Mit welchen "Argumenten" "justifizieren" Katholiken ihre Transfeindlichkeit?

wolfruprecht  22.08.2022, 19:00

Kannst du die Frage bitte in verständlichem Deutsch formulieren?

Oder was meint man mit "justifizieren"?

Pantoffelguy 
Beitragsersteller
 22.08.2022, 20:03

Rechtfertigen.

Sehe keine Probleme im Syntax.

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Anti-Transgender sind neben Katholiken, auch Orthodoxe und Teile des Protestantismus.

Die Bibel erwähnt Transgender nicht.

Dank 1. Mose 1,27 negieren manche Christen die Existenz von Intersex-Personen (für gewöhnlich sind das auch Kreationisten).

27 Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.

https://www.bibleserver.com/LUT/1.Mose1%2C27

Diese Fundamentalisten befürworten eine OP bei Intersex-Personen, um die göttliche Ordnung herzustellen. Aber verdammen eine OP bei Transgender.

Bei 5.Mose 22,5 geht es höchstens um Crossdressing, das hat aber nicht zwingend etwas mit Transgender zu tun hat:

 5 Eine Frau soll nicht Männersachen tragen und ein Mann soll nicht Frauenkleider anziehen; denn wer das tut, der ist dem HERRN, deinem Gott, ein Gräuel.

https://www.bibleserver.com/LUT/5.Mose22%2C5

Und wenn diese Stelle gelten soll, dann auch diese:

 11 Du sollst nicht anziehen ein Kleid, das aus Wolle und Leinen zugleich gemacht ist. 12 Du sollst dir Quasten machen an den vier Zipfeln deines Mantels, mit dem du dich bedeckst.

Eunuchen halten sich für gewöhnlich nicht für eine Frau: auch da kaum ein Bezug zu Transgender.

Mit welchen "Argumenten"

Es gibt Intersex und Transgender nicht:

Transsexualität existiere nicht, weil Gott Mann und Frau geschaffen habe,

https://www.queer.de/detail.php?article_id=30314


Das hängt mit der Lesart der Bibel und mit der jeweiligen Rechtsauffassung zusammen.

Die evangelisch/lutherische Kirche hat meines Wissens kein Problem mit Transpersonen, weil da gilt die Ehe sozusagen als ein Vertrag zwischen Menschen, für dessen Gelingen man um Gottes Segen bittet. Kinderlose Ehen sind auch Ehen. Also ist Sex auch in Ehen, aus denen keine Kinder hervorgehen können, erlaubt. Wenn Liebe und Verbindlichkeit vorhanden ist, und sich Treue versprochen wird, ist die persönliche sexuelle Definition egal. Zwei Menschen dürfen sich in Liebe zusammentun.

Die Katholische Kirche hat einen anderen Ansatz. Die Ehe gilt als ein `Sakrament´ und muss von einem Priester geschlossen werden. Sie muss aus (cis)Frau und (cis)Mann bestehen. Grundsätzlich sind Ehen im neuen Testament unauflöslich, der einzige Grund, der da akzeptiert wird, ist das Fremdgehen der Frau. Wenn es mit dem Eins werden nicht klappt, dann ist das halt so. Pech gehabt. Man kann sich ja anderweitig sozial engagieren und sich aus dem Weg gehen.

Aber: im Alten Testament gab es Scheidungsmöglichkeiten, was erlaubt, dann doch noch ein paar Scheidungsgründe zu begründen. Zum Beispiel Kinderlosigkeit. Damit wird die Richtung klar: Ehe ist für die katholische Kirche nur dann akzeptabel, wenn potentiell Kinder dabei entstehen. Möglichst viele.

Bei evangelikalen Christen gilt auch: kein Sex außerhalb der Ehe, und die Ehe dient der Fortpflanzung.

Also letztendlich entscheidet der Gemeindeleiter und dessen Lesart der Bibel, wen er gewillt ist zu verheiraten. Als Transperson hast du aber fast überall keinen guten Stand, und darüber zu diskutieren hilft nicht weiter. Weil da geht es nicht um Argumente, sondern um Interpretationen von jahrtausendealten Texten.

