Warum diese ganzen Pronomen?
Hi Community,
ich habe hier in letzter Zeit viel über das Thema ,,Pronomen,, gelesen und stelle mir deshalb ein paar Fragen.
Was hat es mit den Pronomen auf sich, die bestimmte Menschen benutzen? Zum Beispiel habe ich dey/dehre oder his/him gelesen - was ist das alles?
Welchen Zweck erfüllen diese Pronomen? Ich mein die deutsche Sprache ist ausgereift und durchdacht und die Pronomen sprechen alle an - wozu braucht man zusätzliche?
Ich freue mich auf jeden Fall schonmal für eure Antworten und bin sehr gespannt.
Mfg
DerEineHalt08
P.S.: Wer möchte kann gerne auch ein Beispiel nennen, wie man die Pronomen benutzt bzw. in den Satz einbaut, denn das kann ich mir echt nicht vorstellen.
6 Antworten
Ein kurzer Text, wie man ihn im Deutschen erwarten würde:
Paul liebt Musik. Er ist ein großer Fan von Techno. Seine Mutter muss ihn aber immer wieder ermahnen, dass er seine Musikanlage leiser dreht, weil sie sonst kaum ein Wort mit ihrem Mann wechseln kann. Sie hofft, dass Paul das eines Tages selbst kapiert.
Die Pronomen sind fett hervorgehoben. Grundsätzlich bräuchten wir keine Pronomen, weil wir stattdessen auch das eigentliche Nomen nennen könnten, auf das sich das Pronomen bezieht. Der Text würde sich dann so lesen:
Paul liebt Musik. Paul ist ein großer Fan von Techno. Pauls Mutter muss Paul aber immer wieder ermahnen, dass Paul Pauls Musikanlage leiser dreht, weil Pauls Mutter sonst kaum ein Wort mit dem Mann von Pauls Mutter wechseln kann. Pauls Mutter hofft, dass Paul das eines Tages selbst kapiert.
Pronomen helfen also einen Text kürzer und eleganter zu schreiben, solange klar ist, auf wen oder was sich das Pronomen bezieht. Das letzte Paul kann man beispielsweise nicht einfach so weg lassen, weil dann nicht eindeutig klar ist, ob Paul oder sein Vater die Sache kapieren soll.
Normalerweise nutzen wir für alle Personen dieselben Pronomen (ich, du, wir, euch, sie). Nur wenn wir über eine einzelne Person reden (3. Person Singular) unterscheiden wir plötzlich nach männlicher und weiblicher Person (er und sie). Warum? Keine Ahnung. Wir könnten auch verschiedene Pronomen für alte und junge Personen, für blonde und dunkelhaarige, für große und kleine Menschen verwenden. Die Unterscheidung nach männlich und weiblich klingt nur normal, weil wir alle damit großgeworden sind.
Die Unterscheidung nach männlich und weiblich stellt aber ein Problem für Menschen dar, die sich weder bei männlich noch weiblich einordnen wollen. Für die passt dann keins der beiden existierenden Pronomen. Im Englischen gab es früher einmal die Verwendung des Wortes „they“ im Singular, wenn man über eine Person redete, deren Geschlecht unbekannt war. Dies ließ sich daher einfach reaktivieren und heute ist „they“ im Singular wieder recht gebräuchlich.
Im Schwedischen konnte man sich relativ einfach auf eine Wortneuschöpfung (Neopronomen) einigen. Neben „han“ und „hon“ gibt es nun sozusagen als Mitte „hen“. Im Deutschen ist das dagegen noch ein buntes Durcheinander aus vielen Vorschlägen und Ideen. „Sier“ bzw. „xier“ als Verschmelzung aus sie und er. „Dey“ als eingedeutschte Version von they. „Em“ oder „el“ mit dem Anspruch möglichst einfach dekliniert werden zu können und viele, viele mehr. Was sich irgendwann mal durchsetzen wird, wird die Zeit zeigen.
Hier noch die von dir gewünschten Beispiel, einmal mit xier, einmal mit dey:
Kim liebt Musik. Xier ist ein großer Fan von Techno. Xiese Mutter muss xien aber immer wieder ermahnen, dass xier xiese Musikanlage leiser dreht, weil sie sonst kaum ein Wort mit ihrem Mann wechseln kann. Sie hofft, dass xier das eines Tages selbst kapiert.
