Welche Tabuthemen sollten eine Aufarbeitung erfahren und geklärt werden?

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  1. Sexualpädagogik und Sexualität bei Kindern. Weil das nicht nur an und für sich kindgerecht ist, sondern zudem einen essenziellen Bestandteil der Prävention vor sexuellem Missbrauch darstellt. Nicht mehr für die Mehrheit hierzulande, aber zumindest für in der Tradition "christlicher Sexualmoral" gefangener Menschen ein absolutes Tabu, was gerne Anlass zu wütendem, diffamierendem Prostest bietet.
  2. Sexueller Missbrauch und auch nicht-sexuelle Gewalt von Frauen an Jungen oder Männern. Wenn Übergriffigkeit beim vermeintlich "starken Geschlecht" durch das vermeintlich "schwache (aber sozialere) Geschlecht" geschieht, droht eine doppelte Stigmatisierung, die das Erlebte doppelt tabuisiert.
  3. Fehlgeburten. Durch die Tabuisierung eines tragischen, aber eben absolut natürlichen, alltäglichen Geschehens, werden Betroffene stigmatisiert, bzw. sie stigmatisieren sich ggf. eher selbst. Wir sind hochkomplexe Lebewesen, die auf hochkomplexe Art und Weise hochkomplexen Nachwuchs bekommen. Dabei kann unendlich viel anders laufen, als man sich das wünschen würde - und das tut es auch. Wir sind keine Maschinen nach DIN-Norm, sondern "lebende Wunder des Zufalls". Geredet wird darüber immer noch fast gar nicht.
  4. Das nicht-binäre Wesen von Gender und Geschlecht - siehe auch Punkt 3: Die Komplexität unserer Existenz! Das in unserer Kultur anerzogene Weltbild der strikten Zweigeschlechtlichkeit versperrt den Blick auf grundlegendstes Verständnis der Natur bzw. Evolution und damit auf uns selbst. Wohin wir auch blicken, besteht die Natur nicht aus Schwarz und Weiß, sondern aus Spektren von Möglichkeiten. Ggf. mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten, aber dennoch Möglichem. Und was möglich ist, wird auch entstehen. Dass es eine "Norm" gäbe, ein "normal und unnormal", ist menschliche Einbildung. WIR erfinden "Definitionen". Die Natur hat keine "Norm". Sie hat auch keinen "Plan" oder ein "Ziel". Und WIR sind der Natur vollkommen egal! Die Natur macht irgendetwas. Manches ist lebensfähig, manches nicht. Manches ist sogar über Generationen lebensfähig, manches nicht. Und je komplexer etwas wird, desto mehr Möglichkeiten gibt es. Es gibt da keine "Fehler" oder "Abweichungen" von einer "Norm". Die EINZIGE "Norm" der Natur IST so gesehen die "Abweichung". NUR deswegen gibt es uns überhaupt. Und wer es ins Leben geschafft hat, ist ein Gewinner. Ein Wunder der Evolution, das - mal mehr, mal weniger - anders ist, als das Wunder im Haus nebenan oder auf einem anderen Kontinent. Wir sind alle höchst unterschiedliche Individuen - auch bei ALLEM, was mit unserer Geschlechtlichkeit und Sexualität zu tun hat. Unsere Gemeinsamkeit ist: Wir sind ALLE Menschen!

Davon abgesehen: Ein etwas anderes Tabu wäre noch "Religion". Viele der obigen Tabus (sowie mittlerweile weniger tabuisierte Themen) haben ihren Ursprung in der insbesondere monotheistischen Religion eines allmächtigen und allwissenden Gottes. Allliebend soll er mittlerweile auch noch sein (liest sich im Alten Testament ein wenig anders, aber nun ja).

Z.B. unheilbarer Krebs bei kleinen Kindern passt da natürlich nicht wirklich zu dieser Vorstellung. Aber so ist die "unwissende", "zufällige" Natur.

