Was für Auswirkungen hat das Unternehmen, wenn man aufbewahrungspflichtige Buchführungsunterlagen vorzeitig vernichtet?

8 Antworten

Weil der Ablauf immer auf das Jahresende festgelegt wird. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem bei laufend geführten Aufzeichnungen die letzte Eintragung gemacht wurde, d.h., wenn die letzten Buchungen erfolgten, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt wurde. Bei Handels- oder Geschäftsbriefen beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem sie empfangen bzw. abgesandt worden sind. Für Buchungsbelege oder sonstige Unterlagen ist der Schluss des Kalenderjahres ihrer Entstehung maßgebend.

Sollte zu einer Betriebsprüfung die erforderlichen Unterlagen vernichtet sein, so ist die Buchführung nicht ordnungsgemäss und das Finanzamt wird schätzen und das nicht zu knapp. Also lieber zu spät vernichten als zu früh!!!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Aufbewahrungsfrist Buchhaltung

Aufbewahrungspflichten sind ein immer wieder falsch interpretiertes Thema. Die meisten kennen zwar die Dauer der Aufbewahrung, aber wissen nicht wann sie tatsächlich beginnt; daher vernichten viele Unternehmen (gerade Kleinunternehmen) ein Jahr zu früh.

Die reale Aufbewahrungszeit für Buchhaltungsunterlagen beträgt nicht 6 oder 10 Jahre sondern fast immer 7 oder 11 Jahre.

Das hängt damit zusammen, daß die Aufbewahrungspflicht erst am Ende des Jahres beginnt, an welchem die letzten Buchungen erfolgen, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt wurde.

D. h. für 2020 werden ja noch in 2021 Buchungen vorgenommen und der Jahresabschluß erstellt - damit beginnt die Aufbewahrungsfrist für 2020 in dem meisten Fällen erst zum 01.01.2022 + 6 oder 10 Jahre - in Einzelfällen kann sie noch später beginnen.

Man sollte sicherheitshalber alles 10 Jahre aufbewahren.

Warum max. 10 Jahre?

Steuerhinterziehung verjährt steuerlich erst nach 10 Jahren (strafrechtlich nach 5 Jahren).

Man selbst muß ja keine Steuern hinterzogen haben - aber Kunden oder Lieferanten könnten Steuerhinterziehung begangen haben - dann kommt das Finanzamt oder die Staatsanwaltschaft und möchte die Rechnungen der letzten 10 Jahre haben, die man selbst an das Unternehmen ausgestellt hat oder die das Unternehmen an einen selbst ausgestellt hat - und wenn man sie dann nicht mehr hat, ist das ein Problem, da hier die Ermittlungsarbeit erschwert wird oder ggf. unmöglich gemacht wird.

Das Nichtbeachten der Aufbewahrungsfristen wird i. d. R. mit einem Bußgeld geahndet. Aber es kann auch zu Steuerschätzungen kommen und im extremsten Fall, könnte sogar eine Straftat vorliegen.

Ansonsten wird ein Finanzamt i. d. R. keine Buchführungsunterlagen prüfen oder anfordern, die älter als 4 oder 5 Jahre sind.

Daher fällt es meist auch nicht auf, wenn Unternehmen ein Jahr zu früh vernichten.


DerSchopenhauer  02.10.2020, 08:23

Das die Aufbewahrungspflicht immer zum 01. eines Jahres beginnt, hat natürlich damit zu tun, damit ein Geschäftsjahr (i. d. R. identisch mit dem Kalenderjahr) vollständig vorhanden sein soll.

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Fehlen bei einer Prüfung die Belege, wird geschätzt - und das ist teuer.

Die Frist für die Aufbewahrung beginnt immer am 31.12. des Jahres, in dem der Beleg bzw. der Geschäftsvorfall angefallen ist. Sie läuft somit am 31.12. um Mitternacht 10 Jahre später ab. Deshalb vernichtet man diese Akten dann frühestens am 01.01. (sofern da jemand arbeitet, ist ja Feiertag ;)).

Für die Betriebsprüfung des Finanzamtes gilt: Die finanzamtliche Rechnung gilt immer für ein ganzes Geschäftsjahr, also vernichtet man die abgelaufenen Unterlagen eines ganzen Jahres zusammen.

Wenn Rechnungsunterlagen fehlen, werden die angegebenen Einnahmen und Ausgaben auf ihre Wahrheitsmäßigkeit eingeschätzt. Meistens wird dabei die Steuerpflicht höher, weil so mögliches Schwarzgeld ausgeglichen wird.

Widerspruch kann man einlegen, ist aber sinnlos, wenn man die Unterlagen doch nicht vorlegen kann.

Betrugsmöglichkeiten sind zahlreich. Bilanzfälschungen von vielen Unternehmern nicht nur ein Hobby. Nur die vor Gericht stehende Spitze des Eisberges tritt in den Medien auf.

Was für Auswirkungen hat das Unternehmen, wenn man aufbewahrungspflichtige Buchführungsunterlagen vorzeitig vernichtet?

Alles, was nicht vorgelegt werden kann, wird geschätzt und da werden immer die für das Unternehmen ungünstigsten und für das Finanzamt günstigsten Werte innnerhalb des Ermessensspielraums des Prüfers angenommen.

Dabei haut insbesondere die MWSt ins Kontor, denn der Erstattungsanspruch, der nicht nachgewiesen wird, wird auch nicht akzeptiert und gegengerechnet.

Das führt dann regelmäßig zu hohen Steuernachforderungen. Das ist dann in der Regel Strafe genug und kann bis zur Insolvenz führen. Das Unternehmen kann zwar Einspruch erheben und vor Gericht gehen, da geht es aber nur darum, ob der Prüfer seinen Ermessensspielraum überschritten hat oder nicht. Ob er innerhalb seines Ermessensspielraumes zu ungünstig für das Unternehmen geschätzt hat, ist aber mangels Unterlagen nicht nachzuweisen.