Nehmt ihr die Grünen als wirtschaftsliberale oder sozialistische Partei wahr?

Die Grünen sind eher sozialistisch. 62%
Die Grünen sind überwiegend wirtschaftsliberal. 38%

69 Stimmen

16 Antworten

Die Grünen sind überwiegend wirtschaftsliberal.

Ich sehe sie als linksliberale Partei an, die Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit mit kapitalistischen Mitteln erreichen will und dabei immer wieder zeigt, dass das im bestehenden System nicht funktioniert.

Auch sie verschiebt sich Stückweise nach rechts und verhandelt mit Kohle- und Ölkonzernen, an deren Macht sie trotzdem scheitern und „mit Bauschmerzen“ dann doch unterstützen.

Sozialistisch würde ich eher den Parteien Die Linke und Mera25 zuschreiben.

Woher ich das weiß:Hobby – Antifaschismus, Nihilismus, Sarkasmus, Apfelmus

SchopinHauer 
Beitragsersteller
 05.03.2025, 14:26

Gut, die Frage ist, ob es „nicht-kapitalistisch“ überhaupt geht. Gerade wenn man unter Sozialisten oder eher Kommunisten alles als Bewegung definiert, muss das theoretisch nichts schlechtes bedeuten.

Demokratie bedeutet Kompromiss. Auch deine Linkspartei könnte mit Bauchschmerzen sich pro-Industrie aufstellen müssen, nicht?

erikbhrdt  05.03.2025, 14:37
@SchopinHauer

Nun grundsätzlich gilt, dass sozialistische Ideen und „Bewegungen“ in einer kapitalistischen globalisierten Marktwirtschaft grundsätzlich immer am kürzeren Hebel sitzen und sich gegen den kapitalistischen Westen durchsetzen müssen. Wie gut das funktioniert haben wir in der Geschichte häufiger gesehen. Man denke hier an Salvador Allende in Chile oder an das bis heute bestehende Embargo gegen Kuba.

Sozialistische Bewegungen werden bereits seit Jahrzehnten systematisch von vor allem westlichen Mächten bedrängt und bekämpft. Von daher glaube ich, dass auch eine Partei wie Die Linke in Regierungsverantwortung in gewissen Belangen klein bei geben müsste - ganz klar. In der politischen Opposition kann man immer Idealist sein und das bestehende System beklagen.

Trotzdem glaube ich, dass eine gewisse Härte hin und wieder nötig ist, um der Marktwirtschaft demokratische Verpflichtungen „einzuprügeln“ um es mal populistisch und polemisch zu formulieren.

Am Ende sitzt man als Sozialist immer in der unterlegenen Position. Dennoch glaube ich, dass mit etwas mehr Druck und einer schrittweisen „Verbesserung“ durchaus gute Fortschritte erzielt werden können. Man denke hier an Mini-Schritte wie damals die Einführung des Mindestlohns oder die 40-Stunden-Woche. Das sind bei weitem keine sozialistischen Maßnahmen, aber sie ebnen den liberalen Weg schrittweise hin zu einer sozialeren Welt.

SchopinHauer 
Beitragsersteller
 05.03.2025, 14:50
@erikbhrdt
Am Ende sitzt man als Sozialist immer in der unterlegenen Position.

Was auf die Grünen zutrifft.

Diesen einen Punkt ab wann etwas „sozialistisch“ ist, ist nicht zu zeichnen möglich. Sozialismus ist strenggenommen Kapitalismus. Kommunismus - so wurde mir mehrfach betont ist eine Bewegung. Man möchte die Versprechen der Aufklärung wahrhaben.

erikbhrdt  05.03.2025, 15:08
@SchopinHauer
Was auf die Grünen zutrifft.

Eben nicht. Die Grünen verfolgen keine sozialistische Politik, sondern eine sozialliberale. Ihre grundsätzliche Überzeugung liegt in der sozialen Marktwirtschaft. Mir ist nicht bekannt, dass sich die Grünen zum Sozialismus bekennen. Sollte es so sein, dass die Partei für den Sozialismus eintritt, dann soll man mir bitte die Passage aus dem Parteiprogramm oder aus seriösen Quellen vorlegen.

Sozialismus ist strenggenommen Kapitalismus

Nö ist er nicht. Der Sozialismus steht dem Kapitalismus antagonistisch gegenüber. Er ist das Gegenstück zum Kapitalismus.

