Warum über andere urteilen?
Warum maßen wir uns immer wieder an über andere Menschen zu urteilen?
Wir sind doch nicht Gott...? Ist es nicht ganz schön arrogant zu glauben, dass es uns zusteht zu beurteilen, ob ein Mensch gut oder schlecht ist?
6 Antworten
Menschen einzuschätzen ist ein Reflex, der sicher einmal lebenswichtig war. Dass man dabei oft zu schnell verurteilt oder urteilt gehört wohl zu den unerwünschten Nebenwirkungen. ;-)
Ja, stimmt. Das ist ein wichtiger Punkt. Hat also ursprünglich durchaus einen Sinn (gehabt).
Urteile zu fällen, Menschen und Situationen zu beURTEILen, richtig einzuschätzen, ist ggf. überlebenswichtig, zumindest aber oft vorteilhaft für die zukünftigen Entscheidungen, die man trifft.
Das hat weder mit einem nichtexistenten Gott noch mit Arroganz zu tun. Jeder fällt täglich dutzende Urteile über andere Menschen.
In Wirklichkeit geht es doch darum, dass manche Beurteilte nicht kritikfähig seind, mit Kritik nicht souverän umgehen und aus ihr lernen wollen und sich als Schneeflocken lieber darüber beschweren.
Doch, auch ein Vorurteil kann gut sein. Übrigens ging es in der Frage nicht um Vorurteile.
Vorurteile dienen dazu, besonders SCHNELL eine möglicherweise gefährliche Situation zu beurteilen. Das hat sich evolutionär bewährt. Lieber einmal zu früh fliehen, als gefressen zu werden. Heute drohen solche Gefahren zwar kaum noch, aber man hat ja jederzeit die Chance, sein Urteil zu revidieren.
Trotzdem sind Vorurteile schlimm...Türken riechen nach Knoblauch..Polen klauen.. das ist Verallgemeinerung
Ja klar. Und wer reif genug ist, weiß das. Der Rest ist irrelevant. Und selbst in deinen Beispielen steckt ein Körnchen Wahrheit.
Wer entscheidet das? DU? Es hängt ganz von der konkreten Situation ab.
Irgendwie urteilt man aber auch ständig über andere Menschen und das muss man auch.
Ich muss einen Menschen beurteilen, wenn ich entscheide, ob ich ihn in meine Wohnung lasse.
Ich muss einen Menschen beurteilen, wenn ich überlege, ob ich ihm mein Herz schenke.
Ich muss einen Menschen auch beurteilen, wenn ich überlege, was ich ihm anvertraue.
Es ist ja dann nicht gleich so, dass man Personen dann gleich völlig verdammt. Man setzt nur seine Grenzen unterschiedlich.
Ich vermute, dass das ganz tief in den Menschen drin ist und eine Art Reflex, der angeboren oder zumindest anerzogen ist. Wenn die Eltern permanent andere Leute schlecht machen, machen es die Kinder ihnen oft nach - denn entweder machen die Kiddies es den Alten nach oder rebellieren komplett und werden das Gegenteil. Ich habe beides schon oft erlebt, man wunderte sich oder eben nicht, wenn man die Eltern dazu kannte.
Ich persönlich urteile erst über andere, wenn ich sie einigermaßen kenne, positiv wie negativ. Es kam schon vor, dass anfängliche Eindrücke sich komplett verändert haben, wenn man die Leute näher gekannt hat, da wirkte eine seriöse wirkende, an sich sehr freundliche ältere Lehrerin auf einmal anwidernd, wenn sie aus dem Nähkästchen über Interna plauderte oder kam ein Geistlicher, den man anfangs für einen missionierenden Scheinheiligen hielt, nach einem Gespräch auf einem Parkplatz auf einmal weltoffen, warmherzig und witzig rüber, so dass man einen ganz anderen Eindruck von ihm hatte, der dann auch der Wahrheit entsprach.
Zwischen Einschätzung und Urteilen liegt ein breiter Graben. Ich sage es mal so: Ich weiß heute, warum ich einem Verwandten, der inzwischen weit über 80 ist, schon als Kind nie richtig getraut habe und warum ich ihm gegenüber immer gewisse Vorbehalte hatte - und ich weiß auch, warum ich bei einer Frau, die ich als Zweijähriger zum ersten Mal bewusst bemerkt habe (da war sie schon über 40; eine Bekannte meiner Familie) vom ersten Moment an Wärme, Geborgenheit und Ehrlichkeit spürte - bis heute.
Ja, diese Erfahrung mache ich auch gerade immer wieder: dass Menschen sich ganz anders entpuppen als man sie eingeschätzt hat. Da ist es gut, wenn man nicht gleich ein Urteil über sie gefällt hat!
Gott kategorisiert da wahrscheinlich auch völlig anders. Das muß man eher sehen, wie wenn man an einem Strategiespiel oder einer Wirtschaftssimulation sitzt ... Was funktioniert und was nicht? Sollte man das, was nicht funktioniert, entfernen? Wer weiß für was es 'mal gut ist ...
Aber ein vorschnelles Urteil ist nie gut