Kim liebt Musik. Dey ist ein großer Fan von Techno. Deren Mutter muss demm aber immer wieder ermahnen, dass dey deren Musikanlage leiser dreht, weil sie sonst kaum ein Wort mit ihrem Mann wechseln kann. Sie hofft, dass dey das eines Tages selbst kapiert.
Bemerkt? Durch die zusätzliche Pronomenform, kann man hier sogar das letzte Kim durch ein Pronomen ersetzen, weil nun klar ist, dass xier bzw. dey sich auf Kim bezieht und nicht auf den Vater.
Das hängt damit zusammen, dass im Deutschen vor jedes Substantiv ein Artikel gehört (der Baum, die Buche, das Holz). Wenn man nun Personalpronomen benutzt, dann wird daraus einfach er, sie oder es.
Der Zusammenhang ist natürlich klar. Es erklärt aber nicht, warum wir die Unterscheidung nur in der 3. Person Singular machen. Sowohl der Baum sagt: „Ich bin so schön grün“ als auch die Buche sagt: „Ich bin so schön grün“. Es gibt Sprachen, die hier einen Unterschied machen. Es gibt dann ein männliches Ich und ein weibliches Ich. Wieder andere Sprachen machen in der 3. Person Singular keinen Unterschied beim Pronomen, obwohl sie unterschiedliche Artikel verwenden. Sprachen haben sich verschiedenartig entwickelt und unterschiedliche Lösungen hervorgebracht.
Wie machen das dann non - binäre mit ihrem Namen?
Ein Name hat ja nicht naturgegeben ein Geschlecht. Wir haben einfach angefangen, bestimmte Namen regelmäßig für ein Geschlecht zu verwenden. Dadurch ergeben sich dann männliche und weibliche Namen. Von daher können nicht-binäre Personen auch einfach Namen verwenden, die für dich männlich oder weiblich klingen.
Es gibt aber durchaus Namen, die wir für männliche und weibliche Personen gleichermaßen vergeben. Solche Unisex-Namen sind eine häufig gewählte und beliebte Möglichkeit. Deshalb habe ich oben Kim als Beispiel verwendet. Eine weitere Möglichkeit wäre es, weibliche und männliche Vornamen zu mischen, also bspw. Johannes-Carolin.
Es sind halt Pronomen, persönliche Fürwörter, mit denen wird man angesprochen und es gibt mittlerweile ziemlich viele davon und manche fühlen sich z.B mit Dey/Demm wohl oder Er/Ihr. Ist unterschiedlich.
Satzbeispiele:
Dey ( Sie/Er/ ) mag Musik.
Demm ( Ihr/Ihm ) hat der Besuch bei dir heute gefallen.
Xier ( Er/Sie ) isst gerne Nudeln.
Es gibt aber noch einige mehr lol.
Ich z.B fühle mich am wohlsten mit Dey/Demm, bei meine*r*m Freund*in ist es immer unterschiedlich.
Liebe Grüße, Mika.
Wenn es einer bestimmten Gruppe eben wichtig ist, dann benutze ich eben das gewünschte Pronom! Soooo hart ist das ja nicht
und die Pronomen sprechen alle an
Nein, die Personen die Neopronomen wie in deinen Beispielen verwenden fühlen sich eben nicht durch die normalen Pronomen angesprochen. Deswegen gibt es sie.
Wer möchte kann gerne auch ein Beispiel nennen, wie man die Pronomen benutzt bzw. in den Satz einbaut, denn das kann ich mir echt nicht vorstellen.
So wie mit normalem Pronomen auch.
Statt "Er ist gelaufen" halt "Dey ist gelaufen".
Up Platt muttst du aver "de" [deı] schrieven. Dat word denn utsproken as in Engelsk "day" [deı] un de Bedüden in Hoogdütsch is "der, dieser/die, diese" un "die, diese" (Mehrtahl), ok in Akkusativ un Dativ. In Genitiv seggst du "van de". So hest du all de Lüü tosamen in een Woord, schietegaal of dat 'n Keerl, 'n Froo of annerswell is.
- Waar is Hinnerk? - De is na Huus henlopen.
- Waar is Gesine? - De is na Huus henlopen.
