Wie fühlt es sich an, einen manipulierten Diesel zu fahren?
Hallo zusammen,
für diejenigen, die mit dem Thema nicht vertraut sind, nenne ich hier einige Fakten:
1. Viele Autohersteller, insbesondere deutsche, haben seit Einführung der Euro-4-Norm illegale Abschalteinrichtungen in ihre Dieselfahrzeuge eingebaut. Diese sollten den Einsatz von AdBlue das nötig gewesen wäre, um die Abgasgrenzwerte einzuhalten stark reduzieren. Infolgedessen stießen die Fahrzeuge jedoch erheblich mehr Stickoxide und andere Schadstoffe aus, die gesundheitsschädlich sind und laut Studien zu vorzeitigen Todesfällen geführt haben.
2. Der Abgasskandal wurde 2015 durch eine Meldung aus den USA aufgedeckt. Zwar gab es schon zuvor Hinweise auf Manipulationen, jedoch wurden diese von der deutschen Politik, die enge Verbindungen zur Automobilindustrie hat, weitgehend ignoriert.
3. In den USA mussten die betroffenen Hersteller hohe Geldstrafen zahlen (z. B. Volkswagen allein 16 Milliarden Dollar). In Deutschland hingegen fielen die Strafen deutlich niedriger aus (nur 1,5 Millionen Euro), obwohl hier mehr Fahrzeuge betroffen waren.
4. In den USA wurden die betroffenen Fahrzeuge zurückgerufen und mussten tatsächlich repariert werden.
5. In Deutschland wurde lediglich ein Software-Update angeboten, das nachweislich unwirksam war. Die betroffenen Fahrzeuge stoßen daher weiterhin hohe Mengen an Emissionen aus.
6. Als Reaktion beschloss die EU, dass Fahrzeuge im realen Fahrbetrieb mehr Schadstoffe ausstoßen dürfen als ursprünglich erlaubt war (bis 2021 bis zu 110 % mehr, danach 50 %). Dies ermöglicht es den Herstellern, Umwelt- und Gesundheitsvorschriften zu umgehen und Kosten zu sparen.
7. Dieses Beispiel zeigt, wie stark die Politik von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst ist. Statt wirksame Nachrüstungen oder andere echte Verbesserungen durchzusetzen, wurde die Gesetzeslage angepasst, um Verstöße im Nachhinein zu legitimieren.
8. Leider verfolgt keine der großen Parteien das Ziel, diese manipulierten Fahrzeuge endlich von der Straße zu holen oder sie umfassend zu reparieren. Dabei sollte doch eigentlich saubere Luft im Interesse aller sein. Es wird einfach darauf gehofft dass wir die Sache vergessen.
Wie hätte man besser reagieren können?
Die effektivste Lösung wäre gewesen, die Fahrzeuge auf Kosten der Hersteller nachzurüsten. Auch wenn dies Milliarden kosten würde, sollten die Verantwortlichen die Konsequenzen ihres Handelns tragen. Nur so lernen Hersteller, dass Betrug nicht toleriert wird und es keine politischen Schutzmaßnahmen für solches Verhalten gibt. Es gibt jedoch auch erfolgreiche Klagen in Deutschland, bei denen Kläger von VW Schadensersatz erhalten haben (z. B. für die Kosten der Nachrüstung).Meistens ist es aber leider so, dass man Nachrüstungen aus eigener Tasche bezahlen muss.
Nun zur eigentlichen Frage:
Allein in Deutschland sind etwa 1,5 Millionen Fahrzeuge betroffen. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch jemand, der hier mitliest, einen manipulierten Diesel besitzt.
Hier ist eine Liste aller betroffenen Dieselmodelle:
https://www.diesel-abgasskandal.de/betroffene-fahrzeuge/
Und hier nochmal ein gutes Video von Simplicissimus dazu, was zwar auch andere Aspekte von VW beleuchtet aber auch den Dieselabgaßskandal betrachtet:
Wie geht ihr mit diesem Thema um? (Gerne dürfen auch Personen antworten, die nicht direkt betroffen sind).
Habt ihr euer Auto nach Bekanntwerden des Skandals nachrüsten lassen (es gibt Werkstätten, die Nachrüstungen für Euro 6 anbieten), oder habt ihr versucht, es schnell zu verkaufen, um die Problematik weiterzureichen?
Oder fahrt ihr bis heute mit zu hohen Abgaswerten herum, weil es euch egal ist, oder weil ihr eventuell nicht die finanziellen Mittel für eine Nachrüstung habt? Oder versucht ihr, das Fahrzeug nur noch selten zu nutzen, weil ihr es als unangenehm empfindet, mehr Schadstoffe auszustoßen als notwendig?
Oder wisst ihr bis heute nichts von dem Thema?
Es gibt auch Berichte, dass manche Autobesitzer das AGR-Ventil (Abgasrückführungsventil) ausbauen lassen, was zu noch höheren Emissionen führt(z.b mehr Stickoxide) . Dies geschieht oft aus Kostengründen, wenn das Ventil defekt ist/als Maßnahme um zu verhindern, dass es defekt wird. Diese Maßnahme belastet jedoch die Umwelt und die Gesundheit von Menschen und Tieren zusätzlich, die die Abgase einatmen müssen.
