voraussicht nach, auch so gemacht werden. Ähnliche Vorfälle gab es vor Gereicht und wurde auch richterilich bestätigt. ^^
Du weißt schon, dass ein Pflichtteil nur ein Geldanspruch gegenüber einem Erben ist?
In dem entschiedenen Rechtsstreit hatte eine Großmutter ihre Enkel, auch den Betroffenen, zu Erben bestimmt. Dieser stand unter Betreuung. Betreuer waren seine Eltern, denen unter anderem der Aufgabenkreis der Vermögenssorge und die Vertretung vor Behörden übertragen worden ist.
Betreuer beantragen betreuungsrechtliche Genehmigung der Ausschlagung der ErbschaftDer auf dem Betroffenen entfallende Erbschaftsanteil lag bei rund 60.000 €. Die Betreuer wollten die Erbschaft ausschlagen und haben deshalb beim Betreuungsgericht die Genehmigung der Ausschlagung beantragt. Sie haben dies damit begründet, dass der Betroffene, der in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe lebt, vom Sozialamt monatliche Leistungen in Höhe von 7.465,20 € bezieht. Unter Berücksichtigung seiner sparsamen Lebensführung würde daher das Erbe maximal 5 – 6 Monate für die Deckung der Kosten ausreichen, so dass der Betroffene nichts von seinem Erbe habe. Auch befürchteten sie Komplikationen durch Leistungskürzungen und Unruhe zwischen den Geschwistern, die über ihren Erbteil nach eigenem Belieben verfügen könnten. Gleichzeitig sei mit den Geschwistern des Betroffenen besprochen, dass diese im Falle einer Ausschlagung sich verpflichten dem Betroffenen am Erbe dergestalt teilhaben zu lassen indem sie ihm Annehmlichkeiten wie Wochenendausflüge und Urlaube finanzieren, Haushaltsgegenstände anschaffen und etwaige Krankenkosten, die nicht von der Versicherung getragen würden, übernehmen. So habe der Betroffene einen unmittelbaren Vorteil aus der Ausschlagung.
Das Betreuungsgericht hat eine Verfahrenspflegerin eingeschaltet, die sich gegen die Ausschlagung gewandt hat. Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Verfahrenspflegerin hat dann das Betreuungsgericht die Genehmigung verweigert. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Eltern. Sie rügen dabei, dass die Verfahrenspflegerin weder mit ihnen noch dem Betroffenen selbst Kontakt aufgenommen habe. Auch stünde ihnen nach der Rechtsprechung zum sog. Behindertentestament die Möglichkeit offen Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, die es ermöglichen, dass Menschen mit Behinderung denen staatliche Leistungen zustehen, auch aus einem Erbe Annehmlichkeiten zufließen.
Ausschlagung ist zu genehmigenDie Richter am Landgericht folgten der Argumentation der Betreuer und haben entschieden, dass die Ausschlagung zu genehmigen ist. Diese sei nämlich nicht sittenwidrig, weil die bloße Aufrechterhaltung des Bezugs von Sozialleistungen keine Sittenwidrigkeit zur Folge habe. Dies sei durch die Vorgaben der Rechtsprechung zum Behindertentestament hinreichend geklärt. Danach kann ein Erblasser die Gestaltung des Vermögensübergangs im Falle seines Todes so vornehmen, dass sein behindertes Kind Vorteile aus dem Nachlass erhält, ohne dass der Sozialhilfeträger darauf zugreifen kann bzw. eine Anrechnung auf staatliche Leistungen erfolgt. Dabei ist anerkannt, dass Verfügungen von Todes wegen, in denen Eltern eines behinderten Kindes den Nachlass verteilen durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer – mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen – Dauertestamentsvollstreckung so gestalten, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlass erhält, der Sozialhilfeträger auf dies jedoch nicht zugreifen kann, grundsätzlich nicht sittenwidrig sind. *https://www.rechtsanwalts-kanzlei-wolfratshausen.de/zur-ausschlagung-einer-erbschaft-durch-einen-bezieher-von-sozialleistungen-sog-negative-erbfreiheit/LG Neuruppin mit Beschluss vom 28.06.2018 (5 T 21/17)Bitte sehr gerne. Wäre ansonsten auch schwerlich vorstellbar, wenn ein Grundsicherungsempfänger und noch dazu Wachkomapatientin dermassen benachteiligt würde. ^^
Hier auf dieser Seite bist du allerdings eher schlecht aufgehoben, wie unschwer von den Antwortenden hier ersichtlich.
Wende dich bitte an einen Anwalt oder das für euch zuständige Gericht.
Das ihr als Familie die Betreuer seid, ist löblich- aber leider damit auch in diesen Dingen wie Rechtswesen bzw Erbe benötigt ihr witklich proffessionelle Auskunft. Vor allem um auch evt Möglichkeiten zu efahren. Alles Gute! :-)
ich war beim Anwalt - er sagt keine Chance - hab dennoch einen gut begründeten Antrag an das Betreuungsgericht gesellt.
Das Erbe kann nicht ausgeschlagen werden. Sozialhilfeempfänger dürfen sich nicht "ärmer machen" zum Beispiel durch Erbausschlagung.
Wenn die Mutter ein Drittel vom Haus besessen hat und die Tochter enterbt hat, dann kann diese nur ihren Pflichtteil geltend machen. Das müsste 1/18 von Wert des Hauses sein.
In bestimmten Konstellationen ist es möglich, dass Wohneigentum trotz Sozialhilfebezug nicht verkauft werden muss, wenn es selbst bewohnt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass dies hier klappen könnte - gegen eine Reduktion der gegenwärtigen Miete.
Darf eine Grundsicherungsempfängerin Erbe ausschlagen?
Grundsätzlich: NEIN
Man darf nicht zu Lasten Dritter (JobCenter) auf Vermögen / Forderungen verzichten.
Es steht aber jedem frei auf Erbe und Sozialleistungen zu verzichten.
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Gesetzliche Betreuerin fordert Auszahlung des Pflichtteiles.
Das gehört zur Wahrnehmung seiner Pflichten.
sehr hilfreich