Das Ideal des Sozialismus bleibt antikapitalistisch. Es ist lediglich so, dass die Umsetzung des Sozialismus nicht erfolgreich funktioniert, weil er durch kapitalistische Kräfte eingedrängt, aktiv bekämpft und manipuliert wird. Oder er wird von China und Russland zu einer autokratischen Diktatur verformt.

Das Problem ist nicht, dass der Sozialismus angeblich per se kapitalistisch sein soll, sondern dass der Kapitalismus den Sozialismus mit aller Macht bekämpft und entweder zum Zusammenbruch bringt oder ihm dem Überlebenswillen wegen zur Kooperation zwingt.

SchopinHauer 
Beitragsersteller
 05.03.2025, 15:32
@erikbhrdt
Nö ist er nicht. Der Sozialismus steht dem Kapitalismus antagonistisch gegenüber. Er ist das Gegenstück zum Kapitalismus.

Das Gegenstück soll der Feudalismus, oder eben reaktionärer Sozialismus sein. Sozialismus ist effektiv Kapitalismus 2.0 weshalb der im Kapitalismus vorhandene Produktivismus auch in realexistierenden Sozialismen vorhanden ist.
Deswegen aber auch der Einwurf des „theoretischen“. Man ist nicht gegen Reichtum in der Theorie (die Realität sieht furchtbar anders aus. Jap). Man ist nicht gegen soziale Mobilität. Man ist eigentlich nicht für eine „Proletarisierung“ also Verarmung, sondern dass ja eben die „Besitzlosen“ „bürgerlichisiert“ werden, sprich dieselben „Privilegien“ genießen sollen.

Und naja, die Grünen haben das mit dem Sozialismus (ähnlich wie die SPD) glaube ich im Parteibuch.

Mir ist bewusst, dass die Frage nicht einfach ist, deswegen die Fragestellung. Es gibt verschiedene Strömungen innerhalb der Grünen. Von konservativ bis ökosozialistisch.

Die Frage ist eben, sind die Grünen realpolitisch das Maximum an sozialistischer Politik. Ist womöglich nicht mehr zu holen. Ist das nicht das Treffen von Ideal auf Realität.

erikbhrdt  05.03.2025, 16:06
@SchopinHauer
Deswegen aber auch der Einwurf des „theoretischen“

Ok, ich verstehe was du meinst.

Man sollte nur dann die Frage stellen, ob ein „Realsozialismus“ der sich kapitalistischer Produktionsweise bedient, noch als Sozialismus gewertet werden kann oder nicht.

Ich persönlich halte nicht viel vom Image des „sozialistischen Kapitalismus“. Weil ich unter Sozialismus die Auflösung der kapitalistischen Produktionsweise verstehe und damit Realbeispiele des „Sozialismus“ nicht als tatsächlichen Sozialismus anerkenne. Aus meiner Sicht bedeutet Sozialismus genau die von mir beschriebene Auflösung des Privateigentums und die Übergabe der Produktionsmittel in öffentliche Hand.

Da das in „realsozialistischen“ Staaten nicht umgesetzt wurde, möchte ich Länder wie Russland, die DDR oder gar China nicht als per se sozialistische Staaten anerkennen.

Und naja, die Grünen haben das mit dem Sozialismus (ähnlich wie die SPD) glaube ich im Parteibuch.

Das müsste ich mir dann mal ansehen. Bei der SPD ist mir das bekannt, wobei sie aus meiner Sicht realpolitisch nicht weiter weg sein könnten vom demokratischen Sozialismus. Die einzigen Sozialisten der SPD sitzen bei den Jusos. Die parlamentarische Arbeit der SPD würde ich aber als fernab von der Sozialdemokratie bezeichnen.

Die Frage ist eben, sind die Grünen realpolitisch das Maximum an sozialistischer Politik.

