Bewerten Lehrer nach Sympathie?

Das Ergebnis basiert auf 35 Abstimmungen

Ja tun sie 80%
Nein tun sie nicht 20%

18 Antworten

Ja tun sie

Der eine mehr, als der andere. Leider sind sie auch nur Menschen und ist halt schwierig, da sowas außer acht zu lassen. Ein Lehrer hat während der Notenbesprechung sogar mal zu mir gesagt, dass er überzeugt ist, dass das Notensystem aus unteranderem diesem Grund auch nicht fair ist.


paulklaus  27.10.2021, 18:23

Aus einem Leserbrief von mr (42 Jahre Lehrer gewesen):

Die aus meiner Sicht sehr interessanten und nicht minder berechtigten, weil teilweise kritischen Reflexionen des Herrn ... möchte ich um einige Fakten ergänzen und erweitern.

In den 80er Jahren führte einer der bedeutendsten deutschen Pädagogen (und Diplom-Psychologen) des 20. Jahrhunderts, Karl-Heinz Ingenkamp, mit seinem Team jahrelange Studien zu eben dem Thema durch.

Fazit hier in stark verkürzter Form : 1. Schulnoten generell (!) sind ungerecht, da immer subjektiv. 2. Schulnoten sind unsinnig und damit überflüssig, da sie keinerlei Aussagewert haben, geschweige denn einen eigentlich notwendigen prognostischen.

Diese Ergebnisse des besagten Pädagogen sind auf zahllose konkrete Beispiele aus dem Schulleben zurückzuführen, die unmöglich im Rahmen eines Leserbriefes aufzulisten wären; deshalb nur einige wenige Aspekte: Grundsätzlich bewerten Lehrerinnen un(ter)bewusst Schüler besser als Schülerinnen, wie im Umkehrschluss Lehrer Schülerinnen besser beurteilen. - Eine pädagogische Funktion hat die Zensur u.a. deshalb nicht, weil, wie Herr Ertmer völlig richtig anmerkt, Noten oft mit dem kontraproduktiven Argument erteilt werden: „Ja, eine '2-' wäre möglich. Doch die '3' möge dir Ansporn sein, noch besser zu werden.“ Schlicht crazy, so meine ich.

Mithin bliebe, so Ingenkamp & Co. weiter, kaum etwas Sinnvolles an den Funktionen von Zensuren übrig – außer der negativen Kontroll- und Sanktionierungs(!)-Funktion. Schüler für irgendwelches, noch so unbedeutendes „Fehlverhalten“ durch Noten zu bestrafen, sei eine wahre Herzensangelegenheit vieler Lehrer, die zumindest SO ihren Machtgelüsten gerecht werden würden.

Von vielen, vielen weiteren Schwerpunkten der sich – ich wiederhole mich bewusst – über Jahre erstreckenden Untersuchungen seien nur noch drei genannt:

  1. Ein Lehrer, der nach einem Jahr dieselbe Klassenarbeit / Klausur zur nochmaligen Korrektur und Bewertung vorgelegt bekommt, benotet diese völlig anders (!!) als vor Jahresfrist – nicht selten mit einer Spanne von bis zu vier Noten !
  2. Noten sind über den Klassen-, Kurs-Rahmen überhaupt nicht vergleichbar.
  3. (Ich hatte vier Jahre lang eine Klasse, die durch tatsächlich zufällige Zusammensetzung nahezu ausschließlich aus „Überfliegern“ bestand. Nie hätte ich den entsprechenden Maßstab, die Messlatte, in anderen Klassen anlegen können / dürfen, ebenso wenig in diversen Ausnahme-LKs, die zu unterrichten ich das Vergnügen hatte.)
  4. Ein furchtbarer Trugschluss, so Ingenkamp, sei, wenn Abiturienten mit einem „Einser“-Zeugnis meinten, mit DEN Noten stünde ihnen die Welt offen. Sehr gute Schulnoten – s.o. - seien überhaupt keine Positiv-Prognose für eine künftig erfolgreiche Berufszukunft – völlig abgesehen davon, dass nach dem so genannten PISA-Schock (den es real nie gab !!) den SEK II-Schülern Einsen inflationär hinterher geworfen würden.

