Verblöden wir uns durch den technischen Fortschritt?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich sehe das genauso, wie du. Grade zum Thema „Banales Wissen“ ist es doch sehr erschrecken. Ich war erst vor kurzem wieder in einem Gespräch mit ca. 70Jährigen, die mir alle die Nachbarländer, Flüsse und Gebirge nennen konnten, während ich schon grübelte, wo genau die Alpen anfangen und wo noch „Alpenvorland“ ist. Das ist ziemlich traurig, denn grad wo die spannenden und „lehrreichen Diskussionen“ darüber starteten, habe ich schon das Handy gezückt und schon war das Thema innerhalb von 5sec geklärt. Lerneffekt gleich Null. Ich denke, das beste Beispiel ist der Taschenrechner. Wo wir alle noch komplizierte Rechnungen mit Stift und Papier bis zur 8. Klasse rechnen konnten, da braucht es heute lange Denkzeit und letztendlich ist es doch wieder nur der Taschenrechner. Ich würde nicht sagen, dass wir „dümmer“ geworden sind, sondern fauler- oder eben bequemer. Wir haben dafür mehr Platz im Gehirn, um andere Dinge zu begreifen. Ist nur die Frage; was machen wir wirklich mit dem neu gewonnenem Platz im Kopf?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

EinTyppie  26.04.2022, 11:02

Ja...genau, oder so. Rechtschreibung zu können ist die eine Sache. Die braucht man immer wieder mal.

Ich wüsste jetzt echt nich was ich mit der dauerhaften Info aller Flüsse oder Orte soll, wenn ich die Infos wirklich mein GESAMTES leben lan nicht brauchte

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Es gibt kein "dumm", "blöd", "intelligent", "klug", etc.
Es gibt nur dein persönlicher Eindruck, der sich aber immer auf eine sehr beschränkte Anzahl Kenntnisse und Fähigkeiten bezieht.

Also ja, mag sein, dass Menschen dank Autovervollständigung verlernen, richtig zu schreiben, mehr heißt das aber auch nicht. Allerdings würde ich bei diesem konkreten Thema nicht die Schuld bei der Autovervollständigung suchen, denn die Rechtschreibung ist auch *trotz* Autovervollständigung meistens sehr schlecht, die Ursache liegt also woanders. Ich habe teilweise eher den Eindruck, dass es den Leuten einfach egal ist, entsprechend verschwenden sie auch keine Gedanken darauf.

Und Thema Gedächtnis:
Vielleicht verschlechtert sich unser Gedächtnis, aber hast Du wirklich einen Vergleich? Du kennst nur die aktuelle Zeit und dichtest dir deine Meinung so zurecht, wie Du es vermutest, aber Du weißt es nicht. Vergleichen müsstest Du mit den Menschen vor ein paar 100 Jahren, aber wie willst Du das machen?
Ich behaupte eher, dass sich die Art, wie das Gedächtnis arbeitet, verändert, nicht die Leistungsfähigkeit an sich. Vor 100en Jahren waren die Themen, mit denen sich die Menschen beschäftigt haben, einfach und weniger komplex und wer Wissen erlangen wollte, musste Lesen lernen, Mann sein und sicher noch ein paar andere Bedingungen erfüllen. Auf der anderen Seite mussten die Menschen eigenständig klar kommen, es gab nichts, wo sie kurz etwas nachschlagen konnten, sie hatten nur ihr eigenes Gedächtnis und Familie, Freunde und Nachbarn.
Heute müssen wir uns in eine hochtechnologisierten Welt zurecht finden und haben permanent Zugriff auf enorme Wissensreserven in Sekunden und - wenn Du Mal bei dir darauf achtest - Du merkst dir nicht, *was* Du wissen musst, sondern *wo* Du es finden kannst. Eine andere Form, dir etwas zu merken, vor 100en Jahren quasi nutzlos, heute dagegen sehr hilfreich.
Außerdem - wer muss wirklich die Hauptstadt von Argentinien wissen? Das wusste vor 100en Jahren auch niemand, selbst wenn es ihnen jemand gesagt hätte, könnten es sich die Wenigsten lange merken, weil es einfach unnütz ist. Informationen, die wir dagegen häufig brauchen, merken wir uns auch. Der Anspruch, weltweit so viel zu wissen, ist relativ neu und das Ziel dahinter mag ehrenhaft sein, aber so sind wir Menschen einfach nicht gestrickt. Wir können uns solches Wissen ins Gedächtnis prügeln, aber das braucht Arbeit und die sind Viele nicht bereit zu investieren.

