Wie reagieren Rettungskräfte wenn Ersthelfer Medizinischen Wissen haben?

10 Antworten

Ein ganz klares: "es kommt darauf an!". Wenn der Ersthelfer über eine dementsprechende medizinische Ausbildung verfügt und dementsprechend auch die medizinischen Fachbegriffe und deren Bedeutung natürlich kennt, dann ist das durchaus "gerne gesehen" und man nimmt den Ersthelfer dann trotzdem auch als einen Kollegen und nicht als "normalen" Ersthelfer wahr. Wenn der Ersthelfer hingegen über keine medizinische Ausbildung verfügt und sich irgendwelche medizinischen Fachbegriffe nur selber angeeignet hat, dann ist es hingegen nicht so gerne gesehen, da dann häufig auch die Bedeutung nicht so wirklich bekannt ist und der Ersthelfer sollte besser in "Laiensprache" sprechen.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Es kommt darauf an welches Wissen sie haben, dann kann ich sie einteilen bzw. Aufgaben delegieren. Da es auch noch um die Haftungsfrage geht sollte man halt echt hinterfragen was der oder diejenige kann. Mir ist es zB mal passiert dass sich einer total aufgespielt hat und ich dann im Laufe des Einsatzes drauf gekommen bin dass er egtl Tierarzt ist, da braucht es schon etwas an Menschenkenntnis und Kommunikation (ich war froh, dass ich kritisch genug war, dass ich ihm nichts übertragen hab)

Bei einem anderen Einsatz hab ich der Hausärztin, die auch bei dem Einsatz war, die Medikamenten-Vorbereitung delegiert - das hat zwar funktioniert, aber als es dann zur Applikation kam hat sie zum Glück rückgefragt welche Dosis wir verabreichen und ob ich das machen könnte.

Ein anderer Einsatz war da war auch ein Mediziner anwesend, der konnte uns richtig gut helfen und auch starke Schmerzmittel verabreichen weil bei diesem Einsatz aktuell kein NEF und kein RTH verfügbar war.

Also wie gesagt, es kommt drauf an. Am besten hinterfragen und man kommt dann gleich mal drauf wie man die Person einsetzen kann.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Medizininformatiker, Notfallsanitäter
Von Experten Rollerfreake und CreeperNicol bestätigt

Man nimmt es zur Kenntnis... In den meisten Fällen überschätzen sich Ersthelfer massiv und dieses führt bei Profis nur zu Belustigung. Man merkt auch sehr schnell und sehr deutlich, ob jemand wirklich Ahnung hat oder nur Sprüche aus der Klinik am Südring zum besten gibt.

Eine vollständige Anamnese und Diagnostik muss man trotzdem selbst durchführen.

Einfaches Beispiel (sogar witzigerweise aus meiner letzten Schicht):

Wir wurden von der Anruferin an der Hofeinfahrt empfangen mit den Worten: "Meine Nachbarin ist gar nicht ansprechbar, die eskaliert total und brüllt nur rum!"...

Bei der Aussage "ist nicht ansprechbar" hätten wir eigentlich unser gesamtes Equipment mitschleppen müssen, allerdings ist jemand, der rumbrüllt sehr wohl ansprechbar und keinesfalls vital bedroht. Im Endeffekt war es dann eine Psychose, für uns also eine Taxifahrt: hinsetzen, Karte her, psychiatrische Fachklinik anfahren.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nein, überhaupt nicht. Ich wurde in meiner Funktion mal zu einem Einsatz gerufen, wo ein Motorradfahrer gestürzt war. Ein Ersthelfer war schon vor Ort und betreute die verletzte Person. Ich als Feuerwehr-Führungskraft ging natürlich sofort hin und fragte was Sache ist. Der Ersthelfer war zufälligerweise ein Arzt und sagte mir das auch. Also habe ich ihm unsere Verbandtasche zur Verfügung gestellt und ihn gebeten, weiterzumachen, denn besser als er hätte es niemand von uns machen können! Und als der Rettungsdienst mit Notarzt einige Zeit nach uns vor Ort war, konnte der Ersthelfer seinem Kollegen Notarzt schon viele wichtige Informationen geben.

