Warum war Europa und die Umgebung viel fortschrittlicher als der Rest?

8 Antworten

Warum war Europa und die Umgebung viel fortschrittlicher als der Rest?

Zur Beantwortung dieser Frage gibt es in der Geschichtswissenschaft eine ganze Reihe von Theorien - z. B. Geographie oder Kultur -, die jede für sich Argumente findet, aber keine Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Anders gesagt: So genau weiß man das leider immer noch nicht. Wahrscheinlich gibt es auch keine einfache Antwort, und die Gründe für die weltweite Bedeutung Europas sind wohl sehr differenziert und vielfältig. Auch scheint die Bedeutung Europas für die Welt derzeit zurückzugehen. Ob auch die grundsätzliche Fortschrittlichkeit Europas zurückgeht oder nur weltweit - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr gefragt ist, halte ich nicht für entschieden.

Ich rate für tiefgreifende Informationen zur Lektüre dieser beiden Bücher:


Schwierige Frage. Erst einmal muss man natürlich aufpassen, dass die Sicht nicht zu eurozentristisch ist. Weil wir unsere eigene Geschichte natürlich besser kennen als die anderer Kontinente. Gerade China dürfte den Europäern lange Zeit technologisch und kulturell voraus gewesen sein; für Marco Polo war sein Besuch in China ja, als käme er aus dem Dschungel in die Stadt. Dann ist da natürlich auch die Zeitspanne willkürlich. Weil die Europäer, die die Welt erobert haben, vor wenigen tausend Jahren ungefähr aus Syrien und Anatolien eingewandert sind, weshalb man sie auch als Asiaten bezeichnen könnte. Und im Prinzip sind alle Menschen die Nachfahren von Afrikanern, die sich in der Welt ausgebreitet haben.

Was den Europäern das Zeitalter der Entdeckungen und der Kolonisierung ermöglicht hat ist eine sicher viel diskutierte Frage. Wichtig war sicherlich der Vorstoß nach Amerika, das man ausplündern konnte und das Europa unendliche Geldmittel brachte. Dafür, dass Entdeckerfahrten unternommen wurden, war wichtig, dass Europa durch den Islam bedrängt und von wichtigen Handelsrouten abgeschnitten war, wenngleich Handel weiter funktionierte. Wichtig war vielleicht auch die Rückeroberung Spaniens von den Muslimen, die den Europäern wissenschaftlich und technologisch weit überlegen waren; das ermöglichte einen Technologietransfer hin zu den Europäern.

Möglicherweise war auch wichtig, dass Europa immer kleinstaatlich und zerstritten war, so dass sich niemand im friedlichen Wohlstand ausruhen konnte, sondern jeder nach Verbesserung suchen musste, um den Gegner in der nächsten Stadt zu übertrumpfen. Das Schwarzpulver war eine uralte chinesische Erfindung. Sobald die Europäer die Finger daran hatten, wurden ruckzuck Möglichkeiten entwickelt, damit Leute meucheln oder Schiffe und Burgen zerschießen zu können.

Ich würde gerne fragen, warum unterschiedliche Kulturen sich so unterschiedlich entwickelt haben

Das ist eine Mischung aus inneren Faktoren (was in diese Kultur gelehrt und gefördert wird), äußeren Faktoren (Umweltbedingungen, Geographie, Kontakt zu anderen) und manchmal reiner Zufall. (Entwicklung von bestimmten Werkzeugen und Technologien)

Die Europäer hatten schon früh, vor dem Jahre 0 v.Chr. grosse Städte in Rom, Griechenland, Kairo und einige im Nahosten wie Babylon.

Ich habe Neuigkeiten für dich: Kairo und Babylon liegen nicht in Europa.

Aber irgendwie waren die Europäer den anderen Völkern voraus und hat diese alle entdeckt

Das ist Blödsinn . Nur, weil du offensichtlich nichts von den Expeditionen und Entdeckungsfahrten anderer Völker weißt, bedeutet das nicht , dass es die nicht gegeben hat. Ein paar Beispiele: Polynesische Völker haben dem Pazifik bereist und über riesige Distanzen navigiert, Phönizier das Mittelmeer und seine umliegenden Gebiete durchstreift, vielleicht sogar Afrika umrundet und eine riesige chinesische Flotte ist mal bis nach Ostafrika gesegelt. Einige wichtige Hinweise über die Kultur europäischer Völker verdanken wir den Aufzeichnungen eines arabischen Reisenden (Ibn Fadlan)

lebten die meisten Indigenen vom Jagen und lebten in den Wäldern

Den Eindruck kann man natürlich gewinnen, wenn man sein Wissen über die Amerikanischen Kulturen aus alten Westernfilmen bezieht.

Noch mehr Neuigkeiten: das ist Unsinn. In Amerika gab es etliche sesshafte Kulturen, mit Siedlungen, politischen Verbänden, Landwirtschaft, Handelsrouten... Nur ist davon leider nicht mehr so viel übrig nach einem riesigen Genozid durch die Europäer.

Während sich in Europa im Mittelalter bereits Städte gebildet haben.

Europa hat schon mindestens seit der Eisenzeit stadtähnliche Siedlungen, je nach Definition sogar schon seit dem Neolithikum.

Aber damit sind sie trotzdem später dran als zum Beispiel die Türken und die Iraker.

und waren später die jenigen, die auf der ganzen Erde Kollonien usw errichteten?