Das also größte und grundlegendste Tabu ist daher wohl Kritik an Religion. Bzw. wenn sie schon jemand als nützlich empfindet, wie man sie so gestalten/reformieren kann, dass sie nur Positives bewirkt, und nicht Ausgrenzendes (und bitte kein "Jesus liebt auch dich!" - denn weder interessiert mich irgendein Jesus, noch finde ich das angemessen: "Die Religion der Liebe, die christliche, ist seit mehr als achtzehn Jahrhunderten gegen alle Andersdenkenden eine Religion des Hasses, der Verfolgung, der Unterdrückung gewesen. Keine Religion der Welt hat der Menschheit mehr Blut und Tränen gekostet als die christliche, keine hat mehr zu Verbrechen der scheußlichsten Art Veranlassung gegeben.", August Bebel, Politiker)

Fazit:

"Religion fliegt Flugzeuge in Gebäude; Wissenschaft fliegt Menschen auf den Mond. Religion lässt Menschen bei ihrer Sexualität Schuld empfinden, und Scham über ihre Körper; Wissenschaft gibt den Menschen Geburtenkontrolle, Gleitmittel, Antibiotika, RU-486, Pränatal-Diagnostik und nachgeburtliche Versorgung.

Wenn Wissenschaft herabgestuft wird, es sei nur eine unter vielen Möglichkeiten mit der Realität umzugehen, leidet die Wissenschaft. Und damit unser Staat." (Dr. Marty Klein, Sexualtherapeut)

DARAUF sollten wir beim Thema "Tabu" also unbedingt achten. Dass wir zur tabubehafteten Religion eine sachliche Alternative haben, die dem Wissenserwerb verpflichtet ist, und nicht dessen Tabuisierung.


Libertinaerer  16.04.2024, 07:13

Danke für den Stern und dein Kompliment! :-)

Hi, ich finde dass es viele Themen gibt, die wichtig sind und über die man reden sollt bzw. mehr reden sollte. Das Problem ist aber, dass nicht alle Themen in gut und schlecht eingeteilt werden können. Was für den einen ein Tabuthema ist, ist für den anderen wieder normal. Meiner Meinung sollten über Folgende Themen mehr gespielt werden:

1. Essstörungen

2. Mobbing

3. Psychische Krankheiten

Auch wenn jetzt nicht jeder meiner Meinung ist/ sein wird sind sie für mich PERSÖNLICH sehr wichtig und ich finde darüber sollte in Schulen viel mehr aufgeklärt werden.

Mal ein paar Themen/Fragen/Gedankengänge, die teilweise hier bei Gutefrage entstanden sind und die vielleicht nicht unbedingt tabuisiert werden, aber dennoch gerne mal unter den Tisch fallen oder das Etikett "normal" oder "ist eben so" erhalten oder sogar provokativ wirken könnten (was nicht meine Absicht darstellt und auch nicht diskutiert werden soll).

▪︎ Häusliche Gewalt an Männern durch Frauen

▪︎ Die Bagatellisierung von Inzest innerhalb der Familie unter Berücksichtigung der evtl. negativen Folgen für die psychische Entwicklung und Gesundheit der Beteiligten

▪︎ Der Anteil der Erwachsenen (oder sogar das Versagen) an der entstandenen, teilweise problematischen Entwicklung der jungen Generation.

▪︎ Ist Abtreibung wirklich nur Frauensache resp. rechtfertigt allein der Umstand, dass ein Kind im Mutterleib heranwächst, dass der Erzeuger eines ungewollten Kindes null Mitspracherecht daran hat, ob ein Kind das Licht der Welt erblicken "darf"?

▪︎ Inwiefern macht sich ein Freier moralisch strafbar, der Prostitution zum Billigtarif nutzt, ohne sicher zu wissen oder zu erfragen, aus welchem Grund die Frau ihre Dienste anbietet (u. U. durch Zwang)?


