Bester Freund schildert mir seine tiefen Probleme, aber wenn ich darauf antworte, sagt er, er habe es satt von mir analysiert zu werden und zieht sich zurück?
Mein bester Freund hat ziemlich viele Probleme und das seit Jahren.
Er hat mir früher immer viele seiner familiären Probleme erzählt, von Überforderung auf der Arbeit, Jobwechseln, Beziehungs- und Elternthemen, seiner Kindheit, in der seine Eltern nie Zeit für ihm hatten, gesundheitlichen Problemen und Problemen mit Freunden.
Er sagte, er findet das Reden mit vor total schön und er habe immer so jemanden gesucht, der ihm zuhört und den er um Rat fragen kann... da seine Kumpels alle eher Partymenschen sind und ihre eigenen Probleme haben.
Er sagte auch, dass er viele Probleme ausschließlich mir erzählt hat, da er mir voll vertraut.
Nun ist es so, dass ich mich viel mit Psychologie befasse und in dem Bereich auch eine gewisse Vorbildung, sowie Lebenserfahrung habe.
Ich habe daraufhin, wenn er mich um Rat gefragt hat, versucht, ihm den psychologischen Hintergrund zu erklären, so dass für ihn nachvollziehbar ist, woher solche Probleme in ihm selbst oder auch mit anderen kommen.
Dadurch, dass ich ihn so gut kenne, merke ich auch, wenn er sich verstellt und Masken trägt, um seine Verletzlichkeit zu verbergen und Minderwertigkeitskomplexe zu kompensieren, von denen er selbst sagt, dass diese extrem ausgeprägt sind und ihn im Umgang mit anderen Menschen behindern.
Er sagte selbst mehrfach, dass er psychologische Probleme habe und fragte, woher diese wohl kommen und was er dagegen machen kann.
Ich sagte ihm daraufhin, dass er meinem Verständnis nach ein Elternthema hat und dass ihn extrem belastet, dass diese sich damals nie wirklich Zeit für ihn genommen aber viel gefordert haben.
Er ist ein regelrechter Workaholic, der nur Überstunden und Arbeit kennt.
Erst fand er das Thema spannend und wollte mehr wissen, doch je mehr es Richtung Gespräche über sein Aufwachsen ging, desto mehr machte er zu.
Er sagte, er könne das nicht und wolle auch keinen Therapeuten aufsuchen.
Im Laufe der Zeit kamen mehr Probleme hinzu und er schilderte mir diese wieder und bat um Rat, doch je mehr ich versuchte, dass psychologisch zu erklären, desto mehr begann er sich von mir zurück zu ziehen.
Er sagte, er möchte diese Gefühle super gerne loswerden, aber würde lieber mit mir Outdoor Aktivitäten machen und sich ablenken.
Später bekam er depressive Verstimmungen und meldete sich über Wochen gar nicht, sagte, dass ihn gerade vieles belastet und er versucht, sich aufzuraffen.
Ich versuchte nochmal, auch wenn er das abgelehnt hatte, eine Therapie vorzuschlagen oder zumindest einen Coach/Heilpraktiker o.ä. aufzusuchen, um sich entspannen zu lernen.
Daraufhin meldete er sich wieder nicht mehr gratulierte mir aber zum Geburtstag und schrieb, dass er unsere Freundschaft sehr gerne weiter führen möchte, aber erstmal das verarbeiten müsse, was ich zu seiner Gesundheit und den Umgang damit gesagt habe.
Danach meldete er sich wieder öfter, blieb aber auf der WhatsApp Schiene und gab vor, keine Zeit für Telefonate und Treffen zu haben, da er so im Stress sei.
Er wolle mich auch super gerne wieder sehen, schaffe es nur aktuell nicht.
Die Freundschaft sei ihm wichtig.
Ich sagte ihm dann, dass aus unserer sehr vertrauten Freundschaft mittlerweile eine unverbindliche sporadisch Brieffreundschaft geworden ist, in der er nach Lust und Laune sporadisch auf- und abtaucht und dass ich nicht möchte, dass die Freundschaft immer mehr unter Ferner Liefen bei ihm gefühlt läuft.
Er betonte daraufhin mehrfach, dass er die Freundschaft noch will. Auf die Frage hin, warum er sich kaum noch meldet, kam "ich habe es satt, dass Du mich analysierst, ich brauche danach immer Ruhe, aber ich will die Freundschaft und Dich auch treffen.
Was ist davon zu halten?
Probleme episch und in der Tiefe erzählen, mit dem Wissen, dass ich auf sowas immer "psychologisch", aber auch mit Empathie und Rat "dran gehe".
Und nun wird mir gesagt, das ist nicht okay und er hat es satt.
Nur zuhören und zusehen, wie er sich immer tiefer rein reitet und immer mehr klagt, ist für mich auch komisch.
Kommt mir vor, als will er nur drüber reden, aber keinen Rat, den er nicht verarbeiten kann.
Er bedankt sich dann oft für den Rat, macht das Gegenteil, es geht ihm dann noch schlechter und je mehr ich helfen will, desto mehr nervt ihn das, aber ablassen vom Schildern will er auch nicht.
Mittlerweile geht er mir prophylaktisch aus dem Weg, aus Angst, ich könnte wieder was analysieren oder helfen wollen, gibt aber andererseits zu, dass er oft an mich denkt und mich gerne wiedersehen möchte.
Und auf keinen Fall die Freundschaft abbrechen... aber dann kommen wieder diese Rückzüge...
Zuhören gerne, aber soll man immer zusehen, wie sich ein Freund tiefer rein reitet.
Manchmal denke ich, er stellt mir seinen seelischen Müll im Sack vor die Tür und rennt dann weg und zieht sich die Decke über den Kopf.
Eure Meinung und wie damit umgehen?