Wieso kann großteils die jetzige Babyboomer-Generation nicht ganz nachvollziehen, wenn die jüngere Generation ein ruhigeres Arbeitsleben führt?

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Das liegt größtenteils an der massiv veränderten Perspektive. Meine Großeltern (geboren in den 50ern) und meine Eltern (geboren in den 70ern) teilweise auch noch, hatten eine ganz andere Perspektive und einen ganz anderen Blick auf die Arbeitswelt, als Menschen die nach 2000 geboren sind.

Früher hat man mit 16, 18 oder 20 zu arbeiten begonnen und hatte ein Ziel vor Augen. Wenn man sich jetzt 5-10 Jahre gut reinkniet, dann hat man am Ende was davon. Man kann sich ein Haus kaufen oder eins Bauen oder eine Wohnung, bekommt eine Familie durch, kan auch einmal im Jahr in den Urlaub fahren, etc. pp. Das waren alles Ziele, die erreichbar waren und realisitisch waren. Kurz: Man hat Ergebnisse - handfeste Ergebnisse - dafür gehabt, dass man sich jetzt Vollzeit rein kniet. Und es kam was Zählbares dabei heraus.

Heute fängt man an zu arbeiten und hat nur einen Blick ins Ungewisse. Viele rennen 5 Tage die Woche vollzeit in die Arbeit, nur um sich die horrenden Mieten für Wohnungen leisten zu können, in der sich dann aber nichts anderes tun, als zu schlafen zwischen von der Arbeit kommen und in die Arbeit gehen. Die Perspektive sich nach 5-10 Jahren dannwas eigenes aufbauen zu können und was eigenes zu haben (siehe oben) .. die haben viel enicht mehr, weil einfach nichts übrig bleibt neben Miete und Lebenserhaltungskosten, was man sparen könnte. Am Ende sieht man also eben nichts Zähllbares dabei rum kommen, wenn man sich ordentlich reinkniet. Mal ganz davon abgesehen, dass sich junge Leute heute immer mehr mit dem Gedanken konfrontiert sehen, dass sie arbeiten dürfne, bis sie tot umfalllen .. alles in allem kaum aussichtsreiche Perspektiven. Also warum sollte man sich ordentlich reinknien, wenn es am Ende eh nichts bringt?

Also macht man lieber jetzt kürzer, hat jetzt mehr Freizeit und lebt im Hier und Jetzt. Dann kann man sich nicht mehr oder weniger leisten, wie wenn man sich abrackert ... mit dem Unterschied, das man eben ihm hier und jetzt ein gutes Leben hat.

Und das ist etwas, was die Leute nicht verstehen ... wie auch? Für sie war/ist es ja anders.


rotesand  06.06.2024, 22:26

Eben, die Welt war eine andere.

Meckern tun heute meist diejenigen, die in den Sechzigern große Dreifamilienklötze auf die Heide bauten und durch eigenes Schaffen nur wenig Geld verbrauchten, weil die ganze Familie mithalf und durch Flurbereinigung oder auch Mauschelei und geschmierte Ratschreiber und Bauamtsleiter (das ging damals noch) Ländereien getauscht oder Baugebiete ausgewiesen wurden, so dass man einen bis dato nutzlosen Acker bebauen konnte und voll erschlossen bekam. Ich kenne etwa einen, der in den Sechzigern für sein Haus keine 10.000 D-Mark brauchte, weil die ganze Familie gegen Bier und Abendbrot mithalf und er die Materialien zumeist auch von allen möglichen Leuten zusammenklaubte, denen er wiederum bei anderen Dingen half - und es ist kein direkt kleines Haus, sondern solide Lage in einem westdeutschen Mittelzentrum à 20.000 Einwohner. So was geht heute nicht mehr, die Leute waren eventuell auch bescheidener bzw. wollten nicht alles (Haus, großes neues Auto, ständig in Urlaub, modernste Küche usw.) auf einmal, sondern erledigten eines nach dem anderen - man zog in ein halbfertiges Haus ein und baute es nach und nach aus, fuhr jahrelang noch mit einem alten Opel Kadett durch die Gegend und arbeitete in der Freizeit am Haus bzw. fuhr erst in die Ferien, wenn das Haus dann fertig war.

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Udo107  06.06.2024, 22:39
@rotesand

Tja, aber die Ansprüche sind heutzutage teilweise noch geringer und nicht mal mehr die bekommt man zusammen. Damals hat man eben noch ein Haus bauen können ... heute können die meisten das gar nicht mehr. Und das ist halt eine sehr .... ernüchternde Aussicht ... sein Leben lang vollzeit zu schuften, für eine Wohnung, die einem dann nicht mal gehört, sondern in der man nur zum schlafen jede Nacht ist ...