Ich habe bis zum Alter von 69 Jahren, also vier Jahre über die Pensionsgrenze hinaus, GERN und stressfrei an einem Gymnasium unterrichtet und kann die Analysen von Herrn Ingenkamp sowie die Aussagen von Herrn ... aus der Rückschau von 42 Lehrer-Jahren nur bestätigen !!

Alternative zu den nichtssagenden Noten ? Kurz-Gutachten, aber bitte keine standardisierten Formeln. - Die Begründungen meiner Zensuren unter Arbeiten / Klausuren unter(!)schritten selten eine DIN A 4-Seite, wie ganze Schüler-Generationen hoffentlich bestätigen könnten.

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Nein tun sie nicht

Klar ist es so, dass ein freundlicher und ehrlicher Schüler sympathischer wirkt als ein verschlagener, verwegener und ungehobelter Tunichtgut oder eine freche, arrogante Zimtzicke. Aber ob das in die Notengebung einfließt? Eher nicht - da muss ich eine Lanze für die Lehrer brechen: Die meisten tun es tatsächlich nicht, wenngleich Schüler, die sich ungerecht behandelt fühlen und deren Eltern, die derselben Meinung sind, das seit Generationen gern kolportieren.

Ich (Jahrgang 1990, Mittlere Reife 2007, dann drei Jahre Berufsschule im Rahmen der Ausbildung) hatte bei meinen Lehrern diesbezüglich nur gute Erfahrungen gemacht, sah mich auch nie aufgrund meiner Herkunft oder meiner Familie benachteiligt, die nicht den besten Ruf genossen hatte. Besonders imponiert hatte mir an der Berufsschule ein sehr linkslastiger Lehrer, der mich wegen meiner Zugehörigkeit zur Jungen Union und meines damaligen Engagement bei der kath. Kirche nicht mochte und das zwar zeigte, mir aber andererseits nie eine schlechte Note machte und in der mündlichen Prüfung sehr fair zu mir war, obwohl ich da keinen guten Tag hatte und er durchaus andere Optionen gehabt hätte.

Das einzige, was ich hautnah mitbekam war ein Lehrern und zwischenzeitlich pensionierter Realschul-Konrektor, der im Sportverein meiner Heimatstadt sehr engagiert war und Schüler, die und/oder deren Eltern er aus diesem Sportverein kannte, bevorzugte. Das war auch bekannt - aber nicht in dem Sinne, dass er ihnen bessere Noten gegeben hätte, sondern dass sie bei ihm machen durften, was sie wollten und er ihre Missetaten nicht verfolgte -----> leider hat er auf diese Weise sogar sexuelle Übergriffe seiner Lieblinge auf Mädchen "vertuscht" oder viel mehr "geregelt".

Meine Mam ist selbst Lehrerin (Grund- und Hauptschule) und meinte mal, es gibt sympathische und unsympathische Kinder und Eltern, aber notenmäßig darf sich das nicht auswirken - alle Kinder haben eine Zukunft, die ihnen kein Lehrer durch unsachliche und willkürliche Notengebung verbauen darf.

Mir hat mal eine Lehrerin angedroht, dass sie mir eine Vier im Verhalten reindrückt, weil sie mich nicht ausstehen konnte, aber das hat sie natürlich nicht durch bekommen - und meine Noten waren in dem von ihr unterrichteten Fach (Chemie war das) auch nicht sensationell schlecht. Es gab Leute, die in dem Fach schlechter als ich waren und mit der Lehrerin super klar kamen.


miqona  27.10.2021, 18:23

Gloryland

Ist aber nach den unzähligen Hilferufe und Meinungen in der breiten Realität wohl anders..