Beim Thema Schule stimmen ich dir zu, allerdings nur so halb.
Mag sein, dass es sinnlos ist, Texte von Wikipedia zu kopieren, aber für mich heißt das nur, dass das ganze Thema im Unterricht sinnlos ist. Die Schule soll erziehen (*trauriges lachen*), sie soll für das Leben wichtiges Allgemeinwissen lehren (*seufzen*), sie soll auf die Herausforderungen und Pflichten im Leben vorbereiten (*leises Wimmern*) und im besten Fall hilft sie, einen Plan für die Zukunft, z.B. den Beruf, zu finden (*verzweifeltes Schluchzen*).
Was bringt es einem Schüler, Wissen auswendig zu lernen, was er danach nie wieder benötigt oder jederzeit nachlesen kann? Viel wichtiger ist, dass man demselben Schüler beibringt, den Wikipedia-Text auch tatsächlich zu verstehen und wie er sich ggf. offene Wissenslücken, die zum Verständnis fehlen, aneignen kann. Und man sollte den Schülern bitteschön so "unwichtige" Details wie eine Steuererklärung beibringen und nicht wie man 200 Jahre alte Bilder interpretiert ...

Und ganz generell:
Fortschritt hängt immer Menschen ab, das ist ganz normal und war schon immer so. Wenn Du von jedem Menschen verlangst, das Wissen, was zu seiner Zeit wichtig sein könnte, tatsächlich (auswendig) zu lernen und auch zu verstehen, dann sorgst Du nur dafür, dass wir noch viel mehr Menschen abhängen, als sowieso schon.
Unsere Zeit entwickelt sich so extrem schnell weiter, dass das klassische (auswendig) lernen von Wissen keinen Bestand mehr hat, wir müssen anders arbeiten, da es sonst einfach viel zu viel ist. Das sehe ich auch im Beruf, den Firmen ist nicht wichtig, *was* ein Bewerber kann, sondern Erfahrung und *ob* er bereit, willens und fähig ist, das fehlende Wissen zu erlernen.
Alles, was Du jeden Tag nutzt und was Du auch hier kritisierst, ist eine Vereinfachung, um größere Komplexität zu vereinfachen. Vielleicht mag nicht alles wirklich notwendig sein (z.B. Rechtschreibprüfung), aber es hat seinen Anwendungszweck (z.B. für andere Sprachen), in dem die Funktion wiederum sehr nützlich sein kann.
Uns wird nur nirgendwo gelehrt, wie wir mit der ganzen Technologie und dem vielen Wissen wirklich umgehen müssen und sollten - das ist das eigentliche Problem.


lulsk 
Fragesteller
 26.04.2022, 12:34

Mhm, du beziehst ziemlich viel auf mich, obwohl die Frage nur allgemein gestellt war und ich wissen wollte, wir andere das alles wahrnehmen.

Außerdem - wer muss wirklich die Hauptstadt von Argentinien wissen?

Das hier war z.B. auch nur ein banales Beispiel, das muss ja niemand wissen, ich wollte nur aufzeigen, wie wir heutzutage an Informationen kommen und das gar nicht mehr wirklich verinnerlichen, egal ob es ein wichtiges oder unwichtiges Thema ist.

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Palladin007  26.04.2022, 12:55
@lulsk

Ich beziehe mich auf dich, weil Du Beispiele lieferst und das Thema angesprochen hast.

Das, was ich geschrieben habe, lässt sich aber ziemlich sicher auf die meisten anderen Beispiele genauso beziehen.

Es ist ja - wie Du ja auch schreibst - nur ein Beispiel, umgekehrt ist es auch nur ein Beispiel dafür, dass Du das Thema zu einfach siehst ;)

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Was ist, wenn wir dann mal wieder zu Stift und Papier greifen, da wird es kein Google und auch keine Autokorrektur geben, da heißt es dann sorgfältig nachdenken oder Wörterbuch, so wie früher eben.

