An die Eltern: Strafantrag bei sexuellem Missbrauch von Jugendlichen?

11 Antworten

Falls mein Kind, das ich vielleicht mal irgendwann haben sollte, mit 14/15 einen über 21-jährigen Partner haben sollte, würde ich gegen den Partner zumindest nicht wegen § 182 Abs. 3 StGB Strafantrag stellen.

Schließlich muss nicht nur nachgewiesen, dass es dem Minderjährigen an der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung mangelt, was nebenbei sowieso schwer genug ist, sondern auch dass genau das Fehlen dieser Fähigkeit ausgenutzt wurde.

Auch kann man durch das Stellen eines Strafantrags als Elternteil nicht nur die Beziehung des Kindes zum Partner sondern auch die Beziehung Eltern-Kind zerstören.

Aus meinem Bekanntenkreis kann ich von einem brisanten Fall erzählen, bei dem es auch um den § 182 Abs. 3 StGB ging:

Ein Bekannter meiner Familie war damals 27 und frisch als Lehrer an einem Berufskolleg verbeamtet, als er mit einem damals 15 jährigen Mädchen zusammen kam. Die Schule des Mädchens und die des Bekannten trennten knapp 20 Kilometer. Das Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses i.S.v. § 174 StGB lag demnach nicht vor. Dennoch ging es vors Strafgericht, weil die Eltern des Mädchens den Bekannten wegen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen nach § 182 Abs. 1 (Ausnutzen einer Zwangslage& Abs. 3 (Ausnutzen der fehlenden Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung der JüngerenStGB angezeigt haben.

Da die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung nicht durch ein Gutachten belegt werden konnte, erhob die Staatsanwaltschaft nur für das Ausnutzen einer Zwangslage Anklage. Am Ende kam aber heraus, dass es dem nicht so war. Das Gericht sprach den Bekannten wegen erwiesener Unschuld frei. Die Beziehung zwischen dem Mädchen und dem Bekannten hielt an.

Mit 18 wechselte das Mädchen die Schule, und kam nicht nur auf die Schule des Bekannten, sondern auch in seine Klasse. Eine strafrechtliche Handlung lag hier wieder nicht vor, da sich § 174 StGB auf Minderjährige in einem Abhängigkeitsverhältnis beschränkt.

Dennoch wurde der Bekannte, inzwischen 30, zunächst aus dem Schuldienst und dem Beamtenverhältnis entlassen. Allerdings klagte der Bekannte vor den Verwaltungsgerichten gegen seine Entlassung. Am Ende wurde seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis widerrufen. Zwar darf er nicht mehr unterrichten, aber er sitzt seit dem mit seinen A14 Bezügen in einer Schulverwaltung.

Inzwischen ist der Bekannte 39 und das Mädchen 27. Beide leben zusammen, sind seit 6 Jahren glücklich verheiratet und haben 2022 ein Kind bekommen.

Ich wünsche den alles Glück der Welt, besonders deswegen, weil auf dem Weg zu ihrem Familienglück einiges in die Brüche gegangen ist.

Sie hatte immer wieder betont, dass die Beziehung und vor allem der Sex von ihr ausging und er am Anfang auch dagegen war, ihr aber bis zum Strafgericht (fast) niemand geglaubt hat.

Sie wurde, weil sie die Beziehung nicht beenden wollte, enterbt und hat selbst um die Inobhutnahme des Jugendamtes gebeten. Den Kontakt zu ihren Eltern hat sie über Jahre gemieden, weil sie ihren Eltern nicht verzeihen konnte, was vorgefallen war. Das Problem war dabei weniger die Anzeige, sondern viel mehr, dass ihr ihre Eltern nicht geglaubt haben.

Erst auf Anraten des Bekannten nähert sie sich ihren Eltern langsam wieder an.

Und er muss mit einem Unterrichtsverbot dafür bezahlen, dass sein Versetzungsantrag, den er aus dem Grund gestellt hatte, dass sie auf das Berufskolleg wechselte, abgelehnt wurde. Die Schule und die Schulaufsicht wussten, schon bevor der Schulwechsel von ihr auf das Berufskolleg endgültig vollzogen wurde, von der Beziehung. Da finde ich es nicht in Ordnung, sie auch noch in seine Klasse zu setzen.


Tand0r  03.09.2024, 09:08

Strafrechtlich war es für ihn nicht mehr verboten. Dienstrechtlich aber schon.

Er hätte zumindest die Schulleitung über die Beziehung informieren müssen als der Schulwechsel seiner Partnerin beantragt wurde.

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YvonneM2508  03.09.2024, 09:29
@Tand0r

Den Versetzungsantrag hatte er vor dem Antrag des Schulwechsels seiner Partnerin gestellt.

Er hatte ja in seinem Versetzungsantrag das Bestehen der Beziehung als Grund für die Versetzung angegeben.

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Physicist97 
Beitragsersteller
 01.09.2024, 18:34

Krasse Story

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Es handelt sich um ein relatives Antragsdelikt. Das heißt, der Staatsanwalt kann auf "Öffentliches Interesse" erkennen und ermittelt von Amts wegen.

Ich würde mich aber darauf nicht verlassen, und würde einen Strafantrag form- und fristgerecht stellen.


Physicist97 
Beitragsersteller
 02.09.2024, 19:53

Ok, aber würdest du im Vorhinein mit dem Kind reden und überlegen, ob der Tatbestand überhaupt erfüllt ist? Falls Letzteres fernliegend ist, ersparst du so deinem Kind Befragungen.

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Rede doch erstmal mit deinem Kind, ob die sexuelle Beziehung überhaupt von ihm/ihr gewünscht ist. Insofern ihr über solche Themen sprechen könnt.


Physicist97 
Beitragsersteller
 02.09.2024, 19:51

Die Frage ist fiktiv

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Wenn BEIDE es aus freien Stücken gemacht haben, warum sollte ICH da einen Strafantrag stellen ???

Ich als Vater spreche da erst einmal mit BEIDEN drüber.

NUR weil es so mal gesetzlich festgelegt worden ist ????

Wie Hyperbürokratisch denkst DU, wenn man so durchs Leben wanken würde und nicht auf die Meinung derer eingeht, denen es letztendlich angeht und die da GEMEINSAM ohne Gewalt zusammengekommen sind ????

Bei 16 /21 würde ich als Vater keinen Strafantrag stellen. Fehlende Einsicht ist da mehr als unwahrscheinlich. Das ist ausserdem ein ganz normales Altersverhältnis.


Physicist97 
Beitragsersteller
 01.09.2024, 18:35

Bei 16 ist es eh immer legal, aber bei 14/15 nicht zwingend

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Physicist97 
Beitragsersteller
 01.09.2024, 18:39
@HarryXXX

Würdest bei 27 und 14 nen Strafantrag stellen?

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HarryXXX  01.09.2024, 19:13
@Physicist97

Nein, nicht zwingend. Aber ich würde das intensiv und misstrauisch beobachten.

Von all dem ganz abgesehen wissen wir alle, dass die größte Gefahr für Kinder und Jugendliche nicht von älteren Personen ausgeht, sondern in erster Linie vom Elternhaus und der Kirche. Solange das nicht geregelt ist, brauchen wir über den Rest erst gar nicht nachdenken.

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/urteil-zum-kindeswohl-15-jaehrige-darf-liebesbeziehung-mit-30-jahre-aelterem-mann-fuehren-a-1119197.html

inzwischen wird das von vielen Gerichten auch so gesehen.

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