Libertinaerer  11.04.2024, 04:04
Die Bagatellisierung von Inzest

? Da wird nichts "bagatellisiert". Da gibt es gar nichts zu "bagatellisieren".

Das Tabu ist, dass es diese vollkommen anachronistische Rechtstollheit christlicher Sexualmoral überhaupt immer noch gibt.

Ein mittlerweile vollkommen sinnloses und sinnfreies Gesetz ohne auch nur irgendeinen sachlichen Grund, sondern nur Moral mit allerdümmsten vorgeschoben Pseudobegründungen, die eigentlich schon bei oberflächlichster Überlegung zusammenfallen müssten wue ein Kartenhaus im Sturm.

"Es handelt sich um freiwillige, einverständliche sexuelle Betätigung zwischen verständigen Menschen. Hier hat sich der Staat herauszuhalten. Alles, was da an Legitimation von Strafverfolgung ins Feld geführt wird, hält rationaler Betrachtung nicht stand. Manches ist sogar empörend, etwa das Argument, dass die Gesundheit potenziell entstehender Kinder zu schützen sei. Dann müsste man ja auch alle Frauen einsperren, die vor, während oder nach der Schwangerschaft rauchen oder trinken, und die Männer gleich dazu. All das ist Moral und Sittlichkeit und was auch immer, mit den Aufgaben des Strafrechts hat es nichts zu tun." (Prof. Dr. Thomas Fischer, Rechtswissenschaftler und Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof)

isilang  11.04.2024, 04:07
@Libertinaerer

Ich schrieb ja, dass ich darüber nicht diskutieren möchte.

Aber trotzdem hatte ich dich schon im Hinterkopf ...Ich bin also nicht überrascht.

Du hast diesbezüglich eine sehr freie Einstellung. Ich ticke hier anders. So ist das eben.

Libertinaerer  11.04.2024, 04:18
@isilang

Es geht nicht um meine "Einstellung", sondern um - gerade hier bei GF gerne verbreitete - wirklich strunzdumme "Gründe" für einen massiven Grundrechtseingriff.

Denn das hier beliebte "Brauchen wir, um sexuellen Missbrauch zu verhindern!"-"Argument" ist halt an Dummheit schon deswegen nicht zu toppen, weil das Gesetz Sex überhaupt nicht verbietet. %-)

Libertinaerer  11.04.2024, 04:37
@isilang
Es geht nicht um Gesetze

... sondern um ein Tabu, das in manchen Ländern in einen selbst im 21. Jhdt. immer noch bestehenden Grundrechtseingriff mündet, ohne jede sachliche Rechtfertigung.

Und ich diskutiere das nicht mit dir.

Da gibt es auch nichts zu "diskutieren".

Ganz besonderes nicht, wenn man meint, ein Gesetz würde etwas verbieten, was es überhaupt nicht verbietet. 8-)

Aber wir können auch gerne unabhängig vom Gesetz feststellen, dass es hier wohl ein Tabu bezogen auf "freiwillige, einverständliche sexuelle Betätigung zwischen verständigen Menschen" gibt. ^^

isilang  11.04.2024, 05:41
@Libertinaerer

Richtig. Hier gibt's nichts zu diskutieren.

Ich kenne sogar entfernt aus der weiteren Nachbarschaft von früher eine Inzest-Familie. Die haben sich querbeet gemäß deiner propagierten "freiwilligen, einverständlichen" Basis "sexuell zwischen verständigen Menschen" betätigt. Bekannt sind sie bei allen als die "Inzest Familie", da weißt du nicht, wer mit wem in welchem Verwandtschaftsverhältnis steht und das interessiert tatsächlich auch niemanden. Das sind ja auch nette Menschen. Den psychischen Schaden allerdings den alle davongetragen haben (obwohl wohl "lediglich" ein Kind entstanden ist) den sieht und merkt man ihnen leider auch deutlich an. Das ist Fakt. Die sind lebenslang untrennbar verbunden, leben ohne Partnerschaften miteinander. Auch das ist ihre Angelegenheit.

