Vorsitzende kandidieren nicht mehr. Wie geht es weiter mit der Linken?

8 Antworten

Kann mich noch an die Gründung der Linkspartei bzw. die Fusionierung von WASG und PDS im Juni 2007 erinnern, hier die Tagesschau dazu. Habe das damals nicht gerade gefeiert, weil ich die WASG sehr gemocht habe und die Fusion als feindliche Übernahme durch die PDS wertete - so wie die Fusion von SWF und SDR im Jahr 1998, wo sich der SWF de facto den SDR einverleibte.

https://www.youtube.com/watch?v=6fg5PrfUkPw

Dass es jetzt so kommt, war irgendwie absehbar, getroffen hat mich die NAchricht dennoch, obwohl ich die Partei nie gewählt habe - aus dem Grund, weil die SED-Vergangenheit der PDS und der Linkspartei bis heute (35 Jahre nach der Wende) nie aufgearbeitet wurde und es immer unklar war, wie viel SED und DDR, wie viel Sozialismus, Stasi und Diktatur tatsächlich in der Linkspartei stecken.

Die SED hinterließ nicht nur Karteileichen, die heute an die 100 Jahre alt sind und keine Gefahr mehr darstellen - und es wurde in 35 Jahren nichts gemacht. Ich kann keine Partei wählen, bei der ich nicht weiß, wo ich dran bin und wie viel von einem Unrechtsstaat und seiner Stasi in der Partei noch steckt. Manche Ideen der Linkspartei fand ich gut, da ich der WASG sehr nahe stand, aber der PDS traute ich schon in den Neunzigern nicht und den Wendehälsen sowieso nicht, ebensowenig der Linkspartei - Gregor Gysi vielleicht und Hans Modrow vielleicht, der aus meiner Sicht das ehrlichste Gewissen der DDR-Vergangenheit war und sympathisch wirkte auch, aber das war es dann.

https://www.youtube.com/watch?v=a22qMTn1_88

Mir war aber auch klar, dass die Partei nach Lothar Bisky, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, den gerade im Saarland viele auch aus Prinzip gewählt haben, weil er aus dem Saarland stammt und immer für gute, seriöse Politik und Ehrlichkeit stand, keinen leichten Stand mehr hat.

Die Zeit der Linkspartei ist aus meiner Sicht vorbei, weil ihr die klaren Köpfe fehlen und sie in der heutigen Parteilandschaft überflüssig ist - und weil auch die Neuen Bundesländer kaum noch PDS, sondern viel mehr AfD wählen - wenn man da überhaupt zur Wahlurne geht und nicht zutiefst politikverdrossen ist.

Wer Vorsitzender werden kann ... mir fällt ehrlich gesagt niemand ein, der eine Perspektive hätte. Altmeister Gysi vielleicht? Warum nicht - er könnte es. Aber auch das ist kein Ausweg - er ist Jahrgang 1948 und zwar noch fit und ein ehrlicher Mensch, aber auch sein vitales Auftreten täuscht nicht drüber hinweg, dass er auf die 80 zugeht. Und wenn er dann ganz abtritt, war's das sowieso komplett - man würde nur einen Sterbenden am Leben erhalten. Bodo Ramelow vielleicht? Er wäre auch noch nicht so alt und hat einen relativ guten Rückhalt, aber er sollte besser Ministerpräsident in Thüringen bleiben, wo er eine gute Arbeit macht, wie ich finde.

https://www.youtube.com/watch?v=_v1vuIQIwBU

Die Fünf-Prozent-Hürde sollte man beibehalten, weil man sonst nur Gruppierungen fragwürdigster Herkunft und ggf. Spaßparteien ins PArlament holen würde, die extreme Unruhe stiften und Chaos schüren, was wiederum dem Rechtsstaat schaden und dem Parlament sowie Deutschland nicht gut tun würde.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

koofenix  19.08.2024, 07:19

Die SED hat sich nie aufgelöst, ist also noch zu 100% in der Linken enthalten.