Das ist eine spannende Frage. Ich würde da eher zu nein tendieren. Aber vor allem, weil es wenige Vergleiche zu ihnen gibt. Die Grünen sind die bislang wahrscheinlich linkeste Partei, die je in Regierungsverantwortung war. Ob das aber nun links genug ist? Aus meiner Sicht bei weitem nicht. Ich glaube, dass es durchaus mehr sozialistisches Potenzial auf Landesebene gibt - nur wird dieses nicht ausgespielt. Die Grünen hätten die Chance, verbiegen sich aber zunehmend und integrieren immer mehr konservative und liberale Positionen in ihre politischen Entscheidungen. Und außer den Grünen gab es bisher keine linkere Partei, die Teil einer Bundesregierung geworden ist. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass es unter einer fiktiven rot-rot-grünen Koalition auf Landesebene deutlich sozialistischere Politik gäbe. Eben weil damit auch die Linkspartei erheblichen Einfluss hätte und vermutlich Grüne und SPD ein wenig unter Druck setzen würde. Nur würde das wahrscheinlich wiederum an der 2/3 Mehrheit scheitern. Weder CDU, noch AfD würden bei Vorschlägen der Linken mitgehen.

Die Grünen sind überwiegend wirtschaftsliberal.

Sie sind klar wirtschaftsliberal. Die Gesamteinschätzung darf nicht aus einzelnen politischen Massnahmen herrühren. Sie muss sich auf das Gesamtergebnis gründen:

wer verliert und wer gewinnt unter ihrer Herschaft?

Und das sind klar Grossverdiener. Die haben sie mit Spitzensteuersenkungen und Lohndrücken (Hartz I bis IV) klar gestärkt.

Einzelne Massnahmen unter der Fahne ihrer Klima- und Ökosteckenpferdchen sind inzwischen in das Gesamtziel eingebettet: gewinnen tun daran immer Grossinvestoren. Wie bei dem Wärmepumpenprojekt.

Leute, die die Grünen für "sozialistisch" halten, sind üblicherweise in dem politischen Milieu angesiedelt, das vom Nullstaat träumt. Jenem Staat, der überhaupt niemals irgendwie in die Wirtschaft eingreift. Also einem ideologischen Konzept, das noch niemals irgendwo auf der Welt realisiert wurde und nicht realisierbar ist.

Für die muss grundsätzlich jede Regierung "sozialistisch" sein, sobald sie mal regiert hat.

In echten sozialistischen Verhältnissen würden die, die von Arbeit abhängen, also Arbeitnehmer und Sozialleistungsbezieher, gewinnen und die Kapitalseite verlieren.

Weder noch. Und doch ist beides richtig.

Bei den Grünen gibt es wie in jeder anderen Partei auch unterschiedliche Strömungen. Und so eben auch bei den Grünen. Hier gibt es die Realos und die Fundis. Und diese beiden Flügel haben in dieser Sache eben unterschiedliche Positionen.

Nach außen kommen die Grünen aber grundsätzlich als Linksextremisten in der breiten Bevölkerung an. Liegt aber vielleicht auch an dieser Schlammschlacht der letzten Jahre.

Genauso wie Karl Lauterbach heute für die Lockdowns während Corona verantwortlich gemacht wird (fürs Protokoll: er war zu dem Zeitpunkt nicht Gesundheitsminister) sind die Grünen im Moment praktisch an allem schuld, auch wenn die Ursachen ganz woanders lagen.

Sind irgendwie verrückte Zeiten in denen wir leben. Es wird nicht mehr differenziert, sondern sich für eine "Seite" entschieden.


vanOoijen  07.04.2024, 11:13

Der Kampf zwischen Realos und Fundis wurde schon in den 90ern zugunsten der Realos entschieden.

vanOoijen  07.04.2024, 11:27
@Dadamien86908

Wie war das? Wir liegen zehn Jahre altersmäßig auseinander?

Ich glaube Du weißt gar nicht was Fundis bei den Grünen waren. Die waren beispielsweise für die Anschaffung der Bundeswehr. Davon ist Ricarda Lang weit entfernt.

Dadamien86908  07.04.2024, 11:50
@vanOoijen

Du hast natürlich Recht, mit dem von damals hat das heute nichts mehr zu tun. Aber eine Realo (Reali?) ist sie auch nicht.

Sie sind ökodiktatorisch und linksextrem


Machtnix53  12.03.2025, 20:02

Ökodiktatorisch höchstens, wenn Öko für Ökonomie steht. Die diktatorische Gesetzgebung zugunsten der Windindustrie schadet der Ökologie, also dem Natur- und Artenschutz enorm.

Links sind die Grünen seit Jahrzehnten nicht mehr.

Die Grünen sind überwiegend wirtschaftsliberal.

Die Grünen haben lange links geblinkt und sind dann rechts abgebogen.

Viele ihrer Wähler haben das aber noch nicht mitbekommen.