Ja, ich hatte 7 Jahre Latein, also ab der 7. Klasse bis zum Abi, habe somit das Große Latinum. Es war und ist mir immer hilfreich, da ich die meisten Fremdwörter selbst herleiten kann oder "automatisch" (auf Anhieb) verstehe. Ich denke überhaupt nicht darüber nach, sondern benutze sie ganz spontan wie jedes deutsche Wort.
Durch den Lateinunterricht habe ich ein Grundverständnis grammatischer Strukturen erworben, was es mir im Allgemeinen leichter macht, mich in einer anderen grammatischen Sprache zurechtzufinden, als Leuten, die diesen lateinischen Unterbau nicht hatten und Regel für Regel einbimsen müssen. Das betrifft nicht nur die romanischen Sprachen. Natürlich, bei einer Tonsprache wie z. B. Thai nützt Latein überhaupt nicht.
In der Schulzeit hat mir Latein - außer im ersten Jahr (da empfand ich Latein als eine Art Geheimsprache) - gar keinen Spaß gemacht. Unsere Lehrbuchtexte damals waren todlangweilig. Als wir dann anfingen, "richtige" Texte wie Caesars "De bello gallico" zu lesen, wurde es noch schlimmer. Was interessierte mich dieses Kriegsvokabular? Ich wollte nicht wissen, wie Schwert, Dolch, Lanze und anderes Kriegsgerät auf Latein hieß. Auch Ciceros Briefe an seine geliebte Tochter Tulliola hinterließen bei mir keinen bleibenden Eindruck. Gefallen hat mir nur Sallusts "De coniuratione Catilinae". Da ging's endlich mal zur Sache und es kam endlich auch mal einiges an handfestem Vokabular.
Den wenigsten von uns Schülern hat Latein Spaß gemacht. Wir waren immer froh, wenn wir unseren Lehrer mit irgendwelchen Fragen zur aktuellen Politik ablenken konnten. Er war nämlich gleichzeitig auch Geschichtslehrer und freute sich, wenn er seine Meinung zu allen möglichen Ereignissen kundtun konnte. Dann sprach er interessant, und wir lernten auch etwas dabei. Sein Lateinunterricht aber war Schnarchunterricht.
Ich bin dennoch froh, Latein gewählt zu haben, aber das Kleine Latinum hätte es sicher auch getan.