Was ist daran "demokratisch"?
Ich bin immer wieder verwundert, wie offenkundig unsere hochrangigen Politiker sagen, wie sie Demokratie verstehen.
Kevin Kühnert (SPD) hat gerade eben zum ZDF bei der Europawahl 2024 gesagt:
"Wer die Unterstützung der Sozialdemokratie für eine Kommissionspräsidentschaft haben will, der kann sich nicht gleichzeitig von rechtsradikalen unterstützen lassen. [...] und daran müssen sich alle demokratischen Kräfte messen lassen."
Quelle: YouTube, Minute 20:31
Was bitte ist daran demokratisch zu sagen: Wenn du alle demokratisch erworbenen Stimmen gelten lässt, bist du ein Anti-Demokrat und dann wählen wir dich nicht!? Wir können doch nicht bei einer Partei die 2. stärkste Kraft in Deutschland ist so tun, als wäre sie nicht da und alles, was sie befürwortet, automatisch nicht mehr befürworten. Das kann ich auch als jemand, der niemals die AfD wählen würde, keineswegs gut finden. Das ist keine Demokratie, wie ich sie gelernt habe.
Gleiches Szenario hatten wir bei Thomas Kemmerich (FDP) in der Thüringer Regierungskrise 2020. Ebenfalls hatte man in Thüringen die Grunderwerbsteuer gesenkt. Da die AfD zustimmte, gab es wieder einen riesigen Aufschrei, man hätte etwas mit Rechten beschlossen (siehe haufe.de). Wir reden hier von einer Steuer beim Kauf eines Hauses/Grundstücks und nicht über ein Migrationsthema. Was zum Teufel ist daran jetzt ein Problem?
Bin ich der einzige, der dieses Verhalten eben nicht als demokratisch, sondern genau das Gegenteil sieht? Es ist mir vollkommen wumpe, ob nun die AfD oder eine Linke so behandelt werden würde. Es ist einfach nicht demokratisch. Und ich glaube vor allem auch nicht, dass man die AfD damit am Ende schwächt, sondern die AfD damit nur noch mehr Stimmen gewinnt. Wie seht ihr das?
Das Ergebnis basiert auf 8 Abstimmungen
3 Antworten
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Weil die Demokratie sich verteidigen darf. Solche Positionen, wie die der AfD, dürfen in einer Demokratie schon eine ganze Menge. Meiner Meinung nach sogar zu viel.
Die AfD greift das wunderbar beim Thema Meinungsfreiheit immer auf. Sie sagt nicht, dass man einfach alles sagen darf und kann.
Das gleiche gilt für die Demografie. Sie darf und muss eine Menge aushalten, aber eben nicht alles.
Und die SPD hat durchaus das Recht zu sagen, dass wenn die CDU/CSU stimmen von der AfD annimmt, ihre nicht der CDU/CSU zu geben.
Daran ist rein gar nichts verwerflich.
emesvau
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Nur, dass die CDU/CSU und viele andere Parteien, sich an gewisse Prinzipien und Rechte halten. Im Gegensatz zur AfD.
Ausserdem finde ich es komisch, dass jemanden, der offiziell als Faschist bezeichnet werden darf, demokratisch gewählt werden kann - du nicht?
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/15_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Ausserdem finde ich es komisch, dass jemanden, der offiziell als Faschist bezeichnet werden darf, demokratisch gewählt werden kann - du nicht?
Das ist absolut komisch, ich bin genau deiner Meinung. Nur haben wir genau dafür den Staat. Solange er es nicht verbietet, müssen wir es auch akzeptieren und anerkennen. Wenn dem nicht so ist, dann können wir nun alle unsere eigenen Regeln machen und den Staat dabei gewissermaßen verkennen. Egal ob politisch oder auch einfach nur bei einem Tempolimit auf der Autobahn, wo ich dann auch meinen könnte: "Och nö, ich sehe hier keinen Grund, ich fahre trotzdem 160, der Staat scheint ja nicht in der Lage zu sein, hier anständig zu beurteilen".
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Dann verstehe ich nicht, wo deine Kritik ist an der Aussage von Kevin Kühnert.
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Wir sind ja genau beim Kernaspekt:
Solange der Staat sagt: Die Wahl ist demokratisch gelaufen, die AfD darf gewählt werden und ist keine verbotene Partei, müssen wir diese Stimmen auch zu 100% anerkennen.
Das heißt nicht, dass andere Parteien mit der AfD sympathisieren müssten - um Gottes Willen. Aber ich kann doch nicht sagen: Jede Stimme von denen darf für uns nicht zählen und diese blenden wir einfach aus. Damit untergrabe ich doch absolut die Wählerstimmen der Bürger, die aus Deutscher Sicht heute die AfD zur 2. stärksten Kraft gemacht haben.