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vanOoijen 
Beitragsersteller
 19.08.2024, 07:41
@koofenix

100% stimmt nicht.

Die PDS ist Rechtsnachfolger der SED. Wäre sie das nicht wäre das Parteivermögen der SED verlorengegangen.

Aber Die Linke ist der Zusammenschluss aus PDS/nachher Linkspartei und WASG.

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koofenix  19.08.2024, 08:35
@vanOoijen

Die SED hat sich lediglich in PDS umbenannt. Dann haben sie sich wohl in Linkspartei ebenfalls nur umbenannt. Es gibt also keinen Nachfolger der SED. Als Linkspartei ist sie dann mit der WASG zusammengegangen.

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vanOoijen 
Beitragsersteller
 19.08.2024, 09:50
@koofenix
Die SED hat sich lediglich in PDS umbenannt. 

Und ein völlig anderes Grundsatzprogramm erarbeitet.

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vanOoijen 
Beitragsersteller
 18.08.2024, 22:38

Alte SED-Kader mögen in so einigen ostdeutschen Kreisverbänden noch vertreten sein. Im Westen gibt es sie nicht und in der Gesamtpartei spielen sie keine Rolle mehr. Was nicht heißt, dass es in der Linken ausschließlich demokratische Sozialisten gibt. Es gibt auch ein paar Linksextreme und ein paar wenige Kommunisten. Für die Mitgliedschaft in der Linksjugend "Solid" muss man ja nicht einmal Parteimitglied sein. Dort habe ich ein paar Extremisten gefunden die gleichzeitig in Splittergruppen wie SOL und SAV sind, die wiederum nichts mit der Linken zu tun haben. Die sind aber auch nicht gefährlich, wenn Abende lang und auf Zeltlagern über die russische Revolution von 1918 schwadroniert und vegan gegrillt wird.

Bei der ewigen Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist nie etwas herausgekommen. Die westdeutschen Kreisverbände sind utopischer unterwegs als die in Ostdeutschland. Aber auch wenn manch einer vom Umsturz träumen mag - aktiv geplant wird da nichts.

Die guten Linken kümmern sich kommunal um sozialpolitische Themen. Dafür hat die Linke eine Daseinsberechtigung. Und das sollte auch der Markenkern bleiben.

Die Grünen aber in Punkto Wokeness links überholen zu wollen nahm nervige Züge an und ist auch der Grund für Wagenknechts Weggang und ihren Begriff der "Lifestyle-Linken".

Und auch wenn das Thema Wohnungsnot gesehen wird ist es, zumindest hier im Kreisverband, verpönt gewesen dass mit Zuzug durch Migration in Verbindung zu bringen.

Die Rufe "Querfront" kamen schnell und vergraulten mach besorgte Bürger und potentielle Wähler.

Die finden beim BSW jetzt eine Heimat. Das ist pragmatischer. Mit der Utopie eines demokratischen Sozialismus über doe 5%-Hürde zu kommen wird schwer, vor allem ohne charismatische Führungsfiguren.

Aber die Linke wird überleben. Immerhin ist das Parteivermögen nicht klein. Nur aus den Parlamenten fliegen sie peu á peu wohl raus. In einigen Stadträten werden sie bleiben, und das finde ich auch in Ordnung.

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rotesand  18.08.2024, 22:44
@vanOoijen

Danke für die gute Analyse und die Hintergrundinformationen.

BSW ist ein Thema für sich - für mich ist das zwar die Spielwiese von Frau Wagenknecht, bei der ich nie abschätzen kann, ob sie sich nur selbst darstellen will, aber die grundsätzlichen Positionen finde ich nicht schlecht.

Die guten Linken kümmern sich kommunal um sozialpolitische Themen. Dafür hat die Linke eine Daseinsberechtigung. Und das sollte auch der Markenkern bleiben.