Ich kann und ich will dir nicht folgen, Mir ist es doch völlig egal, ob du eventuell selbst Sex mit deiner Familie hast oder warum auch immer du bei solchen Themen besonders "frei" und aggressiv mit bestehenden oder auch nicht existierenden Gesetzen argumentiest und denen gegenüber, die das anders sehen, als du (und das sind nicht wenige an der Zahl) versuchst, gemäß deiner "freiheitlichen Sichtweise" hier den Kopf geradezurücken:

Ich finde Inzest falsch, halte ihn für ungesund, es macht psychisch etwas mit den Menschen. Darum geht's mir. Deine Gesetze interessieren mich überhaupt nicht. Damit überzeugst du mich nicht.

Libertinaerer  11.04.2024, 07:17
@isilang

Du kannst "finden", was Du auch immer wie "finden" möchtest.

Nur wenn Du das dann auch noch meinst allgemeingültig begründen zu müssen, dann bitte mit berechtigten Gründen. Ansonsten kann man auch einfach mal schweigen.

Im Fall des von dir früher herangezogenen "sexuellen Missbrauchs" wäre halt anzumerken, dass der Inzest sich nicht auf Sex im Allgemeinen bezieht, sondern nur auf Beischlaf im Besonderen (also: Penis in Vagina). Jede andere Form von Sex, inkl. Oralsex, Analsex oder Riesendildos in Vagina, ist davon ohnehin nicht betroffen.

Und im hier genannten Fall von möglichen Folgen beim möglichen Nachwuchs: Wir haben sichere Verhütungsmittel. Wir haben auch Pränataldiagnostik. Werdende Eltern können heute feststellen lassen, ob es Behinderungen geben wird und dann entscheiden, ob sie das Kind austragen oder die Schwangerschaft abbrechen möchten.

Seitdem wir die Genetik kennen, wissen wir (oder zumindest wissen es Ärzte und alle, die sich informieren möchten), dass nicht nur Verwandte ein erhöhtes Risiko auf Missbildungen haben, sondern auch Menschen mit entsprechender genetischer Veranlagung. Und auch vollkommen Fremde mit einem zufällig ähnlichem Genpool.

Für alle Menschen, egal ob sie darum wissen oder sich des Risikos gar nicht bewusst sind oder gar kein überdurchschnittliches Risiko haben sondern einfach nur Pech, gibt es die Pränataldiagnostik.

Klar, das hatte meine Mutter noch nicht, Aber wir haben HEUTE halt deutlich mehr Möglichkeiten als in den 1950er/60er Jahren. Willkommen im 21. Jhdt.! 8-)

es macht psychisch etwas mit den Menschen.

Eine hingeworfene Behauptung von absoluter Beliebigkeit. "Etwas". Noch schwammiger ging es wohl nicht, oder? ^^

Also mal abgesehen vom Umstand, dass dich weder angeht, ob und wann und was andere Menschen "rauchen oder trinken", noch wer mit wem warum wie oft und wie einvernehmlich das Bett teilt.

Sollten wir vielleicht auf die Tabu-Liste setzen: "Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten, und nicht um die von anderen!" ^^

Ich meine, das Inzest-Tabu ist ja nun christlichen Ursprungs und ansonsten eher unbekannt. Und auch in vielen christlichen Ländern gibt es das mittlerweile nicht mehr.

Z.B. Frankreich kommt seit über 200 Jahren auch gut ohne klar. In anderen Ländern, z.B. Finnland, ist eine Beratung verpflichtend, und das war es dann auch.

Aber natürlich: Wenn die Nachbarin deswegen penetrant herumkeift, dann macht das eventuell "etwas" mit einem. Fragt sich nur, was dann die Ursache für das "Etwas" ist ... %-)

Das Vermieter die Abzocker sind und Mieter die Opfer!

Das Erwachsene endlich verstehen müssen dass Sexualpädagogik und Prävention von Missbrauch Hand in Hand gehen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung