Warum ist rumänisch latein, doch bulgarisch slawisch?
Oder anders ausgedrückt, warum ist das recht isolierte Rumänien lateinisch geblieben, das von Griechenland, ehemals Byzantinien angrenzende Bulgarien aber vollständig mit einer slawischen Sprache gesegnet und nicht auch mit einer lateinischen Sprache?
5 Antworten
Die Anwesenheit der Römer in Südosteuropa geht vor allem auf die Zeit des Kaisers Trajan zurück, die Provinzen Moesia und Dacia decken sich teilweise mit dem heutigen Staatsgebiet Rumäniens.
https://de.wikipedia.org/wiki/Trajan#/media/Datei:RomanEmpire_117_de.svg
Slawen erreichten Dalmatien (heute etwa Kroatien) und Thrakien (heute etwa Bulgarien) erst deutlich später, etwa ab dem 7.Jahrhundert. Übrigens findet man auch in Dalmatien römische Bauwerke, ich war selber mal bei den Ruinen von Salona.
https://de.wikipedia.org/wiki/Salona#/media/Datei:Salona_-_Episcopal_centre_and_thermae.jpg
Salona liegt nicht weit enfernt von Split/Kroatien. Kaiser Diokletian stammte übrigens auch aus Dalmatien. Er starb in Spalatum (heute "Split").
Rumänien wurde nicht "slawisiert", sondern blieb bei seiner Form der lateinischen Sprache, aus der dann Rumänisch wurde. Rumänisch zeigt aber auch Ähnlichkeiten mit anderen Sprachen des Balkans, z.B. Albanisch. Die rumänische Nationalhymne besingt u.a.
un sânge de Roman = (ein) römisches Blut
un nume de Traian = (ein) Name von Trajan (als "triumfator în lupte")
(Übrigens hat Rumänien eine bedeutende ungarischsprachige Minderheit, die Szekler (székely). Auch gibt es die sog. Donauschwaben.)
Dalmatien und andere Gebiete, die auch mal zum römischen Reich gehörten, nahmen dann nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches und nach der Einwanderung von Slawen aus dem Norden südslawische Sprachvarianten an, aus diesen entstanden dann Slowenisch, Kroatisch, Bosnisch, Serbisch, Makedonisch und Bulgarisch, die allesamt ziemlich ähnlich sind.
Serben siedelten an der Donau bis zum "porțile de fier", dem eisernen Tor, dort bricht die Donau durch die südlichen Karpaten. Östlich davon liegt Rumänien. Die Serben nennen es "Đerdap". Die Südslawen machten einen Bogen um Rumänien, erreichten im Südosten aber auch Bulgarien (südlich der Donau).
https://de.wikipedia.org/wiki/Rum%C3%A4nien#Antike
So 100% genau scheint man das gar nicht zu wissen, aber offenbar war es so, dass die Rumänen sich "dem Assimilationsdruck im bulgarischen Reich widersetzt hatten", so wie es dort formuliert wurde.
Hi. Du scheinst dich sehr gut mit Geschichte auszukennen. Ich würde dich gerne etwas fragen, was mich interessiert im privaten Chat. Ich schicke dir eine Freundschafteinladung.
Die Rumänen haben aus politischen Gründen viele Slawische Worte durch Latein und Französisch und Italienisch ersetzt, damit sie jetzt sagen können, dass sie nicht Russen, nicht Polen, nicht Slowaken, nicht Serben und nicht Bulgaren zugehörig sind. Die Sprache ist eine bewusste Emanzipation zur Romanischen Nationalität. Trotzdem erkennt immer noch jeder Slawe eine Menge slawischer Wörter im Rumänischen und auch im Griechischen. Das Slawische hat sogar die Grammatik von Rumänisch und Griechisch beeinflusst. Also die Slawen haben das Neugriechische vom Altgriechischen und das Rumänische vom Lateinischen getrennt. Damals im Byzantinischen Reich änderte man die Amtssprache ins Griechische, kurz davor waren aber schon die Bulgaren und Slawen eingefallen, deswegen blieb es in Rumänien beim Lateinischen, denn es war von der neuen Verwaltung abgetrennt, in Bulgarien blieb man beim Slawischen, das übrigens verwandt ist zum Thrakischen, deswegen nahm man es gerne auch als Nichtslawe an, und südlich davon war Koine Griechisch die gemeinsame Basis für das byzantinische Griechisch. Römer, Slawen und Bulgaren waren neben Griechen die 4 großen Nationen im Byzantinischen Reich im Europäischem Teil davon. Du weißt sicherlich, dass noch überall vereinzelt Aromunen usw. sprachliche Nachfahren der Imperialen Römer auf dem Balkan sind.
Interessant, also sind die Rumänen stolz darauf, das ihr sprachlicher Ursprung Latein ist und wollen den wahren, das finde ich faszinierend.