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DerHans  07.06.2024, 09:44
@Udo107

Auch in den 60er und 70er haben die wenigsten tatsächlich ein Haus bauen können. Woher denkst du denn das diese niedrige Eigentumsrate kommt. Auch damals haben die meisten gerade so viel verdient, dass sie über den Monat kamen. In den 60ern sind ARBEITER kaum jemals in den Urlaub gefahren geschweige denn GEFLOGEN

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Udo107  07.06.2024, 23:44
@DerHans

Und wer hat die Häusr dann alle gebaut, die heute in Deutschland stehen?

Natürlich gab es eine Zeit - ob das jetzt die 60er, 70er oder 80er waren - in der Eigentum erschwinglich war. Heute ist es das nicht mehr ... nicht zu letzt weil der Staat überhaupt nicht will, dass die Leute Eigentum besitzen - da kommen von den Behörden die grotestesten Argumente (selber schon erlebt). Natürlich hat früher nicht jeder ein Haus gebaut, aber man konnte, wenn man wollte und wenn man sich ordentlich reingekniert hat und sich darum bemüht hat .. etwas was heute nicht mehr geht. Wenn du heute nicht schon was hast, das dir gehört, wirst du niemals was haben, das dir gehört.

Und von Menschen - egal ob jung oder alt - zu erwarten sich abzurackern für etwas, dass dann nicht einmal ihnen gehört, ist schon ein Starkes Stück. Mein Großvater hatte am Ende etwas, das ihm gehört hat und musste sich nicht 40 Wochenstunden Abrackern um sich gerade so die Miete leisten zu können. Und da liegt der Große Unterschied.

Und der neokommunistische, grünrote Anstrich des Staates kommt oben drauf. Die wollen überhaupt nicht mehr, dass die Leute Eigentum haben oder sich was leisten können.

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DerHans  08.06.2024, 09:53
@Udo107

Im Verhältnis zu heute haben die Menschen sogar viel WENIGER verdient. Überlege mal wie lange in den 60er Jahren ein Arbeiter für ein TV-Gerät arbeiten musste.

Die ersten deutschen Farbfernseher (1966) kosteten damals über 2.500 DM. Da verdiente ein gut bezahlter Industriearbeiter gerade mal 1.000 DM monatlich Incl. Schichtarbeit.

Dein Großvater hat dieses Haus wahrscheinlich SELBST gebaut ,und dafür dann mehr als 80 (ACHTZIG) Stunden gearbeitet.

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Daoga  07.06.2024, 11:57
Also macht man lieber jetzt kürzer, hat jetzt mehr Freizeit und lebt im Hier und Jetzt. Dann kann man sich nicht mehr oder weniger leisten, wie wenn man sich abrackert ... mit dem Unterschied, das man eben ihm hier und jetzt ein gutes Leben hat.
Und das ist etwas, was die Leute nicht verstehen ... wie auch? Für sie war/ist es ja anders.

Recht kurzsichtiges Denken, denn von was wollen die mal in Zukunft leben, wenn sie jetzt schon alles gleich wieder auf den Kopf hauen? Dann schenkt ihnen nämlich niemand was, die Eltern sind weg und ggf. haben sie ihr Eigentum noch selber im Alter verbraucht für Pflegeleistungen, statt den Kindern was zu hinterlassen. Und sich auf den Staat zu verlassen ist mehr als wacklig, denn auch dem geht es nicht gut ohne Leistungsträger. Von nix kommt nix.

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Udo107  07.06.2024, 23:49
@Daoga

Du bringst es auf den Punkt, wo von sollen die Leben? Aber der Punkt ist, der, dass sie so oder so nichts haben.

Sie rackern sich ab, schuften 40h die Woche und haben am Ende nichts, weil alles für Lebenserhaltungskosten draufgeht. Also warum soll man sich abracken? Am Ende hat man so oder so nichts, als genießt man lieber das hier und Jetzt - High life auf Low Budget - anstatt sich abzurackern. Das Ergebnis ist dasselbe: Man wird nie was eigenes haben und Rente sowieso nicht. Mit dem Unterschied, dass man jetzt zumindest ein halbswegs cooles Leben führt.

Von nix kommt nix.

Ja, klar. Aber von "was" kommt heut zu tage auch nichts mehr und das ist das Problem.

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Daoga  10.06.2024, 12:28
@Udo107

Wer einen vernünftigen Beruf ausübt weil er was vernünftiges gelernt hat, der kann sich durchaus was erarbeiten, ein Meister im Handwerk ist überall gesucht, ein Ingenieur, IT-Spezialist oder Beamter nagt auch nicht am Hungertuch.

