Warum gibt es Leute die den Holocaust leugnen?

9 Antworten

Trotz der bekannten und unbestreitbaren Fakten funktionieren in Teilen der deutschen Bevölkerung noch immer Verhamlosungs- und Verdrängungsmechanismen, die zugunsten eines Schlussstriches eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ausblenden wollen. Eine Minderheit allerdings gibt sich damit nicht zufrieden, sie verharmlost nicht nur durch Aufrechnung mit anderen Verbrechen, sondern stellt den Genozid an den Juden insgesamt in Frage, ein nicht nur deutsches Problem, sondern weltweit anzutreffen.

Mitte der 90er Jahre schien der Revisionismus an einem Tiefpunkt angekommen zu sein, einige Postillen der Leugner-Szene wurden eingestellt und ein zunehmender Dissens im Kreis der Revisionisten beklagt. Zuvor hatte die Holocaust-Leugnung besonders in den 70er und 80er Jahren Konjunktur, blieb aber im kleinen Feld von Alt- und Neonazis begrenzt. Erst die Einführung des Internets verhalf den Revisionisten zu einem erneuten Erfolg, bisher unbekannte Möglichkeiten, nämlich ihre Propaganda ungehindert auch international zu verbreiten und damit ihre Thesen auch bei jungen Leuten wieder attraktiv zu machen. Diese Seiten beschäftigen sich überwiegend damit den Holocaust zu leugnen , Zahlenspiele zu betreiben und über die Nichtexistenz von Gaskammern zu berichten.

Grundsätzlich ist hier immer eine These vertreten:

"Ist es schon Antisemitismus wenn man die Geschichte des Holocaust hinterfragt?"

Eine typische Frage die auf Wissenschaftlichkeit hinweisen soll. Fragen werden nicht aus seriösen, allenfalls aus pseudowissenschaftlichen Gründen und immer mit der Prämisse, der Mord an den Juden habe so nicht stattgefunden, gestellt. Diese Theorien verhelfen dem Antisemitismus zu einer politischen Funktion, die an Bedeutung gewinnt, das Ressentiments speist sich aus der Weigerung, die nationalsozialistische Judenverfolgung anzuerkennen ("Schuldfrage").

Es gilt daher seit 2008 in den EU-Mitgliedsländer:

das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen“ unter Strafandrohung zu stellen, wenn diese Verbrechen „nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunftbegangen wurden.

LG aus Tel Aviv

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

Skywalker17  18.10.2024, 10:32
Trotz der bekannten und unbestreitbaren Fakten funktionieren in Teilen der deutschen Bevölkerung noch immer Verhamlosungs- und Verdrängungsmechanismen, die zugunsten eines Schlussstriches eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ausblenden wollen.

Unsinn, die meisten Holokaustleugner, nicht die Deppen aus dem Internet, sondern Historiker kommen aus dem Ausland. England zum Beispiel, die eine grosse Gemeide Hitlerverehrer hatten. Aber auch aus der USA.

Im übrigen, gibt es kein Land, dass seine Vergangenheit so konsequent aufgearbeitet und sich geändert hat

Aber falls du Perfektion sucht, suchst du auch hier vergeblich.

Stressika  18.10.2024, 10:39
@Skywalker17

Das ist faktischer Unsinn!

In Teilen der deutschen Bevölkerung gibt es immer noch Tendenzen zur Verharmlosung und Verdrängung der NS-Verbrechen. Dies ist ein ernstes Problem!

Die Behauptung, die meisten Holocaustleugner seien ausländische Historiker, ist falsch und entspricht nicht dem historischen Forschungsstand. Die überwiegende Mehrheit der Holocaustleugner sind keine anerkannten Historiker, sondern Amateure oder Extremisten, die sich oft durch antisemitische Einstellungen auszeichnen. Es gibt zwar vereinzelte Fälle von Historikern, die revisionistische Thesen vertreten, jedoch sind diese in der wissenschaftlichen Gemeinschaft klar in der Minderheit und werden weitgehend diskreditiert. Deutschland hat in der Tat eine beispiellose Aufarbeitung seiner Vergangenheit betrieben, hat sich aktiv mit ihrer NS-Vergangenheit auseinandergesetzt und sich zu den Verbrechen des Nationalsozialismus bekannt. Ein wichtiger Schritt.

Es ist unrealistisch zu erwarten, dass ein ganzes Volk seine Vergangenheit vollständig und fehlerfrei aufarbeiten kann. Es wird immer wiederkehrende Diskussionen und Auseinandersetzungen geben. Auch in Deutschland gibt es noch immer antisemitische Tendenzen und rechtsextreme Bewegungen, die die NS-Verbrechen verharmlosen oder leugnen.

Deine Behauptungen entsprechen vielleicht deinem Gefühl, sind in ihrer Wahrheit aber eine deutliche Verzerrung der Realität.

