Welche berechtigte Kritik an der Philosophie gibt es?

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Prinzipiell gibt es zwei Grundsätzlich unterschiedlicher Methoden, Wissenschaf zu betreiben, die ontologische und die epistemische. Das muss man wissen und beachten.

Der Streit, wie man das Wesen der Welt entschlüsseln könnte, ist schon seit der Antike ein Streit innerhalb der Philosophie. Auf der einen Seite, für die man Platon als Protagonist nennen kann, stand die Auffassung, nur mit dem reinen Geist und der konsequenten Logik könne man das machen. Die Gegenposition besteht darin, dass man beobachten, messen und experimentieren muss, um die Welt zu erkennen. Da nenne ich als Protagonisten Aristoteles.

Dieser Streit hält bis heute an, hat sich nur etwas verfeinert aber im Kern nicht geändert. Die Suche nach Erkenntnis mithilfe der reinen Logik heißt Ontologie, die Erkenntnissuche mit Hilfe der beobachtenden Naturwissenschaften heißt Epistemologie.

Ein Bekannter von mir ist Professor für Mathematik und Philosophie. Er ist erklärter Determinist und Spezialist für Ontologie. Ich fragte ihn vor einiger Zeit bei einem Gespräch, welchen Nutzen die reine Ontologie denn eigentlich habe, wenn sie doch losgelöst von einem Abgleich mit der Wirklichkeit stattfinden würde. Das hat er mir dann kurz und knapp in etwa so erläutert: „Ontologische Erkenntnisse lassen sich prinzipiell weder widerlegen noch beweisen. Daher bringt die Ontologie an sich auch keinerlei Erkenntnisgewinn. Der einzige echte Nutzen, den die Ontologie bringt liegt darin, dass man mit ihr ganz prima eine hochdotierte Professorenstelle ergattern kann.“

Wenn mir in philosophischen Diskussionen einer kommt, der sich auf der rein ontologischen Ebene bewegt, dann lasse ich mich inzwischen gar nicht mehr auf diese ontologische Ebene groß ein, weil ich ja bestätigt weiß, dass sich eh nichts widerlegen lässt. Deshalb hamerkt man irgendwann, nicht etwa weil einem der Intellekt fehlt, sondern weil es prinzipiell unmöglich ist, die allergrößten Schwierigkeiten, eine ontologische Gedankenkette anzugreifen. Intuitiv merkt man nur, dass das ganze irgendwie nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, dass also jeglicher epistemischer Bezug fehlt. In diese Kerbe haue ich dann. Ich verlasse die Ebene der Ontologie und gehe auf eine Metaebene, um die Ontologie an sich anzugreifen, indem ich sinngemäß die reine Ontologie als geistige Onanie angreife, die nur Blasen produziert, die beim Kontakt mit der Wirklichkeit ganz schnell platzen und dabei insbesondere den fehlenden Bezug zur Wirklichkeit hervorhebe.

Hierin liegt auch der Grund, warum viele Philosophen und vor allem Studenten der Philosophie ziemlich ungern mit philosophischen Laien diskutieren. Sie bewegen sich auf einer rein ontologischen Ebene und üben sich dabei in der korrekten Anwendung der reinen Logik, während die Laien andauernd mit irgendwelchen Bezügen zur Wirklichkeit ankommen, was schlichtweg nicht ins Konzept passt.

Es ist auch kein seltenes Phänomen, dass ontologisch argumentierende Zeitgenossen, insbesondere Studenten, die da mittendrin stecken, sich für überlegen halten und eine gewisse argumentative Arroganz ausstrahlen, weil sie ja wissen, dass ihre gesammelten Hirnfürze eh nicht zu widerlegen sind. Die fühlen sich (zu Recht) unangreifbar, was sie auch gerne mal zur Schau stellen.

Da hilft dann tatsächlich nur, immer wieder den fehlenden Bezug zur Wirklichkeit darzustellen und ihre Methode an sich anzugreifen.

Mit der Epistemologie beschäftigen sich vor allem Erkenntnistheoretiker sowie Wissenschaftsphilosophen. Hier geht es tatsächlich darum, wie Erkenntnisse über die Wirklichkeit gewonnen werden können. Hierzu der Einfachheit halber ein Zitat aus Wikipedia:

„Die Erkenntnistheorie (auch Epistemologie oder Gnoseologie) ist ein Hauptgebiet der Philosophie, das die Fragen nach den Voraussetzungen für Erkenntnis, dem Zustandekommen von Wissen und anderer Formen von Überzeugungen umfasst. Dabei wird auch untersucht, was Gewissheit und Rechtfertigung ausmacht und welche Art von Zweifel an welcher Art von Überzeugungen objektiv bestehen kann.“

So ist also ausschließlich die Epistemologie als Arbeitsgrundlage der modernen Wissenschaften in der Lage, echte Erkenntnisse zu generieren. Natürlich müssen auch Naturwissenschaftler ein gewisses Maß an Ontologie betreiben, um z.B. innere Widersprüche in ihren Theorien aufzudecken oder mittels Induktion und Deduktion Vermutungen anstellen zu können, welche Auswirkungen eine Hypothese haben könnte, aber letztlich gelten solche Erkenntnisse erst dann als „wahr“, wenn sie dem Abgleich mit der beobachtbaren Wirklichkeit standhalten können.