Die Leute von denen Du schreibst, haben sich in jungen Jahren darauf verlassen, daß man auch mit wenig Qualifizierung im Leben durchkommt oder sich zu viele private Verpflichtungen aufgehalst (Familie, Haustiere), die sie beim beruflichen Fortkommen blockieren. Manchmal hilft schon ein Umzug, damit man sich beruflich verbessern kann, aber das funktioniert halt schlecht wenn man einen ganzen Haushalt samt Kindern und Pflegebedürftigen und Hund und Katz mitschleppen müßte.

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Udo107  10.06.2024, 12:48
@Daoga

Das sagt sich einfach, wenn man so tut - wie du - als könne man was dafür für Pflegebedürftige, Familie und Haushalt. Oder wenn man das alles als Last hinstellt, wie du es tust. Außerdem ist es schon ziemlich asozial in der heutigen Zeit Karriere und Familie gegeneinander auszuspielen wie du es hier tust.

Davon abgesehen ist es bezeichnet, dass du einzelne Berufe nennen musst. In einem Land wie Deutschland ist die Prämisse - oder sollte es sein - dass, egal wer was arbeitet, man sich damit etwas erarbeiten kann, man sich davon etwas gönnen kann, und man davon eine Familie ernähren kann. Nicht nur wenn man „ein Meister im Handwerk“ oder „ein Ingenieur, IT-Spezialist oder Beamter“ ist, sondern auch, wenn man Krankenpfleger, Erzieherin, Kanalarbeiter oder sowas ist. Es kann nicht angehen, dass man nur mit bestimmten Jobs, sich was erarbeiten kann. Wer arbeitet soll sich auch was ERarbeiten können.

Und dass du Familie und Job gegeneinander ausspielst ist sowieso ein Unding. Und erst recht, dass du Leute für Pflegefälle oder andere Schicksalsschläge verantwortlich machst.

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Daoga  10.06.2024, 14:29
@Udo107

Von toxischer oder belastender Familie kann man sich trennen. Niemand ist dazu gezwungen oder verpflichtet, sich Kinder oder Haustiere anzuschaffen wenn man sie sich zeitlich und finanziell gar nicht leisten kann. Das sind alles eigene Lebensentscheidungen, die man nicht leichtsinnig oder vorschnell eingehen sollte, schon gar nicht in jungen Jahren wenn Ausbildung und Berufseinstieg wichtig sind, denn jede Fehlentscheidung in dieser Zeit kann einen später lebenslang ausbremsen. Man sollte wegkommen von dieser Vollkaskomentalität, daß man alles gleichzeitig für Billigpreis haben könnte. Für alles ist irgendwann die Rechnung fällig, besser man hütet sich davor, zu früh zu viele Belastungen anzuhäufen. Lieber eines nach dem anderen und erst dann, wenn man es sich auch leisten kann. Und bitte keine Verweise auf die "gute alte Zeit", damals waren es einseitig die Frauen die für alles draufgezahlt haben, an denen alle familiären Belastungen hängenblieben und die deswegen dann oft genug in Altersarmut landeten wegen nichtvorhandener eigener Rentenansprüche. Bei hoher Singlezahl und vielen berufstätigen Frauen allerdings lassen sich Belastungen nicht mehr so einfach abschieben, da ist dann der Staat vermehrt gefordert.

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Ich glaube es ist ein Gefühl à la "wir mussten uns mal richtig anstrengen, also sollen die anderen gefälligst auch". Denn komischer Weise haben dieselben Personen oftmals kein Problem mit Altersteilzeit und anderen Bequemlichkeiten und deswegen kann ich nur unterstelle, dass sie meinen sich das als Privileg verdient zu haben.

Auch andere Aspekte des Komfortgewinns den eher jüngere Generationen einfordern, nehmen sie gern mit, ohne es anderen uneingeschränkt zu gönnen. Aber ich glaube in einer schnelllebigen Gesellschaft wir wir sie in den letzten 200 Jahren haben, ist der Wandel so fix, dass die Generationen jede für sich schon sehr unterschiedliche Bedingungen im Job erlebt und vieles nicht mehr 1:1 vergleichbar ist. Die eigenen Erfahrungen als Blaupause für die Kinder zu sehen gehört aber ein Stück auch zur menschlichen Natur, nur das der Wandel grad viel schneller ist als typische Generationswechsel. Deswegen sich Erfahrungen aus dem Berufsleben der 80er vielleicht fachlich noch relevant aber methodisch weitgehend obsolet und das muss man erstmal verkraften.

Natürlich kommen noch andere Faktoren dazu, die grad auch einiges an dem Verhalten der Jungen ein Stück weit erklären können (Stichwort: Gefühlte Zukunftsaussichten), auch da muss man sich erstmal reinversetzen können.

