was ist dein lieblingsgedicht oder wer ist dein lieblingsdichter/in?

mein lieblingsgedicht ist: 56%
mein/e lieblingsdichter/in ist: 33%
interessiere mich nicht für poesie 11%

9 Stimmen

10 Antworten

If (Wenn) von Rudyard Kipling

Zwei Zeilen davon stehen im Tennis-Tempel Wimbledon.

Wenn du den Kopf behältst und alle anderen

verlieren ihn und sagen: Du bist schuld!

Wenn keiner dir mehr glaubt, nur du vertraust dir

und du erträgst ihr Misstrauen in Geduld.

Und wenn du warten kannst und wirst nicht müde

und die dich hassen dennoch weiter liebst,

die dich belügen strafst du nicht mit Lüge

und dich trotz Weisheit nicht zu weise gibst. Wenn du dich nicht verlierst in deinen Träumen

und du nicht ziellos wirst in deinem Geist

wenn du Triumph und Niederlage hinnimmst,

beide Täuscher gleich willkommen heißt.

Wenn du die Worte die du mal gesprochen

aus Narrenmäulern umgedreht vernimmst

und siehst dein Lebenswerk vor dir zerbrochen

und niederkniest, wenn du es neu beginnst. Setzt du deinen Gewinn auf eine Karte

und bist nicht traurig, wenn du ihn verlierst

und du beginnst noch einmal ganz von vorne

und sagst kein Wort was du dabei riskierst.

Wenn du dein Herz bezwingst und alle Sinne

nur das tun was du von dir verlangst

auch wenn du glaubst es gibt nicht mehr da drinnen

außer dem Willen der dir sagt: Du kannst! Wenn dich die Menge liebt und du noch du bleibst

wenn du den König und den Bettler ehrst

wenn dich nicht Feind noch Freund verletzen können

und du die Hilfe niemanden verwehrst.

Wenn du in unverzeihlicher Minute

Sechzig Sekunden lang verzeihen kannst:

Dein ist die Welt - und alles was darin ist

Und was noch mehr ist - dann bist du ein Mensch!

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Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,

Die wollten nach Australien reisen.

Bei Altona auf der Chaussee,

Da taten ihnen die Beine weh,

Und da verzichteten sie weise

Dann auf den letzten Teil der Reise.

(Joachim Ringelnatz)

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Die Alten hatten ein Gewissen ohne Wissen;

wir heutzutag haben das Wissen ohne Gewissen.

Julius Wilhelm Zincgref

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STUFEN (von Hermann Hesse)

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

An keinem wie an einer Heimat hängen,

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

Uns neuen Räumen jung entgegen senden,

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

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Thomas Brasch (1977)

Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber

Wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber

Die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber

Die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber

Wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber

Wo ich sterbe, da will ich nicht hin:

Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.

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Egal, ob fest oder lose,

der letzte Tropfen geht immer

in die Hose

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Die

alten Zähne wurden schlecht,

man begann, sie auszureißen.

Die neuen kamen grade recht,

um damit ins Gras zu beißen

(Heinz Erhardt)

Von Experte DianaValesko bestätigt
mein/e lieblingsdichter/in ist:

Ich mag Kristiane Allert-Wybranietz besonders gerne. Das sind Gedichte, die teilweise sich super für Zitate eignen. Diese hat sie selbst unter der Bezeichnung "Verschenktexte" zusammen gefasst. Hier ein paar kleine Beispiele:

Jeder ist eine Kerze, angesteckt bei der Geburt.

Nur zu viele haben sich ausblasen lassen von den Winden der Regeln und Normen, der Vorschriften und der Moral.

Sie brennen nicht mehr.

Jeder ist eine Blüte.

Nur haben viele Angst, sich zu öffnen... und welken dahin -unabwendbar- ohne je zu voller Pracht erblüht zu sein.

*

Ich freute mich, als du mich ansprachst, ich glaubte, wir könnten uns gut unterhalten.

Doch nachdem du einige Sätze präsentiert hattest, diskussionsgeübt, thementrainiert, entzog ich mich deinen Worten.

Wozu über große Themen so nichtssagend viel reden.

*

Viele Menschen laufen nebeneinander her, allein, inmitten vieler.

*

Einsam fühle ich mich dann, wenn ich eine Hand suche und nur Fäuste finde.

*

Wenn wie unsere Körper verhüllen, damit wir nicht frieren, kann ich es verstehen.

Warum aber verhüllen wir unsere Gefühle, auch wenn wir spüren, dass es dadurch kälter wird?

*

Wenn für mich alle Kerzen des Mutes verlöschen, dann bist sicher du es, die mir ein Streichholz gibt, um ein Hoffnungslicht -wenigstens- wieder anzünden zu können.


Garnet72  08.02.2024, 19:16

Danke für die kleine, aber feine Auswahl deiner Lieblings-Verschenktexte! Schöner Gedanke, Poesie als Geschenk, Worte als Seelenwärmer/-trost und Gedankennahrung.

mein lieblingsgedicht ist:

The Road Not Taken von Robert Frost aus dem Jahr 1915.

The Road Not Taken

by Robert Frost

Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;

Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that, the passing there
Had worn them really about the same.

And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads to way,
I doubted if I should ever come back.

I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I-
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.

Das Gedicht wurde in verschiedenen Versionen ins Deutsche übertragen. Ein Beispiel hierfür ist „Der unbegangene Weg“ von Paul Celan.

Gruß, BerchGerch

Woher ich das weiß:Hobby
mein lieblingsgedicht ist:

Spontan:

"Der Panther"

von Rilke.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Sprachgefühl, Schule und vor allem Lernen von GF!

wardekrank 
Beitragsersteller
 08.02.2024, 01:14

so schön und traurig zugleich ❤️‍🩹