Problem bei übersetzung einer lateinischen textstelle

1 Antwort

Hallo, vanillery,

naja, haarscharf daneben ist auch vorbei, würde ich mal sagen.

Curam nostri könntest Du auch mit 'die Sorge um uns (selbst) übersetzen; mandavit mit 'sie (die Natur) hat uns aufgetragen. Damit ist unser Selbsterhaltungstrieb gemeint, den wir von Natur aus mit auf die Welt bringen.

Darauf hast Du etwas falsch bezogen: Huic bezieht sich auf cura nostri, nimium ist ein Adverb, welches allzu(sehr) bedeutet. Also: Wenn (kann ubi auch heißen) du ihr zu sehr nachgegeben haben wirst (besser: nachgibst -ist etwas freier übersetzt, klingt im Deutschen aber flotter - allerdings möchte der Lehrer wissen, ob Du das Futur II erkannt hast), ist das ein Laster (oder Fehler). Der nächste Halbsatz stimmt einigermaßen, auch hier könntest Du eleganter formulieren: Die Natur hat Vergnügliches und Notwendiges vermischt (wie gesagt, ich weiß nicht, wie tolerant Dein Lehrer ist, im Zweifel besser wörtlich, auch wenn's holprig klingt). Das peteremus hast Du falsch übersetzt. Es heißt: Nicht, damit wir jenes (das Vergnügen) erstreben, sondern...

Danach geht es in Deiner Übersetzung drunter und drüber. Ist aber keine Schande, weil der Satz nicht einfach ist.

Accessio ist der Zuwachs, die Zugabe. Seneca spricht hier meiner Meinung nach von dem, was über das Lebensnotwendige hinausgeht, also von der voluptas. Illius würde ich auf sine quibus non possumus vivere beziehen und dann die ganze Geschichte umsortieren, so daß folgender Satz heraus kommt:

...sondern damit uns diese Zugabe (die voluptas nämlich) für das, ohne das wir nicht leben können (umso) dankbarer macht. Das bedeutet: Die Voluptas hat keinen Wert an sich (Seneca war Epikuräer, und denen wurde vorgeworfen, sie lebten vor allem für die voluptas), sondern die voluptas soll uns zu einem dankbareren Leben - auch den kleinen, aber notwendigen Dingen gegenüber - dankbar machen/ sensibilisieren.

Das suo iure veniat könnte sich wiederum auf das petere voluptatem beziehen, also: Wenn dies zu seinem vollen Recht kommt (das Streben nach Vergnügen, wenn es also Triebfeder für mein Dasein wird), dann ist es (wird es zur) Genußsucht.

Auf Deutsch: Ein bißchen Vergnügen ist nicht schlimm, wenn's nicht übertrieben wird und mich zu einem dankbaren Menschen macht.

Capito?

Viel Spaß noch bei Seneca, laß Dich bei schwierigen Stellen nicht zum Zorn hinreißen und fac, ut valeas!

Willy


ArnoldBentheim  29.04.2015, 15:32

Hallo Willy, nicht übel! Dem Fragesteller konnte geholfen werden. Leider muss ich dich in einem Punkt korrigieren: Seneca d. J. war kein Epikuräer, sondern Stoiker. Und genau deswegen hat die "voluptas" für ihn auch nur geringen Wert. :-)

MfG

Arnold

Willy1729  29.04.2015, 16:39
@ArnoldBentheim

Au Mann, meine Schulzeit ist wirklich schon ein bißchen her. Dann hat mich meine Erinnerung böse getäuscht. Jedenfalls danke für den Hinweis. Willy

Willy1729  29.04.2015, 12:59

Ich sehe gerade, daß ich in meinen Ausführungen einen Satz nicht korrekt weitergeführt habe: In der unteren Hälfte muß es heißen: 

'sondern die voluptas soll uns zu einem dankbareren Leben verhelfen' - das Wort fehlte noch (anscheinend habe ich mich von Senecas Vorliebe für Auslassungen (Ellipsen) anstecken lassen.

Willy