- Waar sünd Gesine un Hinnerk? De sünd na Huus henlopen.
Ok, das klingt interessant. Wie kommt man darauf? Ich mein ist das eine Wortneuschöpfung, weil man anders sein will oder ist das wirklich ein ,,Gefühl,, in den Menschen, dass sie sich einfach nur damit angesprochen fühlen?
Ja, diese Personen fühlen sich mit diesen Neopronomen angesprochen. Vielen non-binäre Personen, also Leute, die sich weder als männlich noch als weiblich identifizieren benutzen solche Neopronomen, macht ja Sinn, dass sie sich nicht mit den "gewöhnlichen" wie er oder sie angesprochen fühlen.
Ah ok. Mir fällt dazu kein passender Begriff ein, aber diese Neopronomen sind quasi ähnlich wie ,,Szenenwörter,, , die von non - binären genutzt werden, richtig?
Nicht wirklich, nein. Non-Binäre sind keine Szene oder irgendwas und Neopronomen verwenden auch nicht nur Non-Binäre unter sich. Wenn jemand mit Neopronomen angesprochen werden möchte, solltest du das auch tun.
Verstehe, nein ich meinte nicht, dass non - binäre eine Szene sind. Ich meinte eher, ob diese Neopronomen so etwas wie ,,intern genutzte,, Begriffe sind, da ich sie selber noch nicht im Sprachgebrauch gehört habe.
und Neopronomen verwenden auch nicht nur Non-Binäre unter sich.
Ah ok, da muss beim Sprechen mal drauf achten.
Wahrscheinlich kennst du halt niemandem der Non-binär ist, andere Leute benutzen die ja normalerweise nicht für sich selbst, klar, dann hört man das auch nicht so. Ich kenne auch niemanden der welche benutzt. Und ich meinte, dass halt eigentlich Non-binäre Personen auch von nicht non-binären mit ihren Neopronomen angesprochen werden möchten. Manche machen das dann nicht, klar, ist bisschen seltsam am Anfang, aber man sollte sich daran gewöhnen.
Ja, das ist denk ich auch der Grund.
Aber ich werde mal die Ohren im Kreis der Kollegen und Bekannten offen halten und vielleicht finde ich jemand non - binäres, den ich gleich aus erster Hand mal fragen kann, wie er dazu steht.
Vielen Dank auf jeden Fall für die Erklärungen.
Und wenn ich mich durch keine der "neuen" Pronomen angesprochen fühle, bekomme ich da eigene?
Pro-nomen ersetzen, wie der Name schon sagt, Nomen.
Statt Maria kann ich auch "sie" sagen, und statt Franz "er". Das ist einfach nur Grammatik und sollte nicht irgendwie ideologiegeladen diskutiert werden.
Worüber man sehr wohl diskutieren sollte, ist wie man über Personen die weder männlich noch weiblich sind respektvoll sprechen kann. Denn allen Menschen unabhängig vom Gender steht respektvoller Umgang zu. 🤗
Vor einigen Jahrhunderten kamen lateinische Lehnwörter in die deutsche Sprache, die dann mit zunehmendem Gebrauch Fremdwörter wurden. Später folgten vermehrt französische Wörter und seit ein paar Jahrzehnten Englische. Sprache verändert sich eben...
Auch andere Sprachen benutzen Pronomen und auch in diesen Sprachen gab/gibt es die Fragestellung, wie man am Besten über Personen die weder männlich noch weiblich sind sprechen sollte. Eine Möglichkeit ist einfach das Plural zu benutzen. Allerdings hat das auf deutsch den Haken, dass die dritte Person Plural bei den Demonstrativpronomen "sie" ist und deshalb ohne den Kontext nicht von der dritten Person Singular Femininum unterschieden werden kann.
Weil es diese Fragestellung auf Englisch auch gibt und es seit Jahrhunderten dort eine Lösung für diese Frage gibt, wird diese Lösung seit ein paar Jahren auf Deutsch als Lehenwörter bzw. Fremdwörter benutzt.
Das Demonstrativpronomen in der dritten Person singular für Person deren Gender nicht bekannt ist lautet "dey". Nach der Logik der deutschen Grammatik ist der Genetiv davon "deren".
Funfakt: Bereits Shakespeare hat das Pronomen "dey" benutzt.