Die alten Juden waren pragmatischer. Da warst du einfach nach dem ersten Sex automatisch verheiratet. Auch bei Vergewaltigung. Zack, Hochzeit vollzogen. Die Frau musste dann bei dem Vergewaltiger bleiben, und der musste eine Strafabgabe an den Vater der Frau zahlen, wegen Sachbeschädigung. Er durfte sich nicht scheiden lassen, und sie unpraktischer Weise auch nicht als Sklavin weiterverkaufen. Das schreckt ab. Hat aber auch so manchem den Aufwand erspart, die kostspielige Brautwerbung korrekt durchzuführen.

Wenigstens da sind sich alle einig, so machen wir es nicht mehr. Erfreulich.


Pantoffelguy 
Beitragsersteller
 21.08.2022, 19:05

Wow! Das mit dem "nur das Fremdgehen der Frau ist ein triftiger Grund für den Ehebruch" finde ich wahnsinnig sexistisch von denen. So, als ob die Frau das Eigentum des Mannes wäre. Und der Mann darf so oft fremdgehen, wie er will, weil das ja in seiner "Natur" liegt, horny zu sein. Aber wenn's die Frau macht, ist sie die böse Eva. Sieht man mal, in welcher Zeit die geblieben sind.

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heikemargret  21.08.2022, 21:02
@Pantoffelguy

Das ist nicht sexistisch von denen. Das ist einfach die Aussage im Originaltext. Da ging es darum, dass eine Frau, die von ihrem Mann verlassen wurde, im Elend gelebt hat, und fast verhungert ist. Frauen haben es damals allen Ernstes verlangt, von ihrem Vergewaltiger geheiratet zu werden, oder dass ihr fremdgehender Ehemann sich nicht scheiden lässt. Das diente dem Schutz der Frauen vor dem totalen Verarmen. Es gab weder Sozialhilfe noch sonstwas, also hat Jesus einfach pauschal das Frauenverstoßen verboten.

Das Fremdgehen war für Männer grundsätzlich verboten. Männer, die fremdgegangen sind, durften drastisch bestraft werden. Das wurde unter den Juden nicht toleriert, die fanden es überhaupt nicht normal oder schick, wenn Männer horny waren, sondern würdelos. Die waren sehr eigen, wegen ihrer Erbrechte, und haben alles getan, damit die Nachfolger auch vom richtigen Vater sind. Total Stammbaumfixiert. So ein Stammbaum funktioniert nicht, wenn man fremdgehende Männer cool findet.

Diese Unsitte, Männer, die sich durchvögeln gut zu finden, war eher bei den Griechen und Römern verbreitet. Und als das Christentum sich dann dahin ausgebreitet hat, haben sich die Kulturen halt vermischt. Das hat aber nichts mit der Kirche zu tun. Die haben sogar versucht, gegenzusteuern. Gerade Paulus, der gerne mal als Frauenverächter empfunden wird, hat mehrfach die Gleichwertigkeit von Mann und Frau betont, und klar gesagt, dass Männer ihre Frauen zu achten und zu unterstützen haben.

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heikemargret  23.08.2022, 08:17
@Mayahuel

Ja, so wie der Christus das Haupt des Mannes. Und konsequenterweise wurde das auch bis vor etwa 200 Jahren ganz richtig verstanden: Genauso wie der Christus sich für unsere Rettung geopfert hat und uns mit Nahrung versorgt hat (siehe Brotvermehrung), haben auch Männer sich bei Gefahr für ihre Frau zu opfern und sie zu versorgen. Kompromisslos.

Wer Teile des Vertrags nicht einhält, der hat auch nichts mehr zu sagen. Mein jetziger Mann tut es. Ich habe kein Problem, mich unterzuordnen. Der Mann davor tat es nicht. Da habe ich mich auch nicht untergeordnet. Es braucht immer zwei, die ihre Pflicht tun, für ein geordnetes Verhältnis.

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Genau wie die evangelikalen Freikirchen. Der Vorstand des evangelikalen Dachverbandes bekräftigte, man sehe „praktizierte Homosexualität“ als „unvereinbar mit der für den christlichen Glauben maßgeblichen biblischen Ethik“ an.


Pantoffelguy 
Beitragsersteller
 21.08.2022, 17:14

Was!? Ich dachte, dass nur Katholiken so schlimm wären.

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Nachdem ich jetzt herausgefunden habe, was justifizieren genau bedeutet, mal eine Antwort dazu:

Sind Katholiken transfreindlich?

Es gibt bestimmt welche, die das sind, aber im Allgemeinen sind sie es nicht.

Wenn sie es doch wären, wie wäre das zu rechtfertigen?

Gar nicht.