Man beschäftigt sich doch nicht länger mit dem Wort wenn man im Wörterbuch nachschlägt. Man sucht nur länger danach. Aber man sieht wie es geschrieben wird und dann legt man das Buch zur Seite. Man hat weder mehr Informationen erlangt noch sich länger beschäftigt. Der Unterschied ist einzig und alleine wie lange man dafür gebraucht hat.

Dazu KANN das Wörterbuch veraltet sein, sprich die alte Rechtschreibung referenzieren. Im Internet wirst du immer die aktuellste Version finden.

Ein weiteres Beispiel wäre, wie wir unterwegs mit dem Handy unser Wissen verbessern können, wir müssen nur kurz Google benutzen; 'was war nochmal die Hauptstadt von Argentinien?' Die Antwort kriegen wir innerhalb von paar Sekunden, doch bleibt das dann auch wirklich im Gedächtnis oder vergessen wir es sowieso nicht schon in paar Stunden oder am nächsten Tag?

Selbe Thenatik wie oben. Die Suche dauert länger, die Qualität ist deswegen nicht besser.

Dazu kann ich unterwegs solche Infos herausfinden, in der alten Welt hätte man es nicht mal recherchieren können oder ist man da mit dem Atlas herumgelaufen?

Das ganze ist auch ein Ressourcen-Thema. Man will die Hauptstädte wissen und wie man etwas richtig schreibt? Du musst Atlas und Wörterbuch mitnehmen. Heute reicht ein kleines, leichteres Smartphone. Das ist x-fach kompakter und leichter als die beiden Bücher zusammen, aber hat noch unzählige weitere Möglichkeiten.

Mag sein, dass das jetzt nicht unbedingt relevant ist, aber in der Schule z.B. haben wir als Schüler immer Wikipedia als Quelle benutzt, weil das einfach sehr bequem war. Rauskopieren, eventuell bisschen umschreiben, den Text ordentlicher machen und fertig, haben wir wirklich was gelernt

Und früher hat mans aus einer Enzyklopädie abgeschrieben. Da musste man nicht mal umschreiben, weil der/die LehrerIn das eh nicht nachprüfen konnte. Heute muss man sich wenigstens ein bisschen mit dem Thema beschäftigen.

Dazu ist das alles kostenlos, also haben alle die gleichen Chancen. Früher wurde noch stärker selektiert.

Kan kann natürlich immer alles verteufeln, aber Computer/Internet haben sich durchgesetzt weil es eben eine starke Verbesserung darstellt. Wäre es das nicht gewesen, dann könntest du nicht mal die Frage stellen sondern müsstest einen Brief an irgendeine Diskussionsrunde schreiben und hättest dann in einer Woche antworten von den Leuten, die bereit waren dafür Porto auszugeben

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – arbeite seit vielen Jahren in der IT

lulsk 
Fragesteller
 26.04.2022, 12:39
Kan kann natürlich immer alles verteufeln, aber Computer/Internet haben sich durchgesetzt weil es eben eine starke Verbesserung darstellt. Wäre es das nicht gewesen, dann könntest du nicht mal die Frage stellen sondern müsstest einen Brief an irgendeine Diskussionsrunde schreiben und hättest dann in einer Woche antworten von den Leuten, die bereit waren dafür Porto auszugeben

Ich sehe ja auch diese Vorteile, so ist es nicht.

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Ich bin der Meinung, dass unsere Jugend durch das frühe Nutzen dieser Hilfsmittel verblödet.

Hier wird ja sogar gefragt, wann man aufs Töpfchen gehen sollte.

Ja es gibt diese verblödung.

Aber mache es leiber mal am Rechnen fest. Eletronische Taschenrechner gibt es schon etwas länger als Handys.

Und seitdem die in der schule stark benutzt werden kommt so etwas wie ein Abiturient aus Mathe Leistungskurs vor welcher bei einer %-Rechnung die nicht mit der %.-Taste lösbar ist nach einer Formel fragt.