Weiberfastnacht/Fettdonnerstag: Wer feiert?

Die rheinländische Tradition des Karneval verschwindet immer mehr.

Waren bis vor 20 Jahren ab 11 Uhr 11 wirklich alle Läden geschlossen und alle Schüler auf dem Marktplatz und niemand lief ohne Kostüm herum, waren die letzten 15 Jahre eher von Langeweile geprägt - auch schon vor Corona.

Foto: Karneval in Aachen

Woran liegt es? Dabei ist der Ursprung des rheinischen Karnevals doch anarchistisch und gegen die französische Besatzungsmacht.

In meiner Jugend in den 90ern konnte in der Zeit von Fettdonnerstag bis Aschermittwoch jeder das sein was er sich sonst nicht getraut hat.

Heute gibt es auch im Alltag Crossdresser, Furrys und Leute die Aussehen als wären sie gerade einem Manga entsprungen.

Gleichzeitig sind die traditionellen Karnevalsvereine natürlich CDU-Vereine für das Establishment. Aber es gibt doch auch die grüne Stunk-Sitzung in Köln und bei uns in Aachen die Strunx-Sitzung.

Ist das alles überholt?

Zieht das nur noch bei Boomern und Generation X?

Können alle Generationen nach X damit nichts mehr anfangen?

Speziell an die Rheinländer: Freut ihr euch auf morgen 11:11 Uhr?

Als ich 15 war konnte ich es kaum erwarten und hatte mein Kostüm schon rausgelegt um diese Uhrzeit. Jedes Jahr ein Anderes. Teilweise selbst gemacht wie einen mit Graffiti besprühten Arztkittel. Damals Ghettoblaster auf die Schulter, heute Bluetooth-Box dabei.

Ich habe den Eindruck das ist heute nicht mehr cool.

Wenn ja, warum nicht?

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Völlig uncoole Tradition, geh weg. 61%
Karneval ist cool, ich freu mich drauf. 39%
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Sitzt der ideologische Mitläufer tatsächlich weniger am Stammtisch, sondern eher im Hörsaal?

Der Evolutionspsychologe William von Hippel fand heraus, dass der Mensch einen Großteil seiner Denkleistung dazu verwendet, um sich in seiner komplizierten sozialen Welt zurechtzufinden. Warum guckt mein Chef heute so komisch? Was bedeutet die Anspielung meines Nachbarn über mein neues Auto? Flirtet die Bedienung mit mir oder ist sie einfach nur freundlich?

Unser „soziales“ Gehirn überprüft zwar ab und an auch Fakten. Viel wichtiger jedoch ist ihm die Frage: Welche gesellschaftlichen Konsequenzen hat es, wenn ich dies oder jenes tue oder sage?

Wir haben also einen Mechanismus im Kopf, der uns im Zweifel sogar daran hindert, das zu denken, was richtig ist, wenn es im Gegenzug unseren sozialen Status gefährdet.

Daher tritt dieses Phänomen auch umso stärker auf, je höher der soziale und wirtschaftliche Status einer Person ist. Gebildete und/oder wohlhabende Menschen machen sich mehr Gedanken darüber, was andere von ihren Meinungen halten könnten. Weil sie einen akademischen Ruf oder eine gute berufliche Position zu verlieren haben.

Was dazu noch kommt: Je gebildeter und klüger ein Mensch ist, umso geschickter ist sein Gehirn, ihm den größten Blödsinn als vernünftige Idee zu verkaufen, solange es seinen sozialen Status hebt. Dadurch neigt das gehobene Bildungsbürgertum stärker dazu, irgendwelchen intellektuellen Schnapsideen hinterherzuhängen als einfache Leute.

Der amerikanische Daten-Analyst David Shor stellte in umfangreichen Studien fest, dass gebildete Menschen ideologisch kohärentere und extremere Ansichten vertreten als Menschen aus der Arbeiterklasse. Taxifahrer, Putzfrauen, Handwerker oder Lagerarbeiter haben oftmals viel mehr Realitätsbezug und gesunden Menschenverstand als Professoren, Lehrer und höhere Beamte.

Der ideologische Mitläufer sitzt also weniger am Stammtisch, sondern eher im Hörsaal.

Vince Ebert

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