Jede Information in dieser Hinsicht ist wichtig. Das ist Fakt.

Woher ich das weiß:Hobby – Feuerwehr seit 1992. Derzeit Wehrführer einer FF in RLP.

MelinaSofie 
Beitragsersteller
 30.06.2023, 20:51

Darf ein Arzt außerhalb der Arbeit auch Medikamente verabreichen? Immerhin könnte derjenige einfach nur ein x beliebiger Mensch sein der dem Patienten was weiß ich was in die venen haut

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SuperKuhnibert4  30.06.2023, 21:06
@MelinaSofie

Interessante Frage. Aber ein Arzt ist auch dann Arzt, wenn er nicht offiziell im Dienst ist. Also darf er es vermutlich schon, gerade wenn es um Lebensrettung geht. Er hat das Fachwissen um medizinische Entscheidungen zu treffen, was der normale Feuerwehrmann nicht mal ansatzweise hat. Wenn ich ihn der Einsatzstelle verwiesen hätte und stattdessen einen unserer Laien mit maximal Sanitätsausbildung hingeschickt hätte, wäre das völlig falsch gewesen. Zudem hätte er sich eh strafbar gemacht, wenn er sich gegenüber uns Einsatzkräften als Arzt ausgegeben hätte, ohne Arzt zu sein, denn das wird ja auch in den Einsatzbericht aufgenommen und die Polizei war auch vor Ort. Ich hatte da volles Vertrauen und entsprechend lief alles gut. Ich hätte auch weder Zeit noch die Möglichkeit gehabt, das zu beurteilen, demnach habe ich ihn gewähren lassen.

Medikamente hatte er aber nicht dabei, er konnte nur den Verbandkasten nutzen. Doch er machte alles wirklich gut.

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DorktorNoth  30.06.2023, 23:24
@MelinaSofie

Ja. Ärzte haben stets Therapiefreiheit und dürfen - oderemüssen ggf sogar- alle ihnen zur Verfügung stehenden ärztlichen Mittel anwenden. Dazu gehören auch Medikamente, sofern man denn welche dabei hat...

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Rollerfreake  01.07.2023, 15:56
@MelinaSofie

Ja, das dürfen und müssen Ärzte. Ein Nachweis, dass sie wirklich Arzt sind, ist in diesem Fall allerdings natürlich sehr empfehlenswert. Einige, jedoch nicht alle Ärzte, besitzen einen "Arztausweis", mit dem sie sich jederzeit gegenüber anderen Personen als Arzt kenntlich machen können. Jedoch ist es für einen Arzt keine Pflicht, einen solchen "Arztausweis" zu besitzen und schon mal gar keine Pflicht, diesen auch ständig mitzuführen, wenn auch das natürlich sehr ratsam ist. Ansonsten, eine mitgeführte Kopie von der Approbationsurkunde in Kombination mit einem amtlichen Lichtbildausweis. Zwar ist es strafbar, sich als Arzt auszugeben, wenn man keiner ist, jedoch gibt es leider tatsächlich nicht wenige Menschen, die genau das tun.

Mfg

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DorktorNoth  01.07.2023, 16:53
@SuperKuhnibert4

Herr Postel hat sich aber nur als Psychiater ausgegeben und wäre sicher nicht zu einem Unfall als Erstheöfer gerannt... 😁

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SuperKuhnibert4  01.07.2023, 17:00
@DorktorNoth

Das stimmt. Wobei er bewiesen hat, dass er sich Psychologie anscheinend durch Lesen derart aneignen konnte, dass etliche studierte und promovierte Kollegen darauf hereingefallen sind. Bei der Chirurgie wäre es wohl schwieriger gewesen bzw. eher aufgefallen :-)

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Wieso sollten die da was gegenhaben? Das ist doch ein Glücksfall für die Betroffene Person und für die Retter. natürlich müssen die das dann nochmal überprüfen, weil man der Ersthelfer person ja nicht hinter die Stirn gucken kann ob das alles wirklich stimmt. Aber die merken wohl wenn die da zufällig auch nen Profi vor sich haben... jedenfalls verkürzt das die zeit der Untersuchungen vor Ort. Kann nur ein Vorteils ein wenn man mit Details kommt.