Ich halte das tatsächlich für einen Zufall. Diverse Faktoren in politischer Struktur und Technologischer Entwicklung verschafften den Kolonialherren in dieser einen Epoche einen Vorteil, den sie gnadenlos ausnutzen.

Global betrachtet und im Kontext der Menschheitsgeschichte war das aber nur ein Schluckauf. In etlichen Epochen waren andere Teile der Welt mächtiger.

Und "weiter Entwickelt" ist ohnehin eine Frage der Perspektive. Heute versuchen wir verzweifelt, eine nachhaltige und ökologisch verträgliche Wirtschaftsweise zu entwickeln, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und eine gute Work-Life-Balance zu finden - alles Dinge, welche die von dir verachteten "Naturvölker" längst erreicht haben.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft

bountyeis  24.07.2024, 14:46

Ich würde es sogar spitz formulieren, dass die frühen Hochkulturen ganz ohne Europäer ausgekommen sind ;)

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saxboy 
Beitragsersteller
 24.07.2024, 08:51

Ich weiss das Kairo und Babylonien nicht zu Europa gehören, daraum schrieb ich ja und Umgebung. Aber vielen Dank. Ich hätte Mittelmeerraum schreiben sollen.

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Schemset  24.07.2024, 09:13
@saxboy

Mit "Europa und Umgebung" meinst du also Europa, Nordafrika und den Westen von Asien ? Babylon liegt näher am Golf und am Kaspischen Meer als am Mittelmeer.

Nach dieser Definition inkludierst du die gesamte Islamische Expansion und arabische Kultur mal eben unter "Europa und Umgebung"

Und wenn du umdefinierst auf "Mittelmeerraum", dann gehören die Hanse und das britische Empire nicht mehr in deiner angeblich fortschrittlicher Region.

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Ich würde da besonders den Buchdruck hervorheben, sozusagen die "Urversion des Internet", wodurch neue Informationen zu erstenmal schnell verbreitet werden konnten.

Komischerweise hat damals der osmanische Sultan für sein Reich den Buchdruck verboten, und das scheint der Grund gewesen zu sein warum es im Islam keine Renaissance gegeben hat. Das war wohl zum Schutz der Kalligraphen vor der Billigkonkurrenz durch die Drucker gedacht.

Der Anlass für die Entwicklung des Buchdrucks in Europa war die Pest, bzw. der Arbeitskräftemangel, den die Pest verursacht hatte - weil es plötzlich viel weniger Arbeitskräfte gab, wurde in Europa die Effizienz der Arbeit stark gesteigert (also "Drucken statt Abschreiben" etc.). Die Effizienzsteigerung blieb dann erhalten auch als die Pestfolgen überwunden waren, das war der grosse Fortschritt.


Unholdi  24.07.2024, 08:19

Den Buchdruck kannten die Chinesen ... dann würde ich eher auf das "Glück" atonaler Spreche in Verbindung mit einer passenden Schrift, die weite Verbreitung finden konnte.

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rr1957  24.07.2024, 10:42
@Unholdi

hätte korrekter schreiben sollen "Buchdruck mit beweglichen Lettern"

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NianMao  26.07.2024, 06:07
@Unholdi
in Verbindung mit einer passenden Schrift, die weite Verbreitung finden konnte.

Die chinesische Schrift wurde schon in der Qing Dynastie standardisiert..

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Chinesische_Schrift
Mit der chinesischen Reichseinigung unter dem ersten Kaiser Qin Shihuangdi 221 v. Chr. fand eine große Schriftvereinheitlichung statt.
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Unholdi  26.07.2024, 07:39
@NianMao

Das ändert doch nichts daran, das China eine Tonale Spreche und dementsprechend eine recht unpraktische Schrift hatte - um so Zahlreiche Zeichen lesen zu können und sich das Verständnis über "Bilder" zusammen setzen zu können, brauchte es Schriftkundige - das war also wenig Konsumfreundlich. Außerdem war China lange Zeit abgeschottet, was das freie denken behindert.

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NianMao  26.07.2024, 09:50
@Unholdi
dementsprechend eine recht unpraktische Schrift hatte - um so Zahlreiche Zeichen lesen zu können und sich das Verständnis über "Bilder" zusammen setzen zu können, brauchte es Schriftkundige

Es braucht auch schriftkundige um unsere aus 26-30 individuellen Buchstaben kombinierten Wörter und die daraus gebildeten Sätze zu erkennen und zu entschlüsseln.

Die chinesischen Schriftzeichen hingegen sind piktographisch und können bei einer Vielzahl von Zeichen einfach erkannt werden.

Außerdem war China lange Zeit abgeschottet, was das freie denken behindert.

Ich bin sprachlos ob dieser Ignoranz.

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Unholdi  26.07.2024, 09:52
@NianMao

China war eine "Weltmacht", aber ob seiner Abschottung weitgehend wirkungslos - das ist nicht ignorant, sondern das war folgenschwer - im Sinne der Fragestellung.

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Sie haben "stabile" politische Verhältnisse gehabt und sich aufklären lassen... andere sagen sie hatten genug Getreide! Vielleicht hatten wir einfach das Glück von Griechenland befruchtet zu werden... (oder vom arabischen Halbmond).