Wie findet ihr das Deutsche Schulsystem?
Ich finds in einigen Aspekten sehr fragwürdig, würde mir gerne ein paar Meinungen anhören :)
4 Antworten
Joa, gab schon ein paar unnötige Fächer und Inhalte. Ich habe 2021 mein Abitur (sog. Turbo-Abitur) abgeschlossen in Nordrhein-Westfalen.
In Mathematik war im Prinzip alles ab der siebten Klasse unnötig, vorher hat man immerhin noch das Verstehen von Diagrammen, Bruch- und Prozentrechnung sowie Alltägliches gelernt. Sobald dann die Nullstellen von Parabeln oder das Krümmungsverhalten von Exponentialfunktionen oder Kurvenscharen hinzukamen, habe ich den Sinn doch häufiger hinterfragt.
Im Fach Deutsch wurde ebenfalls viel Unnötiges gemacht, ein uraltes Buch nach dem anderen wurde durchgenommen - völlig belanglos und irrelevant für den Alltag.
Die Fremdsprachen (Englisch und Französisch) fand ich noch recht sinnvoll, muss ich sagen. Wobei ich eine Gedichtanalyse eines französischen Gedichts aus dem 18. Jahrhundert auch nicht sonderlich sinnig fand.
An sich kam ich gut durch die Schule, war meist eine entspannte Zeit. An manchen Stellen hat man durch das verkürzte Abitur den Zeitdruck aber gemerkt, da die Lehrer ihre Lehrpläne durchprügeln mussten. Insbesondere in Mathe war das Ding, dass sobald man eine Frage gestellt hat, darauf verwiesen wurde dass man angeblich nicht aufgepasst und das Konzept deshalb nicht verstanden hätte - somit gab es für das Stellen von Fragen schlechte Noten. "Am Gymnasium verstehen die Schüler beim ersten Mal" - Zitat von meinem Mathelehrer.
Sehe ich auch so. Mein großer Bruder hatte auch diese Art Turbo Abi, und ich bin froh dass ich das nicht hatte.
Einfach alles ist schlecht am deutschen Schulsystem: das dreigliedrige Schulsystem (=Drei Klassen-Gesellschaft), die Lehrer-Ausbildung (Studium und Referendariat), der Zustand von Schulen und nicht zuletzt die völlig überalterten Richtlinien verschiedener Fächer !
Warum nichts dagegen getan wird ? Ganz einfach: Die Politik interessiert sich (trotz aller heuchlerischer Lippenbekenntnisse) nicht für Bildung !! Anstatt Milliarden (!) in die Bildung zu investieren, wurde unsere Freiheit am Hindukusch und anderswo verteidigt ("Germans to the front !"), werden just in den letzten Tagen 60 neue Kampf-Jets bestellt...
Im Jahre 1964 erschien der Bestseller "Die deutsche Bildungskatastrophe".
Seitdem hat sich nichts - ich wiederhole: nichts ! - geändert.
(Zitat Werner Fuld, "Die Bildungslüge" / Vorwort: 'Ein Großteil der Richtlinien gehört auf die geistige Müllhalde des 19.(!!) Jahrhunderts.' ")
Schule / Bildung war, ist und bleibt ausschließlich ein Spielball politischer Interessen, die sich in blindem Aktionismus erschöpfen !!!
Ich glaube, viele Lehrer sind nicht minder genervt als die zu Unterrichtenden - und NICHT SIE sind ursächlich für euren VERSTÄNDLICHEN Stress verantwortlich, sondern die bescheuerten Fach-Richtlinien = Curricula, nach denen sich die Pädagogen zu richten haben !!
Hätten wir ein SINNVOLLES Schulsystem u.a. mit Richtlinien, die nicht wie viele auf die geistige Müllhalde des 19. (!!!!!) Jahrhunderts gehörten, u.a. nicht G 8, das glücklicherweise weitgehend gekippt wird - hätten wir Bildungsministerien, die Lehrer nicht mit immer mehr ÜBERFLÜSSIGER Bürokratie überhäuften; hätten wir überhaupt eine gänzlich andere, vereinfachte Lehrer-Ausbildung, die auf Praxis-Bezug Wert legt anstatt auf pseudo-pädagogisches GESÜLZE (Referendariat !!!), würde DAS das Dasein beider "Parteien" - Schüler wie Lehrer - erheblich vereinfachen, entkrampfen...
Schule könnte "im schlimmsten Falle" sogar Spaß bringen !!!
PISA
EIN Grund, möglicherweise der Hauptgrund, ist die umstrittene so genannte PISA-Studie. Die Kultusminister der Bundesländer sagten sich plötzlich: "HUCH ! So schlecht sind wir im internationalen Vergleich ?!?! Wir müssen unseren Bildungs-Standard umgehend erhöhen !" Das taten die Fachidioten indes mitnichten, sondern senkten das Bildungsniveau enorm !
Anders: Gute / sehr gute Noten wurden den Gymnasiasten nachgeworfen - und siehe da: "Deutschland" war wieder "besser" geworden - SELSTBETRUG ohnegleichen.