Diejenigen die hier schon fragten-gemobbt wurden, schikaniert und diskriminiert - natürlich von Lehrern - sprechen eine andere Sprache

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rotesand  27.10.2021, 18:26
@miqona

Ich weiß, was du meinst - aber ich ziehe es mal andersherum auf: Schuld sind für die meisten "selbstbewusst (v)erzogenen" Kiddies immer die Anderen, egal wer - und wenn es in der Schule nciht wie erhofft läuft oder man das Gefühl hat zu kurz zu kommen, ist der Lehrer ein dankbares Opfer. Man wird dann gemobbt und diskriminiert vom Lehrer, unterstellt ihm Rassismus oder Wollust oder sonst was, am Ende ist meistens nix dran, außer dass jemand sich ungerecht behandelt fühlte und den Lehrer - oder auch Mitschüler, von denen man sich schlecht behandelt fühlte - verkauft und diffamiert hat. Ganz ehrlich, es geht fast immer in diese Richtung & Jugendliche sind da nicht selten sehr schlimm.

Wie man in den Wald ruft, so ruft's einem auch entgegen ... ich sehe die Hauptschuld hier ehrlich gesagt nicht in den Lehrern, sondern auf der Seite von Kiddies, bei denen die Erziehung falsch lief und die meinen, immer am besten sein zu müssen und immer jeden Wunsch erfüllt zu bekommen.

Ich will andererseits nicht behaupten, dass jeder Lehrer immer und ausschließlich sachlich ist - wo gehobelt wird fallen Späne, aber man muss trotzdem unterscheiden zwischen dem Wunschdenken verwöhnter Teenager, die eine falsche Wahrnehmung von sich haben und ihr Können total falsch einschätzen, und einer realistischen Bestandsaufnahme.

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miqona  27.10.2021, 18:29
@rotesand

Gut.. Auch 2/3 meiner Lehrer waren A.. Löcher. Ausser später nicht mehr wo ich über 17 Jahre war

Und ich war wirklich ein braves unauffällige kind

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Frank6188  28.10.2021, 12:11

Ich hatte auch eine Lehrerin, die eine gegensätzliche politische Meinung zu meiner hatte. Aber sie konnte mir nichts, da ich in ihren Fächern Geschichte und Politik nunmal der beste Schüler war. Sie musste mich mit sehr gut bewerten und hat sich dann an meiner jüngeren Schwester gerächt.

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vegancrossfi902  28.10.2021, 12:13

ach du heilige butterbirne,eine sehr ausführliche antwort

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Stiver102  28.10.2021, 15:04

Das beste Beispiel was mir dazu einfällt, dass Lehrer nicht nach Sympathie bewerten war bei mir im Fach Sozialkunde. Ich wurde des Öfteren angemault in Sozialkunde, dass ich zu ruhig bin und sowas und war nie wirklich gut darin. Hatte immer 4er. Bis jeder dann einen Vortrag in dem Fach halten musste. Da wollte ich es der so richtig zeigen. Ich hielt mein Vortrag über Sexuellen Missbrauch in der Kindheit und die war so dermaßen überrascht, dass ich eine 1 bekam und auf dem Zeugnis eine 2., obwohl ich das Gefühl hatte, dass sie mich nicht mag

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Ja tun sie

Der Lehrer, der eine gewisse Subjektivität seiner Noten verneint, allen voran durch Sympathie, ist nicht ehrlich sich selbst gegenüber !!

Aus einem Leserbrief von mir:

Die aus meiner Sicht sehr interessanten und nicht minder berechtigten, weil teilweise kritischen Reflexionen des Herrn ... möchte ich um einige Fakten ergänzen und erweitern.

In den 80er Jahren führte einer der bedeutendsten deutschen Pädagogen (und Diplom-Psychologen) des 20. Jahrhunderts, Karl-Heinz Ingenkamp, mit seinem Team jahrelange Studien zu eben dem Thema durch.

Fazit hier in stark verkürzter Form : 1. Schulnoten generell (!) sind ungerecht, da immer subjektiv. 2. Schulnoten sind unsinnig und damit überflüssig, da sie keinerlei Aussagewert haben, geschweige denn einen eigentlich notwendigen prognostischen.

Diese Ergebnisse des besagten Pädagogen sind auf zahllose konkrete Beispiele aus dem Schulleben zurückzuführen, die unmöglich im Rahmen eines Leserbriefes aufzulisten wären; deshalb nur einige wenige Aspekte: Grundsätzlich bewerten Lehrerinnen un(ter)bewusst Schüler besser als Schülerinnen, wie im Umkehrschluss Lehrer Schülerinnen besser beurteilen. - Eine pädagogische Funktion hat die Zensur u.a. deshalb nicht, weil, wie Herr .... völlig richtig anmerkt, Noten oft mit dem kontraproduktiven Argument erteilt werden: „Ja, eine '2-' wäre möglich. Doch die '3' möge dir Ansporn sein, noch besser zu werden.“ Schlicht crazy, so meine ich.

