Was haltet ihr von Masking?
An alle Autisten:
was halltet ihr von masking findet ihr es gut oder schlecht
9 Stimmen
Was soll das sein ?
Masking ist wenn man zb autist ist aber man sich extra verstellt das man normal rüberkommt. Manche machen das für sich aber manche machen das auch um anderen zu gefallen
7 Antworten
Es ist ein Fakt, dass sehr viele Autisten - oftmals bereits im Kleinkindalter - eingetrichtert bekommen, sie wären nicht gut genug. "Die anderen haben damit doch auch keine Probleme, die anderen finden doch auch schnell Freunde, wieso kriegst du das nicht hin?", "Hör' auf mit den Armen rumzuwedeln! Das ist peinlich mit dir", "Was ist jetzt so schlimm daran, dass die Dino-Chicken-Nuggets ausverkauft sind? Wir kaufen die Normalen und gut ist! Du stellst dich aber an", "Komm, jetzt hab dich nicht so. Es ist gar nicht so laut. Ist doch alles ganz normal", "Das tut doch gar nicht weh" etc. pp.
Man lernt: Was ich denke und fühle ist nicht wichtig. Selbst meine Eltern interessiert es nicht. Ich bin unnormal, ich bin falsch, defekt, krank. Wenn ich nicht auffallen will, muss ich mich anpassen. Observieren und anpassen, observieren und anpassen ... Insbesondere bei Mädchen ist das der Fall, wobei es natürlich auch viele männliche Autisten gibt, die Masking betreiben bzw. masken (Kann man das so sagen?)
Irgendwann wurde dieses Masking - nicht bei allen Autisten, versteht sich (Manche sind generell besser im Masking als andere) - perfektioniert. Niemand wüsste, dass du nicht neurotypisch bist und wenn du ihnen von deinem Autismus erzählst, kannst du dich auf ein "Was, echt? Aber du siehst gar nicht autistisch aus!" gefasst machen.
Außenstehende bemerken nichts. Und je tiefer du in deine "Personen" eintauchst, desto mehr verlierst du dich selbst. Das passiert nicht immer. Es kommt darauf an, wie viele Jahre man es macht, wie viele Stunden am Tag und in welchem Umfeld man sich befindet. Im korrekten Umfeld sollte man Masking jedoch überhaupt nicht nötig haben.
Du kannst es nun nicht mehr abstellen. Du verlierst dich selbst. Wer bist du überhaupt noch? Was ist noch ein Teil von dir? Aber du musst ja weitermachen. Die Maske fallen lassen ist nicht drin. Die letzten zwei Jahrzehnte (als Beispiel) hast du dich irgendwie durchgerungen, niemand bemerkt, wie schwer es dir fällt, niemand bemerkt die pochenden Kopfschmerzen, die schiere Verzweiflung und Unsicherheit, die Meltdowns am Abend, wenn du endlich Zuhause und alleine bist.
Du weißt genau, wie lange du deinem Gesprächspartner in die Augen schauen musst und du tust es. Ganz egal, wie viele Schmerzen (Unbehagen etc.) es dir auch bereiten mag. Du unterdrückst sämtliches Stimming, du hast gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen, wann und wieviel du über deine Spezialinteressen reden darfst und so viel mehr. ... Aber irgendwann kommt es. Irgendwann ist es soweit. Du kannst nicht mehr. Alles wird zu viel. Der "autistic burnout" setzt ein. Ob dieser wie ein plötzlicher Knall kommt oder sich schleichend nähert, hängt wohl von der Situation und dem Individuum ab.
Masking ist nicht nur für den Autisten/die Autistin kräftezehrend, sondern sorgt auch dafür, dass man jahrelang (oder jahrzehntelang) nicht diagnostiziert wird, weil es heißt, man hätte nichts. Man wäre doch vollkommen normal! Selbstverständlich lässt sich die Maske nicht einfach so ablegen. Das geht vielleicht am Anfang, aber jetzt, einfach so ... Wie soll das funktionieren? Was hat man dann noch? Wer ist man überhaupt noch?