Vielen Dank für die Erklärung.
Eine Möglichkeit ist einfach das Plural zu benutzen.
Das erschließt sich mir nicht ganz. Würde man dann statt :,,Er läuft über die Brücke.,, ,,Wir/Ihr läuft über die Brücke.,, sagen oder wie würde man die Pronomen dann benutzen?
für Person deren Gender nicht bekannt ist lautet "dey".
Da sagt man dann wohl :,,Dey läuft über die Brücke.,, , oder?
Funfakt: Bereits Shakespeare hat das Pronomen "dey" benutzt.
Ist das nicht die alte Schreibweise für ,,they,,?
Gerne 🤗
Die Plural-Variante von "er" oder "sie" ist "sie". Beispiel:
- Der Junge läuft über die Brücke. -> Er läuft über die Brücke.
- Die Jungen laufen über die Brücke. -> Sie laufen über die Brücke.
Wenn "dey" für eine Person benutzt werden soll, so heißt der Satz:
- Dey läuft über die Brücke.
"Wir" ist zwar Plural, aber die erste Person - also das Gegenstück zu "ich".
"Ihr" ist auch Plural, aber die zweite Person - also das Gegenstück zu "du".
Ja, das stimmt damit wurde (soweit ich weiß) hauptsächlich die Schreibweise "they" statt "dey" benutzt. Ich wollte da nicht so sehr auf Details herumreiten, aber der Grund ist, wie auch im Deutschen: Man versucht mit der unterschiedlichen Schreibweisen Verwechslungen zu vermeiden.
Dey läuft über die Brücke.
Ah ok, verstehe.
Nutzen das wirklich manche Menschen? Also nicht böse gemeint, aber ich habe das noch nie irgenntwo gehört im Redefluss.
Ja, es ist ungewöhnlich. Jede Veränderung der Sprache ist ungewöhnlich bevor sie gewöhnlich, also gewohnt wird. 🤷♀️😅
Es ist halt ein Problem, wenn man stattdessen Umgehungskinstruktionen verwenden muss wie beispielsweise: "Die Person läuft über die Brücke." Vielleicht gibt es im Text sogar mehrere Bezüge auf "diese Person" und dann wird es irgendwann komisch wenn man immer "die Person" sagt.
Ich denke es gibt diese große Diskussion um das alles, weil es einfach eine unbefriedigende Situation ist.
Viele Beteiligte haben ihre eigenen Theorien wie man diese Neopronomen bilden müsse. Es gibt eben auch andere Möglichkeit, auch mit guten Erklärungen. Wer kann schon mit Recht behaupten die einzige richtige Variante zu haben. 🤔🤷♀️😅 Zugleich gibt es aber diese Lücke, weil nicht-binäre Personen in unserer Gesellschaft sehr lang einfach nicht wahrgenommen und übergangen wurden. Deshalb fehlen uns allen die Worte dafür. 😅
"Dey" dürfte allerdings von all den Möglichkeiten die am häufigsten verwendete Variante sein. Es ist im Redefluss auch nicht sperrig und kann, wenn wir das alle gemeinsam wollen durchaus ein Teil unserer Alltagssprache werden, denke ich. 🤗
Vielen Dank für die Erklärung und die Beispiele.
Das hängt damit zusammen, dass im Deutschen vor jedes Substantiv ein Artikel gehört (der Baum, die Buche, das Holz). Wenn man nun Personalpronomen benutzt, dann wird daraus einfach er, sie oder es.
Zu dieser Umwandlung hat sich mir eine Frage aufgeworfen. An die Stelle eines jeden Substantives lässt sich ein Personalpronomen stelle und somit auch an die Stelle von Namen. Jeder hat einen Namen und diese Namen werden aufgrund des biologischen Geschlechtes als männlich und weiblich vergeben - diese Namen lassen sich durch Personalpronomen ersetzen.
Auch jeder non - binäre hat einen Namen, dem bei der Geburt ein Geschlecht zugewiesen wird (bsp. der Johannes). Wie machen das dann non - binäre mit ihrem Namen? Johannes z.B. ist männlich, die Johannes gibt es nicht. Müssten non - binäre dann nicht auch non binäre Namen suchen/nutzen, denn sonst ist ja auch der neu erfundene Pronomen hinfällig, oder?