Und jetzt stell dir mal bitte vor, was hier los wäre, wenn das anders herum wäre. Stell dir mal vor, die AfD würde Stimmen von Grünen nicht anerkennen und sagen: "Wir dürfen die Grünen niemals unterstützen" und daher irgendein Gesetz doch nicht verabschieden oder sonst was, was dem Klima helfen würde. Natürlich ein extrem abstraktes Szenario, es geht hier lediglich ums Prinzip. Wenn ich aber an die Deutsche Geschichte denke, ist es leider auch gar nicht so extrem bescheuert, sich sowas vorzustellen.
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Du hast die Aussage von Kevin Kühnert nicht richtig verstanden.
Er sagt, dass die SPD Ursula von der Leyen nicht unterstützen wird, wenn sie Stimmen von der AfD annehmen.
Er spricht nicht der Partei ab, dass sie demokratisch gewählt wurde.
Es ist das gute Recht einer Partei zu sagen, wenn ihr mit Partei X was macht, machen wir nichts mit euch.
Das ist Demokratie.
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Du hast die Aussage von Kevin Kühnert nicht richtig verstanden.
Doch, ich habe das sehr wohl richtig verstanden.
Er spricht nicht der Partei ab, dass sie demokratisch gewählt wurde.
Das stimmt, das habe ich aber auch nie behauptet. Wenn, dann nehme ich hier Stellung zu deiner Aussage vorhin, wo du sagtest:
Ausserdem finde ich es komisch, dass jemanden, der offiziell als Faschist bezeichnet werden darf, demokratisch gewählt werden kann - du nicht?
[...]
Nur, dass die CDU/CSU und viele andere Parteien, sich an gewisse Prinzipien und Rechte halten. Im Gegensatz zur AfD.
Nochmal ganz klar: Ja, dass ich ihn Faschist nennen darf und wählen kann, ist komisch. Dennoch weiß ich, dass diese Entscheidung vollkommen richtig ist. Sowohl, dass ich ihn so nennen darf, als auch, dass ich ihn trotzdem wählen kann.
Setzt man sich mal damit auseinander, was der Begriff "Faschist" überhaupt genau bedeutet, findet man zügig heraus, dass es hier ganz unterschiedliche Ansichten und Definitionen gibt. Vor allem wird der Begriff aber von politischen Gegnern genutzt, wie auch bei Höcke, der sich sicherlich nicht gerne selbst als Faschisten bezeichnet.
Robert O. Paxton beschreibt Faschismus als „Form des politischen Verhaltens“. Dies sei gekennzeichnet „durch eine obsessive Beschäftigung mit dem Niedergang, der Demütigung oder der Opferrolle einer Gemeinschaft sowie durch einen kompensatorischen Kult um Einheit, Stärke und Reinheit
Quelle: Wikipedia
Es ist das gute Recht einer Partei zu sagen, wenn ihr mit Partei X was macht, machen wir nichts mit euch.
Das an sich ist richtig. Aber wir müssen hier weiter gehen. Wie ich vorhin schon schrieb, habe ich folgende Ansicht:
Aber ich kann doch nicht sagen: Jede Stimme von denen darf für uns nicht zählen und diese blenden wir einfach aus. Damit untergrabe ich doch absolut die Wählerstimmen der Bürger, die aus Deutscher Sicht heute die AfD zur 2. stärksten Kraft gemacht haben.
Genau hier wird es aus meiner Sicht schwierig. Nicht, dass das wirklich rechtlich relevant wäre. Es ist für mich einfach kein demokratisches Verhalten. Und das macht es so paradox, dass er im gleichen Moment sagt: Wenn du demokratisch gewählt werden willst, darfst du dich nicht so wählen lassen.
Insbesondere, weil man damit untergräbt, dass viele Menschen diese Partei gewählt haben. Wenn ich Klassensprecher werden möchte und anfange überall zu werben, dann aber jemand sagt: "Wenn Clique xy für TechnikSpezi ist, dann wähle ich dich nicht. Mit solchen Leuten aus Clique xy will ich nichts zu tun haben", dann würden doch offensichtlich auch einige andere sagen: "Lass sie doch wählen was sie wollen, wenn es eine Mehrheit für TechnikSpezi gibt wird er es, wenn nicht, dann nicht". Offensichtlich würde auch ein Klassenlehrer hier einschreiten und sagen: Solche Spielchen machen wir hier nicht.
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Wir reden von einer Partei die 84% ablehnen. Warum soll es für die AfD einen Sonderstatus geben.
Die AfD ist halt doch keine Alternative und bleibt es auch.
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Nur weil eine Partei, die nachweislich in Teilen staatsfeindlich, antidemokratisch und rechtsextrem ist, noch nicht verboten ist und somit noch zur Wahl steht, bedeutet das nicht, dass man sie als Bürger oder Parteipolitiker als demokratisch anerkennen muss. Die Tatsachen belegen das Gegenteil. Dies zu benennen ist nicht antidemokratisch.
Diese Aussage finde ich schon komisch. Allein, weil du sagst: "wie die der Afd, dürfen schon [...] zu viel". Findest du also, dass die CDU/CSU oder EVP auch zu viel in einer Demokratie darf?