Kann ich aus westdeutscher Sicht bestätigen; ich hatte mit einigen zu tun, die ich von der SPD kannte, teilweise danach von der WASG - das waren Gegner des neoliberalen Kurses von G. Schröder, die in der Regel nah am Menschen waren und gute Ergebnisse fuhren. Ihre schärfsten Konkurrenten waren in meiner Heimat damals die Republikaner, die einen sehr starken Stadtverband hatten - da war einer meiner besten Lehrer dabei - und ähnlich menschennah und pragmatisch unterwegs waren, meist ging es pari/pari aus, die Fraktionen waren sich durchaus gut gesonnen. In dieser Zeit hat Parteiarbeit ebenso wie Gemeinderat echt Spaß gemacht - das war Demokratie auf Augenhöhe.

Aus meiner Sicht hat sich demokratischer Sozialismus selbst überlebt und war eben als Worthülse für viele Westdeutsche zu sehr an den Bereichen DDR, Stasi, Sozialismus, Honecker und Ulbricht verhangen - und in den Parlamenten sind fehlende Linkspartei-Mitglieder aus meiner Sicht kein Verlust, zumal sie die Chance verpasst haben, sich klar zu positionieren.

XXX

Was würde Oskar Lafontaine eigentlich sagen, wenn er wüsste, dass ich beim Plakatieren für ihn und die WASG erwischt wurde und einen Verweis aussaß, dem Versuch der "Gehirnwäsche" durch einen CDU-Konrektor widerstand und weiterhin zu Oskar stand?

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vanOoijen 
Beitragsersteller
 18.08.2024, 22:47
@rotesand

Mit den ehemaligen WASGlern habe ich doe besten Erfahrungen gemacht. Das waren weniger dogmatische Ideologen als die ehemaligen PDSler.

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rotesand  18.08.2024, 22:51
@vanOoijen

Ja, absolut - ich fand die WASG vom ersten Moment an super (auch menschlich, da herrschte so ein Pionier- und Korpsgeist) und eckte damit im CDU-Sumpf meiner Heimat überall an. Allerdings habe ich das richtig gern gemacht und aus purer Überzeugung.

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vanOoijen 
Beitragsersteller
 18.08.2024, 23:02
@rotesand

Vor allem war hier ein Ex-WASGler ein politischer Arbeiter. Eine seltene Spezies im Politikbetrieb wo die Mehrheit Akademiker sind. Der war richtig Arbeiter in der Zuckerfabrik. Und einen LKW-Fahrer gab es hier in der Linken ebenfalls. Aber, wie gesagt, Seltenheitswert.

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Traurig - NOPE! Ganz im Gegenteil! Die "Pseudo-Friedenspartei", die sich über die letzten Jahre mit internen Scharmützeln selbst zerlegt hat mit Skandalen, Dauer-Streitereien, Beleidigungen, Mobbing, vertuschten sexuellen Übergriffen... Sie war und ist eine Partei von narzisstischen Selbstdarsteller*innen, von denen jede(r) ihr/sein eigenes Süppchen gekocht hat. Sehr gut, dass sie sich in die Bedeutungslosigkeit verabschieden!

Da werden sich wohl andere Vorsitzende finden lassen.

Um ehrlich zu sein, ich hab die Namen vorher nie gehört und wusste gar nicht das die beiden Parteichef sind.

Können also so richtig auch nie was bewirkt haben, sonst wären sie bekannter.

Mir egal, viel Glück für die Nachfolger - vielleicht sind die ja "sichtbarer"

  1. Ja irgendwie schon, weil auch Die Linke ein starkes Zeichen gegen AfD und BSW
  2. Mitglied bin ich keins aber ich schon öfters Die Linke gewählt
  3. Gregor Gysi
  4. Mit einem besseren Wahlprogramm
  5. Bin ich dafür
  6. Ich bin kein Hellseher