Es ist das selbe wie mit jeder Generation. Die älteren denken ihr Weg ist der einzig richtige während es ihnen (wie in diesem Beispiel) vielleicht gar nicht so gut geht. Ich denke wir als Gen Z werden irgendwann leider ähnlich sein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nussbecher  06.06.2024, 14:04

Das ist auch gut möglich.

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Oder hat die jetzige Renten-Generation (auch Generation Babyboomer) ebenfalls die großen Bedenken (was Ihnen noch damals in der Vorkriegs-, Kriegszeit als Kleinkind, Kind eingeredet oder sogar eingebläut wurde), wer keinen Fleiß sät bzw. harten Arbeitseifer hat, denn bestraft das Leben?

Das dürfte es bei den meisten sein, denn jede Lebensentscheidung hat Folgen, und schlechte Lebensentscheidungen die man in der Jugend macht, können einen in späteren Zeiten massiv in den Hintern beißen.

Und nach wie vor gilt der Spruch, was Hänschen nicht lernt (arbeiten und was leisten), lernt Hans nimmermehr. Wovon will diese junge Generation dann mal leben, vor allem im Alter wenn sie selber dafür nicht vorsorgen?

Die Boomer-Generation geht bald in die wohlverdiente Rente, aber da junge Leute die lieber chillen als zu arbeiten, wenig in die Rentenkasse einzahlen werden, wird der Staat mehr und mehr zuschießen müssen und die Alten werden sich überlegen, das was sie sich im Lauf der Jahre erarbeitet haben, lieber selber zu verbrauchen statt es zu vererben.

Das heißt die Jungen sollten sich nicht darauf verlassen, sich mal sowieso ins gemachte Nest der Alten setzen zu können, wenn die alles noch zu Lebzeiten verbrauchen, ihre Wohnungen lieber verkaufen um sich einen guten Alterssitz in einem Pflegeheim gönnen zu können (das kostet bekanntlich fett), statt daß die Kinder (die die Pflege auch nicht leisten wollen) noch etwas bekommen.

Und auf den Staat wird in Zukunft noch weniger Verlaß sein als jetzt. Alle Träume von BGE werden auch Träume bleiben, weil in Zukunft noch viel weniger finanzierbar (mangels erbrachter Leistungen aber höherer Ansprüche gegen den Staat wegen der Renten) als jetzt.

Diese alte Diskussion wieder. Ein schwieriges Thema auf das es, meiner Meinung nach, keine einfache Antwort gibt.

Mein Eindruck ist einerseits, die jüngere Generation will sich auf den Lorbeeren der älteren ausruhen. Soll heißen, die Boomer haben den Wohlstand geschaffen in dem wir leben, durch harte Arbeit und Fleiß. Und die jüngeren profitieren jetzt von dieser harten Arbeit und diesem Fleiß, sind aber nicht bereit etwas dafür zu tun. So im Sinne, wir fahren zwar die Ernte ein, aber sind nicht bereit das Feld zu bestellen.

Andererseits versteht die ältere Generation nicht, dass sich harte Arbeit und Fleiß heute nicht mehr so auszahlt wie zu ihrer Zeit. Die ältere Generation hat hart gearbeitet, die harte Arbeit wurde aber auch belohnt. Selbst als Alleinverdiener in einem "normalen" Job, z.B. als LKW-Fahrer, konnte man sich was erarbeiten. Die heutige Generation hingegen, wenn die hart schuftet und fleißig arbeitet, hat sie am Ende oftmals nur wenige hundert Euro mehr als ein Bürgergeldempfänger. Die jetzt in der Mitte des Arbeitsleben stehende Generation ist die erste (seit dem zweiten Weltkrieg) deren Wohlstand niedriger ausfällt als der, der Eltern. Und die jetzige Generation muss für die Erzielung eines vergleichbaren Einkommens wesentlich höhere Qualifkation haben als ihre Eltern. Statt bergauf, geht es steil bergab. In so einem Umfeld hätten wohl auch die Boomer kaum lust gehabt hart und fleißig zu arbeiten.

Daher finde ich, beide sollten einfach mal mehr miteinander reden. Beide Standpunkt sind aus der jeweiligen Sichtweise absolut nachvollziehbar.


holjan  07.06.2024, 13:09

Da möchte ich einhaken und anmerken, dass dieses ''früher'', sehr viel weiter zurückliegt, als die Rentenzeit der sogenannten Babyboomer. Sprich - natürlich kennen sie auch die heutigen Umstände...die herrschen schließlich bereits seit mehreren Jahrzehnten vor.

Davon ab ist zu bedenken, dass auch die Boomer-Generation nicht nur aus Vorstandsmitgliedern und Leute in höheren Posten bestand, die natürlich gut verdient haben.

Auch früher gab es schon Verkäufer, Friseure, Pflegepersonal etc., die schon immer mies verdient haben und sich wirklich krumm machen mussten.

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