Deshalb ist Masking - meiner Meinung nach - sehr schlecht. Die negativen Folgen sind oftmals viel zu stark und sorgen für einen Leidensweg, welchen man mit mehr Akzeptanz und Verständnis um ein Vielfaches hätte minimieren können.
Bei dem Wort "Masking" denke ich übrigens an die ABA-Therapy. Bis zu 40 Stunden die Woche und dazu noch Schule, Hausaufgaben etc. Aber na ja, die ABA-Therapy ist eine ganz andere Kiste.
Oh, ich merke gerade, dass das vielleicht etwas falsch rüberkam.
Ich bin zwar selber Autistin, aber ich habe mich nie so stark maskiert. Ich hab es definitiv vor allem in meiner Schulzeit oft versucht und ich war auch teilweise erfolgreich, doch alles in einem war ich ziemlich schlecht darin (Ich bekam meine Diagnose auch "schon" mit fast 10).
Da ich mich jedoch viel mit Autismus befasse, habe ich einiges zum Thema Masking gehört und gelesen und wie sich das anfühlt, was das alles mit einem machen kann. (Ich hab sicherlich einiges vergessen - Die Antwort ist auch schon etwas älter.)
Ich kann es zwar nicht persönlich so mega nachfühlen - besonders nicht mit Leuten, die das jahrzehntelang machen mussten und erst spät wussten, weshalb sie so anders sind -, aber ich verstehe es und ich kann dagegen argumentieren, gegen das Argument von manchen, dass Masking ja angeblich gut sein soll. Kompletter Dummfug ist diese Behauptung.
Ich hab allerdings Erfahrungen mit einigen der angesprochenen Aussagen im ersten Absatz machen müssen.
Trotzdem dankesehr!
Was man selbst fühlt und denkt ist wichtiger als das was andere sagen. Immer zuerst man selbst und dann die anderen.
Weil es gar nicht nötig wäre wenn die Gesellschaft dafür offener wäre und die Individualität dieser Menschen akzeptieren würde stattdessen wird von ihnen erwarten wie sich die Kinder in ihrem Alter zu verhalten.
Die eigene Persönlichkeit damit - schlimmsten Fall massiv - unterdrückt wird.
Es ist anstrengend, Tag für Tag über mehrere Stunden einen anderen Menschen darzustellen.
Selbst Schauspieler verstellen sich nur eine begrenzte Zeit während ihrer Arbeit.
Weil anpassen viel zu anstrengend ist und jeder mit dem was er macht gut so ist wie er ist. Man muss sich nichts von anderen Leuten sagen lassen. Die anderen müssen lernen ihre Klappe zu halten und die Menschen mit dem was sie machen so anzunehmen wie sie sind. Denn es heißt ja man soll sich nicht für andere verändern. Jeder Mensch ist mit dem was er macht gut so wie er ist.
Das Masking war bei mir schon immer automatisch da, sobald ich unter fremden Menschen war. Meistens nutzte ich es, wenn mir eine fremde Person gegenüber stand. Ein eher nicht so freundlicher Ausdruck und wenn die Stimme für mich auch nicht so klang, als würde die Person auf mich einen freundlichen Eindruck machen, dann bekomme ich etwas Angst vor dieser Person, auch wenn diese gar nicht so gewese sein mag.
Erst mal folgende Info zu mir: Ich bin eher leicht im Spektrum. (Nannte man früher mal Asperger Autismus)
Ich finde tatsächliches Masking eher schlecht, auch wenn es mich stört, wenn jede Kleinigkeit (z.B. Menschen begrüßen, Augenkontakt) gleich als Masking abgestempelt wird. Des weiteren wird mir "Masking" zu sehr im autistischen Kontext benutzt, denn auch neurotypische Menschen maskieren sich.
Masking bedeutet nach meinem Verständnis das Unterdrücken von (autistischen) Eigenschaften und Eigenarten oder Vorspielen von Selbstvertrauen, was nur kurzfristig etwas bringt. Ganz vermeiden lässt sich masking wohl nicht, aber minimieren.
Jedoch kann das Begrüßen von Menschen oder das Halten von Augenkontakt zur Gewohnheit werden, sodass es intuitiv ist und nicht mehr erzwungen werden muss. Auch Selbstvertrauen lässt sich aufbauen. Das ist ein besserer Weg als starkes Masking.