Meine Erfahrung:
Ein Freund von mir hat seinen Audi A1 für etwa 4.000 Euro nachrüsten lassen, sodass er jetzt die Euro-6-Norm erfüllt. Er wohnt nicht in einer Großstadt mit Umweltzonen, hat es aber aus eigenem Antrieb getan, weil er sein Auto sauberer machen wollte.
Zusätzlich finde ich es bedauerlich, als jemand, der oft an stark befahrenen Hauptstraßen entlangläuft, gezwungenermaßen die hohen Abgaswerte einatmen zu müssen, die von diesen Fahrzeugen verursacht werden. Natürlich gibt es auch Oldtimer, die noch viel mehr Schadstoffe ausstoßen, aber diese sind in der Regel seltener auf den Straßen unterwegs.
Viel Spaß bei der Diskussion und bleibt bitte sachlich.
6 Antworten
wsa soll man da merken? vom Motor her fährt der sich wie vorher, allerdings der Verbrauch ist was erhöht...
Und ja, man hätte eine Hardware-seitige Nachrüstung anordnen müssen, aber die Lobby ist halt nun mal zu hoch
Nachtrag: und man kommt zu 100% durch die AU bei der HU, da der Motor nicht hoch gejubelt wird, sondern bei 2500UpM schon zu macht
Merkt man nicht, interessiert einen üblicherweise auch nicht.
Wie fühlt es sich an, einen manipulierten Diesel zu fahren?
Da merkt man keinen Unterschied zu einem nicht manipulierten, sofern der ab Werk "verbaute" Abgasskandal, welcher besonders bei VW bekannt wurde - den aber auch andere Hersteller in ähnlicher Form praktiziert haben - gemeint war.
In Deutschland wurde lediglich ein Software-Update angeboten, das nachweislich unwirksam war.
Unwirksam war es nicht, wohl aber von stark eingeschränkter Wirksamkeit.
Als Reaktion beschloss die EU, dass Fahrzeuge im realen Fahrbetrieb mehr Schadstoffe ausstoßen dürfen als ursprünglich erlaubt war (bis 2021 bis zu 110 % mehr, danach 50 %).
Du wirfst da etwas durcheinander. Die Reaktion der EU war, dass Schadstoffemissionen nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch im realen Verkehr (ab der Euro 6d TEMP) gemessen wurden. "Real Driving Emissions" (RDE) nannte man das. Da es jedoch enorm schwierig ist, Verbrennungsmotoren unter allen im realen Verkehr möglichen Szenarien so schadstoffarm wie auf einem Prüfstandslauf zu halten, hat man einen sich verschärfenden Abweichungsfaktor zugestanden. In der Praxis weisen Fahrzeuge mit Euro 6d TEMP - Dieselmotoren (mit RDE - Messung) im Vergleich zu beispielsweise Euro 6c - Dieselmotoren (ohne RDE - Messung) erheblich geringere NOx - Emissionen auf, das zeigen Messungen eindeutig. Ein Verbesserungsfaktor von 10 ist realistisch.
Wie hätte man besser reagieren können?
Man hätte von Anfang an auf der Straße messen müssen.
Gerne dürfen auch Personen antworten, die nicht direkt betroffen sind.
Hiermit geschehen. Ich besitze keinen Dieselmotor, habe noch nie einen besessen, und habe es auch zukünftig nicht vor.
Es gibt auch Berichte, dass manche Autobesitzer das AGR-Ventil (Abgasrückführungsventil) ausbauen lassen, was zu noch höheren Emissionen führt(z.b mehr Stickoxide).
Noch weitaus schlimmer als das finde ich, was so mancher Euro 5 - Dieselbesitzer macht: Ausbau zusätzlich von Katalysator und Rußfilter. Das sind dann die Dinger, die wie ein alter DAF - Lkw stinken und rauchen. Eine riesengroße Umweltsauerei, welche man ganz einfach beenden könnte: Einführung der Partikelanzahlmessung nicht erst ab Euro 6, sondern bereits ab Euro 5, wie es im Ausland teilweise gemacht wird.
Ein Freund von mir hat seinen Audi A1 für etwa 4.000 Euro nachrüsten lassen, sodass er jetzt die Euro-6-Norm erfüllt.
Er hat also einen Euro 5 - Diesel (ohne SCR - System) mit einem SCR - System nachrüsten lassen? Nicht schlecht, sowas hört man selten. Und ja, ich weiß natürlich, dass es auch Euro 6 - Diesel ohne SCR gab, allerdings bekamen das meist nur ausländische Hersteller - allen voran Mazda - hin.
Wahrscheinlich merkt man das gar nicht!
Hallo, ich habe das lediglich im Verbrauch gemerkt. Vorher stand bei meinem Schummelchen fast nie eine 6 beim Verbrauch, nach dem Update fast immer. Ansonsten waren keine Unterschiede spürbar. Meine Gefühlslage als Besitzer eines Schummeldiesels hat sich nicht verändert. Es ist und bleibt ein Verbrenner. Egal, an welcher Schraube man dreht, da werden keine Gänseblümchen aus dem Auspuff kommen.
Seit ca. 6 Jahren hab ich den aber nicht mehr. Und trotz der Schummelsache hat er auf dem Gebrauchtwagenmarkt noch einen passablen Preis erzielt.