Mithin bliebe, so Ingenkamp & Co. weiter, kaum etwas Sinnvolles an den Funktionen von Zensuren übrig – außer der negativen Kontroll- und Sanktionierungs(!)-Funktion. Schüler für irgendwelches, noch so unbedeutendes „Fehlverhalten“ durch Noten zu bestrafen, sei eine wahre Herzensangelegenheit vieler Lehrer, die zumindest SO ihren Machtgelüsten gerecht werden würden.

Von vielen, vielen weiteren Schwerpunkten der sich – ich wiederhole mich bewusst – über Jahre erstreckenden Untersuchungen seien nur noch drei genannt:

  1. Ein Lehrer, der nach einem Jahr dieselbe Klassenarbeit / Klausur zur nochmaligen Korrektur und Bewertung vorgelegt bekommt, benotet diese völlig anders (!!) als vor Jahresfrist – nicht selten mit einer Spanne von bis zu vier Noten !
  2. Noten sind über den Klassen-, Kurs-Rahmen überhaupt nicht vergleichbar.
  3. (Ich hatte vier Jahre lang eine Klasse, die durch tatsächlich zufällige Zusammensetzung nahezu ausschließlich aus „Überfliegern“ bestand. Nie hätte ich den entsprechenden Maßstab, die Messlatte, in anderen Klassen anlegen können / dürfen, ebenso wenig in diversen Ausnahme-LKs, die zu unterrichten ich das Vergnügen hatte.)
  4. Ein furchtbarer Trugschluss, so Ingenkamp, sei, wenn Abiturienten mit einem „Einser“-Zeugnis meinten, mit DEN Noten stünde ihnen die Welt offen. Sehr gute Schulnoten – s.o. - seien überhaupt keine Positiv-Prognose für eine künftig erfolgreiche Berufszukunft – völlig abgesehen davon, dass nach dem so genannten PISA-Schock (den es real nie gab !!) den SEK II-Schülern Einsen inflationär hinterher geworfen würden.

Ich habe bis zum Alter von 69 Jahren, also vier Jahre über die Pensionsgrenze hinaus, GERN und stressfrei an einem Gymnasium unterrichtet und kann die Analysen von Herrn Ingenkamp sowie die Aussagen von Herrn aus der Rückschau von 42 Lehrer-Jahren nur bestätigen !!

Alternative zu den nichtssagenden Noten ? Kurz-Gutachten, aber bitte keine standardisierten Formeln. - Die Begründungen meiner Zensuren unter Arbeiten / Klausuren unter(!)schritten selten eine DIN A 4-Seite, wie ganze Schüler-Generationen hoffentlich bestätigen könnten.

pk, 42 Jahre Lehrer am Gymnasium gewesen...

Von Experte paulklaus bestätigt
Ja tun sie

Aber nicht ausschließend. Aber so ein Sympathiefaktor kann halt schnell mal über einen halben Punkt mehr oder weniger entscheiden.

Solche Sympathien kommen aber auch dadurch zustande, wenn sich bestimmte Schüler halt allgemein im Unterricht besser benehmen oder eben nicht - im Endeffekt ist das also auch ein Teil vorheriger Mitarbeit, der da einfließt

Nein tun sie nicht

Zumindest kompetente Lehrer tun das nicht.


paulklaus  28.10.2021, 14:18

Unsinn ! Kompetenz hat ABSOLUT NICHTS mit dem natürlichen / menschlichen Hang zu Subjektivität zu tun - siehe meine Antwort, die jahrelange entsprechende Studien erläutert.

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Stiver102  28.10.2021, 15:11
@paulklaus

Ich finde, dass das schon ein bisschen mit professioneller Distanz zu tun hat. Zumindest sollte man die typischen Wahrnehmungsfehler kennen, sich dessen bewusst sein und sein Verhalten stetig reflektieren

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