Bis 2013 habe ich 42 Jahre lang Kurse zum (Deutsch)-Abi geführt; die Lächerlichkeit der zu erbringenden Leistungen ist an Peinlichem nicht zu überbieten - in den meisten Fächern -
- besonders im Vergleich zu dem, was wir Schüler in den 60ern leisten mussten:
deutlich (!!!) höhere Lern-, Leistungs-Ansprüche UND -Niveaus als heute ("Faust" in Klasse 10, Existenzialisten (Camus, Sartre... im Fach Französisch) in Klasse 9 (!!!), "Animal Farm" / "Brave new world" / "Babbitt" / Shakespeare-Dramen in Englisch ab Klasse 10 und und und...
Ich hatte meine entsprechende Antwort, da schon 100mal gegeben, prophylaktisch gespeichert - ist aber leider verloren gegangen.
Deshalb nur kurz:
- radikal veränderte Lehrer-Ausbildung (Referendariat) --->>> Verantwortung übernehmen statt unterwürfig-kniefällig Kopfnicker gegenüber dem Seminar und seinen ach so klugen "Experten"/Fachleitern zu sein,
- Maximal-Klassen-, Kursgröße: 15 - höchstens 20*** ,
- Abertausende von Lehrern einstellen (einfach Hunderte von Millionen Euro vom "Verteidigungs"-Etat abzwacken),
- gnadenlose Entrümpelung der hoffnungslos veralteten, fossilen Curricula (= Richtlinien, Unterrichts-Inhalte)
und vieles andere mehr.
- Petra Gerster (ja, genau DIE): "Erziehungsnotstand Deutschland"
- Prof. Jörg Jegge: "Geh zur Schule ! Dummheit ist lernbar !"
- Ernst Gasser: "Alle Wege führen nach PISA !"
- Werner Fuld: "Die Bildungslüge".
pk, 42 Jahre lang Lehrer am Gynasium gewesen
***Meine Abi-Klasse (daaamals gab es noch keine Kurse) bestand aus elf - ELF - Schülern !!
Der Förderalismus ist eine Katastrophe dabei. Ansonsten wird es für meinen Geschmack dann doch oft zu schlecht geredet. Sicherlich gibt es hier und da Verbesserungspotential. Aber so komplett grottenschlecht, wie es gerne dargestellt wird, ist es dann auch wieder nicht. Dass Ergebnisse bei PISA und Co. nicht so toll ausfallen, hat da ganz andere, gesellschaftliche Hintergründe, die aber die Institution Schule niemals auffangen und ausgleichen können wird...
In standardisierten Tests wie PISA ändern aber doch niedrigere Standards bei Noten nichts. Wenn die Ergebnisse dort besser geworden sind, dann doch nur, wenn die dort abgefragten Skills mehr Berücksichtigung im Unterricht fanden...
No comment. Habe mich mehr als genug mit der Verlogenheit der KMK rumgeplagt.
Meinst du mit dem ersten Satz die Kompetenz der Länder über das Schulwesen?
Ja. Bundesweit einheitliche Lehrpläne, Schulformen, Zugangsvoraussetzungen und Co. würden extrem vieles vereinfachen!
Sehe ich genauso. Es ist schon fragwürdig, warum ausgerechnet diese Kompetenz bei den Ländern liegt. Um das zu ändern, müsste aber das Grundgesetz geändert werden, wozu es eine 2/3 Mehrheit braucht 😵💫 Das wird sich wohl nie ändern.
Schlimm, oder? Vor allem, weil das ja auch echt keine Mindermeinung ist, dass gerade im Schulsystem der Förderalismus sehr viel mehr schadet als nützt...
Ich hatte eine tolle Schulzeit doch heute möchte ich kein Schüler sein. Ich finde das Schule früher besser war. Da müssen Veränderungen her.
Ich bin heute gerne Lehrer und möchte das System nicht schlechtreden. An der Aussagekraft von PISA zweifle ich, aber das wäre hier ein weites Feld. Vor allem möchte ich aber nicht die Schüler unterrichten, die wir selber früher waren (80er Jahre).
Ich zitiere aus meiner Antwort:
PISA
EIN Grund, möglicherweise der Hauptgrund, ist die umstrittene so genannte PISA-Studie. Die Kultusminister der Bundesländer sagten sich plötzlich: "HUCH ! So schlecht sind wir im internationalen Vergleich ?!?! Wir müssen unseren Bildungs-Standard umgehend erhöhen !" Das taten die Fachidioten indes mitnichten, sondern senkten das Bildungsniveau enorm !
Anders: Gute / sehr gute Noten wurden den Gymnasiasten nachgeworfen - und siehe da: "Deutschland" war wieder "besser" geworden - SELSTBETRUG ohnegleichen.
Bis 2013 habe ich 42 Jahre lang Kurse zum (Deutsch)-Abi geführt; die Lächerlichkeit der zu erbringenden Leistungen ist an Peinlichem nicht zu überbieten - in den meisten Fächern -