Wie lange dauert eine buddhistische Lehre?

5 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und möchte versuchen, dir zu helfen:

Du verstehst möglicherweise den Begriff der "Lehre" falsch.

Hier geht es nicht um eine "Lehre", wie eine Ausbildung, die man irgendwann abschließt, sondern um "Belehrung", die eine Orientierung für das eigene Handeln bietet. Es geht also nicht um rein theoretisches Studium.

Wenn du z.B. den "edlen achtfachen Pfad" liest, oder die "vier edlen Wahrheiten", dann ist das bereits die Lehre. Natürlich gibt es auch Bücher mit Deutungen dazu, wie diese Prinzipien zu verstehen sind, aber letztlich geht es um dein persönliches Verständnis.

Nehmen wir als einfaches Beispiel die fünf buddhistischen Sittlichkeitsgelübde (Panchasila). In einer modernen Form lauten sie:

  • Ich gelobe, kein Leben zu nehmen
  • Ich gelobe, nicht gegebenes nicht zu nehmen
  • Ich gelobe, die Rede nicht zu missbrauchen
  • Ich gelobe, die Sexualität nicht zu missbrauchen
  • Ich gelobe, meinen Geist nicht zu betäuben

Was bedeuten diese Gelübde nun? Im Buddhismus gibt es keinen Katechismus, der eine bestimmte Definition vorschreibt. Daher muss man sich selbst damit befassen:

Wie verstehe ICH die Lehre? Was bedeutet sie für MICH und andere? Wie verändere ich MEIN Leben, um ihr zu entsprechen?

Beim Thema den "Geist nicht betäuben", denkt man meist erst an Drogen. Aber auch ständiger Medienkonsum oder Dauernutzung des Smartphones isolieren uns von der unmittelbaren Wirklichkeit und betäuben unsere Wahrnehmung.

Was bedeutet "die Sexualität missbrauchen" ? Ist damit nur Vergewaltigung gemeint, oder können auch andere Arten, wie wir Sexualität ausleben, Leiden auslösen?

Du siehst...es geht hier nicht um ein achtjähriges Studium mit Diplom, sondern um die Art und Weise wie man denkt und handelt. Die Lehre des Buddha bieten dabei eine Orientierung.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Enzylexikon  29.02.2020, 15:22

Vielen Dank für den Stern. :-)

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DieStockEnte 
Beitragsersteller
 15.02.2020, 21:40

Danke Enzylexikon. Mit Lehre habe ich immer eine Rede (nicht eine Lehre wie zb. zum KFZ-Mechaniker) gedacht. Jetzt weis ich es und hab nebenbei den Katechismus verstanden. Das mit der "Belehrung" hab ich verstanden.

Jetzt abseits dieser Frage/Antwort: Ich habe viele deiner Beiträge und Antworten auf Fragen gelesen und wollte nochmal danken für die Zeit die du dir nimmst um hier die Fragen über den Buddhismus beantwortest. :-)

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Enzylexikon  15.02.2020, 21:50
@DieStockEnte

Wie gesagt, einen "buddhistischen Katechismus" gibt es nicht.

Die Lehre des Buddha wären eben "alle" seine Reden, wobei die verschiedenen buddhistischen Lehtraditionen/Lehrschulen/Traditionslinien verschiedene Texte als wichtig ansehen und andere dabei praktisch ignorieren.

Bei uns im Soto-Zen ist z.B. das Herz-Sutra von zentraler Bedeutung und die Praxis des Zazen (eine Form der Sitzmeditation), während andere Traditionen eher auf rituelle Praxisformen oder Textstudium ausgerichtet sind.

NewKemroy hat das gut zusammengefasst. :-)

Ich habe viele deiner Beiträge und Antworten auf Fragen gelesen und wollte nochmal danken für die Zeit die du dir nimmst um hier die Fragen über den Buddhismus beantwortest. :-)

Sehr gerne, ich bin zum Helfen da. :-)

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Also deine Fragen und deine Probleme mit der "Lehre" kann ich sehr gut nachvollziehen. Wie schon andere vor mir sagten, gibt es hier keinen "Ausbildungsplan". Und wenn ich manche "Einführungen" lese, stehen mir die Haare zu Berge.