Das sich das Neugriechische durch den Einfluss des Slawischen vom Altgriechischen unterscheidet, finde ich spannend, ob es sinnvoll wäre, den slawischen Einfluss zu tilgen und das Altgriechische wieder neu zu beleben? keine Ahnung.
Ich frage mich auch, ob die Zeit der osmanischen Besatzung auch sprachliche Narben hinterlassen hat. Aber das ist ein anderes Thema.
ich denke, das hat man schon im Griechischen versucht, aber wenn Slawen Urlaub machen in Griechenland fällt ihnen manchmal auf, dass die Dorfbezeichnungen usw. von slawischen Stämmen herkommen. Alle Slawen sagen zum Beispiel für See oder Teich Jezoro und bei den Griechen lebten Slawen am See und nannten sich danach ganz allgemein Ezeriten oder so und die Byzantiner nannten sie auch so, es ist wirklich interessant. Was ich damit sagen will ist: Ein Neugrieche kann mit der Bezeichnung dir nicht sagen, was das heißen soll, aber von Russland bis Kroatien runter oder von Bulgarien bis Polen rauf, kann es dir jeder sofort sagen, dass es Seemenschen sind.
Ich drücke es mal kürzer aus: Romanen, Nachfahren aus dem Imperium Romanum wollen mehr aus Latein herleiten. Bulgaren, Nachfahren der Thraker wollen eher aus dem verwandten Slawischen herleiten. Griechen, Nachfahren der Byzantiner, wollen aus dem alten KoineGriechischen (Attisch-Ionischem) herleiten. In der Antike haben manche Griechen die Makedonen nicht als richtige Griechen anerkannt, inzwischen sind sie so stolz auf das Wort Macedonia, dass sie es den Nordmazedoniern nicht erlauben sich Mazedonien zu nennen, weil sie ja dort slawisch sprechen und nicht griechisch. Der Grund ist ja, dass die Griechen nie wieder soviel gemeinsamen Erfolg in der Welt hatten wie unter Alexander, dem Makedonen, dessen Urgroßeltern nicht als Griechen angesehen wurden, weil sie Makedonen waren. Nach Alexander nannten sich Griechen freiwillig von Italien bis Indien Makedonen im Hellenistischen Zeitalter. So ungefähr ist es bei den Südthrakern, sie waren stolz auf die Bulgaren und die Nordthraker waren stolz auf die Romanen... vermutlich waren die Mütter einheimisch, aber die Väter waren dann halt Römische Veteranen mit viel eigenem Land. Du warst in Dacien absolute Oberschicht, wenn du sagen konntest, dass du von Römern abstammst, weil dir dann viel Land gehört hat. Aber südlich der Donau war das den Thrakern nicht so wichtig von Römern oder Makedonen abzustammen, schließlich waren sie am nächsten zur neuen Hauptstadt Konstantinopel (Byzanz) vor allen anderen Völkern im Oströmischen Reich.
Rumänisch ist eine romanische Sprache*, Bulgarisch eine slawische. … Den Rest lies bei OlliBjoern.
* wurde längere Zeit aber auch in kyrillischer Schrift geschrieben, bevor man zu lateinischer Schrift überging.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Rumänisch-kyrillisches_Alphabet
Im Östlichen Teil des Römischen Reiches war Latein niemals die Dominante Sprache, das war eigentlich immer griechisch, daher wurde im heutigen Bulgarien niemals mehrheitlich eine Lateinische Sprache gesprochen, Griechisch gehört nicht zu den Lateineischen bzw. Romanischen Sprachen.
Da Bulgarien, nach dem Einfall der Bulgaren 632 bis eigentlich heute eine mehrheitlich slawische Bevölkerung gehabt hat, auch wenn immer wieder Zeitweise teil des Byzantinischen und dann des Osmanischen Reiches war, ist eigentlich leicht verständlich warum hier heute eine Slawische Sprache gesprochen wird.
Was Rumänien betrifft ist das ganze ein wenig komplizierter, denn eigentlich war Rumänien nur für eine relativ kurze Zeit, Teil des Römischen Reiches von +/- 170 Jahre.
Deshalb ist wird die Herkunft der rumänischen Sprache bis heute erforscht.
Mehr dazu findest du hier:
Ich meinte eher, das Bulgarien ja ursprünglich auch teil des römischen Reiches war, warum also wurde dort das romanische verdrängt, in Rumänien jedoch gefestigt?.
Es gibt nicht die Familie der latenischen Sprachen, das sind romanische Sprachen.
Habe ich auch nicht gesagt, ändert nix daran, dass alle heutigen romanischen Sprachen aus dem Lateinischen entstanden sind.
Jetzt bleibt die einzige aber auch spannendste Frage noch übrig, warum wurde Bulgarien slawisiert, Rumänien blieb jedoch romanisch?