Bitte befasse dich intensiver mit dem Thema!

LG aus Tel Aviv

Stressika  18.10.2024, 10:44
@Skywalker17

und warum...weil ich Jüdin bin?!...das bestes Beispiel für die Widerlegung deiner These.

Die Tatsache das ich anerkannte Dozentin für Globalgeschichte und insbesondere für den Nationalsozialismus bin, in meiner beruflichen Laufbahn in 5 Ländern lehrte, spielt da sicherlich überhaupt keine Rolle...bin ich halt Teil des außerwählten Volkes!

Skywalker17  18.10.2024, 10:58
@Stressika

Ach daher die belehrende Art in deinen Antworten und Kommentaren. Ich habe mich schon gewundert.

Dass ich mich für Israel seit einem Jahr einsetze, dürfte sogar dir nicht entgangenen sein.

Schalte mal einen Gang runter.

Sind diese Gestalten Antisemiten?

Meistens ja. Eine Rolle spielt aber auch die sogenannte Opferkonkurrenz.

In sozialistischen Regimen gab es eine Tendenz, die ermordeten Juden in der Erinnerungskultur hinter die ermordeten Kommunisten zurückzustellen, um diese eigenen Leute als Helden darzustellen.

In der DDR lebende Holocaust-Überlebende erhielten wie alle "Opfer des Faschismus" Sonderleistungen und Zusatzrenten, sofern sie systemkonform waren. Widerstandskämpfer und Kommunisten galten allerdings automatisch als "Kämpfer gegen den Faschismus" und waren damit finanziell besser gestellt als "Verfolgte des Nazisregimes". Bezeichnend auch: Das erste Nationaldenkmal der DDR, das 1958 eingeweihte Buchenwald-Mahnmal, zeigte ebenfalls nur kommunistische Widerstandskämpfer – andere Opfergruppen und insbesondere die jüdischen KZ-Insassen blieben unerwähnt.

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/politik-gesellschaft/stasi/antisemitismus-diskriminierung-juden-ostdeutschland-100.html#sprung0

Die Antisemitismusforschung hat für Teile des Feminismus ebenfalls festgestellt, dass der Holocaust relativiert wird, um die eigene Opferrolle stärker zu betonen. Dieser Artikel unten aus der "Emma" von 1977 behauptet z. B. eine schon damals lange veraltete Zahl von 9 Millionen Opfern der Hexenverfolgung statt der wissenschaftlich ermittelten 50.000. Die falsche Angabe von 9 Mio wird bis heute von verschiedenen Gruppen deshalb häufig verwendet, weil sie die 6 Mio Toten des Holocaust übertrifft.

https://www.emma.de/artikel/wer-waren-die-hexen-316909

Woher ich das weiß:Hobby – Geschichte, langjähriges Interesse incl. Fachliteratur

Die sind halt nicht davon überzeugt, dass es so war, wie es dargestellt wird. Also erstmal rein auf der Sachebene, jenseits einer Bewertung des Geschehenen.

Von einem Hardcore-Antisemiten würde ich allerdings keine Leugnung erwarten, sondern ein "das war unvermeidlich, was geschah" oder sogar ein "das war gut, aber es hat nicht gereicht".

Sind mind. Antiamerikanisten und ganz klar antisemitisch. Das entspringt der alten Idee, dass Satan über all seine Agenten hat- in jedem Dorf und in jeder Stadt, worin Hexen leben, die die Welt vernichten wollen. Die Wissenschaftler und Skeptiker werden als Bedrohung wahrgenommen, die die „natürliche Ordnung“ in Frage stellen.

Es ist die Vorstellung, dass die Geschichte von in der Hintertür sitzenden Eliten mit langen Nasen und viel Geld die Welt regieren würden.

Es ist bequemer so, die eigenen Missetaten und die eigene Verantwortung abzulegen. Man geht dann im Kopf so weit, steigt so tief in den Fanatismus, dass man ihn leugnet. Unzufriedenheit, Dummheit spielen da eine Rolle. Aber den Nationalstolz bzw Nationalismus auch bitte nicht vergessen, der die misslungenen Individuen im Kollektiv verschwinden lässt. Das Gefühl jemand sein zu wollen, liegt dem Menschen sehr nahe. Dafür geht man wortwörtlich über Leichen.

Warum gibt es Leute die den Holocaust leugnen?

Das sind Leute, die in einer rechtsradikalen Bubble leben, in der es nicht darauf ankommt, was wahr und falsch ist, sondern nur darauf, ob es ins Weltbild passt oder nicht. Das ist aber bei vielen rechts- und linksextremen sowie anderen ideologisch verbohrten Leuten der Fall, dass ein gewisses Maß an Realitätsleugnung erforderlich ist, um die Ideologie aufrecht erhalten zu können.