Ich selbst verhalte mich in einigen Situationen seltsam bzw. habe eine sehr starre Körpersprache und starren Blick, aber das liegt häufig an situativ niedrigem Selbstvertrauen. Wenn ich mal hohes Selbstvertrauen + gute Laune habe, dann verhalte ich mich weniger seltsam bzw. die autistischen Eigenschaften sind viel weniger ausgeprägt. Seltsam verhalte ich mich oft dann, wenn ich Angst habe, seltsam zu sein, obwohl das in den meisten Situationen egal ist. Und wenn es mir egal ist, bin ich, wie gesagt, kaum noch seltsam.
Noch ein paar Worte zu Thema masking:
Mich stört, dass viele Leute Masking dämonisieren, obwohl es schwer zu Definieren ist, was nur eine Angewohnheit und was Masking ist. De facto ist Masking sehr schwammig definiert. Eine weitere Sache ist, dass das Maskieren bzw. Verstellen auch Vorteile haben kann. Wenn man z.B. für eine kurze Weile lächelt, obwohl man nicht sehr glücklich ist, wird man durch das Lächeln tatsächlich ein wenig glücklicher. Nach dem Motto: "Fake it, till you make it." Des weiteren können sich aufgrund von Epigenetik die eigenen Gene durch das Verhalten ändern. Übertreiben sollte man es natürlich nicht und auf jede Charaktereigentschaft kann man das sicherlich nicht anwenden, aber cool, dass das möglich ist.
Noch mal zusammengefasst:
Sich langfristig zu verstellen halte ich für keine gute Idee. Besser sollte man die Version von sich werden, die man sein will.
Wir sollten nicht alles an Selbstoptimierung verteufeln und erst mal hinterfragen: "Selbstoptimierung, was ist das eigentlich?" Wer wir sind ist eine Momentaufnahme und nur bedingt in Stein gemeißelt. Wir sind nicht zu niedrigem Selbstvertrauen verdammt. Ich selbst weiß sehr gut wie es ist, nicht jeden Tag der Gleiche zu sein.
Vorneweg, es gibt keine leichte Form von Autismus. Jede Situation und die daraus entstehenden Symptome können jedesmal anders sein. Wenn ich sage ich hätte eine leichte Form, das müsste auch gut klar kommen in sozialen Interaktionen, wobei meine Symptome da am heftigsten, sogar mit ausrasten ausschlagen können. Also wäre es dann keine leichte Form von Autismus, sondern nur Autismus oder Autismus-Spektrum-Störung. Ich habe erstmal gesichert F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ADHS), da es noch andere ähnliche Störungen gibt, die sich heftiger auswirken bzw. noch mehr Handicaps mit sich bringen. Auch da gibt es kein leicht oder schwer, nur hat halt der eine mehr und der andere weniger Symptome. Dieser Autist oder ADHSler der sehr viele Symptome aufweisen kann, hat vielleicht weniger Probleme zu kompensieren, als jemand mit viel weniger Symtomen. Was man nicht machen sollte, das man vergleiche zwischenzwei Autisten bzw. ADHSler zieht, sondern das jeweilige Störungsbild einzeln untersuchen und diagnostiziert lässt.
Vorneweg, es gibt keine leichte Form von Autismus.
Richtig, Autismus an sich ist für keinen Autisten eine leichte Sache.
Aber relativistisch betrachtet sind einige Ausprägungen des Autismus, natürlich auch im Zusammenhang mit der restlichen Persönlichkeit, stärker oder leichter als andere bzw. mehr oder weniger einschränkend und im besten Fall sogar in ein paar Hinsichten ein Segen.
Manche Autisten können aufgrund oder im Zusammenhang mit ihrem Autismus, nicht alleine auf die Toilette gehen. Von einer derartigen Ausprägung des Autismus bin ich weit entfernt.
Die simple Unterteilung in leicht und stark ist natürlich eine Heuristik, also vereinfacht, aber genau dieser Nutzen ist ja der Sinn einer Heuristik.
Ist nicht jeder Satz eine Heuristik?
Du bist gut so wie du bist. Lass dir bitte nichts mehr sagen von anderen Leuten.