Lässt man im Alltagsdeutsch die Dativ-Endung -en weg?
Ich sprach mit dem Patient oder dem Patienten?
Laut Duden dem Patienten. Auf der Straße: dem Patient
Das trifft auch auf andere Wörter zu, die auf -nt enden. (Dirigent, Konsument, Trabant, Garant, Passant, Elefant, Abonnent)
Ich möchte herausfinden, wo man noch korrekt spricht, also ob es ein Dialektding ist oder ein Sprachwandel. Außerdem scheint es nur bei Personenbezeichnungen so zu sein. Talent, Monument usw. kommen ohne -en aus.
18 Stimmen
5 Antworten
Patient ist ein Substantiv der schwachen Deklinationsklasse. Diese Wörter bilden alle Kasus außer dem Nom Sg auf -en, z.B. Knabe, Graf, Junge. Alle durch Substantivierung von Adjektiven gebildete Substantive fallen in diese Klasse, und ein Haufen Fremdwörter, besonders solche mit den Ableitungssilben -ist (Tourist, Pianist), -nt (Laborant, Referent, Patient, auch Scherzbildungen wie Lieferant, Suderant) oder -nd (Diplomand), auch Einzelstücke wie Diplomat.
Über die Zeit beobachtet man, daß es eine gewisse Tendenz gibt, das Substantive von der schwachen zur starken Deklination wechseln, z.B. Garten, Frieden.Und ich denke, dasselbe siehst Du hier auch: Leute wollen diese Substantive stark deklinieren und machen daher einen Dat Sg so wie bei starken Substantiven; kaum einer traut sich das in einem anderen Kasus und sagt so etwas wie Die Akten dieses **Patients liegen bei der Verwaltung. Das mag jetzt beginnender Sprachwandel sein, aber auf jeden Fall ist es inkonsistent und daher falsch — schwache Deklination mit starkem Dat Sg ist ja kein generelles Paradigma.
Bei Garten war im Mittelhochdeutschen (garte) kein -n im Nom Sg dran, und die Wörter wurden schwach dekliniert (also Gen Sg auf -n). Von der obliquen Form mit -n wurde dann ein neuer Nom Sg gebildet, der stark dekliniert wurde.
Für Frieden finde ich leider keine wiktionary-Einträge; die Sache ist auch deutlich verwirrender, aber letztlich hatte dieses Wort im Mittelhochdeutschen kein -n (vride) und bekam es erst im Neuhochdeutschen auf dem Umweg über die schwache Deklination. Darüber habe ich einmal eine längere Antwort geschrieben: https://www.gutefrage.net/frage/heisst-es-der-frieden-oder-der-friede-im-nominativ
Danke. Deshalb zieht man im Gasthaus zum Hirschen dem Bär die Fälle über die Ohren.
Dem Bären werden höchstens Felle über die Ohren gezogen bzw. das Fell. Sonst wäre er ja Kommissar.
Da hat wohl jemand den Kalauer nicht verstanden. Ich habe nicht geschrieben: Dem Bären, sondern dem Bär. Darum sind es die Fälle, die grammatischen.
Oh, danke für die Aufklärung! Da war wohl mein Humordetektor defekt. Bin derzeit durch Arthroseschub beeinträchtigt, vielleicht deshalb.
Nur das ist korrekt, auch auf der Straße.
"Talent" und "Monument" haben doch mit der schwachen maskulinen Deklination überhaupt nichts zu tun: das Talent, das Monument.
Die schwache maskuline Deklination im Singular betrifft nur maskuline Wörter, deren Pluralform -(e)n ist, mit Ausnahme von Wörtern auf -or.
Ich habe vor einigen Tagen schon einmal auf eine Frage nach der n-Deklination geantwortet, deshalb hier ein Screenshot meiner Antwort (Zum Vergrößern anklicken!):

Ich glaube, es handelt sich um einen Sprachwandel. Im Laufe der Jahrhunderte sind in der deutschen Sprache viele Endungen weggefallen oder vereinfacht worden. Die Entwicklung wird sicher so weitergehen.
Die Wörter "Talent" und "Monument" sind Ausnahmen, weil sie nicht männlich, sondern sächlich sind.
Es ist kein "Alltagsdeutsch", sondern grammatikalisch falsche Umgangssprache, wenn man statt des Genitivs den Dativ oder statt des Genitivs den Akkusativ verwendet. Leider ist das sehr verbreitet.
Genauso falsch: wegen dem guten/schlechten Wetter ...
Richtig fies ist es bei dem Lied "Elefant" von Lea. Sie muss ja sogar Elefa-hant singen, um im Rhythmus zu bleiben, warum dann nicht gleich Elefanten?
Danke! Ich würde aber ein "auch" nach "Es ist" setzen. Sonst denkt man, deine Erläuterung bezöge sich auf die schwache, maskuline Deklination.
du meinst sicher: an Stelle des Genitivs den Dativ, denn der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Und es regt mich jedes Mal auf. Es ist ganz klar "dem PatientEN". Es ist doch nicht so schwierig.
Ich sage aber immer "dem Patienten".
"Garten" und "Frieden" haben eine Null-Endung im Plural und waren noch nie von der schwachen maskulinen Deklination betroffen. Die n-Deklination im Singular betrifft nur Maskulina mit Plural-Endung -(e)n, mit Ausnahme von Wörtern auf -or. Es gibt noch einige wenige andere Ausnahmen, aber die sind vernachlässigenswert (jedenfalls, um sie extra zu lernen, wenn man sie nicht automatisch richtig macht).