Deshalb meine Empfehlung: Buddhismus kann man "nur von Buddha lernen". Damit meine ich, daß man nicht wahllos irgendwelche gehörten Begriffe verfolgt, sondern Buddhas Leben kennenlernt. Im Pali-Kanon ist ein Ausspruch von ihm überliefert, der besagt "Wer mich sieht, sieht die Lehre, wer die Lehre sieht, sieht mich".

Das bedeutet, daß er seine Lehre praktisch vorgelebt hat und wir somit die Entstehung und Weitergabe verfolgen können - indem wir seine Biographie lesen.

Und wie immer steht man dabei vor der Frage: Welche von vielen soll ich lesen? Ich meine, zwei oder drei wären kein Problem, dann könntest du sehr schnell beurteilen was Sinn macht oder einfach Märchenerzählerei ist. Meine Empfehlung wäre "Hellmut Hecker: Das Leben des Buddha".

die Mönchsausbildung der großen Schulsysteme dauert 3 Jahre. Bei der Zen-Tradition verlässt der Schüler danach das Kloster. Bei anderen Traditionen, vor allem Theravada und Tiantai, wird der Schüler danach als Vollmönch ordiniert.

Für Laienanhänger (=Nichtmönche) gibt es keine Zeitvorgaben. Da bestimmt jeder einzelne, was seine Bedürfnisse sind, ob er eher praktisch herangehen möchte, also Versenkungsübungen, Satipatthana, Umgang und Wahrnehmung der inneren Abläufe; oder ob er zunächst eher sich mit der Theorie, mit der Buddha-Lehre befassen möchte. Er kann sich Gruppen anschließen, und danach dann entscheiden, wovon er sich angesprochen fühlt. Und wie intensiv er lernen oder üben kann. Ich persönlich finde, man soll es nicht übertreiben, aber jedenfalls sehr ernsthaft angehen, alles was man möchte, um seine ganz persönliche Befreiung von der Allgegenwart des Leidens zu erreichen, die Aufhebung der Umnachtung und den Weg ins Licht.

Erster Einstieg, die Seite des Dachverbands, mit vielen Anregungen und Inspirationen

https://www.buddhismus-deutschland.de/


DieStockEnte 
Beitragsersteller
 15.02.2020, 21:50

Danke AlterVormBerg2. Habe von deiner Antwort viel mitgenommen. Wollte fragen ob es eine Liste gibt mit den Lehren/Belehrungen vom Buddha/vom Buddhismus. Ich kenne schon ein paar Belehrungen (3 Fahrzeuge, Sittlichkeitsgelübde, edlen achtfachen Pfad, vier edlen Wahrheiten) aber es ist schwer neue zu finden. Kennst du da was?

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Die allereste Entscheidung ist es erstmal zu gucken, welche buddhistische "Schule" einem liegt. Bei der einen wird z.B. mehr ritualisiert, bei anderen mehr meditiert und bei wieder anderen mehr studiert. Also was bist du für ein Typ?

Es heißt die Lehre lässt sich verkürzt so darstellen, wie in einem Spruch aus dem Dhammapada: Alles Böse zu vermeiden, Zu kultivieren Heilsames, Und den eigenen Geist zu läutern, Dies ist der Buddhas Lehrgebot. Dhp 183


DieStockEnte 
Beitragsersteller
 15.02.2020, 21:44

Ich bin eher einer der mehr studiert und das vom studiertem verstehen will. Danke für deine Antwort!

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NewKemroy  15.02.2020, 23:30
@DieStockEnte

Dann is der Theravada-Buddhismus dein Ding.

Am besten stürzt du dich hier herein:

www.palikanon.com

Vielleicht liest du die Einleitung, dann Majjhima Nikaya 10, Majjhima Nikaya 22, Anguttara Nikaya III, 66. Das sind schonmal sehr bekannte Lehrreden.

Die Website beeinhaltet schätzungsweise 40 kg Buchmaterial. Darunter die meisten wichtigsten Werke.

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Eine Lehre im religösen Sinn ist keine Ausbildung, sondern ein Leitfaden, eine Idee über das, eine Erklärung für das, eine Wegbeschreibung zu dem Göttliche(n)dem Höchste(n) Absolute(n).