Natürlich arbeiten auch die Naturwissenschaften logisch und kommen ohne Ontologie nicht aus, aber vor allem, um Messergebnisse sinnvoll zu interpretieren. Unlogik oder innere Widersprüchlichkeiten werden auch nicht akzeptiert. Die Logik dient hier aber nicht zum Erkenntnisgewinn, sondern zur Erkenntnisverarbeitung und -überprüfung.


Skoph  05.06.2024, 07:43

Die Ontologie sollte einst für rationalistisch Philosophierende die Religion ersetzen - als forschende Diskussion über Dogmen ohne heilige Verkündigung "ex cathedra", egal welcher Religion. Das sind diejenigen, die ich - auch in meiner Antwort - Pseudophilosophen oder Philonoutiker (Liebende des Verstandes < nous < Altgriechisch) nenne. - Papst Ratzinger war ein Musterbeispiel als (religiöser) Dogmatiker. H. Küng sein bis heute wesentlich wichtigerer Antipode.

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Was Philosophie ist oder sein soll, ist selbst eine genuin philosophische Frage und unter Philosophen höchst umstritten. Gegenüber der Philosophie gibt es viele Ressentiments und Kritik, die sie als leere Begriffsakrobatik, obskure Spekulationen oder nutzlose Resultate abtun, die realitätsfern sind und in der gesellschaftlichen Praxis keine nützliche Anwendung finden. Diese Kritik sagt jedoch mehr über die Kritiker aus als über die Philosophie selbst, die sich als emanzipatorische Wissenschaft nicht auf ein Kosten-Nutzen-Kalkül reduzieren lässt. Philosophie ist vor allem eine kritische Metawissenschaft, die das pragmatische Denken der gesellschaftlichen Effizienz hinterfragt und uns mit ihrem kritischen Impetus in die heilsame Unruhe des Denkens versetzt, indem sie die Voraussetzungen unseres Denkens kritisch analysiert. Philosophieren bewegt sich wesentlich im Medium der Kritik, was es grundlegend von Ideologien unterscheidet, und eröffnet durch einen offenen philosophischen Diskurs neue Horizonte des Denkens. Philosophieren ist mehr ein kritisches Hinterfragen als ein lösungsorientiertes Antworten, sodass man in der Unruhe des Denkens verbleibt und sich beim Philosophieren stets von Neuem kritisch selbst hinterfragen muss.

Gar keine. Nur an Philosophen, die nicht wissen, was Philosophie bedeutet.

Philosophie heißt Liebe zur Weisheit, nicht zur Klugheit, also zur Frage und Entscheidung über Gut und Böse (leider untergeordnet Ethik genannt), wofür Antworten zur Frage über Richtig und Falsch, die ja Grundlage ist, wichtig sind.

Das erkannte sogar unser "Überverstand" I. Kant mit seinem kategorischen Imperativ der Vernunft, der mittlerweile modern ergänzt wird.

Zum Beispiel entscheidet die Wissenschaftstheorie der Philosophie, was überhaupt wissenschaftlich sein kann. Wenn Leute so überzeugt "nach wissenschaftlichen Erkenntnissen" sagen, bedeutet das eben grundsätzlich nichts anderes als "nach philosophischen Erkenntnissen", aber das ist wohl zu intelligent für deren Zuhörer.

Zum Beispiel hat jede Politik philosophische Theorien als Grundlagen. Oder sind zum Beispiel die pluralistische Demokratie mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde oder die demagogische Diktatur ohne geschützte Würde des Menschen mit gottähnlichen Patriarchen mathematisch-physikalisch-technische Erfindungen?! Sie sind auch nicht biologisch natürlich, was längst Erkenntnisse der Anthropologie mit der Soziologie bewiesen haben.

Usw. usw.

Also negative Kritik kann es nur an Pseudophilosophen, nicht an der Philosophie geben.

Viel Erkenntnis!

Wenn man irgendwelche Erklärungen nicht verstehen kann, sie nicht in sein Leben integrieren kann. Das bleibt dann nur unbrauchbares Wissen und Zeitvergeudung. Hält nur in Abhängigkeit, genau wie Religion u NaturWS.

Dem Menschen hilft nur, was umsetzbar, zu seinem Vorteil, an Wissen gelehrt wird. Statt Konsumerziehung und Abhängigkeit und noch Angst schüren zum Manipulieren.

Nicht alles ist schlecht und doch gibt es einen ganz entscheidenden Kritikpunkt, Kolosser 2,8 schreibt hierzu:

Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß.




Skoph  04.06.2024, 07:41

Da war "Ideologie" gemeint, wie wir heute sagen, nicht "Philosophie". Der damalige Philosophieweg führte ja aus dem Polytheismus (z. B. Ägypter, Griechen, Römer) zum Monotheismus.

Und seit R. Descartes und S. Freud sollten wir statt "Philosophie" einfach "dissozial patriarchal-hierarchischen Einstellungen" schreiben.

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